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Stellungnahme zum Konsensus Statement Schizophrenie 2023

In dem Konsensus Statement Schizophrenie 20231 wurde die Sachlage zur Diagnostik und Therapie schizophrener Erkrankungen in 19 Kapiteln erarbeitet. Doch besteht im Bereich der psychiatrisch-psychologischen Diagnostik ein schwerwiegendes Problem, das einer Lösung bedarf.

Denn die grundlegenden Diagnosekategorien (Schizophrenie, Psychose, Depression und Persönlichkeitsstörungen) haben im Unterschied zu Diagnosekategorien in anderen Bereichen der Medizin keine Identifikationsmerkmale und sind daher invalide. Dr. Otto Buxbaum kommentiert im Folgenden das Konsensus Statement Schizophrenie 2023.

Diagnosekategorien und Identifikationsmerkmale

Das Grundproblem der Diagnosekategorie Schizophrenie wird bereits in Kapitel 1 (Definition der Schizophrenie) deutlich. Denn es fehlen Identifikationsmerkmale, die bei Diagnosekategorien in anderen Bereichen der Medizin vorhanden sind, um eine Krankheit zu identifizieren, beispielsweise Covid-19, Lungenentzündung oder Knöchelbruch. Daher ist es notwendig, die invaliden psychiatrisch-psychologischen Diagnosekategorien zu verwerfen und neues Wissen anzuwenden, das eine beträchtliche Qualitätssteigerung der psychiatrisch-psychologischen Praxis ermöglicht. Dieses Wissen steht für die notwendige Aus- und Weiterbildung der Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie zur Verfügung.2 Dieses neue Wissen wird auf die einzelnen Kapitel des Konsensus-Dokuments bezogen, um die Notwendigkeit der Erneuerung der Diagnostik in Bezug auf die Neurowissenschaft nachzuweisen, die Ätiologie zu präzisieren und auf den besonderen Nutzen der neurowissenschaftlich fundierten Psychotherapie zu verweisen.

Da es keine Identifikationsmerkmale gibt, wird als Definition der Schizophrenie in Kapitel 1 des Konsensus-Dokuments ein charakteristisches Störungsmuster in verschiedenen psychischen Bereichen genannt, wie Wahrnehmung, Denken, Ich-Funktionen, Affektivität, Antrieb, Kognition und Psychomotorik. Eine derart breite Definition weist darauf hin, dass verschiedenen Diagnosekategorien Symptome gemeinsam sind. So kann es auch bei der posttraumatischen Belastungsstörung Ich-Störungen geben, während Anhedonie bei verschiedenen psychischen Störungen auftreten kann, allenfalls auch bei körperlichen Erkrankungen, darunter Eisenmangel. Kognitive Störungen werden als zentrales Merkmal der Schizophrenie genannt (Kapitel 6), und es werden auch in Anlehnung an psychologische Modelle verschiedene Bereiche beschrieben. Doch wieder gilt, dass kognitive Defizite bei verschiedenen psychischen Störungen möglich sind. Gäbe es Identifikationsmerkmale, wären diese Überlappungen nicht möglich. Es gäbe nur Fehldiagnosen aufgrund unzulänglicher Umstände wie Lichtverhältnisse, Beobachtungszeit, Sehfähigkeit und Erfahrung.

Hypothesen zur Pathogenese

Ein weiteres Problem, das wegen der Invalidität der Diagnosekategorie Schizophrenie besteht, umfasst die im Konsensus Statement genannten Hypothesen der Pathogenese bzw. Ätiologie der Schizophrenie sowie die ätiologischen Faktoren der kognitiven Störungen.

Die neurochemischen Störungen im Bereich zentraler Neuromodulatoren, insbesondere im dopaminergen, serotonergen und glutamatergen System, können entweder Wirkung oder Ursache sein. So heißt es im Konsensus Statement (S. 8), dass Stressoren zu gesteigerter Dopaminsynthese sowie erhöhter Dopaminausschüttung führen. Es heißt aber auch, dass bei einer verstärkten und spontanen Aktivierung von dopaminergen Neuronen internen und externen Reizen eine Bedeutung zugeschrieben wird, die diese bei Gesunden nicht haben. Allerdings wird auf derartige Unterschiede, etwa zwischen Kranken und Gesunden, nicht weiter eingegangen, obwohl solche Einflüsse (in Form von Appellen und Fragen an sich selbst, Urteilen, Denken und Entscheiden) für das Entstehen, Vermeiden oder Beheben von psychischen Störungen wesentlich sein können.

Konsensus Statement, JATROS Neurologie & Psychiatrie 2023

Ätiopathogenetisches Grundkonzept

Neurochemischen Störungen wird eine Beteiligung an der Pathophysiologie der Schizophrenie zugeschrieben. Doch werden genetische Einflüsse als besonders wichtig angesehen. Allerdings sind die Ausführungen über diese Einflüsse unkritisch. So wird die Erblichkeit psychischer Störungen weit überschätzt. Dies zeigt der Abschnitt 6 im ersten Teil eines geplanten Buches (Abschnitt I.6), das bald veröffentlicht wird.2

Die Suche nach Genen, die mit psychischen Störungen zusammenhängen, kann nicht zu eindeutigen Ergebnissen führen, vor allem deshalb, weil die klinischen Phänotypen (vor allem Schizophrenie und Psychose) invalide sind. Dies gilt sowohl für selektive Genfindungsstudien (Abschnitt I.7.1) als auch für genomweite Assoziationsstudien (Abschnitt I.7.2).2 Bei den selektiven Genfindungsstudien gibt es signifikante Zusammenhänge zwischen bestimmten Genmutationen, bestimmten Umwelteinflüssen und bestimmten Phänotypen. Auch die Ergebnisse der genomweiten Assoziationsstudien weisen nicht auf kausale, sondern auf deskriptive Zusammenhänge zwischen Genen und Phänotypen hin.

Klarheit erhält man, wenn man die Frage stellt, was die Gene veranlasst, Genprodukte (Enzyme, Transporter, Rezeptoren) zu erzeugen, welche bei Menschen solche Zustände bewirken, die Notfallpsychiatrie erfordern. Allgemein gilt, dass Gene durch Signalmoleküle aktiviert werden, die auf Rezeptormoleküle wirken. Die Signalmoleküle stammen von Reizen der Außenwelt sowie von biochemischen, neuronalen und geistig-neuronalen Aktivitäten.

Ein Beispiel für ein Signalmolekül ist Serotonin, das die Aktivität des Glukokortikoid-Rezeptor-Gens reguliert. Die Aktivität von Serotonin ist von Reizen der Außenwelt abhängig, von der Verfügbarkeit von Glukose oder der Wirkung sozialer Reize (Berührung, Zuruf).

Ich-gesteuerte Einflüsse und Prozesse

Beim Menschen sind auch geistig-neuronale (Ich-gesteuerte) Einflüsse auf die Aktivierung von Genen möglich. Dies geschieht durch Impulse auf den Hypothalamus und betrifft alle drei (ineinandergreifenden) Hauptfunktionen, d. h. Einstellung der vegetativen Reaktionslage, Stoffwechsel und Thermoregulation. Derartige Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge werden in Abschnitt III.4.2.2.2 (Ich-gesteuerte Einflüsse auf den Hypothalamus) dargestellt und sind mit genetischen Aktivitäten verbunden.2

Ich-gesteuerte Prozesse können aber auch extremen Zuständen der Hirnaktivität (Hypoaktivierung oder Hyperaktivierung) entgegenwirken, die den Verlust der Ich-Steuerung (Selbststeuerung) bewirken und bei Selbstgefährlichkeit und/oder Fremdgefährlichkeit Notfallpsychiatrie erfordern. So kann man sich in belastenden Situationen durch Appelle an sich selbst aufmuntern oder beruhigen. Man kann niederdrückende bzw. entmutigende oder erregungssteigernde Gedanken hemmen sowie auf ablenkende (aktivierende oder beruhigende) Tätigkeiten umschalten, sofern nicht rasche Reaktionen notwendig sind. Die Quelle dieser Prozesse sind Erfahrungen mit Bezugspersonen in der Kindheit und Jugend. Mangelt es an derartigen Erfahrungen, vor allem aufgrund von Vernachlässigung, hat man also nicht gelernt, belastende Gefühle zu verkraften, dann nimmt die Wahrscheinlichkeit von Verhaltensstörungen in Richtung Hypoaktivierung oder Hyperaktivierung zu. Allerdings ist es auch möglich, dass das Lernen von Selbstkontrolle in der Familie und danach erfolgreich war, dass aber äußerst schwierige Lebenssituationen auftreten, die durch belastende Gedanken, Vorstellungen, Urteile und Denkprozesse bis zum Verlust der Selbststeuerung gesteigert werden können, wie unglückliche Liebe oder ein schwerer materieller Verlust.

Diese Gesetzmäßigkeiten, auch die damit verbundenen neurochemischen Störungen, sind genau bekannt. Sie sind in den Abschnitten II.4 (Psychische Störungen sind zumeist Funktionsstörungen des präfrontalen Kortex) und III.4.4.6 (Die Beeinträchtigung der Aktivität des präfrontalen Kortex) dargestellt.2 Damit ist auch die Vorgangsweise (Diagnose, Behandlung) in der Notfallpsychiatrie bestimmt. Denn ein Bezug auf die invaliden Diagnosekategorien, insbesondere Psychose, Schizophrenie und Depression, ist überflüssig. Die Behandlung hängt von der Form des extremen Aktivierungszustandes (Hypoaktivierung oder Hyperaktivierung) ab, der zum Verlust der Selbststeuerung geführt hat, wobei auch ausgeschlossen sein muss, dass der Zustand auf einer hirnorganischen Störung oder auf dem Einfluss psychoaktiver Substanzen beruht (Abschnitte II.5 und III.7.2).2

Positiv- und Negativsymptomatik

Interessanterweise betrifft auch die auf die Schizophrenie bezogene Unterscheidung zwischen Positivsymptomatik und Negativsymptomatik den Aktivierungszustand, der auf Störung der Selbststeuerung in Richtung eines extremen Aktivierungszustandes (Hypoaktivierung oder Hyperaktivierung) hinweist. Bei Dominanz der Positivsymptomatik weist diese auf Hyperaktivierung hin, bei Dominanz der Negativsymptomatik auf Hypoaktivierung. Allerdings kann die Ausprägung von Symptomen interindividuell und intraindividuell variieren. Dies bedeutet, dass auch eine gemischte Symptomatik möglich ist. Die Diagnose der gegebenen Symptomatik kann in einem Arzt-Patienten/Angehörigen-Gespräch erfolgen oder anhand eines Fragebogens, insbesondere der 7 Items der Positivskala sowie der 7 Items der Negativskala der PANSS (Positive and Negative Syndrome Scale), die damit ihren Bezug zur Schizophrenie verliert. Bei Störungen der Selbststeuerung in Richtung Hyperaktivierung oder Hypoaktivierung bestehen außerdem kognitive Defizite (Urteils- und Denkstörungen sowie Störungen der Gedächtnisbildung).

Weitere Diagnostik

Demgegenüber ist die weitere Diagnostik, die in den Kapiteln 5.1–5.3 des Konsensus Statement beschrieben wird, überflüssig, weil sie auf die Schizophrenie bezogen ist. Bei Kapitel 5.4 (Organische Abklärung bzw. Kontrollen bei Vorliegen von psychotischen Symptomen) besteht das Problem, dass Psychose eine invalide Diagnosekategorie ist. Daher sind auch psychotische Symptome vage bzw. mehrdeutige Begriffe. Dies gilt auch in Bezug auf Kapitel 5.4.1 (Früherkennung und Frühintervention). Auch bei Kapitel 5.4.2 (Ersterkrankung) und Kapitel 5.4.3 (Mehrfacherkrankungen) ist zu berücksichtigen, dass die Krankheit (Schizophrenie, Psychose) eine invalide Diagnosekategorie ist.

Beim Kapitel 6 des Konsensus Statement (Kognitive Störungen bei Schizophrenie) ist der Begriff Schizophrenie nicht mehr anwendbar. Außerdem ist es nicht notwendig, die kognitiven Störungen und deren Ursachen auf psychologische Modelle und genetische Hypothesen zu beziehen. Denn die Gesetzmäßigkeiten werden in Bezug auf das neue Wissen bei der Beschreibung der Beeinträchtigung des präfrontalen Kortex dargestellt (Abschnitte II.4 und III.4.4.6).2

Die Beurteilungsinstrumente zur standardisierten Diagnostik (Kapitel 7) sind nur dann verwendbar, wenn sie nicht auf die Schizophrenie oder auf andere invalide Kategorien bezogen sind.

Grundlagen der Behandlung

In Kapitel 8 des Konsensus Statement (Allgemeine Grundlagen der Behandlung von Patient:innen) und in den Kapiteln 9–13 geht es um die Behandlung mit Psychopharmaka. Allerdings besteht auch hier das Problem der invaliden Diagnosekategorien, insbesondere bei Psychose, Schizophrenie und Depression sowie abgeleiteter Begriffe. So wird der Begriff „psychotisch“ 92-mal verwendet. Doch fehlt diesem Begriff eine klare Bedeutung. Daher sollte er nicht verwendet werden.

Bei der Behandlung in der Notfallpsychiatrie ist der Bezug auf die invaliden Diagnosekategorien, insbesondere Psychose, Schizophrenie und Depression, überflüssig. Denn die Behandlung hängt von der Form des extremen Aktivierungszustandes (Hypoaktivierung oder Hyperaktivierung) ab. Obwohl sich die Hyperaktivierung in sehr verschiedenen Kombinationen von Symptomen manifestieren kann (insbesondere positive, negative und gemischte Symptome), erfolgt die psychopharmakologische Normalisierung der Aktivierung (Wiederherstellung der Ansprechbarkeit) durch wenige Gruppen von Medikamenten. Deaktivierende Psychopharmaka sind die Benzodiazepine und Neuroleptika. Die Auswahl von Mittel und Dosis erfordert umfangreiches Wissen, insbesondere über Wirkungen und Nebenwirkungen. Dies zeigt sich beispielsweise an der Tabelle 9 (Dosierung in der Akutphase). Außerdem werden im Konsensus Statement auch andere Einflussfaktoren genannt, darunter Erstmanifestation oder Rezidiv sowie das Alter.

Klassifikation der Psychopharmaka

Auch die Benennung und die Klassifikation der Psychopharmaka werden schon lange als Problem angesehen, das noch immer nicht gelöst ist, auch nicht durch das auf das Nervensystem bezogene ATC-Klassifikationssystem. Denn dabei werden (gemäß dem Dorsch-Lexikon 2022)3 zwei Begriffe verwendet, die in der Praxis völlig ungebräuchlich sind und nicht verstanden werden: Psycholeptikum (dämpfende Wirkung auf das ZNS) und Psychoanaleptikum (stimulierende Wirkung auf das ZNS). Daher ist es naheliegend, die bekannten Begriffe der typischen und atypischen Neuroleptika (gegen Hyperaktivierung) weiterhin zu verwenden. Bei Hypoaktivierung gibt es Psychopharmaka, die den Antrieb steigern (Thymeretika), die Stimmung aufhellen (Thymoleptika) oder beides bewirken. Doch sind beide Begriffe nicht gebräuchlich.

Psychoedukation

Im Konsensus Statement wird öfters auf die Notwendigkeit der Psychoedukation hingewiesen, auch um die Adhärenz zu erhöhen. Hervorgehoben werden die post-akute Phase sowie die Störungen im Kindes- und Jugendalter. Eine passende Aufklärung muss aber auch klare Informationen über die genannte Problematik der Schizophrenie und Psychose vermitteln. Die Patient:innen in der postakuten Phase sowie Personen, die psychiatrisch-psychologische Hilfe suchen, müssen aufgeklärt werden, dass sie nicht an Schizophrenie oder einer Psychose leiden können. Stattdessen seien die erlebten und berichteten Belastungen psychosozial bedingte Störungen der Informationsverarbeitung bzw. der Selbststeuerung in Richtung einer extrem hohen Aktivierung des Gehirns. Diese Störung sei durch Psychopharmaka und/oder Psychotherapie zu behandeln, um einen Extremzustand der Hirnaktivität zu vermeiden (Prävention). Bei passender Aufklärung besteht keine Stigmatisierung und es ist erhöhte Behandlungsbereitschaft zu erwarten.

Für die Festlegung der Behandlung mit Psychopharmaka und/oder mit Psychotherapie (im Einvernehmen mit den Pati-ent:innen) sind verschiedene Informationen notwendig. Dazu gehören Berichte über belastende Reize der materiellen, organischen und sozialen Außenwelt sowie belastende psychische Prozesse (Grübeln, Urteilen, Denken, darunter das belastende Interpretieren von Reizverhältnissen). Des Weiteren wichtig sind gemessene, genannte oder sichtbare Indikatoren von positiven, negativen und gemischten Symptomen und von kognitiven Defiziten, darunter Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen.

Schwangerschaft und Geburt, Kinder und Jugendliche

Die Problematik vager Begriffe besteht auch in den Kapiteln 14 (Schwangerschaft und Geburt), 15 (Schizophrenie und wahnhafte Störungen beim älteren Menschen) und 16 (Psychotische Störungen im Kindes- und Jugendalter).

Die Kapitel 14 und 16 des Konsensus Statement verweisen auf besondere Probleme der Schwangerschaft und Geburt sowie von Kindern und Jugendlichen. Auf diese Probleme wird auch in dem geplanten Buch ausführlich eingegangen: Abschnitt III.7.10 (Belastungen beim Menstruationszyklus, bei der Schwangerschaft und der Postpartalzeit),2 Abschnitt III.7.9.2.1 (Die bipolare Störung bei Kindern und Jugendlichen).2

Besonders wichtig sind in Abschnitt III.7.9.2.1 die Vorbehalte gegen die psychopharmakologische Behandlung von Kindern und Jugendlichen.2 Außerdem wird klargestellt, dass bei anhaltender Instabilität der Stimmung und des Antriebes sowie bei anderen Störungen von Kindern und Jugendlichen stets zu berücksichtigen ist, dass reversible Entwicklungsstörungen vorliegen können, die durch Vernachlässigung bedingt sind und keine psychiatrisch-psychologische, sondern pädagogische Hilfe erfordern (Abschnitt III.6.4.2).2

Psychotherapie

Das Kapitel 17 (Psychotherapie) des Konsensus Statement kann aufgrund von neuem Wissen über neurowissenschaftlich fundierte Psychotherapie (Abschnitt III.7.3) wesentlich verbessert werden.2 So wie die psychopharmakologische Behandlung zielt auch diese Form der Psychotherapie darauf ab, die Funktionsstörung des präfrontalen Kortex zu beheben, dessen grundlegende Funktion die Selbststeuerung ist. Allerdings ist dies besonders differenziert und ohne Nebenwirkungen möglich, sofern die Lernfähigkeit und die Lernbereitschaft hinreichend sind, also die Beeinträchtigung des präfrontalen Kortex noch nicht irreversibel ist.

Man kann davon ausgehen, dass die (oft triste oder belastende) Umgebung und die damit verbundenen Reizverhältnisse bei Patient:innen das Entstehen von negativen Symptomen begünstigen. Soziotherapie, Psychoedukation und Psychotherapie können dazu beitragen, dass es zu Verbesserungen kommt, auch dadurch, dass anregende Reizverhältnisse wirken.

Günstigenfalls kann gelernt werden, Extremzustände der Hirnaktivität, den Verlust der Selbststeuerung sowie Selbstgefährlichkeit und/oder Fremdgefährlichkeit zu vermeiden. Zu diesem Erlernen der persönlich und sozial erwünschten Selbstkontrolle (Gefühlskontrolle, Impulskontrolle) gehört auch das Ankämpfen gegen die Neigung, mehrdeutige soziale Reize als beleidigend, kränkend oder angstauslösend zu interpretieren. Weiters ist das Unterlassen von reizunabhängigen belastenden Urteils- und Denkprozessen und damit verbundenen belastenden Vorstellungen und Gedanken wesentlich, um den unerwünschten Verlust der Selbstkontrolle zu vermeiden. Wenn dies mit belastenden Spannungen verbunden ist, dann ist es notwendig, diese Spannungen abzubauen, um psychosomatische Störungen zu vermeiden.

Soziotherapeutische Intervention und Rehabilitation

Auch für das Kapitel 18 (Soziotherapeutische Interventionen) und das Kapitel 19 (Rehabilitation) gilt, dass das Verwerfen der invaliden Diagnosekategorie Schizophrenie sowie eine entsprechende Aufklärung aller Beteiligten den Erfolg von Maßnahmen im stationären und ambulanten Bereich begünstigen, auch dadurch, dass (Selbst-)Stigmatisierung verhindert wird.

Das geplante Buch besteht aus drei Teilen und kann unter otto.buxbaum@outlook.com angefordert werden: I. New knowledge about basic forms and causes of mental disorders; II. Psychosis, schizophrenia and other invalid diagnostic categories; III. The nervous system and the mind

1 Rujescu D et al.: Schizophrenie: Medikamentöse Therapie. Konsensus-Statement – State of the Art 2023. Sonderheft JATROS Neurologie & Psychiatrie, November 2023 2 Buxbaum O: Innovation of psychiatric-psychological practice. Book submitted for publication, 2025 3 Wirtz MA (Hrsg.): Dorsch – Lexikon der Psychologie. 20. überarbeitete Auflage. Bern: Hogrefe, 2022

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