
Zusammenfassung der Ergebnisse der internationalen Konsensuskonferenz
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Dieser Artikel gibt zusammenfassend die Ergebnisse der dritten internationalen Konsensuskonferenz wieder, welche im Original unter dem Titel «Third International Consensus Conference on lesions of uncertain malignant potential in the breast (B3 lesions)» veröffentlicht wurden.1
Keypoints
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Seit der letzten zweiten internationalen Konsensuskonferenz für B3-Läsionen der Brust wurden zahlreiche Studien veröffentlicht, sodass ein Update der klinischen Empfehlungen im Rahmen einer erneuten Konferenz fällig wurde.
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Zusammenfassend kann bei B3-Läsionen mit Ausnahme der ADH durch eine VAB/VAE auf eine offene Operation verzichtet werden.
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Dies setzt allerdings eine Entfernung der Läsion in der klinischen Bildgebung zu ≥90% und eine radiologisch-histologische Konkordanz voraus.
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Da insbesondere bei ADH und LN das generelle Mammakarzinomrisiko – auch auf der Gegenseite – erhöht ist, sollten die Patientinnen entsprechend aufgeklärt und eine höhere Kontrollfrequenz als in der Screening-Population initiiert werden.
Läsionen der Brust mit unsicherem biologischem Potenzial, die sogenannten B3-Läsionen, beschreiben eine Gruppe von Veränderungen mit unterschiedlichem malignem Potenzial. Nach histopathologischer Klassifikation sind diese Läsionen weder als benigne noch als maligne zu bezeichnen. Sie bergen jedoch ein unterschiedlich hohes Risiko für ein «Upgrade» in einen malignen Befund und auch ein unterschiedliches Gesamtrisiko für die Entwicklung eines Mammakarzinoms bei betroffenen Patientinnen.*;2–4Die Diagnose einer B3-Läsion wird häufig durch eine Biopsie gestellt (Stanzbiopsie oder Vakuumbiopsie, VAB), in manchen Fällen sind die Läsionen aber auch Zufallsbefunde im Rahmen einer offenen nichtonkologischen Operation wie beispielsweise einer Mammareduktionsplastik. Um korrekte Empfehlungen für den Umgang mit der heterogenen Gruppe der B3-Läsionen geben zu können und sowohl Über- als auch Untertherapie zu vermeiden, wurde erstmalig 2016 eine internationale Konsensuskonferenz initiiert.5 Die Empfehlungen dieser Konferenz dienten Radiolog:innen, Senolog:innen und Brustchirurg:innen als klinisch-praktische Orientierung. Nachdem weitere Langzeit-Daten publiziert wurden, wurde eine zweite Konferenz 2018 ins Leben gerufen.2 Weitere vier Jahre später ist die Anzahl der Publikationen über B3-Läsionen erneut deutlich gestiegen und es war an der Zeit für eine erneute Diskussion der Therapieempfehlungen. Zu diesem Zweck wurde von der Arbeitsgruppe Minimal Invasive Brustbiopsien (MIBB) der Schweizerischen Gesellschaft für Senologie die dritte internationale Konsensuskonferenz lanciert.1
Methodik
Im Anschluss an das Zweiländertreffen und den Kongress der schweizerischen und österreichischen Senologiegesellschaften fand die hybrid abgehaltene Konsensuskonferenz im September 2022 in Innsbruck statt. Dazu wurde ein Panel aus 33 international führenden Brustexperten aus sieben Ländern zusammengestellt, je zu rund einem Drittel Patholog:innen, Radiolog:innen und Senolog:innen/Brustchirurg:innen. Nach Impulsvorträgen und Diskussionen zu den jeweiligen B3-Läsionen und der aktuellen Datenlage wurde vom Panel per TED-Voting über die Empfehlungen abgestimmt (Tab. 1).
Resultate
Atypische duktale Hyperplasie (ADH)
Die ADH ist eine niedriggradige klonale intraduktale Läsion von ≤2mm Durchmesser und häufig mit Mikroverkalkungen vergesellschaftet (Abb. 1). Sie zeigt histopathologische Ähnlichkeiten mit dem duktalen Carcinoma in situ (DCIS).3 In der klinischen Bildgebung, insbesondere in der Mammografie, sind die mit ADH vergesellschafteten Mikroverkalkungen häufig gut zu erkennen und daher stellt die ADH den grössten Anteil von B3-Läsionen, welche mittels Mammografie-gesteuerter VAB diagnostiziert werden.6 Die Upgrade-Rate für einen malignen Befund beträgt in der aktuellen Literatur 31–78% (nach Stanzbiopsie) und 19–41% (nach VAB).7 In den aktuellen englischen Guidelines wird eine Vakuum-assistierte Exzision (VAE) als Alternative zur offenen Operation empfohlen. Dabei sollten zumindest 4g als Resektionsgewebe mittels VAB entnommen werden, um höhergradige Läsionen auszuschliessen.8 Bei der Konsensuskonferenz empfahl die Mehrheit des Panels (76%) generell eine weitere Intervention nach Diagnose durch eine Stanzbiopsie, nach Diagnose durch VAB, sofern der Befund in der klinischen Bildgebung zu ≥90% entfernt wurde, eine offene Operation in 58%.
Abb. 1: Atypische duktale Hyperplasie (ADH). a) und b): Darstellung in der Mammografie mit Mikrokalk (Pfeile), c) histopathologisches Korrelat (H-&-E-Färbung). Abbildung aus Elfgen C et al.1
Klassische lobuläre Neoplasie (LN)
Die klassische LN beschreibt eine Neoplasie von kleinen dyskohäsiven epithelialen Zellen aus den duktal-lobulären Endeinheiten der Brust (TDLU). Nach der aktuellen WHO-Einteilung wird je nach Ausdehnung der LN zwischen atypischer lobulärer Hyperplasie (ALH) und lobulärem Carcinoma in situ (LCIS) unterschieden.3 Diese Unterscheidung kann bei Biopsiegewebe nicht verlässlich getroffen werden, sodass bei der Konsensuskonferenz der Terminus LN verwendet wurde. Die LN ist in vielen Fällen ein Zufallsbefund ohne typisches Muster in der Bildgebung.9 Vereinzelt kann die LN mit Mikroverkalkungen assoziiert sein oder sich selten als kleine Raumforderung im Ultraschall darstellen. Bei dieser Läsion gibt es in der aktuellen Literatur eine grosse Spannbreite von 4–67% Upgrade-Raten.10 Bei Entfernung mittels VAB und fehlender Diskordanz in der klinischen Bildgebung wurde ein Upgrading in eine maligne Läsion bei nur 4% beschrieben. Das Panel empfahl eine weiterführende invasive Diagnostik nach Diagnose in der Stanzbiopsie bei 86%. Wurde die Zielläsion in der klinischen Bildgebung mittels VAB vollständig entfernt, so würde die klare Mehrheit (90%) auf weitere Interventionen verzichten.
Radiäre Narbe (RS)
Die RS ist durch einen zentralen fibroelastischen Kern mit peripher lokalisierten komprimierten glandulären Strukturen charakterisiert.3 Häufig ist die RS okkult in der klinischen Bildgebung, kann jedoch als sternförmige Läsion oder Architekturstörung in der Mammografie erscheinen. Sonografisch stellt sich die Läsion ebenfalls als Architekturstörung und/oder hypoechogene Läsion dar. In aktuellen Studien wird die Upgrade-Rate mit 1–9% beschrieben.11 Bei radiologisch-histopathologischer Korrelation und Entfernung der Läsion mit einer grossvolumigen Nadel liegt die Upgrade-Rate bei 1%. Das Panel empfiehlt weitere Interventionen nach Diagnostik durch eine Stanzbiopsie, bevorzugt ist die weitere Abklärung durch VAB. Wurde die Diagnose nach einer VAB gestellt oder bestätigt, so empfiehlt die Mehrheit (82%) keine weitere Therapie.
Papilläre Läsionen (PL) ohne Atypien
Abb. 2: Papillom ohne Atypie: a) und b): radiologische Darstellung in Mammografie und Ultraschall. c) Histopathologisches Korrelat. Abbildung aus Elfgen C et al.1
PL sind in Milchgängen darstellbar und bestehen aus einem fibrovaskulären Kern mit korrespondierenden heterogenen duktalen epithelialen/myoepithelialen Proliferationen.3 In Mammografie und Ultraschall zeigen sich die PL oft als umschriebene, solide Läsionen, vereinzelt mit Verkalkungen (Abb. 2).12 PL ohne Atypien weisen eine niedrige Upgrade-Rate (1–9%) auf, hingegen liegt diese bei vorhandenen Atypien bei 38%.13 Das Panel empfahl in der Mehrheit (55%) eine VAE bei mittels Stanzbiopsie diagnostizierten PL, bei radiologischer vollständiger Entfernung befürwortete das Panel einstimmig das radiologische Follow-up ohne weitere Intervention.
Flache epitheliale Atypie (FEA)
Die FEA zeichnet sich durch kubische bis säulenförmige Zellschichten mit leichter Atypie aus. Sie teilt molekulare Merkmale mit anderen niedriggradigen Brustläsionen und tritt oft in dilatierten TDLU auf.3 Die FEA zeigt in der klinischen Bildgebung Merkmale, die sowohl malignen als auch benignen Läsionen ähneln.14 Die Upgrade-Rate in ein Malignom ist mit 1–8% gering.15 Das Panel befürwortete einstimmig ein rein radiologisches Follow-up, wenn die Läsion durch Entfernung mittels VAB/VAE in der Bildgebung nicht mehr darstellbar ist.
Borderline und benigne Phylloides-Tumoren (PT)
Abb. 3: Die dritte internationale Konsensuskonferenz fand im September 2022 in Innsbruck statt
PT sind sehr seltene, umschriebene fibroepitheliale Läsionen mit klonalem hyperzellulärem Stroma. Sie gelten als De-novo-Läsionen, obwohl einige wenige PT aus Fibroadenomen entstehen können.3 Im Biopsiegewebe einer Stanzbiopsie kann die Unterscheidung zwischen Fibroadenom und benignem PT problematisch sein. Gleiches gilt auch für die Bildgebung, in der sich die PT als umschriebene, ovale bis runde oder lobulierte solide Läsion teils mit heterogener Echogenität darstellt. Ein Upgrade in einen malignen Befund nach Stanzbiopsie oder VAB ist selten.16 Die Mehrheit des Panels (92%) empfiehlt bei Diagnose durch Stanzbiopsie die offene Resektion eines PT. Diese Empfehlung ist vor allem der Tatsache geschuldet, dass ein PT bei inkompletter Entfernung eine hohe Rückfallrate aufweist und ein schnelles Wachstum zeigen kann.17 Wenn die Läsion mittels VAB komplett entfernt wurde, scheint ein Follow-up ohne weitere Intervention gerechtfertigt.
* Bei nahezu allen Studien über B3-Läsionen der Brust beruhen die Daten auf biologisch weiblichen Patienten. In diesem Text wird daher die weibliche Form verwendet.
Quelle:
International Consensus Conference for B3 Lesions, 24.September 2022, Innsbruck
Literatur:
1 Elfgen C et al.: Third International Consensus Conference on lesions of uncertain malignant potential in the breast (B3 lesions). Virchows Arch 2023; 483(1): 5-20 2 Rageth CJ et al.: Second International Consensus Conference on lesions of uncertain malignant potential in the breast (B3 lesions). Breast Cancer Res Treat 2019; 174(2): 279-96 3 WHO: Breast Tumours WHO Classification of Tumours. 5th Edition 2019; https://nottingham-repository.worktribe.com/output/4758580 4AGO German Commission Breast SoAG. AGO German Commission Breast, State of ArtGuidelines 2022; https://www.ago-online.de/en/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma 5 Rageth CJ et al.: First International Consensus Conference on lesions of uncertain malignant potential in the breast (B3 lesions). Breast Cancer Res Treat 2016; 159(2): 203-13 6 Tavassoli FA, Norris HJ: A comparison of the results of long-term follow-up for atypical intraductal hyperplasia and intraductal hyperplasia of the breast. Cancer 1990; 65(3): 518-29 7 Schiaffino S et al.: Upgrade rate of percutaneously diagnosed pure atypical ductal hyperplasia: systematic review and meta-analysis of 6458 lesions. Radiology 2020; 294(1): 76-86 8 Pinder SE et al.: NHS Breast Screening multidisciplinary working group guidelines for the diagnosis and management of breast lesions of uncertain malignant potential on core biopsy (B3 lesions). Clin Radiol 2018; 73(8): 682-92 9 Maxwell AJ et al.: The radiological features, diagnosis and management of screen-detected lobular neoplasia of the breast: findings from the Sloane Project. Breast 2016; 27: 109-15 10 Holbrook AI et al.: Triaging atypical lobular hyperplasia and lobular carcinoma in situ on percutaneous core biopsy to surgery or observation: assiduous radiologic-pathologic correlation works, quantitating extent of disease does not. Arch Pathol Lab Med 2019; 143(5): 621-7 11 Yan P et al.: Malignancy upgrade rates of radial sclerosing lesions at breast cancer screening. Radiol Imaging Cancer 2021; 3(6): e210036 12 Sharma N et al.: The impact of vacuum-assisted excision in the management of indeterminate B3 lesions in the NHS Breast Screening Programme in England. Clin Radiol 2021; 76(6): 470 e23-29 13 Ross DS, D’Alfonso TM: Papillary neoplasms of the breast: diagnostic features and molecular insights. Surg Pathol Clin 2022; 15(1): 133-46 14 Pandey S et al.: Columnar cell lesions of the breast: mammographic findings with histopathologic correlation. Radiographics 2007; 27(Suppl 1): S79-89 15 Ferre R, Kuzmiak CM: Upgrade rate of percutaneously diagnosed pure flat epithelial atypia: systematic review and meta-analysis of 1,924 lesions. J Osteopath Med 2022; 122(5): 253-62 16 Co M et al.: Mammary phyllodes tumour: a 15-year multicentre clinical review. J Clin Pathol 2018; 71(6): 493-7 17 Youk JH et al.: Phyllodes tumor diagnosed after ultrasound-guided vacuum-assisted excision: should it be followed by surgical excision? Ultrasound Med Biol 2015; 41(3): 741-7