Wann braucht der Rheumatologe den Gastroenterologen?
Bericht:
Mag. Christine Lindengrün
Wann soll man Rheumapatienten beim Gastroenterologen vorstellen und welche Befunde sollte man vorab erheben? Als Referenten-Duo beantworteten Prof. Dr. Hans-Peter Brezinschek und Doz. Dr. Andreas Blesl, beide von der Universitätsklinik für Innere Medizin, Graz, diese Fragen am 20. Wachauer Rheumatag.
Gemeinsame Patienten für Gastroenterologen und Rheumatologen gäbe es genügend, denn gastrointestinale Manifestationen können bei vielen rheumatischen Erkrankungen auftreten, wie Doz. Blesl ausführte. Insbesondere, wenn die Entzündung nicht gut unter Kontrolle ist, kann sich prinzipiell jede chronisch-entzündliche Erkrankung auf den Magen beziehungsweise den Darm schlagen (Tab.1, 2).1,2
Bei vielen Rheumapatienten ist sogar das erste Symptom ihrer Rheumaerkrankung eines aus dem Gastrointestinaltrakt, sodass Gastroenterologen in vielen Fällen die initiale Diagnose einer rheumatischen Erkrankung stellen können.
Umgekehrt kann es auch vorkommen, dass sich chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) anfangs extraintestinal manifestieren: „Jeder vierte Patient hat vor der CED-Diagnose schon extraintestinale Symptome gehabt“, berichtet Blesl. Zu diesen gehört unter anderem auch Arthritis, meist der großen Gelenke. Rheumatologen sollten daher bei ihrer Diagnosefindung immer auch an eine CED denken.
Gewünschte Untersuchungen vor der Überweisung
Wenn bei Rheumapatienten gastrointestinale Symptome auftreten, ist laut Blesl eine zumindest einmalige gastroenterologische Untersuchung zielführend. Wünschenswert wären die folgenden Voruntersuchungen:
-
vollständiges Labor inklusive eines vollständigen Leberprofils (BB, AST, ALT, GGT, AP, Bilirubin, Albumin, Gerinnung) sowie Bestimmung der Pankreasenzyme bei Bauchschmerzen
-
bei Leberfermenterhöhung: Serologie Hepatitis B und C
-
bei Diarrhö: bakterielle Stuhlkulturen, Calprotectin im Stuhl, Gewebstransglutaminase-Antikörper, evtl. Hämoccult, Elastase
-
Abdomensonografie bei Verdacht auf intraabdominelle Pathologie, erhöhten Leberwerten, evtl. auch Fibroscan
So weit der komplette „Wunschzettel“ der Gastroenterologen. Die Mindestanforderung an Voruntersuchungen beinhaltet für Blesl eine Calprotectin-Bestimmung und eine Abdomensonografie, bei Patienten ab einem Alter von 45Jahren auch eine Koloskopie.
Eine Zöliakie sollte immer ausgeschlossen werden. „Sie ist gar nicht so selten, wie man denkt, und sie kann auch bei älteren Menschen erstdiagnostiziert werden“, so der Gastroenterologe.
Fazit
Die isolierte organzentrierte Betrachtung von immunmediierten inflammatorischen Erkrankungen sei nicht mehr zeitgerecht, so die Referenten abschließend: „Auch wenn die moderne Medizin immer spezialisierter wird, ist eine erfolgreiche Behandlung von immunmediierten inflammatorischen Krankheiten nur durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen möglich.“
Quelle:
20. Wachauer Rheumatag, 23. April 2022, Spitz
Literatur:
1 Kröner PT et al.: Gastrointestinal manifestations of rheumatological diseases. Am J Gastroenterol 2019; 114(9): 1441-54 2 Craig E, Cappelli LC: Gastrointestinal and hepatic disease in rheumatoid arthritis. Rheum Dis Clin North 2018; 44(1): 89-111
Das könnte Sie auch interessieren:
Schwierig zu behandelnde oder therapierefraktäre SpA
Die Behandlungsmöglichkeiten bei Spondyloarthritis haben sich mit Einführung der Biologika dramatisch verbessert. Das bedeutet allerdings nicht, dass alle Patient:innen in ausreichendem ...
Biologikatherapien in der Schwangerschaft
„Biologika sind in der Schwangerschaft in Ordnung“ – mit dieser klaren Aussage fasste Prof.Dr. Ian Giles, University College London, im Rahmen der RheumaPreg-2025- Konferenz in Wien die ...
Spondyloarthritis: Schäden sind bei frühzeitiger Therapie reversibel
Das alte Konzept der nichtradiografischen axialen Spondyloarthritis und der radiografischen ankylosierenden Spondylitis wird zunehmend verlassen und in der Diagnose axiale ...