
So werden Antipsychotika für Senioren richtig eingesetzt
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Zum ersten Mal fand der jährliche Kongress der Europäischen Psychiatrievereinigung, EPA, virtuell statt. Mehr als 2900 Interessierte nahmen teil. In einem der Workshops ging es um Antipsychotika und Antidepressiva für ältere Menschen. Ein wichtiges Thema, denn wegen der zunehmenden Lebenserwartung werden auch Psychiater immer mehr ältere Menschen betreuen. Doch es gibt wenige valide Daten, wie die Präparate einzusetzen sind. Wie man in der Praxis vorgeht, erklärten Experten aus Budapest, Basel und Ljubljana.
Keypoints
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CKS ist eine primäre Kopfschmerzerkrankung, welche mit enormer persönlicher Beeinträchtigung, aber auch ökonomischer und psychiatrischer Belastung einhergeht und mit den verfügbaren pharmakologischen Ansätzen häufig nur unzureichend behandelt werden kann.
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Für Psychedelika wie LSD und Psilocybin liegt anekdotische Evidenz vor, dass sie Cluster- Attacken, jedoch auch Cluster-Episoden beenden und Remissionsphasen verlängern können.
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Derzeit laufen mehrere klinische Studien, welche die Wirksamkeit von LSD und Psilocybin bei CKS-Patienten weltweit untersuchen.
Die meisten Studien – und auch die mit Antipsychotika – schliessen ältere Patienten aus, obwohl diese Menschen häufig mit diesen Präparaten behandelt werden. Auch Leitlinien gehen nicht genügend darauf ein, wie Antipsychotika bei Senioren einzusetzen sind. In einem Workshop erklärten drei Experten, wie die derzeitige Evidenzlage ist und wie man die Präparate anwendet.
Antipsychotika erfreuen sich weltweit zunehmender Beliebtheit.1–5 Sie werden vor allem verschrieben gegen Schizophrenie, aber auch gegen andere Probleme, etwa affektive, Persönlichkeits- und Angststörungen oder gegen Agitation bei Demenz. Antipsychotika bergen diverse Nebenwirkungen (Tab. 1): Stoffwechselveränderungen, extrapyramidale Nebenwirkungen, Stürze und die damit verbundenen Folgen, kardiovaskuläre Ereignisse, eine höhere Mortalität und häufigere zerebrovaskuläre Zwischenfälle. Vor Letzteren wurde immer wieder gewarnt, und mittlerweile gibt es einige Studien dazu; eine der neuesten Metaanalysen stammt von 2017.6 Die Forscher werteten zehn Studien mit Daten zu 186188 Patienten aus, die Antipsychotika genommen hatten. 16993 zerebrovaskuläre Ereignisse waren aufgetreten. Antipsychotika erhöhten das Risiko für Schlaganfälle, transitorische ischämische Attacken und andere zerebrovaskuläre Ereignisse, und zwar unabhängig vom Alter des Patienten. Patienten, die Antipsychotika verwendeten, hatten ein ungefähr anderthalbmal so grosses Risiko wie Patienten ohne Antipsychotika. Eine signifikante Risikoerhöhung zeigte sich vor allem mit Antipsychotika der ersten Generation und auch – wenn auch etwas weniger – mit denen der zweiten Generation.
Tab. 1: Gängige Nebenwirkungen der in der Schweiz zugelassenen Antipsychotika (Quelle: Kaiser S et al.: Die SGPP-Behandlungsempfehlungen zur Schizophrenie. Schweizerisches Medizinforum 2018; 18: 532–539)
Gering beginnen, langsam steigern
Einen kurzen Überblick über die Geschichte der Dosierung von Antipsychotika gab Prof. István Bitter. Bitter ist Vorsitzender der Sektion Psychopharmakologie der Europäischen Psychiatrie-Vereinigung, EPA, und Psychiater an der Semmelweis-Universität in Budapest. 2011 hat die Schizophrenie-Konsensus-Gruppe der Britischen Vereinigung für Psychopharmakologie evidenzbasierte Leitlinien zur Behandlung der akuten psychotischen Episode zusammengefasst;7 diese seien immer noch gültig, so Prof. Bitter. Startet man ein Antipsychotikum, das der Patient noch nie vorher hatte, sollte die initiale Dosis am untersten Ende des zugelassenen Bereiches sein und langsam auftitriert werden. Wenn angezeigt, sollte man das Medikament in den optimalen Dosisbereich für dieses Medikament hochdosieren, aber nicht über die maximale zugelassene Dosis.
Es gebe eine deutliche Zahl von Patienten, so Prof. Bitter, die eine Dosis erhalten würden, die nicht optimal sei oder die sogar die empfohlene maximale Dosis überschreiten würde. Ein Problem sei die Extrapolation von Äquivalenzdosen. So entsprechen beispielsweise 50mg Clozapin 2–3mg Haloperidol. Das bedeutet aber keinesfalls, dass 300mg Clozapin 12–18mg Haloperidol entsprechen – die Dosis wäre viel zu hoch. 300mg Clozapin entsprechen eher 8mg Haloperidol.
Ursachen für Nichtansprechen sorgfältig abklären
Leider sprechen viele Patienten nicht oder nicht optimal auf die Antipsychotika an. Bevor man jedoch die Medikation ändert, sollte man andere Ursachen für ein unzureichendes Ansprechen abklären. Etwa, ob die Diagnose der schizophrenen Psychose korrekt ist, ob psychische oder somatische Komorbiditäten vorliegen, ob die Medikamente wie verschrieben eingenommen werden oder ob Interaktionen, eine schnelle Metabolisierung oder eine Non-Adhärenz verhindern, dass ein ausreichender Plasmaspiegel erreicht wird. Sind all diese Ursachen ausgeschlossen, kann man die Dosis erhöhen oder auf ein anderes Antipsychotikum umstellen. Eine Kombinationstherapie ist hier nicht angezeigt. Behandlungsresistenz liegt dann vor, wenn der Patient auf mindestens zwei Antipsychotika in empfohlener Dosis und Dauer unzureichend anspricht. Ist das der Fall, empfehlen die internationalen Leitlinien, auf eine Monotherapie mit Clozapin umzustellen.
Ein grosses Problem seien die oftmals zu hohen Dosen, so Bitter. So zeigte er etwa 2008 mit einem internationalen Forscherteam, dass vor allem Haloperidol in Dosen verschrieben wird, die oberhalb der von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Dosis liegen.8 Das Problem sei lange bekannt. Schon in den 1960er- und 1970er-Jahren beschrieben Studien, dass Patienten oftmals ein Vielfaches der empfohlenen Dosis bekommen hätten, und in den 1980er-Jahren sei die Hochdosisbehandlung zum «mainstream» geworden. Doch schon in den 1960er- und in den 1970er-Jahren gab es Berichte über Nebenwirkungen durch eine Hochdosistherapie mit Antipsychotika, etwa Agranulozytosen oder plötzliche Todesfälle.9, 10 «Wir können nicht behaupten, wir hätten keine Informationen über diese Nebenwirkungen gehabt», sagte Bitter. Eine höhere Dosis bedeutet auch keinesfalls eine bessere Wirkung: Erhöhte Dosen von Haloperidol beispielsweise erhöhen nicht die Wirksamkeit des Antipsychotikums.11 Obwohl es schon in den 1950er-Jahren Hinweise gab, dass eine geringere Dosierung besser sei, hielten manche am Konzept der hohen Dosis fest. Denn man dachte, es gebe eine optimale Dosis im Sinne eines umgekehrten Us mit der besten Wirkung. «Das wurde aber nie belegt», sagte Bitter. Es sei eine Schwelle, ab wann die Wirkung einsetze. «Bitte nicht die Dosis erhöhen, wenn der Patient auf eine Dosis anspricht, denn man kann keine weitere Verbesserung erwarten.» Dies ist auch pharmakologisch nachgewiesen: Mit einem Plasmaspiegel von 10ng Haloperidol pro ml sind 80% der D2-Rezeptoren blockiert und mehr Rezeptoren lassen sich auch mit höheren Dosen nicht blockieren.12 Mit 2–3mg Haloperidol sind bis zu 74% der Rezeptoren besetzt, wie eine Studie schon Ende der 1990er-Jahre mit Positronen-Emissionstomografie zeigte.13 Diese Dosis sollte daher die Startdosis sein für Patienten mit einer ersten Episode. Will man ein Antipsychotikum verschreiben, sollte man die geringstmögliche Dosis verwenden, mit der sich die Symptome kontrollieren lassen.
Schweizer Empfehlungen
Die Schweizer Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, SGPP, hat in ihren Behandlungsempfehlungen zur Schizophrenie von 201814 das Vorgehen der medikamentösen Therapie zusammengefasst. Empfohlen wird ein Antipsychotikum der zweiten Generation, wie es auch die Leitlinie der Deutschen Fachgesellschaft DGPPN und die World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP) vorsehen. Hat ein Patient mehr als eine Krankheitsepisode, gebe es keine klare Empfehlung für eine bestimmte Klasse von Antipsychotika. Wurde in der Vergangenheit erfolgreich ein Antipsychotikum eingesetzt, sollte man dieses wieder verschreiben. In den Behandlungsempfehlungen der SGPP sind die in der Schweiz zugelassenen Antipsychotika mit Dosierungen aufgeführt (Tab. 1). Man sollte mit der dort empfohlenen Startdosis beginnen. Ist ein Patient zum ersten Mal erkrankt, kann man auch eine geringere Startdosis wählen. Die Dosis wird individuell angepasst titriert, zum Beispiel in wöchentlichen Schritten, bis sich die Symptome verbessern oder bis der Patient Nebenwirkungen bekommt. Die erste Version der Behandlungsleitlinie von 2016 gibt spezielle Tipps für ältere Patienten (Tab. 2)

Tab. 2: Medikamentöse Therapie der Schizophrenie bei Älteren, Behandlungsempfehlungen der SGPP (https://www.psychiatrie.ch/sgpp/fachleute-und-kommissionen/behandlungsempfehlungen/)
Problematisch: Antipsychotika bei Demenz
Viele Patienten mit Schizophrenie würden Antipsychotika im mittleren oder jüngeren Lebensalter bekommen und sie dann bis zum höheren Alter weiternehmen, berichtete Prof. Gabriela Stoppe. Die Psychiaterin ist Vorsitzende der Sektion «Old Age Psychiatry» der Welt-Psychiatrie-Vereinigung, WPA, und gründete 2013 die Praxis Mentage in Basel, wo sie und ihr Team sich um die mentale Gesundheit in der zweiten Lebenshälfte kümmert. «Gibt es wirklich eine neue Indikation für Antipsychotika bei Patienten über 50 Jahre, verwenden wir geringere Dosen.» Ein Internationaler Konsensus-Report15 empfiehlt, Patienten mit spät eingetretener Schizophrenie – also ab dem 40. Lebensjahr – die Hälfte bis ein Viertel der Dosis zu verschreiben. Ist die Schizophrenie sehr spät, also erst im Alter von über 60 Jahren ausgebrochen, reicht mitunter auch ein Zehntel der Dosis für junge Erwachsene. Depotpräparate in geringer Dosierung können helfen, die Compliance zu gewährleisten. Atypische Antipsychotika, so der Konsensus, seien abgesehen von Clozapin zu bevorzugen, denn sie gehen mit einem geringeren Risiko für extrapyramidale Nebenwirkungen und tardive Dyskinesien einher, für die ältere Patienten ein höheres Risiko haben.
Gegen Depressionen sollte man Antipsychotika nur vorübergehend in speziellen Situationen einsetzen, berichtete Prof. Stoppe, etwa im Falle von Schlafstörungen oder Suizidalität. Mehr als 90% der Demenzpatienten leiden unter Verhaltensauffälligkeiten (Behavioural and Psychological Symptoms of Dementia, BPSD). Diese äussern sich meist durch Hyperaktivität, affektive Störungen oder Apathie und etwas seltener durch psychotische Reaktionen. Dass Antipsychotika den Betroffenen langfristig erwiesenermassen nützen, ist jedoch fraglich. Zwar zeigen Studien, dass Antipsychotika BPSD-Symptome lindern können, insbesondere aggressives Verhalten. Die Studien wurden jedoch meist nur über 6–12 Wochen durchgeführt und selten länger. Die Realität sehe aber so aus, dass viele Patienten die Präparate über Monate oder gar Jahre bekämen, sagte Stoppe. «Das bedeutet, die Behandlung ist nicht evidenzbasiert.» Die Betroffenen litten dafür unter diversen Nebenwirkungen, etwa Sedierung, extrapyramidalen Nebenwirkungen, kognitiver Verschlechterung oder Infektionen. Ihr Risiko für zerebrovaskuläre Ereignisse war zweieinhalbmal so gross, und auch die Mortalität war höher unter Antipsychotika. In europäischen Pflegeheimen werden zwischen 11 und 54% der Demenzpatienten mit Antipsychotika behandelt.16 Und das, obwohl schon 2006 die CATIE-AD-Arbeitsgruppe bei ambulanten Patienten zeigte, dass die Nebenwirkungen einer Behandlung mit Antipsychotika bei Alzheimerpatienten schwerer wiegen als die Vorteile.17
Die CATIE-AD-Studie ergab noch einen anderen interessanten Aspekt: Nach zwei Wochen kann man entscheiden, ob man das Antipsychotikum weiter gibt oder nicht. Reduktionen in der BPRS (Brief Psychiatric Rating Scale) nach zwei Wochen wiesen nämlich darauf hin, ob der Patient auf das Medikament ansprach. War der Score nach zwei Wochen nicht gesunken, wies das auf eine «non-response» hin. Auch im stationären Bereich gibt es inzwischen gute Belege, dass eine dauerhafte antipsychotische Behandlung mit einem deutlich erhöhten Risiko für Nebenwirkungen einhergeht und ein Vorteil für die Patienten fraglich ist.18 BPSD-Symptome besserten sich zwar bei zwei von drei Patienten. Aber bei jedem fünften blieben sie stabil und bei wiederum jedem fünften verschlechterten sie sich sogar. Bei mehr als jedem zweiten Patienten traten Nebenwirkungen auf, am häufigsten Veränderungen des Stoffwechsels, extrapyramidale Störungen und sturzbedingte Komplikationen.
Bei Patienten mit Demenz sollte man zunächst die grundlegenden Aspekte der Behandlung und Betreuung von Demenzkranken berücksichtigen, riet Prof. Stoppe: auf die physische Gesundheit der Demenzkranken achten, ebenso auf körperliche Bewegung, Flüssigkeit, Ernährung, einen regelmässigen Tag-Nacht-Rhythmus, genügend Licht und wenig Lärm; und die Bedürfnisse der Demenzkranken spüren: Unruhe kann zum Beispiel durch Schmerzen, Angst oder Hunger verursacht werden. Wichtig sei zudem, das Risiko für Stürze und Delir zu senken.
Was man alles bei der Dosierung beachten muss
Darüber, wie man Antipsychotika und Antidepressiva bei älteren Menschen dosiert, berichtete Matej Stuhec, Professor für klinische Pharmazie und Psychopharmakotherapie an der Universität Ljubljana. Bei der Wahl einer Dosis für ältere Menschen spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: z.B. Alter und Geschlecht des Patienten, sein Gewicht, Nieren- und Leberfunktion oder Gewohnheiten. Dosierungsprobleme würden in Leitlinien oder Empfehlungen ausgeschlossen und auch nicht in Metaanalysen oder randomisierten Studien untersucht, so Prof. Stuhec. «So haben wir wenige Daten dazu, wie wir bei der Dosierung der Medikamente konkret vorgehen sollen.»
Bei der Medikamentenwahl für ältere Menschen gibt es diverse Faktoren, die man berücksichtigen muss. Gerade ältere Patienten nehmen oft viele Medikamente, die nicht unbedingt notwendig sind, aber Interaktionen verursachen können. Manche Medikamente sollten ältere Patienten nicht nehmen, weil es bessere und nebenwirkungsärmere Alternativen gibt. Hat man dann ein Präparat und die richtige Dosis gefunden, ist oftmals die Adhärenz mangelhaft.
Die Pharmakokinetik kann insbesondere bei älteren Menschen an vielen Stellen beeinflusst werden, etwa durch die Applikationsform oder durch eine gestörte Absorption oder Exkretion. Man sollte immer die Nierenfunktion testen, riet Stuhec, die glomeruläre Funktionsrate berechnen und allenfalls die Dosis anpassen. Bevor man jedoch die Dosis anpasst, sollte man abwarten, bis ein stabiler «steady state» erreicht ist, also bis die Menge an Medikament, die absorbiert wird, der Menge entspricht, die ausgeschieden wird. Das dauert in der Regel fünf Halbwertszeiten, also je nach Medikament etwa ein bis fünf Tage. Man solle dem Patienten zudem sagen, dass er die Tabletten nicht zerquetschen soll, riet Stuhec. Denn das könnte die Pharmakokinetik des Wirkstoffs ändern.
Beachten muss man zudem den Zusammenhang zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik. Dies erklärte Prof. Stuhec am Beispiel von Trazodon, einem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, der gegen Depressionen mit oder ohne begleitende Angststörung eingesetzt wird und off-label mitunter gegen Schlafstörungen. Trazodon gibt es als Retard-Präparat mit verzögerter Freisetzung und als Präparat mit sofortiger Freisetzung. Wolle man nun einen antidepressiven Effekt, solle man die Retard-Tablette zum Einnehmen am Abend verschreiben und den Patienten erinnern, dass er sie nicht zermalmen soll. So erreicht man, dass der Trazodon-Spiegel ständig über der erforderlichen antidepressiven Konzentration liegt. Anders sieht es aus, wenn man Trazodon als Hypnotikum zum Einschlafen einsetzen möchte. Dann verwendet man geringere Dosen und der Patient kann die Tabletten zerkleinern – so flutet der Wirkstoff innert 30 Minuten an. Der Einsatz von Trazodon zum Einschlafen ist jedoch umstritten.
Je nach individueller Situation und ausgewähltem Präparat muss man insbesondere bei älteren Menschen auf eine allfällig veränderte Pharmakokinetik eingehen. So sollte man zum Beispiel bei einer glomerulären Filtrationsrate von <30ml/min Duloxetin vermeiden. Besser sind als Antidepressiva Trazodon oder Sertralin und als Antipsychotika Zuclopenthixol, Quetiapin, Aripiprazol oder Ziprasidon. Duloxetin sollte man ebenso vermeiden bei mehr als dreifach erhöhten Leberwerten, und auch Sertralin, Quetiapin, Trazodon, Agomelatin, Clozapin oder Zuclopenthixol. Bei eingeschränkter Leberfunktion eignen sich eher als Antidepressiva Paroxetin oder gering dosiertes Escitalopram und als Antipsychotikum Amisulpirid.
Verschreibt man einem Demenzpatienten Antipsychotika, sollte man sich gut überlegen, wie lange man das Medikament gibt: Patienten, bei denen das Antipsychotikum nach 12 Monaten auf ein Placebo umgestellt wurde, zeigten eine geringere Mortalität als diejenigen, die es weiternahmen.19 Hilfe bei der Verschreibung von Medikamenten für ältere Patienten bieten Listen potenziell inadäquater Medikamente wie die Priscus-Liste aus Deutschland oder die Beers-Liste aus Grossbritannien. «Weniger ist mehr», so das Fazit von Prof. Stuhec, denn das sei oft der beste Weg, um Dosierungsprobleme zu vermeiden.

Bericht:
Dr. Felicitas Witte
Quelle:
EPA 2020, 28th European Congress of Psychiatry, 4.–7. Juli 2020, virtuell
Literatur:
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