
Rekonstruktion von oberflächlichen Defekten im Bereich der Nase
Autor:innen:
Dr. Florian Wimmer
OÄ Dr. Marion Dietl, MBA
Priv.-Doz. Dr. Gabriel Djedovic
Abteilung für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie
Landeskrankenhaus Feldkirch
Korrespondierende Autorin:
OÄ Dr. Marion Dietl, MBA
E-Mail: marion.dietl@vlkh.net
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Die plastische Chirurgie sieht sich im Bereich der Nase mit der operativen Versorgung von Tumoren sowie der chirurgischen Behandlung von Neoplasien und posttraumatischen Defekten konfrontiert. Die Komponenten der Rekonstruktion betreffen neben Haut und Weichteilen auch struktur- und formgebende Komponenten wie Knorpel und Knochen. Rekonstruktionen stellen deshalb eine besondere Herausforderung dar. Oberstes Ziel einer adäquaten Rekonstruktion ist das Erreichen eines optimalen ästhetisch-funktionellen Ergebnisses.
Rekonstruktives Management
Abb. 1: Tumorexzision Nasenabhang rechts. Defektdeckung mittels Lappenplastik nach Rieger. (a) Präoperativ, (b) intraoperativ, (c, d) Ergebnis unmittelbar postoperativ
Abb. 2:Tumorexzision Nasenspitze. Defektdeckung mittels Rintala-Lappenplastik. (a) Wunddefekt präoperativ nach Exzision und temporärer Defektdeckung, (b) Ergebnis unmittelbar postoperativ (c) zwei Wochen postoperativ
Abb. 3:Tumorexzision Nasenflügel rechts. Defektdeckung mit Nasolabiallappenplastik. (a) Präoperativ, (b) intraoperativ, (c) Ergebnis unmittelbar postoperativ, (d) Ergebnis fünf Monate postoperativ
Abb. 4:Tumorexzision Nasenspitze. Defektdeckung mit SNAS-Lappenplastik. (a) Präoperativ, (b) intraoperativ, (c) Ergebnis unmittelbar postoperativ
Die verfügbaren rekonstruktiven Maßnahmen zielen darauf ab, die bestmögliche Wiederherstellung der Nasenform unter Erhalt der freien Nasenatmung zu gewährleisten. Eine genaue Kenntnis der anatomischen Gegebenheiten und der topografischen Beziehungen von Blutgefäßen, Muskulatur und Stützgewebe ist in der Rekonstruktion der Nase unerlässlich. Die Nase wird insgesamt in neun ästhetische Untereinheiten eingeteilt, welche sich aus Nasenabhang, Nasenrücken, Nasenflügel, Nasenspitze, weichem Dreieck und Nasensteg zusammensetzen. Im rekonstruktiven Management gilt es zu beachten, dass bei Substanzdefekten, die mehr als die Hälfte einer ästhetischen Einheit betreffen, die Rekonstruktion auf die gesamte Untereinheit ausgeweitet werden soll, um ein optimales ästhetisches Ergebnis zu erzielen. Zur Erreichung eines symmetrischen Ergebnisses ist es ratsam, die Untereinheit der Gegenseite als Vorbild zu begutachten.
Für die Rekonstruktion oberflächlicher Defekte ist die Wahl zwischen freien Hauttransplantaten und lokalen oder regionalen Lappenplastiken zu treffen, wobei in der Auswahl darauf zu achten ist, dass eine nahe Angleichung des Gewebes hinsichtlich Textur, Farbe und Hautdicke möglich ist.
Im Wesentlichen kommen in der Defektdeckung von kleineren bis mittleren Substanzdefekten an der Nase lokale Lappenplastiken mit Gefäßversorgung über den subdermalen Plexus als Methode der Wahl zur Anwendung. Eine akkurate präoperative Evaluierung des zu erwartenden Defektes und eine intensive Planung des operativen Vorgehens sind zum Erreichen eines optimalen Rekonstruktionsergebnisses unerlässlich.
Präoperative Planung
In der Evaluierung des zu erwartenden oder bestehenden Defektes ist sowohl die Ausdehnung als auch die Lokalisation von äußerster Wichtigkeit. Es ist essenziell, die ästhetischen Einheiten in das rekonstruktive Management miteinzubeziehen. Hier muss darauf geachtet werden, wie viel Prozent einer ästhetischen Untereinheit betroffen sind und ob sich der Defekt über eine zusätzliche Untereinheit ausdehnt. Anschließend erfolgen die Untersuchung der individuellen anatomischen Gegebenheiten und die Beurteilung der Hauttextur sowie des bestehenden Hautreservoirs. Die Planung der Schnittführung beinhaltet die Positionierung von Narbenverläufen an Grenzlinien ästhetischer Untereinheiten und soll diese keinesfalls unterbrechen oder durchqueren. Wie bereits erwähnt, ist es für ein ansprechendes ästhetisches Outcome zusätzlich essenziell, rekonstruktive Maßnahmen so zu wählen, dass eine möglichst optimale Angleichung des Gewebes in Farbe, Textur und Hautdicke gewährleistet ist. Fehler in der Gewebebeurteilung, im Design und der Spannungsevaluation als auch in der chirurgischen Imagination führen zu Misserfolgen in der Rekonstruktion.
Nasenrücken und Nasenabhang
Aufgrund der zum Untergrund verschieblicheren Haut sind oberflächliche Defekte im Nasenrücken- bzw. Nasenabhangsbereich in der Regel etwas einfacher zu rekonstruieren.
Median gelegene Defekte können so gegebenenfalls auch direkt verschlossen werden. Kleinere Defekte im kranialen Nasenabhangsbereich lassen sich oftmals mittels Präparation einer Glabella-Lappenplastik kosmetisch ansprechend verschließen. Ebenso stellt bei Defekten im mittleren bis kaudalen Bereich des Nasenrückens bzw. -abhangs der zweizipfelige Transpositionslappen nach Esser1 bzw. die Modifikation nach Zitelli2 ein Standardverfahren dar.
Für mittelgroße, im mittleren bis distalen Drittel des Nasenrückens gelegene Defekte stellt der Verschiebelappen nach Rintala3 eine optimale Möglichkeit der Rekonstruktion dar.
Für ausgedehntere Defekte (>2cm) eignet sich die dorsonasale Rotationslappenplastik nach Rieger,4 bei der Hautweichteilgewebe aus der Glabellaregion nach kaudal rotiert wird. Eine Modifikation stellt die Technik nach Marchac5 dar, welche durch erweiterte Präparation eines Rückschnitts eine vorteilhafte größere Lappenbeweglichkeit ermöglicht. Ausgedehnte Defekte im Bereich des Nasenabhangs können speziell bei älteren Patient:innen mittels Wangenvorschublappen6 einer adäquaten Rekonstruktion unterzogen werden. Allerdings kommt es hier zu einer Aufhebung der ästhetischen Grenzlinien und häufig zu einer wulstförmigen Aufwerfung im Nasolabialbereich und damit zu einem kosmetisch unzufriedenstellenden Ergebnis.
Nasenflügel
Defektdeckungen im Bereich des Nasenflügels stellen eine besondere Herausforderung dar. Besonders anspruchsvoll sind Defekte, die mit einem Verlust des stützenden subdermalen Gewebes („fibrofatty subdermal tissue“) einhergehen, da dies zu einem Kollaps des Nasenflügels und damit zu einer Behinderung der Nasenatmung führen kann. Zusätzlich kann es bei randständigen Defekten zu einem Verziehen der Nasenöffnung nach kranial kommen, was die Rekonstruktion zusätzlich erschwert oder zu einem ästhetisch nicht zufriedenstellenden Ergebnis führt.
Liegen kleinere bis mittlere nicht randständige Defekte vor, so kann hier die bereits genannte zweizipfelige Transpositionslappenplastik nach Esser eine gute Lösung darstellen, allerdings ist hier darauf zu achten, dass der Wahl einer medialen Lappenbasis der Vorzug zu geben ist, um ein ansprechendes ästhetisches Ergebnis zu erhalten.
Eine gängige Methode zur plastisch-chirurgischen Defektdeckung von größeren Defekten im Bereich des Nasenflügels ist die Nasolabiallappenplastik.7 Hier handelt es sich zumeist um einen zufallsversorgten Lappen, jedoch kann er auch mit axialem Gefäßstiel (sowohl superior als auch inferior gestielt) geplant werden.8 Durch Aufhebung der ästhetischen Grenzlinien bedarf es hier meist einer Korrektur mit Lappenausdünnung und Rekonstruktion der Nasoalarfurche.
Nasenspitze
Für kleinere Defekte stellt auch an der Nasenspitze der bereits angeführte zweizipfelige Transpositionslappens nach Esser eine gute Möglichkeit der Rekonstruktion dar. Hier kann das zum Untergrund besser verschiebliche Gewebe von Nasenrücken und/oder Nasenabhang eingebracht werden.
Liegen größere Defekte vor, bietet sich die Durchführung einer dorsonasalen Lappenplastik nach Rieger bzw. der modifizierten Variante nach Marchac als sicheres Verfahren an. Eine Alternative zur Defektdeckung im Bereich der Nasenspitze stellt die SNAS-Lappenplastik dar.9,10 Bei ausgedehnteren kutanen Defekten mit erhaltenem Stützgerüst im distalen Nasendrittel reichen lokale Lappenplastiken meist nicht aus, sodass die Durchführung eines paramedianen Stirnlappen erforderlich ist.11 Die Versorgung des Lappens erfolgt durch die A. supratrochlearis, wobei die Hebestelle bei einer Lappenbasis von bis zu 3cm direkt verschlossen werden kann. Nach Abwarten der autonomisierten Versorgung (meistens ca. nach vier Wochen) kann in einem zweiten Eingriff der Lappenstiel durchtrennt werden. Hierbei kann neben der Lappenausdünnung auch die Einbringung eines freien Knorpeltransplantats (z.B. Rippe, Ohr) zur Rekonstruktion des knorpeligen Stützgerüsts notwendig sein.
Rekonstruktion Nasensteg und weiches Dreieck
Plastische Defektdeckungen sowohl im Bereich des Nasenstegs als auch des weichen Dreiecks sind anspruchsvolle Herausforderungen und stellen ein schwieriges, nicht immer leicht zu lösendes Problem dar. Für oberflächliche Defekte kann die Hebung eines Nasolabiallappens in Erwägung gezogen werden.
Kleine Defekte am Nasensteg können zudem durch lokale Lappenplastiken von der Oberlippe rekonstruiert werden, allerdings kommt es hier häufig zu einer Verziehung des Philtrums, was zu einem ästhetisch unzufriedenstellenden Ergebnis führt. Eine weitere gängige Methode vor allem von größeren Defekten ist die paramediane Stirnlappenplastik, die bereits im vorangegangenen Abschnitt ausführlich beschrieben ist.
Conclusio
Wesentliche Ziele in der Rekonstruktion oberflächlicher Defekte der Nase sind der Erhalt der freien Nasenatmung und das Erreichen eines ästhetisch einwandfreien Ergebnisses. Hier stehen verschiedene Möglichkeiten für die Rekonstruktion zur Verfügung, wobei es zwingend erforderlich ist, dass versierte Chirurg:innen aus dem gesamten Spektrum an operativen Möglichkeiten die für die Patient:innen individuell optimale Rekonstruktion wählen.
Literatur:
1 Esser JFS: Gestielte lokale Nasenplastik mit zweizipfligem Lappen, Deckung des sekundären Defektes vom ersten Zipfel durch den zweiten. Deutsche Zeitschrift für Chirurgie 1918; 143: 385-90 2 Zitelli JA: The bilobed flap for nasal reconstruction. Arch Dermatol 1989: 125(7): 957-9 3 Rintala AE, Asko-Seljavaara S: Reconstruction of midline skin defects of the nose. Scand J Plast Reconstr Surg 1989; 3(2): 105-8 4 Rieger RA: A local flap for repair of the nasal tip. Plast Reconstr Surg 1967; 40(2): 17-9 5 Marchac D, Toth B: The axial frontonasal flap revisited. Plast Reconstr Surg 1985; 76(5): 686-94 6 Antia NH, Dave BM: Reconstructive surgery for nasal defects. Clin Plast Surg 1981; 8(3): 535-63 7 Zitelli JA: The nasolabial flap as a single-stage procedure. Arch Dermatol 1990; 126(11): 1445-8 8 Rahpeyma A, Khajehahmadi S: The place of nasolabial flap in orofacial reconstruction: A review. Ann Med Surg (Lond) 2016; 12: 79-87 9 OʼHara D et al.: Superficial nasalis aponeurotic system (SNAS) flap reconstruction of nasal defects. Ann Plast Surg 1997; 38(4): 379-84 10 Riml S et al.: The Superficial Nasalis Aponeurotic System (SNAS) flap for nasal tip reconstruction. Plast Reconstr Surg 2011; 128(1): 19e-22e 11 Menick FJ: Nasal reconstruction. Plast Reconstr Surg 2010; 125(4): 138e-150e
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