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Resveratrol im Überblick

Ein vielversprechender „Allrounder“ unter den sekundären Pflanzenstoffen

Resveratrol gehört zur Klasse der nichtflavonoiden Polyphenole und ist damit ein sekundärer Pflanzenstoff. Phenole können als „natürliche Abwehrkräfte“ der Pflanzen verstanden werden, welche sich mitunter gegen Schädlinge wirksam zeigen. Bei Resveratrol handelt es sich damit um einen natürlichen Wirkstoff, der bereits in über 70 Pflanzenarten nachgewiesen wurde.

Sehr hohe Konzentrationen an Resveratrol sind in der Haut und den Samen von roten Weintrauben, Rotwein, Erdnüssen, Beeren und Soja zu finden. Bereits 1992 wurde erstmals das „französische Paradoxon“ von Renaud und De Logeril beschrieben, welches besagt, dass sich ein regelmäßiger moderater Konsum von Rotwein positiv auf die Gesundheit auswirkt. Dieser Ansatz stößt natürlich bei allen Weingenießern auf offene Ohren; auch in der Medizin zieht Resveratrol aufgrund seiner antioxidativen, entzündungshemmenden sowie antimikrobiellen Wirkung immer mehr Aufmerksamkeit auf sich. Aktuell wird in Studien die antivirale Wirkung von Resveratrol gegen respiratorische Erreger, wie Influenzaviren und rezent SARS-CoV-2, untersucht. Die Ergebnisse scheinen vielversprechend; Resveratrol scheint mildernd auf den Verlauf respiratorischer Infekte zu wirken, was insbesondere in Zeiten der Pandemie großes Interesse an weiteren Untersuchen hervorruft. Resveratrol soll jetzt auch vermehrt in der Krebstherapie eingesetzt werden. Allerdings nicht statt einer Chemotherapie, sondern in Kombination mit einer Chemotherapie. Resveratrol scheint nämlich nicht nur die Wirkung einer Chemotherapie zu verbessern, sondern auch deren Nebenwirkungen mindern zu können. Aufgrund von proapoptotischen und antiproliferativen Eigenschaften lässt Resveratrol sowohl in der Prävention als auch in der Therapie von malignen Tumoren auf Wirksamkeit hoffen. Resveratrol greift in verschiedene Stadien der Karzinogenese ein und reguliert Signalwege der Apoptose und des Zellerhalts. Bisherige Studienergebnisse zeigen sich jedoch trotz sehr hoher Resveratrolkonzentrationen als relativ inkonsistent. Trotzdem halten einige Forscher an dem Ansatz fest, dass Resveratrol die Wirksamkeit bereits etablierter Therapiekonzepte zumindest verstärken kann.

Resveratrol wird außerdem eine potente entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben, da es die Bildung von Entzündungsfaktoren unterdrückt. Die Expression von Entzündungsmediatoren wie Interleukin (IL) 6 und IL-8 wird gehemmt. Resveratrol reduziert die Bildung von Matrix-Metalloproteasen und unterdrückt dadurch dosisabhängig die Ausbildung von IL-6 und TNF-α. Außerdem hemmt Resveratrol Signalwege der Toll-like-Rezeptoren (TLR), die wiederum an der Expression proinflammatorischer Zytokine und Chemokine beteiligt sind. Bei Psoriasis konnten mit Resveratrol Entzündungserscheinungen durch die Unterdrückung von TLR-Signalwegen und Nuklear-Faktor-kB (NF-kB) gemindert werden. Angesichts dieser großen Bandbreite gesundheitlicher Vorteile findet Resveratrol inzwischen sowohl in der Prävention und Therapie chronischer Erkrankungen als auch in der Kosmetikbranche zunehmend Interesse.

Der sekundäre Pflanzenstoff scheint aufgrund seiner potenten antioxidativen und entzündungshemmenden Wirkung auch für die Anwendung auf der Haut sehr attraktiv. Eine aktuelle Arbeit von Hecker et al. (2021, International Wound Journal – in press) unterstreicht das Potenzial von Resveratrol in der Wundbehandlung, der Behandlung hypertropher Narben sowie als potenzielle Anti-Aging-Wunderwaffe gegen vorzeitige Hautalterung.

Förderung der Wundheilung

Wundheilung ist ein sehr komplexer, in seinen Phasen fein abgestimmter Prozess und für die Aufrechterhaltung der Schutzfunktion der Haut ganz wesentlich. Zahlreiche Faktoren wie Infektionen, chronische Entzündungen, Diabetes oder Durchblutungsstörungen können zu einer Beeinträchtigung der Wundheilung führen. Aufgrund antioxidativer und antiinflammatorischer Eigenschaften scheint Resveratrol geeignet zu sein, Wundheilungsprozesse zu unterstützen bzw. zu beschleunigen. Sowohl In-vitro- als auch In-vivo-Studien belegen die wundheilungsfördernde Wirkung von Resveratrol. Resveratrol beeinflusst die Expression des epidermalen Wachstumsfaktors (EGF), welcher maßgeblich für die Regulation der Zellproliferation und Zelldifferenzierung verantwortlich ist. Außerdem konnte in einer In-vivo-Studie gezeigt werden, dass die Infiltration von Mastzellen im Wundbereich durch Resveratrol stark abnimmt, hingegen die Infiltration von Lymphozyten und Makrophagen – und damit auch die Wundheilung – angeregt wird.

Studienergebnisse deuten außerdem darauf hin, dass Resveratrol Prozesse der Angiogenese anregt. Da die Durchblutungssituation für den Verlauf der Wundheilung eine zentrale Rolle spielt, erscheint der sekundäre Pflanzenstoff auch für die Therapie von schlecht heilenden Wunden als ein vielversprechender Ansatz. Studien zeigen, dass Resveratrol die Expression des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF) stimuliert, der eine Schlüsselrolle bei der Ausbildung neuer Blutgefäße einnimmt. Gleichzeitig aktiviert Resveratrol das Enzym Sirtuin-1 (SIRT1); SIRT1 hemmt Prozesse der Apoptose und regt die Bildung neuer Blutgefäße an, womit es auch eine zentrale Funktion in der Wundheilung hat. Auch die beschriebenen antibakterielle und antimykotische Wirkung von Resveratrol begünstigt die Wundheilung und wirkt vor allem der Entstehung von chronischen Wunden entgegen. Eine topische Behandlung mit Resveratrol wirkt nachweislich antimikrobiell gegen Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa und Candida albicans; jene Pathogene, die häufig auch in chronischen Wunden zu finden sind. Resveratrol greift damit in unterschiedliche Bereiche der Wundheilung ein und scheint so den Heilungsverlauf positiv beeinflussen zu können.

Rückbildung von Narbengewebe

Durch eine überschießende Bindegewebsproliferation nach Hautverletzungen kann es zur Ausbildung von hypertrophen Narben oder Keloiden kommen; mitunter verursacht durch ein Ungleichgewicht zwischen Proliferation und Apoptose von Fibroblasten. Das Zytokin „transforming growth factor beta 1“ (TGF-β1) spielt bei der Ausbildung von pathologischen Narben eine wesentliche Rolle, indem es adhäsiv auf Kollagen Typ 1 wirkt und die Zelldifferenzierung fördert. Die Optionen zur Therapie von hypertrophen Narben bringen meist nur wenig zufriedenstellende Ergebnisse. Positive Aussichten könnten sich durch Resveratrol ergeben: Jüngste Studienergebnisse weisen auf antifibrotische Eigenschaften des sekundären Pflanzenstoffs hin, indem Resveratrol in TGF-β1 gesteuerte Signalwege eingreift und die Zellproliferation unterdrückt. Durch die Behandlung mit Resveratrol über einen Zeitraum von 24 Stunden wurde in einer Studie die Proliferation von humanen Fibroblasten signifikant verringert und die Apoptose gleichzeitig angeregt; je höher die Konzentration und je länger die Dauer, desto eindrücklicher zeigte sich die Wirkung. Auch im Zusammenhang mit überschießender Narbenbildung scheint SIRT1 als Drug-Target eine wesentliche Rolle zu spielen. Als Agonist von SIRT1 reduziert Resveratrol die Ausbildung von Kollagen Typ I und Kollagen Typ III, indem SIRT1 dosisabhängig hochreguliert wird. Dadurch wird die durch TGF-β1 induzierte Differenzierung von Fibroblasten in Myofibroblasten beeinflusst, wodurch wiederum die Bildung von Kollagen I und Kollagen III gedrosselt wird. Die Studienergebnisse rezenter In-vitro- und In-vivo-Studien unterstreichen zwar die antifibrotische Wirkung von Resveratrol, allerdings bedarf es zusätzlicher Studien, um Resveratrol als möglicher Behandlungsoption für pathologische Narben wirklich Evidenz zu verleihen.

Anti-Aging durch Resveratrol

Anti-Aging und dem Wunsch der ewigen Jugend wurde wohl noch nie so viel Bedeutung beigemessen wie heute. Umso interessanter daher, dass Resveratrol als Anti-Aging-Waffe und „longevity molecule gehandelt“ wird. Zahlreiche präklinische Studien weisen darauf hin, dass Resveratrol altersbedingten Krankheiten entgegenwirkt und möglicherweise sogar lebensverlängernde Effekte hat. Im Zusammenhang mit unserer Haut und Anti-Aging tut sich insbesondere die photoprotektive Wirkung von Resveratrol hervor. Unzählige Studien haben bereits auf die Langzeitfolgen von exzessiver UV-Exposition aufmerksam gemacht und sie als Hauptursache für vorzeitige Hautalterung deklariert. Durch übermäßige UV-Exposition entstehen Sauerstoffradikale (ROS), die wesentliche Kaskaden der Hautalterung aktivieren. Unlängst konnten Subedi et al. in vitro nachweisen, dass Resveratrol die MMP-1-Expression unterdrückt und die Transkription inflammatorischer Zytokine (IL-6, IL-8) reduziert. Da MMP-1 eine wesentliche Rolle bei der Zellalterung spielt und inflammatorische Zytokine wie IL-6 für die entzündungsinduzierte Alterung verantwortlich sind, unterstreichen diese Studienergebnisse mögliche Anti-Aging-Effekte von Resveratrol. Gleichzeitig konnte eine vermehrte Bildung von Kollagen Typ I festgestellt werden, wodurch sich die Spannkraft und Elastizität der Haut verbessern. Aufgrund der nachgewiesenen antioxidativen Wirkung bietet sich Resveratrol auch als Wirkstoff für Gesichtspflegeprodukte an. Aus klinischen Studien geht hervor, dass Resveratrol bei regelmäßiger Anwendung eine straffende und hydratisierende Wirkung auf die Haut hat. Neben einer Abnahme von ROS konnte eine signifikant erhöhte Kollagenbildung – und damit eine verbesserte Hautelastizität – nachgewiesen werden.

Fazit

Ob die Suche nach dem ewigen Jungbrunnen durch Resveratrol ein Ende gefunden hat, bleibt fraglich, denn die Datenlage scheint inkohärent. Zwar macht Resveratrol mit einem sehr breiten Wirkungsspektrum auf sich aufmerksam, doch wird es durch seine relativ geringe Bioverfügbarkeit und Wasserlöslichkeit limitiert. Daher sind die Verabreichung und Verstoffwechselung von Resveratrol ein zentrales Problem dieses vermeintlichen Wundermittels und stehen somit im Fokus vieler aktueller Studien. Der potenzielle Nutzen dieses sekundären Pflanzenstoffs scheint unumstritten, allerdings bedarf es vermehrt klinischer Studien, um die aufgezeigten Behandlungsmöglichkeiten zu bestätigen.

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