Mangelernährung im Alter: ein Problem der Volksgesundheit?
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Gemäss der WHO ist Mangelernährung die grösste Bedrohung für die Volksgesundheit. Allein in der Schweiz verursachen die Folgen der Mangelernährung pro Jahr Gesundheitskosten von mehr als 500 Millionen Franken. Eine Mangelernährung begünstigt das Risiko für geriatrische Syndrome wie Osteoporose, Sarkopenie und Fragilität und damit die Gefahr eines Autonomieverlusts von älteren Menschen. Die Bedeutung einer gesunden Ernährung nimmt angesichts der demografischen Entwicklungen weiter zu: 1970 waren 1,7 % der Bevölkerung in der Schweiz älter als 80 Jahre, bis ins Jahr 2035 sollen es 8 % sein.1
Anämie im Alter
Mit dem Alter steigt auch das Risiko für eine Anämie. Die Ursachen dafür sind oft multifaktoriell.2 Ein Drittel aller Anämien im Alter sind die Folge eines Eisenmangels aufgrund einer Malnutrition. Bei 20–80 % der betroffenen Personen fand sich eine chronische Entzündung kombiniert mit einem Eisenmangel. Die verschiedenen Pathomechanismen der Anämie stehen in Zusammenhang mit der Entstehung anderer geriatrischer Syndrome wie Gangstörungen oder Fragilität etc.
Betagte Personen (> 80 Jahre) sind besonders oft von einer Anämie betroffen. Wie eine Untersuchung mit älteren Menschen zeigte, litten ca. 17 % der 65–79-Jährigen und etwa 30 % der über 80-Jährigen an einer Anämie. In der Altersgruppe der 65–79-Jährigen wiesen 30 % einen Eisenmangel auf, bei den über 80-Jährigen waren es rund 42 %.3 Eine deutsche Multicenterstudie bezifferte die Prävalenz der Anämie bei geriatrischen Patienten mit über 50 %. Trotz ihrer Häufigkeit handelt es sich bei der Anämie nicht um eine altersphysiologische Veränderung. Das Auftreten einer Anämie bei älteren Menschen ist vielmehr mit funktionellen und kognitiven Defiziten assoziiert, die mit dem Schweregrad der Anämie zunehmen. Aus diesem Grund empfiehlt die Arbeitsgruppe Anämie der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG), das Auftreten einer Anämie im Alter als «geriatrisches Syndrom» zu betrachten.2
Die WHO und verschiedene Fachgesellschaften wie die DGG definieren einen Hämoglobin-Wert < 120 g/l bei Frauen und < 130 g/l bei Männern ≥ 60 Jahre als Anämie. Diagnostische Kriterien für einen Eisenmangel sind eine Transferrinsättigung (TSAT) < 15 % und ein Plasmaferritin < 50 µg/l.
Für die Diagnose der Anämie ist ein differenziertes Blutbild, inkl. Hb, MCV, MCH und Retikulozyten, erforderlich. Neben den Entzündungs- und Eisenparametern (Serumeisen, TSAT, Ferritin) sollten bei älteren Menschen das Vitamin B12 und die Folsäure bestimmt werden. Erhöhte Entzündungswerte (CRP, BSG, Fibrinogen) und ein Ferritin < 100 µg/l sind suggestiv für einen Eisenmangel. Bei unklarer Diagnose kann die Bestimmung des löslichen Transferrinrezeptors im Serum weiterhelfen.
«Früher hat man das Auftreten einer Anämie bei älteren Menschen als physiologisch angesehen. Heute wissen wir, dass die Anämie im Alter eine Erkrankung ist und auch so behandelt werden sollte.»
Vesna Stojanovic, Olten und Solothurn
Behandlung der Anämie im Alter
Um eine Mangelernährung bei älteren Menschen zu verhindern oder zu korrigieren, können verschiedene Ernährungsempfehlungen herangezogen werden. Wertvolle Hinweise zum gesunden Altern liefert auch die Schweizer DO-HEALTH-Studie, die grösste Altersstudie Europas.
Die initiale Behandlung der Eisenmangelanämie erfolgt peroral. Aufgrund der Verträglichkeit sollte bevorzugt der Eisen-III-hydroxid-Polymaltose-Komplex in einer täglichen Dosierung von 80–100 mg eingesetzt werden. Die Therapiedauer umfasst circa sechs Monate. Die parenterale Eisensubstitution mittels Eisencarboxymaltose (Ferinject®) oder Eisensaccharose (Venofer®) kann als Alternative bei Unverträglichkeiten oder für eine rasche Korrektur des Eisenmangels eingesetzt werden. Der (Gesamt-)Eisenbedarf wird mit der Ganzoni-Formel berechnet.
Bei hämodynamisch instabilen anämischen Patienten kann der Einsatz von Bluttransfusionen indiziert sein. Ein klarer Cut-off-Wert für das Hb existiert nicht, entscheidend ist der klinische Zustand des Patienten. Die American Association of Blood Banks empfiehlt eine Transfusionstherapie ab einem Hb-Wert < 70 g/l.
Die alleinige Korrektur der Anämie bei älteren Menschen reicht nicht aus. Wichtig ist auch eine ausreichende Zufuhr von Kalorien und Proteinen. Zum Schutz der Knochen sollten ältere Menschen genügend Kalzium und Vitamin D zu sich nehmen. Ein Eisenmangel geht oft mit einem Mangel an Vitamin B12 und Folsäure einher. Die alleinige Substitution von Folsäure bei Vitamin-B12-Mangel kann zu einer Zunahme von neurologischen Symptomen führen. Deshalb empfiehlt es sich, das Vitamin B12 immer mitzubestimmen. Ganz wichtig ist zudem genügend körperliche Bewegung.
Bericht: Regina Scharf, MPH; Redaktorin
Quelle:
Referat von Dr. med. Vesna Stojanovic, Geriatrie Kantonsspital Olten und Bürgerspital Solothurn, im Rahmen der Iron Academy, 19. November 2020, Zürich.
Literatur:
1 Eidgenössische Ernährungskommission EEK: Ernährung im Alter. Ein Expertenbericht der EEK. Bern, 2018
2 Röhrig G et al.: Anämie im Alter – ein geriatrisches Syndrom? Zweites Positionspapier zur Anämie im Alter der AG Anämie der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie. Z Gerontol Geriat 2018; 51: 921-3
3 Nunes AR et al.: Prevalence of anemia and iron deficiency in older Portuguese adults: an EMPIRE substudy. Geriatr Gerontol Int 2017; 17: 1814-22
Kurzfachinformationen
Ferinject®. Z: Eisencarboxymaltose. I: Eisenmangel, wenn orale Eisentherapie ungenügend wirksam, unwirksam oder nicht durchführbar ist. D: Die kumulative Gesamtdosis von Ferinject muss individuell berechnet werden. Ferinject kann als i.v. Infusion (verdünnt in 0,9% NaCl) oder als i.v. Injektion (unverdünnt) in wöchentlichen Einzeldosen von bis zu 20 mg/kg, maximal 1000 mg, bis zum Erreichen der berechneten kumulativen Gesamtdosis verabreicht werden. KI: Überempfindlichkeit gegenüber Wirkstoff oder Hilfsstoffen, Anämie ohne gesicherten Eisenmangel, Eisenüberladung, erstes Schwangerschaftstrimester. VM: Patienten vor jeder Verabreichung von Ferinject nach früheren UAW von i.v. Eisenpräparaten befragen. Nur anwenden, falls medizinisches Fachpersonal, das anaphylaktische Reaktionen bewerten und behandeln kann, sofort verfügbar ist, sowie nur in einer Einrichtung, in der alle Vorrichtungen zur Reanimation vorhanden sind. Patienten während mind. 30 Min. nach Verabreichung auf Anzeichen und Symptome einer Überempfindlichkeitsreaktion beobachten. Paravenöse Verabreichung kann eine braune Verfärbung und Reizung der Haut verursachen und ist deshalb zu vermeiden. Bei akuter oder chronischer Infektion, Asthma oder atopischen Allergien nur mit Vorsicht anwenden. Natriumgehalt von bis zu 5,5 mg/ml berücksichtigen. Parenterales Eisen kann zu Hypophosphatämie führen, in den meisten Fällen transient und ohne klinische Symptome. In Einzelfällen wurde bei Patienten mit bekannten Risikofaktoren und nach dauerhafter höherer Dosierung über behandlungsbedürftige Hypophosphatämie berichtet. S/S: KI im 1. Trimester, im 2. und 3. Trimester nur bei zwingender Indikation anwenden. Fetale Bradykardie kann infolge einer Überempfindlichkeitsreaktion der Mutter auftreten; Fetus sollte während der Verabreichung überwacht werden. UAW: Häufig: Hypophosphatämie, Kopfschmerzen, Gesichtsrötung (Flush), Schwindel, Hypertonie, Übelkeit, Reaktionen an der Injektions-/Infusionsstelle. Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen vom Soforttyp, Parästhesien, Tachykardie, Hypotonie, Erröten, Dyspnoe, gastrointestinale Beschwerden, Dysgeusie, Hautausschlag, Pruritus, Urtikaria, Hautrötung, Myalgie, Rückenschmerzen, Arthralgie, Muskelkrämpfe, Gliederschmerzen, Fieber, Müdigkeit, Schmerzen im Brustkorb, peripheres Ödem, Schüttelfrost, Schmerz, Anstieg der AST, ALT, Gamma-GT, LDH und ALP. IA: Bei gleichzeitiger Verabreichung von oralen Eisenpräparaten ist deren Absorption reduziert. P: 5 Stechampullen zu 100 mg (2 ml) oder 500 mg (10 ml), 1 Stechampulle zu 500 mg (10 ml) oder zu 1000 mg (20 ml). Liste B. Detaillierte Informationen: www.swissmedicinfo.ch. Zulassungsinhaberin: Vifor (International) AG, CH-9001 St. Gallen. Vertrieb: Vifor AG, CH-1752 Villars-sur-Glâne. Stand: August 2020.
Venofer®. Z: Eisen(III)-hydroxid Saccharose Komplex. I: Eisenmangel bei Patienten, bei denen eine orale Eisentherapie ungenügend wirksam, unwirksam oder nicht durchführbar ist. D: Die Dosierung von Venofer muss nach der Ganzoni-Formel dem Gesamteisendefizit des Patienten individuell berechnet werden. Venofer kann als i.v. Infusion (verdünnt in 0,9% NaCl) oder als i.v. Injektion (unverdünnt) verabreicht werden. Übliche Dosierung bei Erwachsenen 100-200 mg, 1-3 x / Woche. Maximal verträgliche Einzeldosierung bei langsamer i.v. Injektion ist 200 mg (max. 3x/Woche). Bei der Infusion beträgt sie 7 mg Eisen / kg Körpergewicht, 1x / Woche, maximal aber 500 mg (500 mg benötigen eine Infusionszeit von mind. 3,5 Stunden). Bei klinischer Notwendigkeit bei Kindern > 3 Jahre: 3 mg / kg, 1-3 x / Woche nicht überschreiten. KI: Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe; Anämie ohne gesicherten Eisenmangel; Hinweise auf Eisenüberladung; Eisenverwertungsstörungen; 1. Schwangerschaftstrimenon. VM: Patienten aktiv vor jeder Applikation von Venofer nach früheren UAW von i.v. Eisenpräparaten befragen. Patienten, die akute Überempfindlichkeitsreaktionen mit Eisendextran durchgemacht haben, dürfen nur bei zwingender Indikation Venofer erhalten. Nur anwenden, falls medizinisches Fachpersonal, das anaphylaktische Reaktionen bewerten und behandeln kann, sofort verfügbar ist, sowie nur in einer Einrichtung, in der alle Vorrichtungen zur Reanimation vorhanden sind. Patienten während mind. 30 Min. nach Verabreichung auf Anzeichen und Symptome einer Überempfindlichkeitsreaktion beobachten. Vorsichtige Anwendung bei Patienten mit Allergien, Asthma, anderen Atopien, eingeschränkter Leberfunktion oder immunologischen oder entzündlichen Krankheiten (bei akuten oder chronischen Infektionen). Eine paravenöse Injektion ist zu vermeiden, da der Austritt von Venofer an der Injektionsstelle zu Schmerzen, Entzündungen, Gewebenekrosen und potentiell lang anhaltender Braunverfärbung der Haut führen kann. S/S: KI im 1. Trimester, im 2. und 3. Trimester nur bei zwingender Indikation anwenden UAW: Häufig: Dysgeusie, Schwindel, Hypotonie, Hypertonie, Übelkeit. An der Injektions-/Infusionsstelle: Schmerzen, Reaktion, Irritation, Extravasation, Verfärbung, Hämatom und Juckreiz. Gelegentlich: Serumferritin erhöht, Überempfindlichkeitsreaktionen, Kopfschmerzen, Parästhesien, Hypästhesien, Hypotonie und Kollaps, Tachykardie, Hitzegefühl, Phlebitis, Dyspnoe, Chromaturie, Erbrechen, Bauchschmerzen, Diarrhö, Obstipation, Gamma-Glutamyltransferase erhöht, Alaninaminotransferase erhöht, Aspartataminotransferase erhöht, Pruritus, Ausschlag, Muskelspasmen, Myalgie, Arthralgie, Extremitätenschmerzen, Rückenschmerzen, Schmerzen im Brustkorb, Schüttelfrost, Asthenie, Müdigkeit, peripheres Ödem, Schmerzen. IA: Keine gleichzeitige Verabreichung von oralen Eisenpräparaten. Liste B. Detaillierte Informationen: www.swissmedicinfo.ch. Zulassungsinhaberin: Vifor (International) AG, CH-9001 St. Gallen. Vertrieb: Vifor AG, CH-1752 Villars-sur-Glâne. Stand: Juni 2020