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Ungünstiges Outcome durch viele Komorbiditäten
Jatros
30
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23.02.2017
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<p class="article-intro">Patienten mit systemischem Lupus erythematodes (SLE) leiden an zahlreichen weiteren Komorbiditäten wie etwa Schlafstörungen, einem erhöhten Risiko für Schlaganfälle, aber auch Depressionen und Angst. Im Rahmen des Jahreskongresses des American College of Rheumatology (ACR) im November 2016 wurde aber auch die Rolle von Statinen für die kardiovaskuläre Mortalität diskutiert.</p>
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<p class="article-content"><h2>Schlafstörungen</h2> <p>Obwohl bekannt ist, dass Patienten mit SLE an Schlafstörungen leiden, gab es bisher nur wenige Studien dazu. In einer aktuellen Untersuchung wurden Daten aus der Lupus-Outcomes-Studie (2010–2012) mit 711 SLE-Patienten herangezogen, um den Zusammenhang von Schlafstörungen und „patient-reported outcomes“ (PRO) zu untersuchen. Um den 9-Punkte-Sleep- Problems-Index(SPI)Score zu berechnen, wurde die Medical Outcomes Study Sleep Scale eingesetzt. Der SPI-Score hat eine Skala von 0–100; je höher der Score, desto größer die Schlafstörung. Folgende PRO wurden untersucht: Erkrankungsaktivität (Systemic Lupus Activity Questionnaire, SLAQ), modifizierter SLAQ (mSLAQ) exklusive Depression, Fatigue und Vergesslichkeit, Beeinträchtigung (Valued Life Activity, Skala 0–3), SLE-Aktivität (Skala 1–10), Fatigue (Skala 0–100), SF36 körperliche Schmerzskala (Skala 0–100) und depressive Symptome (Center for Epidemiological Studies Depression Scale, CESD). Der Zusammenhang zwischen SPI und PRO wurde kontinuierlich und auch nach zwei Jahren anhand linearer Regression in Hinblick auf Alter, Geschlecht, Rasse, Einkommen, Ausbildung, SLE-Dauer, Beeinträchtigung zu Beginn der Studie (Brief Index of Lupus Damage, BILD), Gebrauch von oralen Kortikosteroiden, Rauchen, Depression, Adipositas und körperliche Aktivität untersucht.<br /> In die Studie waren 93 % Frauen eingeschlossen, das Durchschnittsalter lag bei 53 Jahren, die mittlere Erkrankungsdauer bei 20 Jahren. Der mediane SLAQ (Erkrankungsaktivität) zu Beginn der Studie (2010) lag bei 10,9. Der mediane SPI betrug rund 45, was eine Standardabweichung höher war als bei der Durchschnittsbevölkerung (25,8). In Querschnittsanalysen waren Schlafstörungen signifikant mit ungünstigem Outcome für jedes PRO assoziiert. Zusätzlich gingen Schlafstörungen mit einer Verschlechterung eines jeden PRO über einen Zeitraum von zwei Jahren einher. Schlafprobleme sind bei Patienten mit SLE mit zahlreichen ungünstigen PRO assoziiert, so die Conclusio, und verschlechtern diese auch über die Zeit. Zwar sind die Zusammenhänge dahinter nicht ganz klar, aber Schlafstörungen dürften mit höherer systemischer Inflammation, höherer Schmerzempfindlichkeit und mehr Fatigue zusammenhängen, vermuten die Autoren.<sup>1</sup></p> <h2>Zerebrovaskuläre Ereignisse</h2> <p>Eine große, internationale, multiethnische, prospektive Studie befasste sich mit Häufigkeit und Risikofaktoren für zerebrovaskuläre Ereignisse bei SLE-Patienten. Neu diagnostizierte SLE-Patienten wurden jährlich bis zu 17 Jahre lang evaluiert. Die gesammelten Daten beinhalteten demografische und klinische Manifestationen, Medikamente, SLE Disease Activity Index 2000 (SLEDAI-2K) und Systemic Lupus International Collaborating Clinics (SLICC)/ACR Damage Index (SDI). Folgende zerebrovaskuläre Ereignisse wurden erfasst: Schlaganfall, transitorische ischämische Attacke (TIA), chronische multifokale Ischämie, subarachnoidale und intrakraniale Blutungen und Sinusthrombosen. Demografische und klinische Variablen, Medikamente und neuropsychiatrische Erkrankungen im Zusammenhang mit SLE-Antikörpern wurden als potenzielle Prädiktoren für zerebrovaskuläre Ereignisse untersucht.<br /> Insgesamt waren 1.826 Patienten eingeschlossen, 88,8 % waren Frauen. Zu Beginn lag das mittlere Alter bei 35 Jahren und die SLE-Dauer bei 5,6 Monaten. Der SLEDAI- 2K betrug 5,3 und der SDI 0,31. Das mediane Follow-up betrug 6,5 Jahre. Während der Studie hatten 50,9 % der Patienten neuropsychiatrische Ereignisse. 31,1 % dieser Ereignisse waren mit SLE assoziiert (bei 20,7 % der Patienten). Zerebrovaskuläre Ereignisse waren dabei das vierthäufigste neuropsychiatrische Ereignis: 4,5 % der Patienten waren davon betroffen, wobei 94,5 % mit SLE assoziiert waren und 40,4 % der Fälle bereits zu Beginn der Studie identifiziert wurden. Die Inzidenz der ersten bzw. rezidivierenden zerebrovaskulären Ereignisse lag bei 5,8/1.000 bzw. 32,7/1.000 Personenjahre. Die häufigsten Ereignisse waren Schlaganfall (55 % ) und TIA (25,7 % ), gefolgt von subarachnoidalen und intrakraniellen Blutungen (8,3 % ), chronischer multifokaler Ischämie (8,3 % ) und Sinusthrombosen (2,8 % ). Ein signifikanter Zusammenhang bestand zwischen Antikoagulation und dem Risiko für das erste zerebrovaskuläre Ereignis, nicht jedoch für rezidivierende Ereignisse (p=0,012), vermutlich aufgrund des häufigeren Einsatzes von Antikoagulanzien nach dem ersten Ereignis (94 % ) im Vergleich zu vor den ersten Ereignissen (37 % ).<br /> Damit sind zerebrovaskuläre Ereignisse bei SLE-Patienten die vierthäufigsten neuropsychiatrischen Ereignisse, weisen zumeist einen SLE-Zusammenhang auf und ereignen sich häufig bereits vor dem Zeitpunkt der SLE-Diagnose. Risikofaktoren sind andere neuropsychiatrische Ereignisse, afrikanische Abstammung und Lupus- Antikoagulanzien.<sup>2</sup></p> <h2>Pulmonale Manifestationen</h2> <p>SLE-Phänotypen unterscheiden sich oft im Zeitpunkt der Manifestation. Bisherige Studien deuten darauf hin, dass Patienten mit einem späteren SLE-Beginn häufiger Lungenerkrankungen entwickeln. In einer Metaanalyse wurden die Unterschiede zwischen Lungenmanifestationen bei spätem und frühem SLE-Beginn untersucht. Insgesamt wurden 36 Studien mit 10.504 Patienten mit frühem SLEBeginn und 1.529 Patienten mit spätem SLE-Beginn eingeschlossen. Tatsächlich war die Inzidenz von Lungenerkrankungen bei Patienten mit spätem SLE-Beginn höher. Interstitielle Erkrankungen waren nahezu dreimal so häufig (p=0,23), Pleuritis und Serositis waren ebenfalls in der Gruppe mit spätem SLE-Beginn häufiger. Die Ursachen dafür vermuten die Autoren in altersabhängigen Änderungen des Immunsystems, Tabakund Antigenexposition sowie in möglichen Zusammenhängen mit dem Sjögren-Syndrom, welche in zukünftigen Studien detailliert untersucht werden sollten.<sup>3</sup></p> <h2>Knochendichte</h2> <p>Aus Beobachtungsstudien ist bekannt, dass SLE-Patienten eine unterschiedlich hohe Knochenmineraldichte („bone mineral density“, BMD) aufweisen. In einer Metaanalyse wurden 54 Studien mit mehr als 12.500 SLE-Fällen und 14.000 Kontrollen in Bezug auf sechs anatomische Regionen analysiert. Frauen mit SLE hatten eine geringere BMD als gesunde Kontrollen (p<0,0001); bei Männern mit SLE und Kontrollen konnte dieser Unterschied hingegen nicht nachgewiesen werden. Wurden nur SLE-Patienten verglichen, so gab es auch keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich Knochendichte zwischen Patienten mit bzw. ohne Kortikosteroidtherapie. Es war auch nicht überraschend, dass postmenopausale Patientinnen eine geringere Knochendichte (in Lendenwirbelsäule und Hüfte) im Vergleich zu prämenopausalen Patientinnen hatten (p<0,0001). Die Knochendichte unterschied sich nicht zwischen Patienten mit und ohne Frakturen. Daher zeigt die Metaanalyse nur, dass Frauen mit SLE ein größeres Risiko für niedrigere Knochendichte im Vergleich zu Gesunden aufweisen.<sup>4</sup></p> <h2>Depression und Angst</h2> <p>In einem systemischen Review wurden 121 Studien eingeschlossen, die sich mit Depression und Angststörungen befassten. Die Prävalenz von Depressionen und Angststörungen wurde – wenn möglich – als gepoolte Prävalenz entsprechend den üblich eingesetzten Messskalen angegeben, wie z.B. Center for Epidemiological Studies – Depression (CES-D), Beck Depression Inventory/Beck Anxiety Inventory (BDI/BAI), Hospital Anxiety/Depression Scales (HADS-D/A), Hamilton Rating Scales for Depression/Anxiety (HAM-D/A).<br /> Die Prävalenz von Depressionen bzw. Angstzuständen bei Patienten mit SLE war generell hoch und lag zwischen 5,7 und 78,6 % bzw. 1,1 und 71,4 % je nach eingesetzter Messskala. Die hohe statistische Heterogenität führen die Autoren auf die mangelnde Standardisierung der Messungen und Definitionen von Depression und Angst bei SLE-Patienten zurück sowie auch auf die Variabilität von demografischen Parametern wie Alter, Bildung und anderen Faktoren, die mit Angst und/oder Depression vergesellschaftet sind. Mit CES-D, BDI und HAM-D zeigten sich ähnliche Depressionsprävalenzen, die zwischen 27,9 % und 49,1 % lagen, während die Depressionsrate, die anhand von HADS-D ermittelt wurde, niedriger war (24,4 % ). Alle Messinstrumente für Angststörungen (BAI, HADS-A, HAM-A) ergaben ähnliche Prävalenzraten von 29,1– 47,9 % .<sup>5</sup></p> <h2>Statine senken Mortalität</h2> <p>Patienten mit systemischen rheumatischen Autoimmunerkrankungen („systemic autoimmune rheumatic diseases“, SARD) – dazu zählt auch SLE – haben ein erhöhtes Risiko für frühzeitige kardiovaskuläre Erkrankungen im Vergleich zu gesunden Gleichaltrigen. In einer Kohortenstudie (inklusive Patienten mit SLE) von Jänner 2000 bis Dezember 2014 wurde der Einfluss von Statinen über einen Zeitraum von einem Jahr untersucht und danach nachverfolgt. Von 2.310 Patienten mit Statintherapie starben 303 während eines Follow- ups von durchschnittlich 5 Jahren, während von 2.310 gematchten Patienten ohne Statintherapie 335 verstarben. Dies entspricht einer Mortalitätsrate von 25,77/1.000 bzw. 29,64/1.000 Patientenjahre. Die Statintherapie war mit einer 17 % igen Reduktion der Gesamtmortalität assoziiert (nach Adjustierung der entsprechenden kardiovaskulären Risiken). Diese Reduktion der Gesamtmortalität entspricht dem, was bereits für die Allgemeinbevölkerung und für Patienten mit rheumatoider Arthritis gezeigt wurde. Daher sollten Statine als Teil einer optimalen kardiovaskulären Risikoreduktion bei Patienten mit SARD in Erwägung gezogen werden.<sup>6</sup></p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Annual Meeting of the American College of Rheumatology
(ACR), 11.–16. November 2016, Washington
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<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Katz PP et al: Arthritis Rheumatol 2016; 68(suppl 10): nr. 1759 <strong>2</strong> Hanly JG et al: Arthritis Rheumatol 2016; 68(suppl 10): nr. 1773 <strong>3</strong> Medlin J et al: Arthritis Rheumatol 2016; 68(suppl 10): nr. 1780 <strong>4</strong> García-Carrasco M et al: Arthritis Rheumatol 2016; 68(suppl 10): nr. 1796 <strong>5</strong> Moustafa A et al: Arthritis Rheumatol 2016; 68(suppl 10): nr. 3234 <strong>6</strong> Jorge A et al: Arthritis Rheumatol 2016; 68(suppl 10): nr. 3171</p>
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