Die Gefahr von zu viel Eisen
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Der Eisenstoffwechsel ist eng reguliert: Eisen, das verloren geht, wird normalerweise im gleichen Umfang wieder ersetzt. Die enge Regulation ist notwendig, weil Eisen für den Körper toxisch ist. Ein weiterer Grund ist, dass der Körper Eisen nicht aktiv ausscheiden kann.
Eisen ist an Transportproteine wie Transferrin gebunden und liegt nur in geringen Mengen als freies Eisen im Körper vor. Bei einer Eisenüberladung wird die Transportkapazität des Transferrins überschritten, mit der Konsequenz, dass die Konzentration von nicht Transferrin-gebundenem Eisen («non transferrin bound iron», NTBI) im Blut ansteigt. Ein Anstieg der Transferringsättigung (TSAT) auf > 70 % führt zu einer massiven Zunahme von NTBI. Dieses bindet an andere Proteine wie beispielsweise Albumin und wird von Zellen mit einem aktiven Uptake-Mechanismus aufgenommen.1 Dort führt es zu einer direkten Gewebeschädigung, mit der Folge einer Entzündung und anschliessender Fibrosierung. Besonders häufig davon betroffen sind die Leber, das Herz und die endokrinen Organe. Die Erkrankung kann sich aber auch an der Haut und den Gelenken manifestieren.
An eine Eisenüberladung sollte gedacht werden bei Personen mit einer Hämochromatose, rezidivierenden Bluttransfusionen, unklaren Organschäden und bei erhöhten Plasma-Ferritin- und TSAT-Werten.
Hereditäre Eisenüberladung
Die Hämochromatose ist die häufigste hereditäre Erkrankung in Europa. Die Ursache ist eine Mutation auf dem HFE-Gen. Klinisch relevant ist vor allem die Mutation HFE C282Y. Bei ca. 10 % der Nordeuropäer findet sich eine heterozygote und bei etwa 0,5 % eine homozygote Mutation des HFE-C282Y-Gens. Nicht alle Personen mit einer homozygoten Mutation erkranken: Die Penetranz beträgt < 30 %.2
Die Genmutation führt zu einer gestörten Eisenwahrnehmung im Körper. Die Folgen sind eine Drosselung der Hepcidinsynthese und ungebremste Eisenabsorption aus dem Darm und den Makrophagen. Die Erkrankung verläuft in mehreren Phasen. Initial kommt es zu einem Anstieg der TSAT. Im weiteren Verlauf findet sich bei ca. 50 % der Betroffenen ein erhöhtes Plasma-Ferritin. Erst in der dritten und vierten Phase kommt es zu den klinischen Manifestationen infolge der Eisenüberladung.3
Entscheidend für die weitere Abklärung von Patienten mit einer Hyperferritinämie ist die Höhe der TSAT. Ein frühes und verlässliches Zeichen für eine Hämochromatose ist eine persistierende Nüchtern-TSAT > 45 %.
Bei einer positiven Familienanamnese auf eine Hämochromatose wird ein Screening (Ferritin und TSAT) bei Verwandten ersten Grades, bei Kindern ab der Pubertät, empfohlen.
Patienten mit einer Hämochromatose und einem Ferritin > 1000 µg/l sollten hepatologisch abgeklärt werden. Empfohlen wird zudem die Abklärung auf einen Diabetes mellitus und bei > 50-Jährigen eine Knochendichtemessung. Die Therapie der Wahl bei bestätigter Hämochromatose und erhöhten Ferritin-Werten ist der Aderlass. Ziel ist ein Plasma-Ferritin zwischen 50 und 100 µg/l.
«Je länger der Patient der Eisenüberladung ausgesetzt ist, desto grösser ist das Risiko für Schäden. Mit einem Aderlass lassen sich bei einer Hämochromatose mit erhöhten Ferritin-Werten Schädigungen einfach und günstig verhindern.»
Lukas Graf, St. Gallen
Erworbene Eisenüberladung
Eine weitere Ursache für Eisenüberladungen sind regelmässige Transfusionen.4 Die monatliche Zufuhr von 2–4 Erythrozytenkonzentraten führt zu einer zusätzlichen Eisenaufnahme von 5–10 g pro Jahr. Patienten mit einer ineffektiven Erythropoese, beispielsweise mit einem myelodysplastischen Syndrom oder einer Thalassämie, nehmen wegen der unterdrückten Hepcidinsynthese zudem übermässig viel Eisen aus dem Darm auf. In der Folge kann es, ähnlich wie bei einer Hämochromatose, zu einer Eisenüberladung kommen.
Bei Patienten mit einer transfusionsbedingten Eisenüberladung (Ferritin > 1000 µg/l oder > 20 Transfusionen) kann die Behandlung mit einem Eisenchelator in Erwägung gezogen werden.3, 4 Tiefere Ferritin-Grenzwerte sind für eine Eisenchelationstherapie bei Patienten mit einer Eisenüberladung infolge einer ineffektiven Erythropoese ohne Transfusionen empfohlen.
Eisenchelatoren binden das Eisen, sodass es mit dem Stuhl oder Urin ausgeschieden werden kann. In der Schweiz stehen aktuell drei Eisenchelatoren für die parenterale oder perorale Behandlung einer Eisenüberladung zur Verfügung.
Bericht: Regina Scharf, MPH; Redaktorin
Quelle:
Referat von Dr. med. Lukas Graf, Zentrum für Labormedizin St. Gallen, im Rahmen der Iron Academy, 19. November 2020, Zürich
Literatur:
1 Piga A et al.: High nontransferrin bound iron levels and heart disease in thalassemia major. Am J Hematol 2009; 84: 29-33
2 Powell LW et al.: Haemochromatosis. Lancet 2016; 388: 706-16
3 Taher AT et al.: Iron overload in thalassemia: different organs at different rates. Hematology Am Soc Hematol Educ Program 2017; 2017: 265-71
4 Hoffbrand AV et al.: How I treat transfusional iron overload. Blood 2012; 120: 3657-69