
Biologika in der Allergiebehandlung
Bericht:
Regina Scharf, MPH
Redaktorin
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Teuer, aber effizient: Biologika sind wirksame Reservemedikamente bei schweren allergischen Erkrankungen wie Asthma, atopischer Dermatitis, chronischer Urtikaria und chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen.
Biologika werden heute mit Erfolg zur Behandlung von Erkrankungen eingesetzt, deren immunologisches Muster auf eine Typ-2-Entzündung hindeutet.1 Grösstenteils handelt es sich dabei um atopische Erkrankungen, wie Asthma, atopische Dermatitis und chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen. Die Hauptrolle bei den Typ-2-vermittelten Entzündungen spielen die Zytokine Interleukin 4 (IL-4), Interleukin 13 (IL-13) und Interleukin 5 (IL-5).1, 2
IL-4 und IL-13 induzieren einen «Switch» der B-Zell-Produktion von IgG auf IgE. Als Mediator der Soforttyp-Allergie kann IgE Erkrankungen wie Rhinokonjunktivitis, allergisches Asthma oder eine chronische idiopathische oder spontane Urtikaria auslösen. Die Zytokine IL-4 und IL-13 wirken zudem direkt auf die Schleimhaut, beispielsweise die Bronchialschleimhaut, wo sie Reaktionen wie Entzündung, Kontraktion der glatten Muskulatur und eine erhöhte Schleimproduktion hervorrufen können. Die Freisetzung von IL-5 führt zur Aktivierung und Maturation von eosinophilen Granulozyten. Diese gelangen vom Knochenmark über das Blut in das Gewebe, beispielsweise der Lunge, wo sie zur Entzündung führen.
Einsatz von Biologika in der Asthmatherapie
Der Anti-IgE-Inhibitor Omalizumab (Xolair®) unterbricht die Entzündungskaskade, indem er freies IgE bindet und die für die allergische Reaktion notwendige Bindung an Mastzellen verhindert.3 Das Biologikum ist zugelassen für die Behandlung von Patienten mit persistierendem allergischem Asthma, die trotz der empfohlenen Therapie mit inhalativen Kortikosteroiden und lang wirksamen Beta-2-Agonisten (ICS/LABA) an einer eingeschränkten Lungenfunktion (FEV1 <80%) und wiederholten Exazerbationen leiden. Zusätzlich muss nachweislich eine ganzjährige Sensibilisierung auf ein Allergen vorliegen.
Für die Behandlung des schweren unkontrollierten Asthmas mit Eosinophilie stehen verschiedene Biologika zur Verfügung. Darunter die Anti-IL-5-Inhibitoren Mepolizumab (Nucala®) und Reslizumab (Cinqaero®), der Anti-IL-5-Rezeptor-Inhibitor Benralizumab (Fasenra®) und der Anti-IL-4/IL-13-Inhibitor Dupilumab (Dupixent®). Die Medikamente werden als «Add-on»-Therapie auf Stufe 5 der Asthmatherapie empfohlen.4
Biologika und «small molecules» gegen Neurodermitis
Bei der atopischen Dermatitis (AD) kommen systemische Therapien mit Tabletten oder Spritzen zum Einsatz, wenn herkömmliche Massnahmen im Rahmen der Stufentherapie wie rückfettende Substanzen und Antiseptika, topische Steroide und Phototherapie nicht zu einer ausreichenden Symptomkontrolle führen. «Neben dem Hautekzem ist vor allem der Juckreiz problematisch für die Patienten», sagte der Dermatologe Prof. Dr. med. Peter Schmid-Grendelmeier vom Universitätsspital Zürich am WebUp Allergologie.
Mit dem Anti-IL-4/IL-13-Inhibitor Dupilumab (Dupixent®) steht seit ca. 4 Jahren ein wirksames Biologikum für die systemische Therapie der moderaten bis schweren AD zur Verfügung. Dupilumab muss subkutan injiziert werden, ist gut verträglich und erfordert kein Monitoring. Weitere Biologika zur AD-Behandlung, wie die selektiven Anti-IL-13-Inhibitoren Tralokinumab und Lebrikizumab und der Anti-IL-31-Inhibitor Nemolizumab werden folgen. Gut gefüllt ist auch die Pipeline mit Januskinase-Inhibitoren (JAK-I) zur systemischen Neurodermitistherapie.
«Im Unterschied zu den Biologika, die ein Zytokin oder einen Rezeptor gezielt und nahezu vollständig hemmen, reduzieren die JAK-I über die Blockade des JAK-STAT-Signalwegs die Aktivität verschiedener Zytokine», sagte der Spezialist. In der Schweiz ist bislang der orale JAK-I Baricitinib (Olumiant®) zur Behandlung der mittelschweren bis schweren Dermatitis zugelassen. Es handelt sich um einen potenten Wirkstoff mit einem Wirkungseintritt innerhalb von zwei bis drei Tagen. Zu den häufigen unerwünschten Wirkungen von Baricitinib gehört das Auftreten von Infektionen der oberen Atemwege und Laborveränderungen. Vereinzelt wurde auch über thromboembolische Ereignisse berichtet. Im Dezember 2021 wurde in der Schweiz Upadacitinib (Rinvoq®) zur Neurodermitisbehandlung zugelassen. Noch nicht zugelassen ist derJAK-I Abrocitinib.
Biologika zur Urtikariabehandlung
Die Urtikaria präsentiert sich klassischerweise als Exanthem mit (flüchtigen) Quaddeln und assoziiertem Angioödem, dem Quinckeödem. Möglich ist aber auch ein isoliertes Auftreten der Symptome.
Die Behandlung der Urtikaria richtet sich vor allem gegen den Juckreiz. Das Mittel der 1. Wahl sind H1-Antihistaminika der 2. oder 3. Generation, beispielsweise Levocetirizin (Xyzal®), Desloratadin (Aerius®), Fexofenadin (Telfast®), Bilastin (Bilaxten®) oder deren Generika. Halten die Symptome länger als zwei Wochen an, können die Antihistaminika bis auf das 4-Fache der zugelassenen Dosis erhöht werden. Als nächster Schritt bei persistierender chronischer idiopathischer oder spontaner Urtikaria kann eine Behandlung mit Omalizumab in Erwägung gezogen werden (Abb. 1).5 Die Wirkung tritt mit einer Verzögerung von 3 bis 4 Wochen ein, bis zum Vorliegen des optimalen Behandlungseffekts dauert es ca. 4 bis 5 Monate. Die Indikation für die Therapie mit Omalizumab muss durch den Facharzt für Dermatologie oder Allergologie gestellt werden; die Injektion kann durch den Allgemeinmediziner erfolgen. Neu steht das Medikament auch in Fertigspritzen zur Verfügung, die sich der Patient selbstständig verabreichen kann. Führt die Behandlung mit Omalizumab nicht zu der gewünschten Besserung, kann zusätzlich eine Therapie mit Cyclosporin A oder Montelukast erwogen werden.
Verbessertes Outcome bei chronischer Rhinosinusitis mit Nasenpolypen
Abb. 1: Algorithmus zur Behandlung der chronischen idiopathischen oder spontanen Urtikaria (adaptiert nach Zuberbier et al.)5
Die chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen tritt oft in Kombination mit Asthma und Saylicylsäure-Intoleranz auf (Widal-Samter-Trias). Die klinischen Konsequenzen – chronisch verstopfte oder laufende Nase, Riechverlust und Gesichtsschmerzen – sind für die Betroffenen sehr belastend. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass die «Add-on»-Therapie mit Omalizumab das endoskopische, klinische und «patient-reported» Outcome von Patienten, die auf die Behandlung mit intranasalen Steroiden inadäquat reagiert hatten, deutlich verbessern konnte.6 Daneben ist auch Dupilumab zur «Add-on»-Therapie mit intranasalen Steroiden bei Patienten mit chronischer Rhinosinusitis und Nasenpolypen zugelassen.
Quelle:
Forum für medizinische Fortbildung, WebUp: Update Allergologie, 2. November 2021
Literatur:
1 Parulekar AD et al.: Role of T2 inflammation biomarkers in severe asthma. Curr Opin Pulm Med 2016; 22: 59-68 2 Ghandi NA et al.: Targeting key proximal drivers of type 2 inflammation in disease. Nat Ref Drug Discov 2016; 15: 35-50 3 Holgate ST: New strategies with anti-IgE in allergic diseases. World Allergy Organ J 2014; 7: 17 4 2021 GINA Report, Global Strategy for Asthma Management and Prevention, abrufbar unter: www.ginasthma.com 5 Zuberbier T et al.: The EAACI/GALEN/EDF/WAO guideline for the definition, classification, diagnosis and management of urticaria. Allergy 2018; 73: 1393-1414 6 Gevaert P et al.: Efficacy and safety of omalizumab in nasal polyposis: 2 randomized phase 3 trials. J Allergy and Clin Immunol 2020; 146: 595-605
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