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Wann braucht der Rheumatologe den Gastroenterologen?

Wann soll man Rheumapatienten beim Gastroenterologen vorstellen und welche Befunde sollte man vorab erheben? Als Referenten-Duo beantworteten Prof. Dr. Hans-Peter Brezinschek und Doz. Dr. Andreas Blesl, beide von der Universitätsklinik für Innere Medizin, Graz, diese Fragen am 20. Wachauer Rheumatag.

Gemeinsame Patienten für Gastroenterologen und Rheumatologen gäbe es genügend, denn gastrointestinale Manifestationen können bei vielen rheumatischen Erkrankungen auftreten, wie Doz. Blesl ausführte. Insbesondere, wenn die Entzündung nicht gut unter Kontrolle ist, kann sich prinzipiell jede chronisch-entzündliche Erkrankung auf den Magen beziehungsweise den Darm schlagen (Tab.1, 2).1,2

Tab. 1: Gastrointestinale Manifestationen bei rheumatischen Erkrankungen

Tab. 2: Gastrointestinale Manifestationen bei rheumatoider Arthritis

Bei vielen Rheumapatienten ist sogar das erste Symptom ihrer Rheumaerkrankung eines aus dem Gastrointestinaltrakt, sodass Gastroenterologen in vielen Fällen die initiale Diagnose einer rheumatischen Erkrankung stellen können.

Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass sich chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) anfangs extraintestinal manifestieren: „Jeder vierte Patient hat vor der CED-Diagnose schon extraintestinale Symptome gehabt“, berichtet Blesl. Zu diesen gehört unter anderem auch Arthritis, meist der großen Gelenke. Rheumatologen sollten daher bei ihrer Diagnosefindung immer auch an eine CED denken.

Gewünschte Untersuchungen vor der Überweisung

Wenn bei Rheumapatienten gastrointestinale Symptome auftreten, ist laut Blesl eine zumindest einmalige gastroenterologische Untersuchung zielführend. Wünschenswert wären die folgenden Voruntersuchungen:

  • vollständiges Labor inklusive eines vollständigen Leberprofils (BB, AST, ALT, GGT, AP, Bilirubin, Albumin, Gerinnung) sowie Bestimmung der Pankreasenzyme bei Bauchschmerzen

  • bei Leberfermenterhöhung: Serologie Hepatitis B und C

  • bei Diarrhö: bakterielle Stuhlkulturen, Calprotectin im Stuhl, Gewebstransglutaminase-Antikörper, evtl. Hämoccult, Elastase

  • Abdomensonografie bei Verdacht auf intraabdominelle Pathologie, erhöhten Leberwerten, evtl. auch Fibroscan

So weit der komplette „Wunschzettel“ der Gastroenterologen. Die Mindestanforderung an Voruntersuchungen beinhaltet für Blesl eine Calprotectin-Bestimmung und eine Abdomensonografie, bei Patienten ab einem Alter von 45Jahren auch eine Koloskopie.

Eine Zöliakie sollte immer ausgeschlossen werden. „Sie ist gar nicht so selten, wie man denkt, und sie kann auch bei älteren Menschen erstdiagnostiziert werden“, so der Gastroenterologe.

Fazit

Die isolierte organzentrierte Betrachtung von immunmediierten inflammatorischen Erkrankungen sei nicht mehr zeitgerecht, so die Referenten abschließend: „Auch wenn die moderne Medizin immer spezialisierter wird, ist eine erfolgreiche Behandlung von immunmediierten inflammatorischen Krankheiten nur durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen möglich.“

20. Wachauer Rheumatag, 23. April 2022, Spitz

1 Kröner PT et al.: Gastrointestinal manifestations of rheumatological diseases. Am J Gastroenterol 2019; 114(9): 1441-54 2 Craig E, Cappelli LC: Gastrointestinal and hepatic disease in rheumatoid arthritis. Rheum Dis Clin North 2018; 44(1): 89-111

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