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Mein Leben mit Long Covid

„Die Spezialisten kann man an einer Hand abzählen“

Etwa so lange, wie in der Öffentlichkeit von „Long Covid“ die Rede ist, leidet Sandra Hofer schon unter den Folgen ihrer SARS-CoV-2-Infektion. Dabei hatte sie Glück im Unglück, denn nicht für jeden ist ein Termin beim Spezialisten frei. Uns berichtet sie von Patientenanliegen und der neu gegründeten Betroffeneninitiative „Long Covid Austria“.

Frau Hofer, gibt es etwas, das Sie im Anfangsstadium Ihrer Krankheit gerne gewusst hätten?

S. Hofer: Dass Pacing eine der wichtigsten Säulen bei der Behandlung von Long Covid ist! Es bedeutet, innerhalb seiner körperlichen Belastbarkeit zu bleiben. Anfangs hatte ich immer wieder Crashes wegen der Überbelastung. Mittlerweile weiß ich, wo meine Grenze liegt, und kann sie vorsichtig steigern.

Gibt es noch andere nützliche Tipps?

S. Hofer: Gleich zu Beginn wurde mir von meinem Arzt geraten, mich histaminarm zu ernähren. Das hat nach meiner Erfahrung sehr geholfen. Auch Atemtherapie oder Akupunktur probieren viele Betroffene aus.

Wie ist Ihr Zustand aktuell verglichen mit dem Beginn der Erkrankung?

S. Hofer: Ich hatte Covid-19 im November 2020 mit hohem Fieber, Lungen- und Venenentzündung für etwa 6 Wochen. Danach wollte ich wieder arbeiten, aber bekam eine bleierne Fatigue, die mit nichts zu vergleichen war. Der Weg zum Briefkasten war wie ein Marathon für mich. Insgesamt blieb ich 20 Monate im Krankenstand. Anfangs konnte ich nur liegen, aber allmählich habe ich mich auf 1000 Schritte am Tag gesteigert. Mittlerweile kann ich sogar Spazierengehen.

Wie lange hat es gedauert, bis Sie die Diagnose hatten?

S. Hofer: Ich hatte das Glück, zeitig einen Termin bei einem Experten zu bekommen, deshalb ging es bei mir schneller als bei anderen. Viele, die sich an unsere Betroffeneninitiative wenden, berichten von einem langen und steinigen Weg. Vor allem in ländlichen Gegenden, wo es weniger Ärzte gibt. Die wenigen Spezialisten kann man an einer Hand abzählen und die sind völlig überlaufen.

Sind Sie seit der Gründung in der Patientenvereinigung aktiv?

S. Hofer: Ich bin seit Februar 2021 dabei, gegründet wurde sie einen Monat davor. Damals waren wir 40 Mitglieder, heute sind wir 2337 und es werden jeden Tag mehr. Die meisten kommen zu uns, um sich auszutauschen, oder suchen nach Informationen. Wir haben mittlerweile auch eine Selbsthilfegruppe extra für Kinder und Jugendliche gegründet.

Was sind die Anliegen dieser jungen Altersgruppe?

S. Hofer: Oft geht es um den Umgang der Schulen mit der Erkrankung. Etwa um fehlendes Verständnis, wenn Kinder den Unterricht nur stundenweise besuchen können. Besonders im Turnunterricht sollte mehr Rücksicht genommen werden, wenn Kinder die körperliche Leistung nicht erbringen können.

Wie setzt sich die Betroffeneninitiative für Long-Covid-Patienten ein?

S. Hofer: In erster Linie bieten wir durch unsere Selbsthilfegruppe eine Plattform zur Vernetzung. Außerdem teilen wir Informationen und Erfahrungen mit Betroffenen. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass die Krankheit als solche anerkannt wird und ihre lange Dauer Berücksichtigung findet. Dazu vernetzen wir uns mit Ärzten und Vertretern aus der Politik und versuchen, Bewusstsein zu schaffen. Das ist besonders bei finanziellen Fragen relevant.

Ist man als Long-Covid-Patient finanziell abgesichert?
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Sandra Hofer, Vereinsvertretung der Betroffenen-initiative „Long Covid Austria“

S. Hofer: Das ist eines der größten Probleme, vor dem Betroffene stehen. Bei den meisten – auch bei mir – wurde der Antrag für Rehabilitationsgeld von der PVA abgelehnt. Nicht alle haben das Glück, dass es gesundheitlich wieder bergauf geht und sie an ihre Arbeitsstelle zurückkehren können. Beim AMS können sie sich auch nicht melden, da sie arbeitsunfähig sind. Wenn dann das Krankengeld ausgeht, fallen diese Menschen durch das Netz der sozialen Absicherung. Dabei bräuchten sie nur die Chance und die Zeit, gesund zu werden.

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