„Interdisziplinäres Denken ist auch bei der Hepatitis C wichtig“
Unser Gesprächspartner:
Prof. Dr. Johannes Bogner
Sektion Klinische Infektiologie
Medizinische Klinik und Poliklinik IV
Klinikum der Universität München
E-Mail: Johannes.Bogner@med.uni-muenchen.de
Das Interview führte
Mag. Birgit Leichsenring
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Wie im HIV-Bereich wurden auch für die Hepatitis C globale Ziele definiert, die zu einer Elimination führen könnten. Sie basieren vor allem auf dem Ausbau der Test- und Therapieraten. Welche Hürden hier bestehen und warum fachübergreifende Ansätze bei HIV und HCV ein Schlüssel zum Erfolg sein können, erläuterte Prof. Dr. Johannes Bogner, München, im Interview.
Allein der Titel des Vortrags von Prof. Dr. Johannes Bogner, München, beim Interdisziplinären Kongress für Suchtmedizin Ende Juni 2023 spricht für sich: „Die HCV-Elimination hat viele Gesichter“. Ein entscheidender Schritt dazu ist der Abbau von Therapiehürden, wie der Infektiologe im Gespräch betonte.
Herr Prof. Bogner, vielen Menschen wird gar kein HCV-Test angeboten. Welche Faktoren sind hier entscheidend?
J. Bogner: Leider sind einige falsche Auffassungen zu HCV recht verbreitet, die einem Testangebot entgegenstehen. Z.B. wird oft angenommen, dass eine chronische HCV-Infektion immer mit erhöhten Transaminasen einhergeht. Dies ist in ca. 30% gar nicht der Fall. Ein Testangebot sollte nicht an diesen Wert gekoppelt werden.
Teils wird auch sichtbarer intravenöser Drogenkonsum als notwendiger Anlass für einen Test gesehen. Allerdings ist es vielen injizierenden Menschen gar nicht anzusehen. Und es gibt Leute, die früher einen aktiven Gebrauch hatten, jetzt aber keinen Stereotypen mehr entsprechen. Nach dem äußeren Eindruck zu gehen darf kein Grund sein, den Test nicht anzubieten.
Und wir sehen auch, dass zwar Symptome behandelt wurden, jedoch unbemerkt bleibt, dass es sich um eine extrahepatische Manifestation einer HCV-Infektion handelt. Das kann z.B. dermatologische und endokrinologische Veränderungen, unklare Neuropathien oder allgemeine Symptome wie eine chronische Fatigue betreffen. Auch zum Abklären einer Depression gehört unbedingt der Ausschluss wichtiger infektiologischer Parameter, wie einer Infektion mit HepatitisB und C oder mit HIV. Mittlerweile muss auch Long Covid mitbedacht werden. Bei solchen Erkrankungen ist interdisziplinäres Denken wichtig.
Trotz Diagnose erhalten nicht alle Patient:innen gleich eine Therapie. Welche Gründe sehen Sie hier?
J. Bogner: Oft sind es strukturelle Gründe. Beispielsweise, wenn die Facharztüberweisung fehlt, die Wartezeit auf einen Termin zu lange ist oder keine spezialisierten Kolleg:innen in der Nähe sind, wie es im ländlichen Raum der Fall ist. Dann verläuft ein Therapiestart öfter im Sand. Optimalerweise wird bei Diagnose nicht nur darüber informiert, dass die Erkrankung ausgeheilt werden kann, sondern gleich ein konkretes Angebot mit passenden Anlaufstellen gestellt, damit die Therapie sobald wie möglich gestartet wird.
Was ist Ihre persönliche Prognose in Bezug auf die Zielsetzungen der WHO zur HIV- und HCV-Elimination?
J. Bogner: Meine Hoffnung ist, dass wir sehr vieles davon erreichen. Meine Überzeugung ist jedoch, dass es nicht gelingen wird, HCV, HBV und HIV zu eliminieren. Wir sehen das gut an der Syphilis. Hier gibt es breit eingesetzte Tests und Behandlungen. Würden wir die Modellrechnungen von HCV und HIV anwenden, müsste die Lues längst eliminiert sein. Das zeigt, dass auch bei bester und kostengünstigster Diagnostik und Therapie eine Elimination nicht erreicht wird.
Wenn vielleicht auch keine finale Elimination – es kann und muss noch vieles erreicht werden. Dafür bleibt die Interdisziplinarität ein entscheidender Faktor, nicht zuletzt in der Infektiologie. 2024 findet die Welt-AIDS-Konferenz in München statt. Für welche Fachgebiete ist eine Teilnahme sinnvoll?
J. Bogner: Ich würde es tatsächlich allen Kolleg:innen aus den Bereichen Medizin, Epidemiologie, Virologie und Biologie empfehlen, die Konferenz zu besuchen. Es ist ein sehr faszinierender Kongress, da er vor allem davon lebt, unterschiedlichste Themen zusammenzubringen. Und dies mit einem umfassenden Programm und den weltweit besten Referent:innen. Wir rechnen mit mindestens 15000 Menschen vor Ort und ganz unabhängig von der Fachrichtung – alle Teilnehmer:innen können inhaltlich von der Konferenz profitieren. Und das ist natürlich ganz im Sinne unserer Zielsetzungen bei HCV und HIV.
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