
Perikarditis und Endokarditis heißen jetzt „inflammatory myopericardial syndrome“
Bericht: Reno Barth
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Die neuen ESC-Guidelines für das Management von Myokarditis und Perikarditis1 wurden von einer internationalen Task Force unter der Leitung von Prof. Dr. Jeanette Schulz-Menger von der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Prof. Dr. Massimo Imazio vom Universitätskrankenhaus Santa Maria della Misericordia in Udine erstellt und sollen eine paradigmatische Veränderung in der Versorgung betroffener Patient:innen ermöglichen. Zahlreiche Flussdiagramme, Algorithmen und Tabellen sollen die einfache Anwendung im klinischen Alltag erleichtern.
Zu Inzidenz und Prävalenz von Perikarditis und Myokarditis in Europa liegen wenig verlässliche Informationen vor. Registerdaten deuten auf eine jährliche Inzidenz akuter Myokarditis zwischen 6,3 und 8,6 pro 100000 Personen hin, wovon in erster Linie junge Männer betroffen sind.2 Die Inzidenz akuter Perikarditis wird zwischen 3 und 31 pro 100000 Personenjahre geschätzt.3,4 Plötzlicher Herztod bei jungen Erwachsenen ist laut Autopsiebefunden in bis zu 12% der Fälle auf Myokarditis zurückzuführen.5,6
Mit ihren neuen Guidelines zu Myokarditis und Perikarditis führt die ESC nun einen neuen Begriff ein, das „inflammatory myopericardial syndrome“ (IMPS). Damit soll Bewusstsein für das vielfältige Krankheitsbild geschaffen und die Diagnostik erleichtert werden. Diese weltweit erste Guideline, die Perikarditis und Myokarditis in einem Dokument behandelt, wurde in 10 Kernbotschaften zu diesem neuen „umbrella term“ gegliedert.
Definition von IMPS und Spektrum der Erkrankung
Die neue Terminologie soll dem Umstand Rechnung tragen, dass es zwischen Myokarditis und Perikarditis einen relativ breiten Overlap gibt, da sich Entzündung nicht an die anatomische Grenze zwischen Myokard und Perikard hält. Auch klinische Präsentation und Ätiologie sollen als Kontinuum von rein infektiös zu rein nicht-infektiös gesehen werden.
Patient:innenorientiertes Management
Unter diesem Punkt stellt die neue Guideline symptomorientierte Flow-Charts von der Diagnostik bis zur Therapie zur Verfügung. Damit sollen nicht zuletzt effiziente Differenzialdiagnosen ermöglicht werden.
Rolle der Genetik
Es wird auf das Zusammenwirken von Genetik, Autoimmunität und autoinflammatorischen Prozessen hingewiesen: Hinter IMPS können autoinflammatorische oder Autoimmunprozesse stehen. Dieser Verdacht drängt sich vor allem bei rezidivierenden Ereignissen auf.
Red Flags für IMPS – Symptome und Zeichen, die auf IMPS hinweisen
Bei welchen Zeichen oder Symptomen besteht Verdacht auf IMPS? Wie ist mit Herzinsuffizienzsymptomen oder Arrhythmien umzugehen? Die Guideline bietet auch zu diesen Fragen Flussdiagramme und Algorithmen.
Bedeutung des multimodalen Imagings
Multimodale Bildgebung, insbesondere die kardiale Magnetresonanztomografie, wird als wichtiges Diagnosewerkzeug hervorgehoben. Auf diesem Weg kann in unkomplizierten Fällen nichtinvasiv eine definitive Diagnose gestellt werden.
Veränderte Rolle der Myokardbiopsie
Eine Myokardbiopsie kann nach wie vor in komplizierten Fällen mit mittlerem bis hohem Risiko indiziert sein – insbesondere, wenn das Ergebnis den Weg zu einer gezielten Therapie weisen kann.
Personalisiertes Training nach IMPS
Körperliche Anstrengung sollte bei IMPS zumindest für einen Monat vermieden werden. Danach können personalisierte Trainingsempfehlungen die Erholung beschleunigen. Vor einem „One size fits all“-Ansatz wird gewarnt.
Definierte Schemata für die Behandlung von Myokarditis
Empfohlen wird für unkomplizierte Fälle eine antiinflammatorische Therapie, die in komplexeren Situationen durch Ätiologie-spezifische Maßnahmen ergänzt werden soll. Je nach Präsentation kann ein Management von Herzinsuffizienz und/oder Arrhythmien erforderlich werden. In bestimmten Fällen kann die Implantation eines ICD oder das Tragen einer Defibrillator-Weste zur Überbrückung der Akutphase notwendig werden.
Update zu den Therapien für Perikarditis
Mit der Zulassung von Interleukin-1-Inhibitoren bestehen neue Optionen im Management der Perikarditis. Diese sind indiziert, wenn Patient:innen auf konventionelle antiinflammatorische Therapien inklusive Kortikosteroide nicht ansprechen oder Kontraindikationen bestehen.
Multidisziplinäre Teams und Patient:innenversorgung
Ein multidisziplinäres Team wird für die Behandlung komplizierter Fälle vorgeschlagen, um eine umfassende Betreuung auch im Falle einer seltenen Ätiologie zu gewährleisten.
Die neuen Guidelines wurden im European Heart Journal online publiziert und sind kostenlos verfügbar.1
Quelle:
ESC-Kongress 2025: 2025 ESC Guidelines for the Management of Myocarditis and Pericarditis. Präsentiert am 30.8.2025, Madrid
Literatur:
1 Schulz-Menger J et al.: 2025 ESC Guidelines for the management of myocarditis and pericarditis: Developed by the task force for the management of myocarditis and pericarditis of the European Society of Cardiology (ESC). Endorsed by the Association for European Paediatric and Congenital Cardiology (AEPC) and the European Association for Cardio-Thoracic Surgery (EACTS). Eur Heart J 2025; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehaf192 2 Fu M et al.: Trends in myocarditis incidence, complications and mortality in Sweden from 2000 to 2014. Sci Rep 2022; 12: 1810 3 Imazio M et al.: Good prognosis for pericarditis with and without myocardial involvement: results from a multicenter, prospective cohort study. Circulation 2013; 128(1): 42-9 4 Kytö V et al.: Clinical profile and influences on outcomes in patients hospitalized for acute pericarditis. Circulation 2014; 130: 1601-06 5 Bhatia RT et al.: Myocarditis and sudden cardiac death in the community: clinical and pathological insights from a national registry in the United Kingdom. Circ Arrhythm Electrophysiol 2023; 16: e012129 6Lynge TH et al.: Sudden cardiac death caused by myocarditis in persons aged 1-49 years: a nationwide study of 14 294 deaths in Denmark. Forensic Sci Res 2019;4:247-256. doi:10.1080/20961790.2019.1595352
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