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Eine Initiative aus Graz

Für mehr Qualität in schriftlichen Gesundheitsinformationen

Treten erste Symptome einer Erkrankung auf, suchen die betroffenen Menschen nach Informationen im Internet, in Zeitschriften oder auch bei Angehörigen und Freunden. Die Suche und auch die Bewertung der Information sind jedoch für viele Betroffene eine besondere Herausforderung. Wie gute Broschüren, Folder oder Merkblätter erstellt werden können, zeigt ein Projekt am LKH-Universitätsklinikum Graz in Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz.

Keypoints

  • Die Gesundheitskompetenz von großen Teilen der österreichischen Bevölkerung liegt unter dem EU-Durchschnitt.

  • Gesundheitsinformationen aus dem Internet, aus Zeitschriften oder Werbematerialien sind häufig nicht für Patient*innen geeignet.

  • Informationsmaterial braucht eine evidenzbasierte Grundlage. Die Zielgruppe muss bei der Entwicklung miteinbezogen werden und das Material muss inhaltlich und grafisch an sie angepasst sein.

Patient*innen suchen bei Verdacht und in der Folge einer Diagnose nach Informationen und Verhaltensempfehlungen zu ihrer Erkrankung. Dabei nutzen sie Quellen wie das Internet, Zeitschriften oder auch Angehörige und Freunde mit ähnlichen Erfahrungen.1,2 Bei diesen Informationen und Verhaltensempfehlungen besteht jedoch die Gefahr, dass sie weder evidenzbasiert noch für die Betroffenen geeignet sein können.3 Die so in Erfahrung gebrachten Verhaltensempfehlungen und die daraus resultierenden Behandlungsversuche stellen daher oftmals ein Risiko in Bezug auf den Genesungserfolg dar. Falsche oder falsch verstandene Information kann dann zu Problemen für die Gesundheit führen. Im Gespräch mit Behandelnden erfahren Patient*innen dann häufig eine Enttäuschung, wenn zum Beispiel Hausmittel zur Wundbehandlung nicht empfohlen werden oder nicht zugelassene Therapien bei dringlich behandlungsbedürftigen Erkrankungen abgelehnt werden. Daher ist die Gesundheitskompetenz der Schlüssel zum Erfolg. Sie umfasst das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten, relevante Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden.4

Schlechte Qualität bei Informationsmaterialien

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An Kliniken gibt es häufig eine Vielzahl ungeprüfter Gesundheitsinformationen

Schriftliche Gesundheitsinformationen wie Broschüren, Folder oder Merkblätter haben oftmals eine schlechte Qualität und sind nicht für die Betroffenen geeignet. So zeigt eine Studie von Posch et al. 2020, dass rund 50% der in hausärztlichen Praxen aufliegenden Informationsmaterialien nicht den gängigen Qualitätskriterien entsprechen.5 Das liegt oft daran, dass sie nicht evidenzbasiert sind oder Informationen darin veraltet sind. Auch erfolgt die Darstellung der Informationen oftmals so, dass sie nicht für die Zielgruppe geeignet ist, wie beispielsweise mit Verwendung einer komplexen Sprache, von Fremdwörtern oder Fachbegriffen. Zusätzlich werden bei den Abbildungen Stereotype bedient, die oftmals nichts mit der Hauptzielgruppe gemein haben. Außerdem können Interessenkonflikte auftreten, wenn Autor*innen diese nicht transparent angeben.3 Die Ergebnisse aus den Praxen können auch auf Ambulanzen und stationäre Abteilungen in einem Krankenhaus umgelegt werden. Eine Erhebung des LKH-Universitätsklinikums Graz zusammen mit der Medizinischen Universität Graz hat bei zwei ausgesuchten Indikationen ergeben, dass rund 30% der Broschüren nicht geeignet sind und 30% zu überarbeiten wären. Die restlichen Informationsmaterialien wurden für in Ordnung befunden.

Hoher Informationsbedarf nach dem ärztlichen Gespräch

Viele Patient*innen sind nach dem ärztlichen Gespräch aus unterschiedlichsten Gründen auf der Suche nach Informationen. Vielleicht haben sie aus ihrer Sicht zu wenig Information erhalten oder das, was ihnen gesagt wurde, nicht verstanden bzw. es sich aufgrund ihrer Verfassung (z.B. Aufregung) nicht gemerkt. Die Patient*innen, aber auch Angehörige trauen sich dann oft nicht nachzufragen.6 In vielen Fällen war auch das Gespräch so kurz, dass wesentliche Fragen nicht gestellt werden konnten oder die wichtigsten Fragen erst nach dem Gespräch auftraten. Auch der ärztliche Entlassungsbrief, den Patient*innen nach einem Ambulanzbesuch oder einer Entlassung aus dem Krankenhaus erhalten, beinhaltet oft nicht die Informationen, die die Betroffenen zu Hause zur Fortführung ihrer Therapie benötigen.7 Für viele Betroffene, aber auch für Angehörige beginnt dann wieder die Suche nach Informationen und Verhaltensempfehlungen, um die Symptome der Erkrankung zu lindern. Die Folgen der Informationsasymmetrie sind unter anderem, dass die Betroffenen eine geringe individuelle Gesundheitskompetenz aufweisen und beispielsweise nach der Entlassung im täglichen Leben nur erschwert gesundheitsförderliche Entscheidungen treffen können. Zusätzlich können eine Versorgungsunterbrechung und Unzufriedenheit bei den Patient*innen und deren Angehörigen entstehen. Es kann dazu kommen, dass diese Betroffenen vermehrt die Ambulanzen wegen weiterhin auftretender Komplikationen oder Verschlechterungen des Gesundheitszustandes aufsuchen, da sie die Empfehlungen aus vielen Gründen nicht befolgen konnten.8,9

Gute, laienverständliche schriftliche Gesundheitsinformationen, insbesondere auch rund um die Entlassung aus dem Krankenhaus, unterstützen ein sicheres Überleiten der durchzuführenden therapienotwendigen Maßnahmen in die gewohnte Umgebung oder in die nachfolgende Einrichtung.

Lösungen für mehr Sicherheit und gute Gesundheitsinformation

Ärzt*innen können einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung leisten. Sie können Informationsmaterial, welches in ihrem beruflichen Umfeld aufliegt, kritisch und anhand von Qualitätskriterien5 prüfen und dann entscheiden, ob dieses überhaupt für die Zielgruppe geeignet ist. Alternativ kann eigenes Informationsmaterial anhand von definierten Qualitätskriterien (z.B. mithilfe einer Checkliste) erstellt und mit der Zielgruppe getestet werden, um als Grundlage für das Gespräch mit den Patient*innen zu dienen.

Ein Projekt am LKH-Universitätsklinikum Graz in Kooperation mit der Medizinischen Universität Graz geht genau diesen Weg. Im Projekt „Gute Gesundheitsinformation am LKH-Universitätsklinikum Graz“ werden Expert*innen dabei unterstützt, ihr Fachwissen so aufzubereiten, dass es den gängigen Qualitätskriterien für gute Gesundheitsinformationen zu einer bestimmten Indikation entspricht und für die Betroffenen geeignet ist. Dazu unterstützen das Team der Stabsstelle Qualitäts- und Risikomanagement (QM-RM) sowie die Mitarbeiter*innen der Stabsstelle Public Relations (PR) anhand eines festgelegten Prozesses bei der Erstellung der Informationen (Tab.1). Anschließend wird jede neu erstellte Information mit der Zielgruppe getestet, bevor sie publiziert und angewendet wird. Schlussendlich werden die Informationen in ein Dokumentenlenkungssystem zur Qualitätssicherung übergeführt und zur Evaluierung spätestens zwei Jahre später wieder angezeigt. Dieses systematische Vorgehen sichert die Qualität der Gesundheitsinformationen nachhaltig und unterstützt die Expert*innen in der Praxis wie auch die Patient*innen in ihrer individuellen Gesundheitskompetenz.

Tab. 1: Prozess der Erstellung von guter Gesundheitsinformation am LKH-Universitätsklinikum Graz

1 Griebler R et al: BMASK 2021; https://oepgk.at/wp-content/uploads/2021/08/hls19-at-bericht-bf.pdf 2 Griebler R et al.: Springer 2022; https://link.springer.com/referenceworkentry/10.1007/978-3-662-62800-3_85-1 3 Posch N et al.: BMC Fam Pract 2020; 21: 23 4 Parker R: Measuring Health Literacy: What? So What? Now What? In: Hernandez L (Hg.): Measures of Health Literacy: Workshop Summary. National Academies Press 2009, 91-8 5 Hoffmann M et al. (Hg.): Patienten und Angehörige richtig informieren. Springer Gabler 2021 6 Amstad H et al: Schweiz Akad Med Wiss 2019; 1-79 7 Schwarz CM et al.: BMC Health Serv Res 2019; 19: 158 8 Hoyer EH et al.: J Hosp Med 2016; 11: 393-400 9 van Walraven C et al.: J Gen Intern Med 2002; 17(3): 186-92

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