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Persistierender Juckreiz

Bei Juckreiz an Herpes zoster denken

<p class="article-intro">Immer wieder stellen sich Patienten in der Ordination vor, die unter einem andauernden Juckreiz leiden. Nicht immer sind allergische Reaktionen oder Hautkrankheiten dafür verantwortlich. Sind die Beschwerden mit den üblichen Behandlungsstrategien nicht zu kontrollieren, sollte man auch eine Spätfolge des Herpes zoster in Betracht ziehen.</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Neben akuten dermatologischen Komplikationen wie Infektionen kann es beim Herpes zoster zu chronischen Folgen kommen, vor allem bei immungeschw&auml;chten Patienten.</li> <li>Eine seltene, aber mitunter schwerwiegende Langzeitfolge ist der Post-Zoster-Pruritus, der alleine oder gemeinsam mit einer Neuralgie auftreten kann.</li> <li>Ist er mit mangelndem Schmerzempfinden verbunden, kann der Juckreiz zur Selbstverletzung der Patienten f&uuml;hren.</li> <li>F&uuml;r die Therapie liegen derzeit keine ausreichenden Studiendaten vor. Auf die &uuml;blichen Medikamente gegen Juckreiz spricht Post-Zoster- Juckreiz nicht an.</li> </ul> </div> <p>Im akuten Stadium ist der Herpes zoster anhand des typischen klinischen Bildes leicht zu diagnostizieren: das Zosterexanthem mit gruppenf&ouml;rmiger Anordnung der Bl&auml;schen, von dem in der Regel ein Dermatom betroffen ist (Zoster segmentalis). Es werden jedoch auch &Uuml;berlappungen im Dermatombefall beobachtet.<sup>1</sup> Selten k&ouml;nnen mehrere Hautsegmente asymmetrisch befallen sein.<sup>2</sup><br /> Auch die Anamnese kann Hinweise auf Herpes zoster geben, denn in der &uuml;berwiegenden Zahl der F&auml;lle geht den Hautver&auml;nderungen ein Prodromalstadium von drei bis f&uuml;nf Tagen voraus. W&auml;hrend dieser Zeit leiden die Patienten an unspezifischen Symptomen wie M&uuml;digkeit und leichtem Fieber, oft aber auch bereits an Par&auml;sthesien und umschriebenen Schmerzen.<sup>3</sup> In unklaren F&auml;llen mit atypischen Verl&auml;ufen, z.B. beim Zoster sine herpete, kann die Untersuchung mittels Polymerase- Kettenreaktion (PCR) den Nachweis f&uuml;r eine Infektion mit dem Varicella-zoster- Virus (VZV) erbringen.<sup>4</sup></p> <h2>Akute und chronische Hautkomplikationen</h2> <p>W&auml;hrend das akute Zosterexanthem bei den meisten Patienten innerhalb von etwa drei Wochen abheilt, kann es vor allem bei Menschen mit geschw&auml;chter Immunabwehr zum chronischen Verlauf kommen. Dabei bleiben die Hautver&auml;nderungen oft &uuml;ber Monate bestehen und gehen mit wiederholter Bl&auml;schenbildung einher.<sup>5, 6</sup> Folgen sind Narben (hyper-, hypo- oder depigmentiert), seltener Hautgranulome oder die Manifestation einer Psoriasis vulgaris (K&ouml;bner- Ph&auml;nomen).<sup>1</sup> Bei Patienten mit starken Komplikationen der Haut ist es sinnvoll, einen Dermatologen hinzuzuziehen.</p> <h2>Selten, aber belastend: Post-Zoster- Pruritus</h2> <p>Eine weitere, wenn auch seltene Langzeitauswirkung des Herpes zoster ist der Post-Zoster-Pruritus, der etwa 4 % der Patienten betrifft, wobei die Angaben je nach Quelle bis zu mehr als 50 % reichen.<sup>7, 8</sup> Jeder Juckreiz wird haupts&auml;chlich von nicht myelierten C-Fasern, den Nozizeptoren, vermittelt, die auch f&uuml;r das Schmerzempfinden verantwortlich sind. Daneben sind auch die d&uuml;nn myelinisierten A&delta;-Fasern beteiligt.<sup>9</sup> Die Zellk&ouml;rper dieser beiden Typen von Nervenfasern sind im peripheren Nervensystem lokalisiert, z.B.im Ganglion trigeminale, in dem die drei &Auml;ste des N. trigeminus entspringen. Bei einer Infektion mit dem Varicellazoster- Virus werden die C- wie auch die A&delta;-Nervenfasern angegriffen, was Juckreiz und Schmerzen ausl&ouml;sen kann.<sup>7</sup> Deshalb kann der Post-Zoster-Pruritus alleine oder gemeinsam mit der Zosterneuralgie auftreten und wird h&auml;ufig bei Zosterbefall des Halses und Kopfes beobachtet. Warum es aber bei einigen Patienten zur Neuralgie, bei anderen zum Juckreiz und bei manchen zu einer Kombination aus beidem kommt, ist noch nicht bekannt.<sup>9</sup><br /> Geht der Pruritus mit einer verminderten oder fehlenden Hautsensibilit&auml;t einher, k&ouml;nnen die Folgen dramatisch sein: Da sie kein Schmerzempfinden mehr haben, k&ouml;nnen sich die Betroffenen durch st&auml;ndiges Kratzen erhebliche Verletzungen zuf&uuml;gen. Hinzu kommt das Risiko f&uuml;r Infektionen in den gesch&auml;digten Hautbereichen.<sup>7</sup> Bei Patienten, die sich mit persistierendem Juckreiz und Hautl&auml;sionen vorstellen, ist daher Vorsicht geboten, denn die L&auml;sionen sind m&ouml;glicherweise nicht die Ursache, sondern die Folge des Juckreizes. Die Diagnose des Post-Zoster-Pruritus l&auml;sst sich meist anhand der Anamnese (Herpes zoster in der Vorgeschichte) und des klinischen Bildes stellen. Ist keine vorangegangene Zostererkrankung bekannt, sollte man immer auch an einen Zoster sine herpete denken, bei dem die typischen Hautver&auml;nderungen fehlen. Hinweise auf eine neurogene Ursache kann eine neuropathologische Untersuchung einer Hautbiopsie liefern.<sup>9</sup></p> <h2>Keine evidenzbasierte Therapie</h2> <p>Die Behandlung des Post- Zoster-Pruritus ist schwierig, denn es liegen weder gute klinische Studien noch f&uuml;r diese Indikation zugelassene Medikamente vor. Da es sich um eine neuropathische Erkrankung handelt, spricht der Juckreiz nicht auf die &uuml;blichen Therapien wie Antihistaminika oder entz&uuml;ndungshemmende Medikamente an &ndash; was auch diagnostisch genutzt werden kann.<sup>9</sup> Die bei der Zosterneuralgie gut wirksamen Opioide sind f&uuml;r die Therapie des Post-Zoster-Juckreizes ebenfalls nicht hilfreich, denn sie k&ouml;nnen ihn sogar verst&auml;rken. Besser geeignet erscheint der Einsatz von Lokalan&auml;sthetika, um die betroffenen Nerven zu blockieren.<sup>9</sup> Eine kleine chinesische Studie zeigte gute Erfolge mit der lokalen Injektion von Thiamin (Vit. B1) und Cobalamin (Vit. B12), die beide wichtig f&uuml;r die Nervenfunktion sind. Die Ergebnisse sind jedoch noch nicht f&uuml;r eine allgemeine Empfehlung ausreichend.<sup>10</sup> Hier besteht gro&szlig;er Forschungsbedarf.</p></p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Gross G: Zoster. Dtsch med Wochenschr 1997; 122: 132-9 <strong>2</strong> Gross G et al.: Bilateraler asymmetrischer Zoster im Jugendalter. Hautarzt 2001; 4: 335-8 <strong>3</strong> Gross G et al.: Zoster und Zosterschmerzen. Chemother J 2002; 11: 165-73 <strong>4</strong> Werner RN et al.: European consensus-based ( S2k) guideline on the management of herpes zoster &ndash; guided by the European Dermatology Forum (EDF) in cooperation with the European Academy of Dermatology and Venereology (EADV), part 1: diagnosis. JEADV 2017; 31: 9-19 <strong>5</strong> Hoppenjans WB et al.: Prolonged cutaneous herpes zoster in acquired immunodeficiency syndrome. Arch Dermatol 1990; 126: 1048-50 <strong>6</strong> Kost RG, Straus SE: Postherpetic neuralgia pathogenesis, treatment and prevention. N Engl J Med 1996; 335: 23-42 <strong>7</strong> Ruocco V et al.: Beyond zoster: sensory and immune changes in zoster-affected dermatomes: a review. Acta Derm Venereol 2012; 92: 378-82 <strong>8</strong> Oaklander AL et al.: Herpes zoster itch: Preliminary epidemiologic data. J Pain 2003; 4: 338-43 <strong>9</strong> Oaklander AL: Common neuropathic itch syndromes. Acta Derm Venereol 2012; 92: 118-25 <strong>10</strong> Xu G et al.: Thiamine, cobalamin, locally injected alone or combination for herpetic itching: a single-center randomized controlled trial. Clin J Pain 2014; 30: 269-78</p> </div> </p>
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