© ÖGK/Gossow

ÖGR-Präsidentin im Gespräch

„Möchte mich dafür einsetzen, dass eine österreichweite Betreuung gesichert ist“

Dass im neuen Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation acht Frauen und „nur“ fünf Männer sind, sei kein Zufall, sagt die Präsidentin Priv.-Doz. Dr. Valerie Nell-Duxneuner. Sie erzählt im Interview, wie sie junge Kolleg*innen für die Rheumatologie begeistern und Frauen gezielt fördern möchte.

Doz. Dr. Valerie Nell-Duxneuner ist im November 2022 zur Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation (ÖGR) für die Periode 2022 bis 2024 gewählt worden. Sie arbeitet als Ärztliche Direktorin im Hanusch-Krankenhaus der ÖGK in Wien.

Was haben Sie gedacht, als Sie zur Präsidentin der ÖGR gewählt wurden?

V. Nell-Duxneuner: Ich war sehr stolz! Seit Beginn meines Studiums wollte ich Rheumatologin werden und war schon bald unserer Gesellschaft sehr verbunden. Jetzt als Präsidentin der ÖGR aktiv sein zu können freut mich sehr.

Was möchten Sie als Präsidentin erreichen?

V. Nell-Duxneuner: Hauptsächlich möchte ich mich darum kümmern, wie rheumatologische Patient*innen in Zukunft besser versorgt werden können. Wir wissen, dass die Lebenserwartung von Menschen mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen etwa zehn Jahre kürzer ist als die der Normalbevölkerung, aber durch adäquate Behandlung normalisiert werden kann. Eine sehr frühe Diagnose und Therapie sind entscheidend. Die oft jahrzehntelange Behandlung muss von gut ausgebildeten Rheumatologinnen und Rheumatologen sehr individuell begleitet werden. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass eine österreichweite Betreuung gesichert ist, neben den Ambulanzen in den Spitälern vor allem auch im niedergelassenen Bereich.

Was wollen Sie tun, um junge Kolleg*innen für Ihr Fach zu begeistern?

V. Nell-Duxneuner: In der Tat steht in unserem Fach eine Pensionierungswelle bevor. In den nächsten 15 Jahren geht die Hälfte aller heute tätigen Rheumatologen in den Ruhestand.1 Deshalb möchte ich mich mit dem ÖGR-Vorstand dafür einsetzen, die Ausbildungsmöglichkeiten zu verbessern und wissenschaftliche Karrieren zu fördern. Um junge Kolleg*innen für unser Fach zu begeistern, haben wir mit der Summer School eine schon seit Jahren gut etablierte Möglichkeit geschaffen, das Fachgebiet unkompliziert kennenzulernen und hineinzuschnuppern. Abgesehen davon möchten wir den jungen Kolleg*innen auch eine eigene Stimme in unserem Vorstand geben. In den kommenden Jahren soll eine eigene Sektion etabliert werden, um den Nachwuchs stärker in den Vorstand einzubinden und damit die junge Kollegenschaft wissenschaftlich und klinisch in der ÖGR mitarbeiten und mitentscheiden zu lassen.

Zwar machen immer mehr Frauen die Facharztausbildung in Rheumatologie, aber die zwei Lehrstühle für Rheumatologie sind von Männern besetzt. Warum ist das so?

V. Nell-Duxneuner: Leider ist es im Fach Medizin allgemein so, dass der Anteil der Frauen mit steigender Führungsposition sinkt – und das, obwohl die Mehrzahl der Studienabgänger*innen Frauen sind. Gerade diesen Karriereweg nach oben gilt es daher attraktiv und flexibel zu gestalten. Ich glaube, mit dem eigenen Beispiel voranzugehen und dann junge Kolleginnen zu begleiten ist ein guter Weg. Meine Vorstandskollegin Christina Duftner hat aus diesem Grund schon vor ein paar Jahren den ÖGR-Arbeitskreis FAIR gegründet. FAIR steht für „Female Advancement in Rheumatology“. Wir setzen dafür gezielt auf ein Mentoring-Programm und Buddy-System.

Sie haben 2013 als eine der ersten Frauen Österreichs im Fach Rheumatologie habilitiert. Warum erwähnen das die Medien?

V. Nell-Duxneuner: Nach Ruth Fritsch-Storck war ich im Jahr 2013 tatsächlich erst die zweite Frau, die im Fach Rheumatologie habilitiert hat. Ich möchte mit der Darstellung meines beruflichen Weges in den Medien zeigen, welche Möglichkeiten sich in Führungspositionen für Rheumatologinnen eröffnen, und einen realistischen Einblick in die Vereinbarkeit von privatem und beruflichem Alltag geben. Und das nicht nur im klinischen, sondern auch im akademischen Setting. Nach der Gründung der ÖGR im Jahr 1949 hat es bis 2012 gedauert, bis mit Gabriele Eberl zum ersten Mal eine Frau als Präsidentin gewählt wurde. Es beginnt sich aber nun auszugleichen. Ich bin nach Judith Sautner nun schon die dritte Präsidentin und auch nach mir wird eine Frau diese Position übernehmen.

Im Vorstand der ÖGR ist der Frauenanteil deutlich gestiegen. Ist das Zufall oder eine bewusste Entscheidung?

V. Nell-Duxneuner: Es ist kein Zufall. Als kommende Präsidentin hatte ich die Chance, einen Vorstand nach meinen Vorstellungen vorzuschlagen. Ich habe diesen im Vorstand diskutiert und er wurde von der Generalversammlung aller Mitglieder gewählt. Unser Vorstand besteht aus großartigen Kolleginnen und Kollegen, die mich in diesen zwei Jahren bei meinen Zielen tatkräftig unterstützen. Besonders freue ich mich darüber, dass im Vorstand die drei medizinischen Universitäten Graz, Innsbruck und Wien maßgeblich durch Mitglieder vertreten sind.

Manche Studierenden, junge Ärztinnen oder Ärzte finden Rheumatologie langweilig. Was sagen Sie denen?

Weblink

Nähere Informationen zu den ÖGR-Summerschools für Studierende oder Jungärzt*innen finden Sie unter: www.rheumatologie.at/gesellschaft/was-wir-tun

V. Nell-Duxneuner: Besuchen Sie die Summerschool unserer Gesellschaft und lassen Sie sich vom Gegenteil überzeugen! Wir müssen aber neben dem Nachwuchs noch etwas im Blick haben: Eine der wichtigsten Aufgaben einer Gesellschaft wie der ÖGR, als eines Players im Gesundheitssystem, ist der Austausch mit den rheumatologischen Patient*innen, den ich intensivieren möchte. Gerade die Kommunikation mit Patientenvertreter*innen der fast zwei Millionen von einer rheumatischen Krankheit Betroffenen in Österreich ist sehr wichtig und – wie auch in der Vergangenheit – wird die Zusammenarbeit mit den Betroffenen in diesem Bereich im Sinne einer patientenzentrierten Medizin ein weiterer wichtiger Schwerpunkt meiner Arbeit in den nächsten zwei Jahren als Präsidentin sein.

1 Puchner R et al.: The supply of rheumatology specialist care in real life. Results of a nationwide survey and analysis of supply and needs. Front Med (Lausanne) 2020; 7: 16

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