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Genderaspekte bei AS und PsA

Unterschiedliche Symptome, gleiche Krankheitslast

Über aktuelle Entwicklungen und neue Erkenntnisse zu Erkrankungen aus dem seronegativen Formenkreis berichtete ÖGR-Präsidentin Prim. Dr. Judith Sautner im Rahmen des 20. Wachauer Rheumatags. Vor allem Genderaspekte rücken immer mehr in den Fokus.

Auch Frauen haben Bechterew

Immer mehr zeigt sich, dass ankylosierende Spondylitis (AS, Mb.Bechterew) nicht mehr als Erkrankung betrachtet werden kann, von der vorwiegend Männer betroffen sind. „In den letzten Jahren hat die Geschlechterverteilung eine Ratio von fast 1:1 erreicht“, berichtet Sautner. Geschlechtsspezifische Unterschiede gibt es aber auf anderen Ebenen. Beispielsweise sprechen Frauen signifikant schlechter auf TNF-alpha-Blocker an.1 Die Ankylose in der Wirbelsäule ist bei Männern durchschnittlich ausgeprägter, die radiologische Progression stärker. „Die Krankheitslast ist aber bei Männern und Frauen gleich groß“, betont Sautner.

<< Eine Nagelpsoriasis kann ein sichtbares Anzeichen einer zugrundeliegenden asymptomatischen Enthesitis sein und eine mögliche PsA vorhersagen.>>
J. Sautner, Stockerau

In der Diagnostik seronegativer entzündlicher Erkrankungen spielt die Bildgebung eine zentrale Rolle, vor allem MRT für die Diagnostik der Wirbelsäule und der Sakroiliakalgelenke und die Sonografie für periphere Gelenke und Enthesen. „MRT ist der Eckstein moderner Spondylarthritisdiagnostik an der Wirbelsäule“, so Sautner.

Polygenetischer Risikoscore statt HLA-B27?

Daten aus genomweiten Assoziationsstudien von über 15 000 AS-Patienten und mehr als 20 000 Kontrollpersonen haben gezeigt, dass polygenetische Risikoscores (PRS) sehr gut geeignet sein könnten, um bei Patienten mit chronischen Rückenschmerzen jene herauszufiltern, die an AS leiden.2 Der positive prädiktive Wert von PRS war in dieser Auswertung signifikant höher als für CRP, HLA-B27 oder MRT der Sakroiliakalgelenke. Diese Arbeit könnte möglicherweise die Diagnostik von AS in Zukunft verbessern, meint Sautner. Denn die mittlere Zeit bis zur Diagnose von AS hat sich zwar in den letzten Jahren verkürzt, ist aber mit 6,7Jahren im Schnitt immer noch viel zu lange.3 Besonders Frauen müssen oft sehr lange auf die richtige Diagnose warten.1

Wichtig: Training und psychologische Unterstützung

Was die Behandlung der AS betrifft, empfiehlt Sautner die entsprechenden Empfehlungen der ASAS/EULAR als Grundlage.4 Nachdrücklich hinweisen sollte man die Patienten auf die Bedeutung der Trainingstherapie. Eine neue Studie bestätigt deren Stellenwert: Die Gruppe, die ein 3-monatiges Trainingsprogramm mit kardiorespiratorischen und Krafteinheiten absolvierte, zeigte im Vergleich zur Kontrollgruppe signifikante Verbesserungen in allen untersuchten Gesundheits- und Aktivitätsparametern. Der positive Effekt zeigte sich nicht nur nach der 3-monatigen Trainingsphase, sondern war auch noch nach 12 Monaten messbar.5

Zu den häufigsten Komorbiditäten bei AS zählen neben arterieller Hypertonie, Diabetes mellitus und kardiovaskulären Erkrankungen auch Depressionen. Psychologische Betreuung hält Sautner daher für sehr wichtig: „Nicht nur bei AS, sondern bei allen rheumatischen Erkrankungen!“

PsA: eher Enthesitis als Arthritis

Das Krankheitsverständnis verändert sich auch bei Psoriasisarthritis (PsA): Die Enthesitis tritt zunehmend in den Vordergrund. Wie Arthritiden können auch Enthesitiden zu irreversiblen Knochenschäden führen. „In klinischen Studien hatten 56–79% der PsA-Patienten Enthesitiden“, berichtet Sautner. „Eine Nagelpsoriasis kann ein sichtbares Anzeichen einer zugrundeliegenden asymptomatischen Enthesitis sein und eine mögliche PsA vorhersagen.“

Praxistipp
Die ÖGR stellt Empfehlungen bezüglich verschiedenster rheumatischer Erkrankungen auf ihrer Website, als ­ Pocket-Guide oder als App zur Verfügung: www.rheumatologie.at.

Wie bei AS gibt es auch bei der PsA Unterschiede zwischen Frauen und Männern:6 Bei Frauen ist die subjektive Krankheitsaktivität höher, sie haben mehr Enthesitiden und Tender Points und leiden mehr unter Müdigkeit und den peripheren Symptomen der Erkrankung. Obwohl sie tendenziell weniger strukturelle Schäden aufweisen, zeigen Frauen mit PsA mehr funktionelle Beeinträchtigungen als ihre männlichen Leidensgenossen. „Die spezielle Symptomatik macht bei Frauen die Abgrenzung zur Fibromyalgie schwierig“, sagt Sautner.

Für die Therapie der PsA gibt es Empfehlungen von der EULAR7 sowie kürzlich aktualisierte von der GRAPPA (Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis).8 Neue Medikamente in der Pipeline geben Hoffnung auf mehr Therapieoptionen in der Zukunft.

20. Wachauer Rheumatag, 23. April 2022, Spitz

1 Loibner E et al.: Gender differences in response to biologicals. Women fare worse across inflammatory arthritis diseases – data from the Bioreg. Ann Rheum Dis 2021; 80: 320-1 2 Li Z et al.: Polygenic risk scores have high diagnostic capacity in ankylosing spondylitis. Ann Rheum Dis 2021; 80(9): 1168-74 3 Zhao SS et al.: Diagnostic delay in axial spondyloarthritis: a systematic review and meta-analysis. Rheumatology 2021; 60: 1620-8 4 van der Heijde D et al.: 2016 update of the ASAS-EULAR management recommendations for axial spondyloarthritis. Ann Rheum Dis 2017; 76(6): 978-91 5 Bilberg A et al.: 2021. Supervised intensive exercise strengthen exercise health beliefs in patients with axial spondyloarthritis: a multicenter randomized controlled trial. Arthritis Care Res 2021; epub ahead of print 6 Eder L et al.: Gender difference in disease expression, radiographic damage and disability among patients with psoriatic arthritis. Ann Rheum Dis 2013; 72: 578-82 7 Gossec L et al.: EULAR recommendations for the management of psoriatic arthritis with pharmacological therapies: 2019 update. Ann Rheum Dis 2020; 79(6):700-12 8 Coates LC et al.: GRAPPA Treatment Recommendations: 2021 Update. J Rheumatol 2022; online ahead of print

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