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Neue Hoffnung bei Blutkrebs

Anlässlich des Blutkrebs-Awareness-Monats September lud der Verein „Leben mit Krebs“ Ende August zum Pressefrühstück. Dort stellten Expert*innen Innovationen in derTherapie von Blutkrebs vor.

137 Krebserkrankungen betreffen das blutbildende System. 1126 Österreicher*innen erkrankten im Jahr 2021 an Leukämie. 785 Menschen kostete diese Erkrankung im Beobachtungszeitraum das Leben. Die Diagnose multiples Myelom erhalten jährlich etwa 500 Menschen in Österreich.

Expert*innen informierten anlässlich des Blutkrebs-Awareness-Monats über erfolgreiche Forschung und neue Therapien.

Ressourcen: Zeit und Eigeninitiative

Univ.-Prof.in Dr.in Gabriela Kornek sprach über ein therapeutisches System, dessen Erfolge auch Schattenseiten haben: Komplexe neue Therapien und Behandlungsalgorithmen können zwar die Überlebenszeit verlängern, verkürzen aber gleichzeitig die Zeit als Ressource des medizinischen Personals.

Wirkmechanismen lassen sich nicht mehr so einfach erklären wie früher, und immer mehr Patient*innen lernen inzwischen, mit ihren Krebserkrankungen zu leben. Hinzu kommen noch nicht gut untersuchte Nebenwirkungen. Das bedeutet, dass nicht nur der Betreuungs-, sondern auch der Dokumentationsaufwand steigt.

Um den Patient*innen dennoch gerecht zu werden, spielen Vereine wie „Leben mit Krebs“ eine wichtige Rolle. Aber auch die interdisziplinäre Versorgung hilft, mit der knappen Ressource Zeit besser haushalten zu können: Je nach Anliegen können Expert*innen, z.B. aus Psychologie, Ernährungswissenschaft und Pflege, zur Unterstützung herangezogen werden.

Doch das Management der Krebserkrankung liegt auch in den Händen der Patient*innen. Telemedizin und Apps verleihen Erkrankten zeitliche Autonomie in Konsultation und Dokumentation. Gute Vorbereitung und Checklisten ermöglichen es, Beratungsgespräche effizient zu nutzen. Vertraute niedergelassene Ärzt*innen können ebenfalls zu Ansprechpartner*innen werden, wenn es um Ängste, Sorgen und Beschwerden im Zusammenhang mit Krebserkrankung und -therapie geht.

Innovationen bei chronischen lymphatischen Leukämien

Priv.-Doz. Dr. Daniel Heintel gab einen Überblick über neue Therapiemöglichkeiten bei chronischen lymphatischen Leukämien (CLL). Ein Therapiebeginn sei bei folgenden Parametern indiziert:

  • Verringerung der Bildung roter Blutkörperchen oder Blutplättchen

  • Symptome wie zum Beispiel große störende Lymphknotenschwellungen oder ausgeprägte B-Symptomatik

  • eine schnelle Vermehrung der CLL-Zellen im Peripherblut

Zusätzliche prognostische Parameter sind v.a. die Zytogenetik und die Molekularbiologie (17p-Deletion bzw. TP53-Mutation sowie der Immunglobulinschwerketten-Gen-Mutationsstatus [IGHV]).

Erste Verbesserungen des Gesamtüberlebens (OS) bei CLL wurden durch die Immuntherapie FCR realisiert (Zytostatika Fludarabin und Cyclophosphamid + CD20-Antikörper Rituximab). Langzeitdaten zufolge sind 80% der FCR-Behandelten mit IGHV-M und nicht nachweisbarer Resterkrankung (uMRD) nach 16 Jahren immer noch erkrankungsfrei.

Zunehmend fungieren auch zielgerichtete Substanzen bereits als Erstlinientherapie, vor allem BTK(Bruton-Tyrosinkinase)-Inhibitoren wie Ibrutinib, Acalabrutinib, Zanubrutinib oder Pirtobrutinib und BCL2-Inhibitoren wie Venetoclax, aber auch der neue CD20-Antikörper Obinutuzumab.

Bei Patient*innen mit Rediziv erwies sich die Kombination von Rituximab + BCL2-Inhibitor Venetoclax vs. Rituximab + Chemotherapeutikum Bendamustin bezüglich Wirksamkeit und Verträglichkeit überlegen. Auch Obinutuzumab + Venetoclax sowie Obinutuzumab + Venetoclax + Ibrutinib schneiden bezüglich uMDR bei fitten Patient*innen ohne 17p-Deletion signifikant besser ab als Chemotherapie.

Bei der CAR-T-Zell-Therapie zeigen Studien trotz mehrerer Vortherapien sehr gute Gesamtansprechraten von 82% mit 65% uMRD im Knochenmark.

Neue Therapieansätze beimmultiplen Myelom

Dr.in Eva Maria Autzinger erklärte, dass zur Lebenszeitverlängerung bei bestmöglicher Lebensqualität bei Erkrankten mit multiplem Myelom inzwischen einige neue Wirkstoffe zur Verfügung stehen.

Das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Belantamab Mafodotin hatte bei schwer vorbehandelten Patient*innen eine Gesamtansprechrate von 31%, die mittlere Dauer des Ansprechens lag bei 11 Monaten.

Der bispezifische Antikörper Teclistamab zeigte in der MajesTEC-1-Studie eine Ansprechrate von 65%. Elranatamab liefert in der MagnetisMM-1-Studie ähnlich gute Daten.

Das Alkylans Melflufen erreichte mit Dexamethason bei Patient*innen mit relapsiertem Myelom eine Ansprechrate von 29%. In der OCEAN-Studie wurde mit Melflufen + Dexamethason zwar ein längeres progressionsfreies Überleben (PFS), aber ein tendeziell kürzeres OS beobachtet als im Vergleichsarm.

Der Exportin-1(XPO1)-Inhibitor Selinexor zeigte in der BOSTON-Studie mit Bortezomib + Dexamethason im Vergleich zu Bortezomib + Dexamethason eine Verlängerung des PFS.

Der erste selektive Cereblon-E3-Ligase-Modulator Iberdomid erreichte in einer Phase-I/II-Studie mit Iberdomid + Dexamethason eine Ansprechrate von 30% bei stark vorbehandelten Myelompatient*innen. (red)

Leben mit Krebs: Informieren und Bewusstsein schaffen: neue Hoffnung bei Blutkrebs. Presseinformation, 30. August 2022

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