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Rheuma und Sport

Jede Woche, jeden Monat, ohne Pause

<p class="article-intro">Wie sich Sport auf das Immunsystem des Rheumapatienten auswirkt und welches Training bei rheumatischen Erkrankungen empfehlenswert ist, war Thema einer Sitzung bei der Jahrestagung der ÖGR im Dezember in Wien.</p> <hr /> <p class="article-content"><h2>Studien an Rheumapatienten</h2> <p>Lyngberg et al untersuchten 1991, wie sich eine einmalige Ergometerbelastung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis auswirkt, und fanden &ndash; &auml;hnlich wie bei Gesunden &ndash; einen akuten Anstieg von Leukozyten und eine verst&auml;rkte NK-Zell-Aktivit&auml;t sowie einen Abfall der Zahl der Lymphozyten und der NK-Zellaktivit&auml;t in der Erholungsphase. Nach 2 Stunden waren alle ver&auml;nderten Werte wieder auf die Ausgangswerte zur&uuml;ckgekehrt.<sup>1</sup><br /> Ein regelm&auml;&szlig;iges Ergometertraining &uuml;ber 8 Wochen lie&szlig;en Baslund et al RAPatienten 1993 durchf&uuml;hren. Sie fanden keine Ver&auml;nderungen in den Zellpopulationen des Blutes und auch keine Ver&auml;nderungen der Zytokinspiegel IL-1a, IL-1b und IL-6. Die Patienten hatten nach diesem kontinuierlichen Training weniger Schmerzen und weniger geschwollene Gelenke.<sup>2</sup><br /> Carbon et al f&uuml;hrten 1996 eine einmalige Ergometerbelastung bei 11 Patienten mit ankylosierender Spondylitis durch. Die gemessenen Immunreaktionen unterschieden sich nicht von denen gesunder Menschen, und nach 5 Stunden waren auch bei diesen Probanden die Ausgangswerte wieder erreicht. Was Schmerzen betraf, zeigten die einzelnen Patienten unterschiedliche Reaktionen nach der Belastung: Bei manchen waren sie verst&auml;rkt, bei anderen vermindert.<sup>3</sup><br /> Fast 20 Jahre sp&auml;ter unterzogen Perandini et al Frauen mit aktivem und inaktivem SLE einer einmaligen Ergometerbelastung und kamen zu diesem Schluss: Sowohl bei Patienten mit SLE als auch bei Gesunden sind die Ver&auml;nderungen der Zytokinspiegel durch einmalige Belastungen von kurzer Dauer. Die praktisch fehlende Ver&auml;nderung der IFN-?-Spiegel auch bei aktivem SLE k&ouml;nnte darauf hindeuten, dass solche Belastungen auch in Phasen h&ouml;herer Aktivit&auml;t keine Sch&uuml;be ausl&ouml;sen.<sup>4</sup><br /> Dasselbe Forscherteam untersuchte auch ein zw&ouml;lfw&ouml;chiges aerobes Ausdauertraining bei Frauen mit SLE. Auch hier wurden keine Sch&uuml;be ausgel&ouml;st, im Gegenteil: Fatigue wurde reduziert, die Frauen berichteten teilweise &uuml;ber eine verbesserte Lebensqualit&auml;t, die Spiegel pro- und antiinflammatorischer Zytokine zeigten eine m&auml;&szlig;ige Verbesserung.<sup>5</sup><br /> &bdquo;Aus diesen wenigen Beobachtungen Empfehlungen abzuleiten f&auml;llt naturgem&auml;&szlig; schwer&ldquo;, so Machold. &bdquo;Zumindest gibt es keine dauerhaft sch&auml;dlichen Wirkungen von Sport bei Rheumapatienten.&ldquo; Wohlbefinden und Fitness steigen durch regelm&auml;&szlig;ige k&ouml;rperliche Belastung und &bdquo;&uuml;berschie&szlig;ende&ldquo; Immunph&auml;nomene (z.B. bei SLE) k&ouml;nnen durch Sport unterdr&uuml;ckt werden, was zumindest bei diesen Patienten eine positive Wirkung auf die Erkrankung bedeuten kann. &bdquo;Sportmedizinischer Rat sollte in jedem Fall eingeholt werden&ldquo;, betont Machold.</p> <h2>Verordnen wie ein Medikament</h2> <p>&bdquo;Unter Training ist regelm&auml;&szlig;ige k&ouml;rperliche Aktivit&auml;t zu verstehen. Regelm&auml;&szlig;ig bedeutet: kontinuierlich, jede Woche, jeden Monat, ohne l&auml;ngere Pausen&ldquo;, definiert Dr. Gunther Leeb, Sportmediziner aus Hollabrunn. &bdquo;Alles andere ist nur Bewegung.&ldquo; Grunds&auml;tzlich ist zwar jede Bewegung g&uuml;nstig, aber nur regelm&auml;&szlig;ige Bet&auml;tigung f&uuml;hrt zu Wachstumsprozessen im K&ouml;rper, sei es am Knochen durch Krafttraining oder im Stoffwechselsystem durch Ausdauertraining. Eine medizinische Trainingstherapie zu pr&auml;ventiven oder kurativen Zwecken sollte verordnet werden wie ein Medikament: mit klarer Indikation und definiertem Therapieziel. Dem Patienten lediglich mehr Bewegung zu empfehlen ist laut Leeb zu wenig.<br /> Die prim&auml;re Zielsetzung medizinischer Trainingstherapie ist die Verbesserung der Leistungsf&auml;higkeit. &bdquo;Alle anderen positiven Effekte wie verbesserte Stoffwechselwerte, Schmerzreduktion und Sekund&auml;rpr&auml;vention resultieren daraus&ldquo;, so Leeb. Bei Rheumapatienten k&ouml;nnen mit Training sowohl lokale Effekte an betroffenen Gelenken als auch systemische Verbesserungen erzielt werden. Ausdauertraining ist anzuraten, denn auch gut eingestellte Rheumapatienten haben oft eine deutlich reduzierte Leistungsf&auml;higkeit. Wichtig ist, dass zwei- bis dreimal pro Woche &uuml;ber mindestens 10 Minuten eine Pulsfrequenz erreicht wird, bei der man &bdquo;leicht au&szlig;er Atem&ldquo; ist. Nach einiger Zeit kann der Trainingsumfang (nicht die Intensit&auml;t!) auf bis zu 45 Minuten erh&ouml;ht werden. Die Sportart kann nach den Vorlieben des Patienten gew&auml;hlt werden. Mindestens 1/6 der Skelettmuskulatur sollte dabei zyklisch-dynamisch bewegt werden. &bdquo;Es gen&uuml;gt auch einfaches Gehen, sofern man dabei au&szlig;er Atem kommt&ldquo;, sagt Leeb.<br /> Ausdauertraining ist nur effektiv, wenn es ganzj&auml;hrig, ohne Pausen, zwei- bis dreimal pro Woche durchgef&uuml;hrt wird. Beim Krafttraining gen&uuml;gen 1 bis 2 Einheiten pro Woche. Ein regelm&auml;&szlig;iges Krafttraining empfiehlt Leeb Rheumapatienten, sobald Entz&uuml;ndungen abgeklungen sind, um Sarkopenie entgegenzuwirken. Es sollte der ganze K&ouml;rper trainiert werden, 10 bis 15 Wiederholungen pro Satz, mit einem Gewicht, das zur vollst&auml;ndigen Muskelerm&uuml;dung f&uuml;hrt. &bdquo;Jedes Krafttraining erfordert intensive Einschulung am Ger&auml;t&ldquo;, betont Leeb.<br /> Durch die verbesserte Muskeldurchblutung hat Krafttraining einen analgetischen Effekt auf Myalgien und es ist laut Leeb die einzige M&ouml;glichkeit, um die gro&szlig;en Muskelgruppen der Extremit&auml;ten und der Wirbels&auml;ule, aber auch die kleine Muskulatur rund um die Gelenke aufzubauen, was gerade f&uuml;r Rheumapatienten sehr wichtig ist.* <br /><br /> * Patientenbrosch&uuml;ren zum Thema &bdquo;Rheuma und Sport&ldquo; stehen z.B. unter www.aktiv-mit-rheuma. de/broschueren.html zum Download bereit.</p></p> <p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie & Rehabilitation (ÖGR), 1.–3. Dezember 2016, Wien </p> <p class="article-footer"> <a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a> <div class="collapse" id="collapseLiteratur"> <p><strong>1</strong> Lyngberg K et al: Scand J Sports Med 1991; 1 : 167-73 <strong>2</strong> Baslund B et al: J Appl Physiol 1993; 75(4): 1691-5 <strong>3</strong> Carbon RJ et al: Br J Rheumatol 1996; 35(2): 167-77 <strong>4</strong> Perandini LA et al: Exerc Immunol Rev 2015; 21: 174-85 <strong>5</strong> Perandini LA et al: J Appl Physiol 2014; 117: 639-47</p> </div> </p>
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