
Subklinische Hypothyreose
Vielen Dank für Ihr Interesse!
Einige Inhalte sind aufgrund rechtlicher Bestimmungen nur für registrierte Nutzer bzw. medizinisches Fachpersonal zugänglich.
Sie sind bereits registriert?
Loggen Sie sich mit Ihrem Universimed-Benutzerkonto ein:
Sie sind noch nicht registriert?
Registrieren Sie sich jetzt kostenlos auf universimed.com und erhalten Sie Zugang zu allen Artikeln, bewerten Sie Inhalte und speichern Sie interessante Beiträge in Ihrem persönlichen Bereich
zum späteren Lesen. Ihre Registrierung ist für alle Unversimed-Portale gültig. (inkl. allgemeineplus.at & med-Diplom.at)
Mit einer Prävalenz zwischen 4% und 10% ist die subklinische Hypothyreose deutlich häufiger als eine manifeste Schilddrüsenunterfunktion. Frauen sind öfter von einer Hypothyreose betroffen als Männer. Die Diagnose wird aufgrund der im Labor ermittelten Schilddrüsenwerte gestellt. Bei der milden Form ist nur das TSH erhöht, während bei einer manifesten Hypothyreose auch die Schilddrüsenhormone betroffen sind (fT4 und fT3 vermindert). Zu berücksichtigen ist, dass ältere Menschen vermutlich aus physiologischen Gründen höhere TSH-Werte haben.1 „Der aktuelle Referenzbereich für TSH-Normalwerte dürfte deshalb für ältere Menschen nicht korrekt sein“, erklärte Prof. Dr. Henryk Zulewski, Abteilungsleiter Endokrinologie und Diabetologie im Stadtspital Triemli in Zürich, beim Frühjahrskongress der Schweizerischen Gesellschaft für Allgemeine Innere Medizin (SGAIM).
Permanent oder transient?
Liegt eine primäre Hypothyreose vor, geht es zunächst darum, zu klären, ob es sich um eine vorübergehende Form oder eine permanente Schilddrüsenunterfunktion handelt. „Bei der transienten Hypothyreose handelt es sich um Spätfolgen einer akuten Veränderung des Schilddrüsenstoffwechsels“, sagte der Experte. Als Ursachen kommen eine virale Entzündung, wie die Thyreoiditis de Quervain, sowie akute Formen einer lymphozytären Schilddrüsenentzündung, wie zum Beispiel eine stumme oder eine postpartale Thyreoiditis, infrage.
Bei der transienten Form kommt es in der Erholungsphase vorübergehend zu einer meist überschießenden TSH-Erhöhung, die sich im Verlauf in der Regel wieder normalisiert. „Auch wenn jemand sehr krank war, etwa eine Lungenentzündung oder einen Herzinfarkt hatte, kommt es in der akuten Erkrankungsphase zu einer Herabregulation der Hormonsekretion und in der Erholungsphase zu einer vermehrten Schilddrüsenhormonsekretion. Dies führtüber einige Wochen oder wenige Monate zu erhöhten TSH-Werten“, erläuterte Zulewski.
Hauptursache für eine permanente Hypothyreose (mit und ohne Struma) ist die Autoimmunerkrankung Hashimoto. Eine dauerhafte Schilddrüsenunterfunktion auslösen können zudem iatrogene Gründe, wie eine Schilddrüsenoperation, eine Radiojodtherapie oder eine Bestrahlung am Hals. Außerdem können Medikamente eine Schilddrüsenunterfunktion induzieren. Dazu gehören Amiodaron, Lithium, Thionamide, Checkpoint-Inhibitoren und Zytokine. Als weitere Ursache kommt ein schwerer Jodmangel infrage. Dieser kommt in den meisten entwickelten Ländern nur noch sehr selten vor, ist jedoch in einigen Ländern Süd- und Mittelamerikas, Afrikas und Asiens nach wie vor häufig.
Meistens genügt eine TSH-Messung
„Ein generelles Screening wird von den meisten Fachgesellschaften nicht empfohlen“, so Zulewski. Im Rahmen eines aggressiven „Case-Findings“ sollten jedoch die Schilddrüsenhormone bei Patienten mit Symptomen, bei solchen mit einem Risiko für eine Schilddrüsenerkrankung, bei Patienten mit einer Autoimmunerkrankung sowie bei Frauen mit Fertilitätsproblemen kontrolliert werden. „Typ-1-Diabetiker sollten sogar in regelmäßigen Abständen – circa einmal alle zwei Jahre – gescreent werden“, empfahl der Experte. Eine TSH-Messung ist zudem angezeigt bei positiver Familien- oder Eigenanamnese für Störungen der Schilddrüsenfunktion sowie bei Patienten mit einer Struma oder nach einer Bestrahlung der Halsregion. „Bei ambulanten Patienten, die sonst keine schwere Erkrankung haben, genügt die TSH-Messung“, betonte Zulewski. Bei schwer kranken, multimorbiden Patienten, die viele Medikamente einnehmen, lohnt es sich, zusätzlich das fT4 und allenfalls auch das fT3 zu bestimmen. Bei subklinischen Hypothyreosen sollte die TSH-Messung nach sechs Wochen bis drei Monaten wiederholt werden, da sich das Hormon in dieser Zeit bei etlichen Patienten von selbst wieder normalisiert.
Klinische Evaluation ja, Antikörperbestimmung und Bildgebung nein
„Sind sekundäre und iatrogene Formen durch Anamnese und Untersuchung ausgeschlossen, kann davon ausgegangen werden, dass es sich um eine primäre Schilddrüsenunterfunktion infolge einer lymphozytären Destruktion der Schilddrüse handelt“, erläuterte der Spezialist. In Autopsiestudien fanden sich bei bis zu 40% der Frauen lymphozytäre Infiltrate in der Schilddrüse. „Nicht sinnvoll ist es, Antikörper zu bestimmen, auch nicht bei TSH-Werten von 8 oder 9mU/l“, betonte Zulewski.
Um Überdiagnosen und Übertherapien (inkl. Operationen von Schilddrüsenknoten) zu vermeiden, sollte außerdem – mit Ausnahme von Patienten mit Lokalbeschwerden und solchen mit einem palpablen Knoten – auf bildgebende Untersuchungen verzichtet werden.2 Die Anwendung von Symptomscores kann in der Praxis sinnvoll sein. Einen verkürzten, validierten Score hat Zulewski selbst vor längerer Zeit entwickelt.3 Er berücksichtigt Beschwerden wie vermindertes Schwitzen, Heiserkeit, Parästhesien, trockene Haut, Verstopfung, Hörverschlechterung, Gewichtszunahme sowie klinische Zeichen wie langsame Bewegung, verlangsamte Reflexe, trockene Haut, periorbitale Schwellung, kalte Haut. „Je mehr dieser Beschwerden vorhanden sind, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine subklinische respektive eine manifeste Unterfunktion vorliegt“, so der Experte.
Einzelne Patienten profitieren von Thyroxin
Eine subklinische Hypothyreose mit einem TSH <10mU/l (bei betagten Patienten <15mU/l) wird in der Regel nicht therapiert, da kaum Evidenz für einen Nutzen besteht. „Es gibt aber gute Gründe, ausgewählte Patienten zu behandeln“, betonte Zulewski. Von einer Thyroxin-Substitution können symptomatische Patienten, solche mit einer Struma und Frauen mit Fertilitätsproblemen profitieren. „Behandelt werden sollten zudem Patienten mit einem therapierten Morbus Basedow, da sie wegen des dauerhaft erhöhten TSH ein erhöhtes Risiko für eine endokrine Orbitopathie haben“, führte der Experte abschließend an.
Bericht:
Claudia Benetti
Quelle:
Frühjahrskongress der SGAIM, 19. bis 21. Mai 2021
Literatur:
-
Andersen S et al.: Narrow individual variations in serum T(4) and T(3) in normal subjects: a clue to the understanding of subclinical thyroid disease. J Clin Endocrinol Metab 2002; 87: 1068-72
-
Ahn HS et al.: Korea’s thyroid-cancer „epidemic“--screening and overdiagnosis. N Engl J Med 2014; 371: 1765-7
-
Zulewski H et al.: Estimation of tissue hypothyroidism by a new clinical score: evaluation of patients with various grades of hypothyroidism and controls. J Clin Endocrinol Metab 1997; 82: 771-6