
Der alternde Mann

Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Die Probleme des alternden Mannes werden häufig aus übergeordneter Perspektive durch die sieben „I“ charakterisiert. Diese umfassen Immobilität, Instabilität (=Frakturrisiko), Inkontinenz, intellektuelle Beeinträchtigung, Isolation, iatrogene Arzneimittelwirkungen und Impotenz. Aus einem urologischen Blickwinkel betrachtet, stehen aber besonders hormonelle Veränderungen und die zunehmende Abschwächung der männlichen Potenz bis hin zum völligen Verlust im Vordergrund.
Hormonelle Veränderungen

Während das Klimakterium der Frau eine zeitlich relativ gut definierte Periode darstellt, die durch Aufhören der monatlichen Regelblutung und Auftreten klimakterischer Beschwerden charakterisiert ist, verläuft dies beim Mann meist schleichend. In der Medizin sowie in der Lifestyle-Szene wurde dafür eine Fülle von Ausdrücken geprägt, wie PADAM, ADAM, Andropause, männliche Wechseljahre, Aging und Anti-Aging. In weiterer Folge werde ich mich der Einfachheit halber auf den Ausdruck PADAM (partielles Androgendefizienzsyndrom des alternden Mannes) beschränken. Ursächlich dafür ist die langsame Abnahme des Testosteronspiegels beim alternden Mann, der zuvor um das 25. Lebensjahr sein Maximum erreicht hat. Die meist subtilen möglichen Zeichen eines männlichen Hormonmangels sind in Tabelle 1 aufgelistet. Zusätzlich kommt es häufig zu einer Reduktion anderer Hormone und Wachstumsfaktoren (z.B. Wachstumshormon, Melanotropin, EGF, IGF-I). Als Grundpfeiler der Abklärung bei PADAM-verdächtigen Beschwerden ist die Abnahme eines Hormonstatus (Testosteron, SHBG, FAI, LH, FSH, Prolaktin, Östrogene und evtl. TSH-basal) zwischen 7:00 Uhr und 10:00 Uhr morgens unerlässlich. Damit wird der zirkadiane Rhythmus des Testosteronspiegels mit einem Maximum am Morgen berücksichtigt, der allerdings nach dem 45.Lebensjahr abzuflachen beginnt. Zusätzlich sollten Komorbiditäten mit Verstärkungscharakter (z.B. KHK, Hypothyreose oder Depressionen) ausgeschlossen werden. Die Indikation für eine Androgensubstitutionstherapie sollte streng gestellt werden. Grundlage dafür ist der Nachweis einer eindeutigen Kombination von subjektiven Beschwerden oder objektiven Parametern (z.B. Osteoporose) in Verbindung mit nach zweimaliger Kontrolle befundkonstant erniedrigten Testosteronwerten. Ziel dabei ist die Anhebung des Testosteronspiegels in den physiologischen Bereich. Nach vielen zum Teil geringer effektiven oder umständlich zu verabreichenden Therapieformen in der Vergangenheit werden heutzutage in erster Linie lokale Gelapplikationen täglich am Oberkörper (Oberarme, Schultern und Bauch) oder die Verabreichung in Form einer intramuskulären Depotspritze (ca. alle drei Monate) angewandt. Regelmäßige Kontrollen relevanter serologischer Parameter (BB, PSA, Leberwerte, Lipide und Testosteron) sind dabei besonders während der ersten Behandlungsjahre höchst ratsam, um negative Folgeerscheinungen rechtzeitig zu erkennen und die individuell oft sehr unterschiedlichen Therapieintervalle und die damit zugrunde liegenden Testosteronspiegel zu optimieren. Aus urologischer Sicht ist auch ein evtl. noch unentdecktes Prostatakarzinom vor Therapiebeginn auszuschließen. Ein erfolgreich therapiertes Prostatakarzinom ohne Hinweis auf Rezidiv stellt bei derzeitiger Studienlage keinen Ausschlussgrund für eine Androgensubstitution dar. Zusätzliche Strategien in der Therapie des PADAM stellen neben der Hormonersatztherapie die Behandlung oft vorhandener Begleiterkrankungen sowie falls erforderlich Ernährungsumstellung, Gewichtsreduktion sowie Beendigung von Alkohol- und Nikotinabusus dar. Durch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein, die Entwicklung besserer therapeutischer Mittel und das hohe finanzielle Potenzial des alternden Mannes hat das Thema PADAM in den letzten 15 Jahren besondere Aktualität gewonnen. Abklärung und Therapie sollten allerdings durch entsprechend versierte Ärzte auf seriösen fachlichen Grundlagen erfolgen, damit die nach Rat suchenden Männer möglichst nicht den Sirenengesängen selbst ernannter „Hormonpäpste“ zum Opfer fallen und damit einen Schaden statt Nutzen (=Verbesserung ihrer Lebensqualität) erleiden.
Abschwächung der männlichen Potenz
Heutzutage suggeriert uns eine Vielzahl von profitgesteuerten medialen Botschaften, dass der zunehmende Verlust der männlichen Potenz (auch mit einem moderneren Ausdruck als erektile Dysfunktion bezeichnet) eine Krankheit sei, die es zu bekämpfen gilt. Dadurch ging das natürliche Empfinden darüber verloren, dass dies ein Ausdruck eines kontinuierlichen Abbauprozesses ist, dem letztendlich alle Organsysteme des Körpers im Laufe der fortschreitenden Jahre unterliegen. Dies vollzieht sich meist langsam und anfänglich fast unbemerkt. Je nach genetischer Prädisposition und evtl. zusätzlichen belastenden Begleiterkrankungen und Faktoren (z.B. KHK, Diabetes, Hypertonie, Medikamente, Depressionen und Störungen der partnerschaftlichen Harmonie) gibt es hier ein weites zeitliches Spektrum (meist zwischen dem 4. und 7. Lebensjahrzehnt mit zunehmender Wahrscheinlichkeit), in dem diese Abschwächung eintreten und dann individuell unterschiedlich schnell fortschreiten kann. Wird all dies den betroffenen, oft ratlosen und um Hilfe suchenden Männern in empathischer Weise gleich früh im Rahmen der ärztlichen Kontaktaufnahme kommuniziert, führt dies meist zu einer spürbaren seelischen Erleichterung, die sich auf den weiteren Behandlungserfolg zusätzlich günstig auswirkt. In Analogie zu den großen Errungenschaften der Medizin in den letzten Jahrzehnten in praktisch allen Teilbereichen konnten auch im Fachgebiet der Urologie ganz wesentliche Fortschritte in der Therapie der erektilen Dysfunktion gemacht werden. Tabelle 2 gibt einen ergänzenden Überblick über das aktuell mögliche therapeutische Spektrum. Dabei ist es wichtig, nicht sofort zur „Potenzpille“ („Viagra und Co“ in der Laienpresse) zu greifen. Wichtige ursächliche Erkrankungen könnten dabei übersehen werden. Erst nach exakter Anamnese und Ausschluss von funktionellen, organischen, hormonellen oder psychischen Störungen kann unter Beachtung der Kontraindikationen mit der Verabreichung von PDE-5-Hemmern begonnen werden. Ergänzend ist es ratsam, gerade in der Anfangsphase der Therapieeinleitung den Patienten noch ärztlich zu begleiten, da Fehler in der Einnahme und falsche Dosierungen einen therapeutischen Erfolg vermindern können. Zusätzlich kann unter Variierung und Zugriff auf das gesamte Spektrum der derzeit auf dem Markt befindlichen Präparate eine individuelle Optimierung im Sinne eines maßgeschneiderten therapeutischen Konzeptes erzielt werden. Bei mangelnder Wirksamkeit oder bestehenden Kontraindikationen gegen eine Einnahme von PDE-5-Hemmern können weitere therapeutische Möglichkeiten angeboten werden (Tab. 2).

In Summe steht derzeit bereits ein sehr effektives therapeutisches Spektrum in der Betreuung des alternden Mannes aus urologischer Sicht zur Verfügung. Trotz aller medizinischer Fortschritte sollte dabei aber Augenmaß bewahrt werden, um keinesfalls dem Patienten das Gefühl zu geben, dass Altern eine Krankheit sei, die mit allen Mitteln bekämpft werden müsste. Früher oder später würde ansonsten dem alternden Mann nur schmerzlich bewusst werden, dass er sich da auf einen Kampf eingelassen hat, den er auf alle Fälle verlieren wird! Die Folgen wären mehr oder weniger ausgeprägte depressive Verstimmungen mit einem unnötigen Verlust der vielen positiven und vor allem geistigen Perspektiven, die diese Lebensphase noch zu bieten hätte. In Würde zu altern, begleitet durch die Segnungen der modernen Medizin, ist immer noch das beste Rezept, um ein Menschenleben gebührend und harmonisch abzurunden!
Das könnte Sie auch interessieren:
Behandlung von Insomnie
Als State-of-the-Art-Behandlung der Schlafstörung Insomnie gilt die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I). Erst wenn durch die Behandlung mit KVT-I keine ausreichende ...
Bakterielle Vaginose
Juckreiz im weiblichen Genitalbereich ist ein häufiges und oft stark beeinträchtigendes Symptom unterschiedlichster Ursachen. Diese dreiteilige Serie stellt drei Erkrankungen mit ...
Management von Rückenschmerzen
Wirbelsäulenschmerzen zählen zu den häufigsten Beschwerden in der Hausarztpraxis, auch Kinder und Jugendliche sind bereits davon betroffen. Ein richtungsweisendes Kriterium für ...