
Dermatoskopie entzündlicher Hauterkrankungen
Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie
Medizinische Universität Graz
E-Mail: romana.kupsa@medunigraz.at
Die Auflichtmikroskopie kommt heutzutage nicht nur in der Beurteilung von pigmentierten bzw. unpigmentierten Hauttumoren zum Einsatz, sondern gewinnt auch in der Diagnose bei vielzähligen infektiösen, parasitären sowie entzündlichen Hautveränderungen immer mehr an Bedeutung.
Mit modernen Dermatoskopen, bei denen kein direkter Kontakt von Linse und Haut erforderlich ist, können vor allem Gefäßstrukturen als wichtigstes Kriterium in der Diagnosestellung entzündlicher Dermatosen unter Verwendung von polarisiertem Licht gut sichtbar gemacht werden. In diesem Artikel möchten wir einen kurzen Überblick über die wesentlichsten dermatoskopischen Kriterien allgemeindermatologischer Hauterkrankungen geben.
„Inflammoskopie“ – Dermatoskopie entzündlicher Hautveränderungen
Psoriasis vulgaris/Schuppenflechte
Typischerweise zeigt eine Psoriasisplaque, unter Auflichtmikroskopie betrachtet, punkt- und spiralförmige – oder knäuelige – Gefäße. Andere sichtbare Gefäßmuster, wie zum Beispiel lineare oder haarnadelförmige Gefäße, sollten Anlass für Zweifel geben, ob die Diagnosestellung korrekt ist. Punktförmige Gefäße lassen sich bei einigen entzündlichen Hauterkrankungen finden, charakteristisch für die Schuppenflechte sind jedoch die regelmäßige Anordnung der Punktgefäße sowie eine sichtbare weißliche Schuppung. Zudem sollte auch die Farbe der Schuppung als diagnostisches Kriterium zur Differenzierung gegenüber anderen erythematös-squamösen Dermatosen herangezogen werden: Eine gelbliche Kruste spricht in erster Linie gegen das Vorliegen einer Schuppenflechte und lässt an ein Ekzem denken (Abb. 1a und 1b).
Dermatitis/Ekzem
Auflichtmikroskopisch ist hierbei ein ähnlicher Gefäßtypus wie bei der Psoriasis vulgaris mit punktförmigen Gefäßen typisch. Im Unterschied zur Schuppenflechte ist die Anordnung der Gefäße jedoch inhomogen und asymmetrisch, mit fleckigem Verteilungsmuster. Außerdem ist eine feine, diffus verteilte gelbliche Schuppung erkennbar, die entweder alleine oder in Kombination mit einer weißlichen Schuppung auftritt. Diese gelbliche Schuppung kann sowohl bei akuter als auch bei chronisch bestehender Dermatitis beobachtet werden. Interessanterweise konnten diese auflichtmikroskopischen Kriterien in einigen Fallstudien bestätigt werden, darunter Fälle mit Kontaktdermatitis, nummulärem Ekzem, generalisierter Dermatitis, chronischer Dermatitis oder seborrhoischer Dermatitis.
Lichen ruber planus/Knötchenflechte
Die Knötchenflechte ist durch rot-livide, juckende Papeln an der Haut charakterisiert. Der klinische Verdacht wird zumeist durch das sogenannte Wickham-Zeichen (weiße, netzartige Streifen) an den Schleimhäuten bestätigt. Auflichtmikroskopisch findet man ähnlich dem Bild der Schleimhaut auch bei kutanen Läsionen weiße, netzartige Streifen und polymorphe lineare und punktförmige Gefäße (Abb. 2a).
Pityriasis rosea/Röschenflechte
Die Röschenflechte imponiert initial als eine solitäre, rötliche Plaque mit der Collerette-artigen, für die Krankheit typischen gelblichen peripheren Schuppenkrause. Ein bis zwei Wochen nach dem Auftreten dieser Primärläsion kommt es zu einer – vor allem stammbetonten – Aussaat in Form von Herden mit kleieförmiger Schuppung. Da die Diagnose beim Fehlen der charakteristischen Primärläsion nicht immer einfach ist, kann man auch hier die auflichtmikroskopische Untersuchung zu Hilfe nehmen. Es zeigt sich ein dermatoskopisches Erscheinungsbild mit punktförmigen Gefäßen ähnlich wie bei der Psoriasis und Dermatitis, wobei jedoch die Gefäßanordnung irregulär verteilt bzw. gruppiert ist (Abb. 2b).
Kutane Sarkoidose
Bei der Hautsarkoidose, einer sehr seltenen Entzündung, bilden sich histopathologisch epitheloidzellige Granulome in der Dermis. Häufig manifestiert sie sich an den Akren und zeigt unter dem Auflichtmikroskop betrachtet orange bis gelbliche Strukturen mit globulärem oder strukturlosem Muster in Assoziation mit linear angeordneten Gefäßen. Diese orangefarbenen bis gelblichen Strukturen sind auch typisch für andere granulomatöse Dermatosen, wie den Lupus vulgaris oder die kutane Leishmaniose.
Diskoider Lupus erythematodes/Schmetterlingsflechte
Der diskoide Lupus erythematodes, ein Subtyp des kutanen Lupus erythematodes, kann – je nach Krankheitsstadium – verschiedene heterogene dermatoskopische Kriterien aufweisen. Im akuten Stadium sind perifollikulär weiße, pigmentlose Ringe („Halos“) sowie verstopfte Follikel und eine weißliche Schuppung dermatoskopisch sichtbar. Chronisch bestehende Hautveränderungen beim diskoiden kutanen Lupus erythematodes zeigen teleangiektatische Gefäße und sowohl hyperpigmentierte als auch weiße, strukturlose Areale.
Rosazea
Die Couperose stellt als erythematös-teleangiektatische Form der Rosazea das Anfangsstadium der Erkrankung dar und zeigt charakteristische, polygonal angeordnete Gefäße. Die Erweiterung dieser Kapillargefäße verursacht das typische Erythem. Teleangiektasien können auch bei chronisch lichtgeschädigter Haut und altersbedingter Hautatrophie beobachtet werden, wobei jedoch ihre polygonale Anordnung einzigartig für die Rosazea ist. Weitere dermatoskopische Merkmale der Couperose sind weiße, amorphe Strukturen im Follikel und eine weißliche Schuppung. Die Ursachen für die Entstehung der Rosazea sind noch nicht endgültig geklärt. Unter anderem wird eine Immunreaktion gegen die Haarbalgmilbe Demodex folliculorum als Entstehungsfaktor für die Entzündung diskutiert. Es wird vermutet, dass die weißen, amorphen Strukturen, die gelegentlich sichtbar sind, Teile der Haarbalgmilbe darstellen. Im zweiten Stadium der Rosazea, der papulopustulösen Form, können Pusteln, die mit dem freien Auge nicht sichtbar sind, dermatoskopisch diagnostiziert werden, was die Differenzierung von der Schmetterlingsflechte erlaubt.
Urtikaria/Quaddelsucht – Urtikaria-Vaskulitis
Bei der Urtikaria lassen sich auflichtmikroskopisch lineare Gefäße in einer netzartigen, retikulären Anordnung objektivieren. Dieses Netzwerk umgibt mitunter als morphologisches Korrelat des massiven dermalen Ödems auch gefäßlose Areale. Im Gegensatz dazu treten bei der Urtikaria-Vaskulitis Purpura oder Globuli auf orange-braunem Hintergrund auf. Weder das netzartige Gefäßmuster noch die Purpura sind spezifische Kriterien, aber dennoch erlaubt das Vorhandensein von Purpura die Unterscheidung zwischen einer Urtikaria und einer Urtikaria-Vaskulitis.
Mycosis fungoides
Die Mycosis fungoides (MF) ist ein Beispiel dafür, dass die Dermatoskopie nicht nur bei entzündlichen, sondern auch bei neoplastischen Hauterkrankungen hilfreich sein kann. Auflichtmikroskopisch weist die Mycosis fungoides eine Gefäßmorphologie mit kurzen, linearen Gefäßen und orange-gelben Arealen auf. Bei entsprechendem klinischem Befund sollte also bei linear angeordneten Gefäßen das Vorhandensein einer MF in Betracht gezogen werden. Es zeigten sich jedoch bei ca. 50 % der MF-Fälle spezielle „spermatozoenartige“ Gefäßstrukturen – bestehend aus einer Kombination von linearen und punktförmigen Gefäßen.
„Entomodermatoskopie“ – Dermatoskopie infektiöser und parasitärer Hautveränderungen
Skabies/Krätzmilbe
Das für die Skabies repräsentativste dermatoskopische Merkmal, das „Delta-Zeichen“, ist als dunkles Pünktchen erkennbar. Es wurde primär von Argenziano et al beschrieben.1 Dieses Delta-Zeichen findet sich am Ende des gewundenen Milbengangs und entspricht dem vorderen pigmentierten Anteil des Parasiten. Seither wurde der Stellenwert der Dermatoskopie in der Diagnosestellung der Skabies, wo sie einen ähnlichen Stellenwert wie die mikroskopische Untersuchung hat, vielfach geprüft. An einigen dermatologischen Zentren hat die Dermatoskopie als in vivo anwendbare Untersuchungstechnik die mikroskopische Diagnostik von Skabies sogar weitgehend abgelöst.2
1 Argenziano G et al: A new approach to in vivo detection of Sarcoptes scabiei. Arch Dermatol 1997; 133(6): 751-3
2 Lallas A et al: Dermoscopy in general dermatology. Dermatol Clin 2013; 31(4): 679-94
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