
©
Getty Images
Jede Woche, jeden Monat, ohne Pause
Jatros
30
Min. Lesezeit
23.02.2017
Weiterempfehlen
<p class="article-intro">Wie sich Sport auf das Immunsystem des Rheumapatienten auswirkt und welches Training bei rheumatischen Erkrankungen empfehlenswert ist, war Thema einer Sitzung bei der Jahrestagung der ÖGR im Dezember in Wien.</p>
<hr />
<p class="article-content"><h2>Studien an Rheumapatienten</h2> <p>Lyngberg et al untersuchten 1991, wie sich eine einmalige Ergometerbelastung bei Patienten mit rheumatoider Arthritis auswirkt, und fanden – ähnlich wie bei Gesunden – einen akuten Anstieg von Leukozyten und eine verstärkte NK-Zell-Aktivität sowie einen Abfall der Zahl der Lymphozyten und der NK-Zellaktivität in der Erholungsphase. Nach 2 Stunden waren alle veränderten Werte wieder auf die Ausgangswerte zurückgekehrt.<sup>1</sup><br /> Ein regelmäßiges Ergometertraining über 8 Wochen ließen Baslund et al RAPatienten 1993 durchführen. Sie fanden keine Veränderungen in den Zellpopulationen des Blutes und auch keine Veränderungen der Zytokinspiegel IL-1a, IL-1b und IL-6. Die Patienten hatten nach diesem kontinuierlichen Training weniger Schmerzen und weniger geschwollene Gelenke.<sup>2</sup><br /> Carbon et al führten 1996 eine einmalige Ergometerbelastung bei 11 Patienten mit ankylosierender Spondylitis durch. Die gemessenen Immunreaktionen unterschieden sich nicht von denen gesunder Menschen, und nach 5 Stunden waren auch bei diesen Probanden die Ausgangswerte wieder erreicht. Was Schmerzen betraf, zeigten die einzelnen Patienten unterschiedliche Reaktionen nach der Belastung: Bei manchen waren sie verstärkt, bei anderen vermindert.<sup>3</sup><br /> Fast 20 Jahre später unterzogen Perandini et al Frauen mit aktivem und inaktivem SLE einer einmaligen Ergometerbelastung und kamen zu diesem Schluss: Sowohl bei Patienten mit SLE als auch bei Gesunden sind die Veränderungen der Zytokinspiegel durch einmalige Belastungen von kurzer Dauer. Die praktisch fehlende Veränderung der IFN-?-Spiegel auch bei aktivem SLE könnte darauf hindeuten, dass solche Belastungen auch in Phasen höherer Aktivität keine Schübe auslösen.<sup>4</sup><br /> Dasselbe Forscherteam untersuchte auch ein zwölfwöchiges aerobes Ausdauertraining bei Frauen mit SLE. Auch hier wurden keine Schübe ausgelöst, im Gegenteil: Fatigue wurde reduziert, die Frauen berichteten teilweise über eine verbesserte Lebensqualität, die Spiegel pro- und antiinflammatorischer Zytokine zeigten eine mäßige Verbesserung.<sup>5</sup><br /> „Aus diesen wenigen Beobachtungen Empfehlungen abzuleiten fällt naturgemäß schwer“, so Machold. „Zumindest gibt es keine dauerhaft schädlichen Wirkungen von Sport bei Rheumapatienten.“ Wohlbefinden und Fitness steigen durch regelmäßige körperliche Belastung und „überschießende“ Immunphänomene (z.B. bei SLE) können durch Sport unterdrückt werden, was zumindest bei diesen Patienten eine positive Wirkung auf die Erkrankung bedeuten kann. „Sportmedizinischer Rat sollte in jedem Fall eingeholt werden“, betont Machold.</p> <h2>Verordnen wie ein Medikament</h2> <p>„Unter Training ist regelmäßige körperliche Aktivität zu verstehen. Regelmäßig bedeutet: kontinuierlich, jede Woche, jeden Monat, ohne längere Pausen“, definiert Dr. Gunther Leeb, Sportmediziner aus Hollabrunn. „Alles andere ist nur Bewegung.“ Grundsätzlich ist zwar jede Bewegung günstig, aber nur regelmäßige Betätigung führt zu Wachstumsprozessen im Körper, sei es am Knochen durch Krafttraining oder im Stoffwechselsystem durch Ausdauertraining. Eine medizinische Trainingstherapie zu präventiven oder kurativen Zwecken sollte verordnet werden wie ein Medikament: mit klarer Indikation und definiertem Therapieziel. Dem Patienten lediglich mehr Bewegung zu empfehlen ist laut Leeb zu wenig.<br /> Die primäre Zielsetzung medizinischer Trainingstherapie ist die Verbesserung der Leistungsfähigkeit. „Alle anderen positiven Effekte wie verbesserte Stoffwechselwerte, Schmerzreduktion und Sekundärprävention resultieren daraus“, so Leeb. Bei Rheumapatienten können mit Training sowohl lokale Effekte an betroffenen Gelenken als auch systemische Verbesserungen erzielt werden. Ausdauertraining ist anzuraten, denn auch gut eingestellte Rheumapatienten haben oft eine deutlich reduzierte Leistungsfähigkeit. Wichtig ist, dass zwei- bis dreimal pro Woche über mindestens 10 Minuten eine Pulsfrequenz erreicht wird, bei der man „leicht außer Atem“ ist. Nach einiger Zeit kann der Trainingsumfang (nicht die Intensität!) auf bis zu 45 Minuten erhöht werden. Die Sportart kann nach den Vorlieben des Patienten gewählt werden. Mindestens 1/6 der Skelettmuskulatur sollte dabei zyklisch-dynamisch bewegt werden. „Es genügt auch einfaches Gehen, sofern man dabei außer Atem kommt“, sagt Leeb.<br /> Ausdauertraining ist nur effektiv, wenn es ganzjährig, ohne Pausen, zwei- bis dreimal pro Woche durchgeführt wird. Beim Krafttraining genügen 1 bis 2 Einheiten pro Woche. Ein regelmäßiges Krafttraining empfiehlt Leeb Rheumapatienten, sobald Entzündungen abgeklungen sind, um Sarkopenie entgegenzuwirken. Es sollte der ganze Körper trainiert werden, 10 bis 15 Wiederholungen pro Satz, mit einem Gewicht, das zur vollständigen Muskelermüdung führt. „Jedes Krafttraining erfordert intensive Einschulung am Gerät“, betont Leeb.<br /> Durch die verbesserte Muskeldurchblutung hat Krafttraining einen analgetischen Effekt auf Myalgien und es ist laut Leeb die einzige Möglichkeit, um die großen Muskelgruppen der Extremitäten und der Wirbelsäule, aber auch die kleine Muskulatur rund um die Gelenke aufzubauen, was gerade für Rheumapatienten sehr wichtig ist.* <br /><br /> * Patientenbroschüren zum Thema „Rheuma und Sport“ stehen z.B. unter www.aktiv-mit-rheuma. de/broschueren.html zum Download bereit.</p></p>
<p class="article-quelle">Quelle: Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für
Rheumatologie & Rehabilitation (ÖGR), 1.–3. Dezember
2016, Wien
</p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
<div class="collapse" id="collapseLiteratur">
<p><strong>1</strong> Lyngberg K et al: Scand J Sports Med 1991; 1 : 167-73 <strong>2</strong> Baslund B et al: J Appl Physiol 1993; 75(4): 1691-5 <strong>3</strong> Carbon RJ et al: Br J Rheumatol 1996; 35(2): 167-77 <strong>4</strong> Perandini LA et al: Exerc Immunol Rev 2015; 21: 174-85 <strong>5</strong> Perandini LA et al: J Appl Physiol 2014; 117: 639-47</p>
</div>
</p>
Das könnte Sie auch interessieren:
Krebsscreening bei Myositis
Idiopathische inflammatorische Myopathien (IIM) sind mit einem erhöhten Krebsrisiko assoziiert, insbesondere in den ersten Jahren nach der Diagnose. Eine neue Leitlinie der International ...
Arthrose – Mythen und Fakten
Die Arthrose ist mit einer Lebenszeitprävalenz von über 50% die häufigste chronische Gelenkerkrankung weltweit. Die Krankheit ist eindeutig mit höherem Alter und BMI assoziiert, ...
Von der Pankreasläsion zur systemischen Histiozytose
Die Erdheim-Chester-Erkrankung (ECD) ist eine seltene Form der Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytose, die durch eine pathologische Infiltration von Zellen des mononukleären ...