
Betablocker nach Myokardinfarkt: auch im Reperfusions-Zeitalter hilfreich
Bericht: Reno Barth
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Eine der Hotline-Sessions des ESC 2025 stand im Zeichen einer relevanten klinischen Frage: Profitieren Patient:innen nach Myokardinfarkt auch dann von einer langfristigen Behandlung mit Betablockern, wenn ihre linksventrikuläre Auswurffraktion über 40% liegt? Die Antwort lautet: Ja. Eine Metaanalyse dreier aktueller und einer relativ aktuellen Studie zeigte jedenfalls einen signifikanten Vorteil für die mit Betablockern behandelten Patient:innen.
Seit den 1980er-Jahren stellen Betablocker eine Standard-Medikation für Patient:innen nach einem Myokardinfarkt dar, erläutert Prof. Dr. Borja Ibáñez vom spanischen Centro Nacional de Investigaciones Cardiovasculares Carlos III (CNIC). Allerdings standen zu dieser Zeit die heute gängigen Methoden der Revaskularisierung und Pharmakotherapie (Statine, DAPT) noch nicht zur Verfügung. Es ist also geboten, die Rolle der Betablocker einer kritischen Prüfung zu unterziehen – insbesondere in der Population der Patient:innen nach unkompliziertem Infarkt und mit einer linksventrikulären Auswurffraktion (LVEF) von >40%. Zu diesem Zweck wurde die REBOOT-Studie ins Leben gerufen, in deren Rahmen 8505 Patient:innen (Anteil weiblicher Patienten: 19,3%) nach STEMI oder Non-STEMI mit einer LVEF ≥40% an 109 Zentren in Spanien und Italien über eine mediane Zeit von 3,7 Jahren Betablocker oder keine Betablocker erhielten. Primärer Endpunkt war ein Komposit aus Gesamtsterblichkeit, erneutem Herzinfarkt oder Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz.
REBOOT-Studie: keine Vorteile durch Betablocker
Betablocker brachten in dieser Population keinen Vorteil: Mit 22,5/1000 Patientenjahre in der Betablocker-Gruppe und 21,7/1000 Patientenjahre in der Kontrollgruppe war die Inzidenz des primären Endpunkts in beiden Gruppen vergleichbar (HR: 1,04; 95% CI: 0,89–1,22; p=0,63). Betablocker zeigten also keinen signifikanten Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit, erneuten Herzinfarkt oder Herzinsuffizienz bei Patienten mit einer LVEF >40%. Ibáñez betonte, dass die Ergebnisse die Notwendigkeit einer Neubewertung der Rolle von Betablockern in der untersuchten Population unterstreichen. Allerdings zeichnete sich in der Patient:innengruppe mit einer LVEF zwischen 40 und 49% ein Trend in Richtung eines Vorteils durch die Betablocker-Therapie ab, wobei die Anzahl der Patient:innen zu klein für signifikante Aussagen war. REBOOT wurde zeitgleich mit der Präsentation im New England Journal of Medicine publiziert.1
BETAMI- und DANBLOCK-Studie: signifikante Vorteile für Betablocker
Zum gegenteiligen Ergebnis gelangten allerdings die in Skandinavien durchgeführten, randomisierten Studien BETAMI (Norwegen) und DANBLOCK (Dänemark), die 5574 Teilnehmer:innen nach Herzinfarkt mit LVEF ≥40% einschlossen und die Effekte von Betablockern mit jenen von keiner Betablocker-Therapie auf die Gesamtsterblichkeit und schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse verglichen. In dieser Population wurde nach einer medianen Beobachtungszeit von 3,5 Jahren eine signifikante Reduktion des primären Endpunkts bei Patient:innen, die Betablocker erhielten, festgestellt (14,2% vs. 16,3%; HR: 0,85: 95% CI: 0,75–0,98; p=0,027). Auch die Inzidenz neuer Myokardinfarkte war in der Betablocker-Gruppe signifikant niedriger (5,0% vs. 6,7%; HR: 0,73).2
Metaanalyse spricht für den Einsatz von Betablockern
Um weitere Klarheit zu schaffen, wurde auf individueller Patient:innenebene eine präspezifizierte Metaanalyse durchgeführt, die zusätzlich auch die Ergebnisse der 2018 publizierten Studie CAPITAL-RCT einbezog.3 Die Analyse umfasste insgesamt 1885 Patient:innen, primärer Endpunkt war die Kombination aus Gesamtsterblichkeit, neuem MI und Herzinsuffizienz. Der primäre Endpunkt trat bei 10,7% der Patienten in der Betablocker-Gruppe und 14,4% in der Kontrollgruppe auf, was einer signifikanten relativen Risikominderung von 25% entspricht (HR: 0,75; 95% CI: 0,58–0,97; p=0,031). Hinsichtlich der einzelnen Komponenten des primären Endpunkts wurden numerische Risikoreduktionen beobachtet, die jedoch Signifikanz verfehlten. Die Autoren schließen aus diesen Daten, dass Betablocker zur weiteren Risikoreduktion nach einem Myokardinfarkt auch im Reperfusions-Zeitalter nicht abgeschrieben werden sollten. Die Ergebnisse zeigen, „dass die günstigen Effekte von Betablockern klinisch relevant bleiben – auch für Patient:innen ohne reduzierte LVEF oder Herzinsuffizienz“, kommentierte Studienautorin Prof. Dr. Eva Prescott vom Kopenhagen Universitätsspital Bispebjerg und Frederiksberg. Die Metaanalyse wurde zeitgleich mit der Präsentation in Lancet publiziert.4
Quelle:
ESC-Kongress 2025, Hot Line 3, 30.8.2025, Madrid
Literatur:
1 Ibanez B et al.: Beta-blockers after myocardial infarction without reduced ejection fraction. N Engl J Med 2025, published online; ESC-Kongress 2025, präsentiert am 30.8.2025 2 Munkhaugen J et al.: Beta-blockers after myocardial infarction in patients without heart failure. N Engl J Med 2025, published online; ESC-Kongress 2025, präsentiert am 30.8.2025 3 Watanabe H et al.: Long-term use of carvedilol in patients with ST-segment elevation myocardial infarction treated with primary percutaneous coronary intervention. PLoS One 2018; 13: e0199347 4 Rossello X et al.: β blockers after myocardial infarction with mildly reduced ejection fraction: an individual patient data meta-analysis of randomised controlled trials. Lancet 2025, published online; ESC-Kongress 2025, präsentiert am 30.8.2025
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