Künstliche Intelligenz hilft bei der Diagnose – neue Daten zum Frakturrisiko
Bericht:
Dr. Susanne Kammerer
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Künstliche Intelligenz (KI) kann auch in der Rheumatologie die Diagnose unterstützen, z.B. beim Erkennen von Patienten mit früher RA. Geht es dann um die Therapie, bietet „hit hard and early“ mit Biologika einer neuen Studie zufolge keinen allzu großen Vorteil für diese Patienten.
Nach entsprechendem Training kann die KI die Entwicklung einer frühen rheumatoiden Arthritis (RA) anhand von MRT-Scans von Handgelenken und Füßen fast genauso zuverlässig vorhersagen wie ein Experte, der das RAMRIS-Scoring-System verwendet, so das wichtigste Ergebnis einer holländischen Studie.1
Bei vielen Patienten progrediert eine klinisch verdächtige Arthralgie zu einer früh einsetzenden Arthritis und RA oder anderen Arthritiden. Andererseits können sich Arthritiden auch spontan zurückbilden oder über eine lange Zeit ohne weitere Verschlechterung bestehen. Die Erosion ist ein prognostischer Schlüsselparameter, der in MRT-Aufnahmen dargestellt werden kann. Auch eine Tenosynovitis und Knochenmarksödeme sind so visualisierbar.
Die Vorhersage einer frühen RA anhand von MRT-Bildern kann dazu beitragen, eine sofortige Behandlung einzuleiten und die Chronifizierung der Krankheit zu verhindern. Bislang wird die visuelle Auswertung von MRT-Scans der Extremitäten durch Radiologen oder Rheumatologen (z.B. mit dem RAMRIS-Scoring-System) verwendet, um die wichtigsten Risikofaktoren für die Wahrscheinlichkeit der Entwicklung einer RA zu ermitteln. Die Studiengruppe von Dr. Yanli Li vom Universitätszentrum Leiden (Niederlande) untersuchte, ob KI-Interpretationen von MRT-Bildern genauere oder ebenso gute Vorhersagen liefern können wie die visuelle Auswertung durch medizinisches Personal.
Das neuartige Deep-Learning-System wurde zunächst darauf trainiert, die Anatomie von MRT-Aufnahmen von Handgelenken und Zehengrundgelenken gesunder Kontrollpersonen zu verstehen. In einem zweiten Schritt lernte die KI, die verschiedenen Gruppen voneinander abzugrenzen (Patienten mit klinisch verdächtiger Arthralgie gegenüber gesunden Kontrollen und früh einsetzender Arthritis gegenüber gesunden Kontrollen). In einem dritten Schritt wurde der KI beigebracht, RA von anderen Arthritiden zu unterscheiden. Schließlich musste das System bei Patienten mit klinisch suspekter Arthralgie die Entwicklung einer RA in einem Zeitraum von zwei Jahren vorhersagen.
Die KI analysierte MRT-Scans von 1974 Personen mit entweder früh einsetzender Arthritis oder klinisch verdächtiger Arthralgie, von denen 651 später eine RA entwickelten. In der Testgruppe erreichte das vorgeschlagene Modell sowohl in der Gruppe mit Arthritis im Frühstadium als auch in der Gruppe verdächtiger Arthralgien ein ähnliches Niveau wie Experten, die das RAMRIS-Scoring-System verwenden.
Wie Dr. Li betonte, kann das KI-System obendrein durch das Füttern mit weiteren klinischen Daten noch verbessert werden. Ihres Erachtens ist die KI-basierte RA-Vorhersage zuverlässig, da sie ähnlich wie menschliche Experten bekannte Entzündungszeichen und -merkmale wie inflammatorische Prozesse an der Synovialis berücksichtigt.
Etanercept vs. Leflunomid bei früher RA
Die Behandlung von RA im Frühstadium ist von entscheidender Bedeutung, um langfristig Gelenkschäden zu verhindern und die langfristigen Behandlungserfolge für die Patienten zu verbessern. Die Therapieleitlinie der EULAR empfiehlt eine Kombination aus Methotrexat (MTX) und kurzzeitig verabreichten Glukokortikoiden als Erstlinientherapie für frühe RA. Allerdings werden derzeit alternative Ansätze erforscht, die möglicherweise effizienter und sicherer sind.
Die Studie „Care in Early RA 2020“ (CareRA2020) wurde durchgeführt, um die langfristige Wirksamkeit von zwei Behandlungsstrategien bei Patienten zu ermitteln, die nicht ausreichend auf die anfängliche COBRA-Slim-Induktionstherapie, bestehend aus MTX und Step-down-Prednison, ansprachen (empfohlen werden 15mg MTX und ein Prednison-Step-down von 30 auf 20, 12,5, 10, 7,5 und schließlich 5mg).2 In der Studie wurden die Ergebnisse der Zugabe eines zweiten konventionellen krankheitsmodifizierenden Antirheumatikums (DMARD), Leflunomid, mit den Ergebnissen einer vorübergehenden Behandlung mit dem Biologikum Etanercept verglichen.
Die Studienteilnehmer waren DMARD-naiv und hatten erst kürzlich eine RA-Diagnose erhalten (<1Jahr). Patienten, die den Zielwert für die Krankheitsaktivität (DAS28-CRP) mit dem Induktionsschema nicht erreichten, wurden als unzureichende Responder eingestuft und in zwei Gruppen randomisiert. Eine Gruppe erhielt die Standardbehandlung COBRA-Slim und zusätzlich Leflunomid, während die andere Gruppe COBRA-Slim zusammen mit einer vorübergehenden Behandlung mit Etanercept (d.h. eine COBRA-Slim-Bioinduktion) erhielt. Primärer Studienendpunkt war der DAS28-CRP-Wert im Zeitverlauf.
Beide Behandlungsgruppen wiesen über 104 Wochen vergleichbare DAS28-CRP-Werte auf, was darauf hindeutet, dass die COBRA-Slim-Bioinduktion der COBRA-Slim-Standardtherapie nicht überlegen ist. Allerdings wurde am Ende der Studie ein höherer Anteil der Patienten in der Bioinduktionsgruppe mit einer MTX-Monotherapie behandelt, d.h. weniger Patienten benötigten weitere Arzneimittel zur Kontrolle der Krankheitsaktivität. Dies deutet doch auf einen gewissen Vorteil des Biologikums hin.2
Erhöhtes Frakturrisiko bei allen Rheumapatienten
Bereits seit Längerem ist bekannt, dass RA das Osteoporoserisiko nahezu verdoppelt. Doch wie sich verschiedene DMARDs auf das Frakturrisiko auswirken, wurde bislang nicht untersucht. Um diese Frage zu beantworten, führte Dr. Ingebjørg Tronstad von der Norwegian University of Science and Technology die Trøndelag Health Study (HUNT) durch, eine Längsschnittstudie mit 96354 Teilnehmern, die anhand vorhandener Patientenakten oder anhand von Codes (ICD9 und 10) und den Kriterien der Fachgesellschaften (ACR/EULAR) danach eingeteilt wurden, ob sie an RA litten oder nicht.3 Der Krankheitsstatus wurde zu Beginn der Studie erfasst und aktualisiert, wenn erst später die Diagnose RA gestellt wurde.
Dementsprechend hatten 1033 Patienten eine RA (Durchschnittsalter 46,3 Jahre, 53% Frauen) und 95321 nicht. Von den ersteren wurden 401 vor Aufnahme in die Studie und 632 während der Nachbeobachtung diagnostiziert. Darüber hinaus wurden alle bedeutenden osteoporotischen Frakturen sowie die Verwendung von DMARDs nach den unterschiedlichen Klassen erfasst.
Dr. Tronstad und ihr Team teilten die Patienten in drei Gruppen ein: 57 Patienten, die noch nie DMARDs eingenommen hatten, 727 Patienten, die nur konventionelle DMARDs verwendeten, und 230 Patienten, die jemals biologische DMARDs eingenommen hatten. Die Teilnehmer wurden bis zum Auftreten der ersten osteoporotischen Fraktur, Tod, zur Auswanderung oder zum Ende des Nachbeobachtungszeitraums (Oktober 2021) untersucht.
Dr. Tronstad stellte fest, dass Patienten mit RA, unabhängig davon, wie sie behandelt wurden, ein um fast 50% erhöhtes Risiko für eine osteoporotische Fraktur im Vergleich zu Patienten ohne RA aufwiesen (HR: 1,44). Darüber hinaus waren die Inzidenzraten der Frakturen pro 1000 Personenjahre bei RA insgesamt und in allen DMARD-Behandlungsgruppen höher als bei Patienten ohne RA. Nach Cox-Regressionsanalysen, in denen Alter, Geschlecht und Raucherstatus berücksichtigt wurden, zeigte sich, dass in den drei Behandlungsgruppen die Gruppe, die nie DMARDs erhielt, das höchste Frakturrisiko aufwies (HR: 2,05), gefolgt von der Gruppe der konventionellen DMARDs (HR: 1,5). Im Gegensatz dazu korrelierte die Behandlung mit Biologika nicht signifikant mit der Frakturrate (HR: 1,03; 95% CI: 0,70–1,50). Dieser Vorteil von Biologika sollte nach Ansicht der Autoren bei Therapieüberlegungen für RA-Patienten berücksichtigt werden.3
Quelle:
EULAR Congress 2023, Mailand, 31. Mai bis 3. Juni 2023
Literatur:
1 Li Y et al.: EULAR 2023; OP0002 2 Bertrand D et al.: EULAR 2023; OP0129 3 Tronstad I et al.:EULAR 2023; POS0175
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