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„Simplicity vs. Complexity“

HFpEF-Diagnostik in der Praxis

Die Diagnostik der Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion (HFpEF) stellt oft eine besondere Herausforderung in Klinik und Praxis dar. Der folgende Artikel befasst sich mit den aktuell gültigen diagnostischen Kriterien der European Society of Cardiology (ESC) sowie den rezent publizierten Diagnosealgorithmen der ESC – Heart Failure Association (HFA) und Reddy et al.

Keypoints

  • HFpEF ist ein Syndrom, weshalb es auch nicht den einen aussagekräftigen, diagnostischen Parameter gibt.

  • Neben Zeichen und Symptomen einer Herzinsuffizienz sind die Bestimmung von natriuretischen Peptiden und eine ausführliche Echokardiografie von zentraler Bedeutung für die Diagnose einer HFpEF.

  • Nach erfolgter Diagnose soll nach der Genese der Erkrankung gesucht werden, da auch für seltenere Formen einer HFpEF (z.B. Amyloidose) medikamentöse Therapien zur Verfügung stehen, welche das Überleben der betroffenen Patient*innen signifikant verbessern.

Die Herzinsuffizienz mit erhaltener linksventrikulärer Pumpfunktion (HFpEF; „heart failure with preserved ejection fraction“) zeigt eine steigende Prävalenz und betrifft mehrheitlich Frauen. Sie macht ungefähr die Hälfte aller Herzinsuffizienzformen aus und ist mit häufigen Hospitalisierungen aufgrund kardialer Dekompensationen, einer reduzierten Lebensqualität und einer erhöhten Morbidität und Mortalität der Betroffenen verbunden.

Umso wichtiger ist es, die Erkrankung früh zu erkennen und in weiterer Folge eine adäquate Therapie der HFpEF sowie der zugrundeliegenden Ätiologie einzuleiten.

Pathophysiologie

Komorbiditäten wie Adipositas, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz und chronisch obstruktive Lungenerkrankung sind begleitet von einer chronischen Inflammationsreaktion. Diese führt zur endothelialen Produktion von Sauerstoffradikalen und Adhäsionsmolekülen, was wiederum für die vermehrte kardiomyozytäre Steifigkeit, subendotheliales Einwandern von Monozyten und myokardiale Fibrose verantwortlich ist (Abb. 1).

Abb. 1: Myokardiales Remodeling bei HFpEF – Relevanz von Komorbiditäten (adaptiert nach Paulus & Tschöpe, 2013)

Symptome

Das häufigste Symptom von HFpEF-Patient*innen ist die (Belastungs-)Dyspnoe. Allerdings tritt diese bei vielen, gerade mit HFpEF assoziierten Erkrankungen auf und ist somit sehr unspezifisch und daher als alleiniges Diagnosemerkmal unzureichend. Leider sind auch andere Zeichen der HFpEF sehr unspezifisch. Es ist daher wichtig, andere Erkrankungen auszuschließen, die sich mit ähnlichen Symptomen präsentieren (z.B. eine signifikante koronare Herzerkrankung, Lungenerkrankungen, Anämien).

Diagnostik

Die Diagnose HFpEF kann nicht mit einem einzelnen Parameter gestellt werden, weil es aufgrund der unterschiedlichen Begleiterkrankungen viele phänotypische Manifestationen und auch symptomatische bzw. klinische Überschneidungen gibt.

Für die Diagnose von HFpEF bedarf es laut europäischen Leitlinien von 2021 dreier Kriterien:

  • Klinische Symptomatik einer Herzinsuffizienz wie bspw. Dyspnoe, Beinödeme und verminderte Leistungsfähigkeit

  • Erhaltene linksventrikuläre Auswurffraktion ≥50%

  • Objektiver Nachweis einer diastolischen Dysfunktion und/oder von strukturellen (Myokardhypertrophie, vergrößerte Vorhöfe) Veränderungen, inkl. erhöhten N-Terminal „Brain natriuretic peptide“- (NT-proBNP) Werten >125pg/ml.

Um die Diagnosefindung weiter zu erleichtern beziehungsweise zu verfeinern, wurden kürzlich zwei auf Scores basierende Algorithmen entwickelt, der H2FPEF-Score und der HFA-PEFFF-Score. Sie werden auch von der ESC-Heart Failure Association (HFA) sowie der American Heart Association (AHA) in ihren Leitlinien empfohlen.

H2FPEF-Score

Der H2FPEF-Score ist ein sehr einfach durchzuführender Score, der sich als Bedsidetest eignet (Tab.1). Der Score fußt auf 6 Kriterien, mit denen die Vortestwahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer HFpEF bei Patient*innen mit unerklärter Dyspnoe ermittelt werden kann. Die folgenden Parameter fließen in den Score ein und werden mit entsprechenden Punkten bewertet:

  • BMI>30kg/m2 (2 Punkte)

  • 2 oder mehr Antihypertensiva (1 Punkt)

  • Vorhofflimmern (3 Punkte)

  • pulmonale Hypertonie mit sPAP>35mmHg(1 Punkt)

  • Alter >60 Jahre (1 Punkt)

  • E/e‘ >9 (1 Punkt)

Tab. 1: Punktevergabe bei H2FPEF-Score (adaptiert nach Reddy et al., 2018)

Bei einem Summenscore<2 kann mit großer Wahrscheinlichkeit eine HFpEF ausgeschlossen werden, zwischen 2 und 5 sind weitere Untersuchungen (Rechtsherzkatheter) notwendig und bei einem Score ≥6 kann eine HFpEF diagnostiziert werden.

HFA-PEFF-Score

2019 hat die European Society of Cardiology (ESC) mit dem HFA-PEFF einen zusätzlichen Score publiziert (Tab. 2). Der HFA-PEFF-Score stützt sich auf Literatur und Expert*innenkonsens. Der erste Schritt im Algorithmus (P=„pretest assessment“) umfasst Anamnese, EKG, eine Standard-Echokardiografie und die Bestimmung des Biomarkers NT-proBNP. Im zweiten Schritt (E =„echocardiographic and natriuretic peptide score“) folgt eine ausführlichere Echokardiografie sowie, falls noch nicht erfolgt, die Bestimmung von NT-proBNP. Für Messungen aus Schritt 2 sind insgesamt bis zu 6 Punkte zu vergeben, je 2 in den beiden echokardiografischen Dimensionen Funktion und Morphologie sowie weitere 2 Punkte in der Biomarker-Dimension. Für jede Dimension gibt es diagnostische Major- (2 Punkte) und Minor-Kriterien (1Punkt). Pro Dimension sind maximal 2 Punkte zu vergeben. Das bedeutet in der konkreten Anwendung: Wenn ein Major-Kriterium erfüllt ist, können keine weiteren Punkte in dieser Dimension vergeben werden. Wenn kein Major-Kriterium vorliegt, jedoch mehrere Minor-Kriterien, kann dennoch nur 1 Punkt vergeben werden. Ein Score von ≥5Punkte impliziert das Vorliegen einer HFpEF, während bei einem Score <2Punkten die Diagnose HFpEF weitestgehend auszuschließen ist. Zwischen 2 und 4 Punkten ist eine weitere Diagnostik mittels Stressechokardiografie oder Rechtsherzkatheteruntersuchung zum Ausschluss bzw. zur Bestätigung der Diagnose erforderlich. Der dritte Schritt (F1=„functional testing in case of uncertainty“) dient der weiterführenden Diagnostik im Falle nicht eindeutiger Resultate, bevor im vierten Schritt, welcher bereits begleitend zu den anderen Schritten erfolgen sollte, schließlich die ätiologische Abklärung der Beschwerdesymptomatik stattfinden soll (F2 = „final aetiology“). In diesem Schritt sollten auch andere seltenere Ursachen einer HFpEF wie zum Beispiel Speichererkrankungen (Amyloidose, kardiale Sarkoidose, Morbus Fabry) oder unerkannte hypertrophe Kardiomyopathien ausgeschlossen werden. Hierbei kommt der kardialen Magnetresonanztomograpfie sowie genetischen Analysen eine große Bedeutung in der Differenzialdiagnostik zu.

Tab. 2: HFA-PEFF-Score (adaptiert nach Pieske et al.)

Fazit

Die Diagnostik der HFpEF ist nicht immer einfach, aber durch den HFA-PEFF- und H2FPEF-Score einfacher und/oder strukturierter geworden. Weiters wurde der ätiologischen Aufarbeitung bei HFpEF eine zentrale Rolle eingeräumt, um betroffenen Patient*innen eine möglichst individuelle Therapie zu ermöglichen.

bei den Verfassern

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