
Neue minimal invasive Laserbehandlung bei fokaler therapierefraktärer Epilepsie
Autor:
Univ.-Prof. Dr. Karl Rössler
Universitätsklinik für Neurochirurgie
Medizinische Universität Wien
E-Mail: karl.roessler@meduniwien.ac.at
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An der Neurochirurgischen Universitätsklinik des AKH Wien werden fokale therapierefraktäre Epilepsien mittels moderner Laserablationsverfahren (Laser-Induced Thermal Therapy – LITT) behandelt. Thermosensitive MRT-Sequenzen erlauben dabei im intraoperativen Setting eine präzise Steuerung und Überwachung und erhöhen damit die Patientensicherheit.
Keypoints
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Das LITT-Verfahren ist eine neue minimal invasive neurochirurgische Therapieoption bei fokaler therapierefraktärer Epilepsie.
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Größere Läsionsvolumina als bei konventionellen Methoden können mittels thermosensitiver MRT-Sequenzen intraoperativ gesteuert und überwacht abladiert werden.
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Hauptindikationen sind multiple, schwer zugängige epileptogene Läsionen. Die Behand-lung der klassischen Temporallappenepilepsie ist weniger erfolgreich einzustufen.
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Zur Indikationsstellung und Diagnosesicherung ist häufig ein invasives Monitoring mittels Tiefenelektrodenimplantation vor dem LITT-Eingriff notwendig.
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Zukünftig könnte die LITT auch in Kombination mit onkologischen Behandlungen von Hirntumoren durch Öffnung der Blut-Hirn-Schranke die chemotherapeutische Behandlung unterstützen.
Neben der klassischen stereotaktischen Thermoablation und der stereotaktischen Einzeit-Präzisionsbestrahlung (Gamma Knife, Cyberknife, Linearbeschleuniger – LINAC) ist mit der Laserablation (Laser-Induced Thermal Therapy – LITT) eine weitere minimal invasive neurochirurgische Therapieoption für medikamentös therapierefraktäre fokale Epilepsie in spezialisierten Kliniken wie der Neurochirurgischen Klinik an der Medizinischen Universität Wien im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien (AKH) verfügbar. Gegenüber den traditionellen Ablationsverfahren mit Thermoablation zeigt die neue Laserablation den Vorteil, größere Läsionsvolumina mit nur einem Katheter abladieren zu können und gleichzeitig den Eingriff mit thermosensitiven MRT-Sequenzen steuern bzw. überwachen zu können. Dies steigert die Präzision und die Sicherheit des Eingriffes im Vergleich zur klassischen Thermoablation.
Entwicklung des Verfahrens
Die Laserablation im Gehirn geht auf Hyperthermie-Therapieverfahren für intrazerebrale Tumoren (Gliome) in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts zurück.1–3 Daraus entwickelten sich immer präzisere Verfahren, die nicht nur für Erwachsenen-Gliome, sondern auch für kindliche Hirntumoren, Metastasen, Kavernome, Radionekrosen und schließlich auch für Epilepsien eingesetzt wurden.4–7
Die damit einhergehende zunehmende Patientensicherheit des Verfahrens lässt sich auch an den publizierten Patientendaten abschätzen, bis 2020 waren mehr als 4000 erfolgreich durchgeführte LITT-Eingriffe für die oben genannten Erkrankungen publiziert worden. Ab 2012 kam es zu einer Kommerzialisierung des LITT-Verfahrens, zwei verschiedene Medizinproduktefirmen brachten leicht und sicher einsetzbare Laserfasern auf den Markt, mit denen zurzeit die Eingriffe geplant und durchgeführt werden können.6–8
Zukünftig könnte das LITT-Verfahren für Hirntumoren auch kombiniert mit onkologischen Therapien eingesetzt werden, um die Wirkung von Chemotherapeutika durch die Öffnung der Blut-Hirn-Schranke mittels LITT besser entfalten zu können.9
Funktionsweise der LITT
Die LITT ist ein minimal invasives stereotaktisches Verfahren, das für die Ablation von Bahnen bzw. Läsionen in der minimal invasiven Epilepsiechirurgie eingesetzt werden kann. Ein stereotaktisch implantierbarer Katheter ist mit einem Diodenlaser an der Spitze ausgestattet, der durch kontinuierliche Kühlung mittels Spüllösung einen konstanten und gut steuerbaren Temperaturverlauf aufweist und durch thermosensitives MR-Imaging „on-line“ gesteuert werden kann (Abb. 2).
Abb. 2: Die Spitze des Diodenlasers wird unter MRT-Kontrolle (buntes Areal im Bild) erwärmt und dadurch die Ablation durchgeführt. Durch die MRT-Kontrolle ist einerseits die Höhe der Temperatur (temperatursensitive MRT-Sequenz) (A) und andererseits die Ausdehnung der Ablation (AI-Algorithmus-berechnetes Läsionsvolumen – gelbe Areale im Bild) (B und C) bildgesteuert modifizierbar
Indikationen bei der Epilepsie
Hauptindikationsgebiete sind mikrochirurgisch schwer zugängige oft multiple epileptogene Läsionen wie hypothalamische Hamartome (HH), periventrikuläre Heterotopien (PVH), aktive Tubera bei TSC-Patienten (Tuberous Sclerosis Complex) sowie fokale kortikale Dysplasien (FCDs). Die Indikation für klassische Temporallappenepilepsien ist unserer Ansicht nach als sehr zurückhaltend einzustufen, da die Erfolgschancen hinsichtlich des Epilepsieoutcomes signifikant schlechter als die der traditionellen mikrochirurgischen Verfahren (selektive Amygdalohippokampektomie, anteromesiale Temporallappenresektion) sind.
Klinischer Ablauf des Eingriffes
An der Neurochirurgischen Klinik am AKH Wien steht ein 2-Raum-Konzept einer intraoperativen MR-Suite (Operationssaal mit einem 3-Tesla-MRT im sterilen Bereich) für die LITT-Eingriffe zur Verfügung. Im OP-Teil der MR-Suite werden die Laserfasern für den Eingriff in Vollnarkose rahmenlos-stereotaktisch, teilweise robotergesteuert implantiert. Danach werden die Patienten in den benachbarten ebenfalls sterilen 3-Tesla-MRT-Raum mittels Transport Trolley gebracht und der Eingriff wird MRT-gesteuert durchgeführt (Abb. 1). Sind Lagekorrekturen der Laserfasern notwendig, können diese im OP-Teil der MRT-Suite sofort durchgeführt werden und neuerlich im MRT abladiert werden (Abb.3). Die Explantation der Laserfasern erfolgt dann ebenfalls wieder im Tür an Tür zum MRT gelegenen mikrochirurgischen OP.
Abb. 1: Intraoperativer MRT-Operationssaal (MR-Suite). Die stereotaktische Implantation der LITT-Faser wird im OP-Teil durchgeführt und die Patienten werden dann in den sterilen MRT-Raum mittels Transport Trolley gebracht
Abb. 3: Sagittales MRT T1 nach Kontrastmittelapplikation intraoperativ, Aneinanderreihung der Laserablationen mit Kontrastaufnahme im Bereich der abladierten Läsionen
Invasives Monitoring vor LITT
Liegen mehrere potenziell epileptogene Läsionen vor oder handelt es sich um eine MRT-negative Epilepsie, besteht die Notwendigkeit, vor der Laserablation die epileptogene Zone einzugrenzen bzw. die Epilepsie auf eine oder wenige epileptogene Zonen zurückzuführen.
Solche Patienten erhalten mehrere Tiefenelektroden in die Läsion(en) bzw. deren Umgebung oder in das Verdachtsareal der epileptogenen Zone aus der vorhergehenden epileptologischen Abklärung mit invasivem Stereo-EEG (sEEG) implantiert. Mithilfe dieses Langzeit-sEEG-Monitorings lässt sich dann die Ablationszone genau definieren und in einem unabhängig davon durchzuführenden LITT-Eingriff abladieren. Nur so lassen sich die damit verbundenen Risiken des Eingriffes rechtfertigen.
Fazit
Die LITT hat sich als minimal invasives neurochirurgisches Verfahren bei multiplen, schwer zugänglichen therapierefraktären Epilepsieherden mit hoher Präzision und Sicherheit in den letzten Jahren zunehmend etabliert. Voraussetzung ist neben dem geeigneten OP-Setting eine präzise Indikationsstellung, ggf. mit invasivem Monitoring durch Tiefenelektroden, um die Indikation zu bestätigen bzw. den positiven Effekt der LITT schon vor der Laserablation einschätzen zu können. Zukünftig könnten sich weitere Anwendungsgebiete der LITT, wie etwa in Kombination mit onkologischen Therapien bei Hirntumoren, erschließen.
Literatur:
1 Sutton CH: Tumor hyperthermia in the treatment of malignant gliomas of the brain. Trans Am Neurol Assoc 1971; 96: 195-9 2 Sugiyama K et al.: Stereotactic interstitial laser-hyperthermia using Nd-YAG laser. Stereotact Funct Neurosurg 1990; 54-55: 501-5 3 Roux FX et al.: Stereotaxic laser interstitial thermotherapy. A new alternative in the therapeutic management of some brain tumors. Neurochirurgie 1992; 38(4): 238-44 4 Kahn T et al.: MRI-guided laser-induced interstitial thermotherapy of cerebral neoplasms. J Comput Assist Tomogr 1994; 18(4): 519-32 5Carpentier A et al.: Laser thermal therapy: real-time MRI-guided and computer-controlled procedures for metastatic brain tumors. Lasers Surg Med 2011; 43(10): 943-50 6 Sloan AE et al.: Results of the NeuroBlate system first-in-humans phase I clinical trial for recurrent glioblastoma. J Neurosurg 2013; 118(6): 1202-19 7 Petito GT et al.: The impact of stereotactic laser ablation at a typical epilepsy center. Epilepsy Behav 2018; 78: 37-44 8 Wright JM et al.: A novel use of the NeuroBlate SideFire probe for minimally invasive disconnection of a hypothalamic hamartoma in a child with gelastic seizures. J Neurosurg Pediatr 2018; 21(3): 302-7 9 Leuthardt EC et al.: Hyperthermic laser ablation of recurrent glioblastoma leads to temporary disruption of the peritumoral blood brain barrier. PLoS One 2016; 11(2): e0148613
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