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Was war, was ist, was wird sein?
Leading Opinions
Autor:
Dr. med. Ruth Draths
FMH Gynäkologie und Geburtshilfe Frauenpraxis Buchenhof, Sursee<br> Co-Präsidentin Gynea, Arbeitsgruppe Kinder- und Jugendgynäkologie Schweiz<br> E-Mail: ruth.draths@frauenpraxis-buchenhof.ch
30
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22.03.2018
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<p class="article-intro">In den vergangenen 10 Jahren hat sich im Bereich der Kontrazeption viel verändert. Stand noch nach der Jahrtausendwende die kombinierte hormonelle Kontrazeption an erster Stelle, lassen sich gegenwärtig eine vermehrte Nachfrage nach intrauteriner Kontrazeption sowie ein Revival der hormonfreien Verhütung feststellen. Ob dieser Trend anhalten wird, oder ob in einigen Jahren wieder die Vorteile der kombinierten hormonellen Kontrazeption in den Vordergrund gerückt werden, bleibt abzuwarten.</p>
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<p class="article-content"><p>Heute existiert ein breites Angebot an verschiedenen Kontrazeptionsmethoden. Mit der intravaginalen und transdermalen Applikation, neuen Gestagenen, veränderten Einnahmeschemata inklusive Langzyklus-Modelle sowie der Verwendung von Estradiol bzw. Estradiolvalerat in Ovulationshemmern erweiterte sich in den letzten zehn Jahren die Palette der kombinierten hormonellen Kontrazeption.<br /> Weitere Fortschritte gab es bei der intrauterinen Kontrazeption. Mit dem Angebot eines niedrig dosierten, schmalen hormonellen Intrauterinsystems für 3 Jahre wurde die intrauterine Methode zunehmend auch für junge Frauen vor einer ersten Schwangerschaft und für Jugendliche interessant. Seit Kurzem wird eine weitere kleine Variante der Hormonspirale (mit fünf Jahre Liegedauer) angeboten. Geringerer Durchmesser, verbesserte Einführtechnik und die Anwendung von Analgesie und Lokalanästhesie sollen eine möglichst schmerzfreie Einlage ermöglichen. Auch im Bereich der kupferhaltigen Methoden sind neue Modelle auf den Markt gekommen: Varianten der Form, der Legierung (Silber oder Gold) oder der Einführart wie die Kupferkette oder seit Kurzem der Kupferball.<br /> Während die hormonellen Intrauterinsysteme dem Heilmittelgesetz unterstehen und damit den Studienanforderungen von Medikamenten genügen müssen, ist die Studienlage bei den hormonfreien Methoden spärlich. Auch die ärztliche Erfahrung ist naturgemäss bei neuen Modellen, insbesondere dem Kupferball und der neuen Goldspirale, noch gering.</p> <h2>Hormonfreie Kontrazeptiva im Aufwind</h2> <p>Nach Berichten über schwerwiegende, vor allem thromboembolische Komplikationen verstärkte sich in den letzten Jahren die Kritik an der kombinierten hormonellen Kontrazeption, auch in der Laienpresse. Die Verschreibungspraxis von Ärzten wurde kritisiert, es wurden Diskussionen in TV und Radio geführt, politische Interventionen gefordert. Die Einteilung der unterschiedlichen gestagenen Wirkstoffe in sogenannte «Generationen » (entsprechend dem Zeitpunkt der jeweiligen Markteinführung) wird der komplexen Wirkung der hormonellen Kontrazeption nicht gerecht und führte zu einer Simplifizierung, die aufgrund von politischem Druck auch auf die Verschreibungspraxis der Ärzte Einfluss gewann. Aktuell scheint jedoch die kritische Stimmung gegenüber allen hormonellen Methoden, unabhängig von Nebenwirkungen und Applikationsformen, zu einem Boom der kupferhaltigen intrauterinen Kontrazeption zu führen. Stimmungsschwankungen, traurige Verstimmungen, Abnahme der Libido oder Veränderung des Essverhaltens – alles wird der hormonellen Kontrazeption angelastet, sodass viele, insbesondere junge Frauen und Jugendliche, sich eine hormonfreie Verhütung wünschen. Diese soll natürlich, sicher, nebenwirkungsarm und bequem sein. Warum Kupferionen im Uterus «natürlicher» sein sollen als weibliche Hormone, bleibt unklar. Mechanische Verhütungsmethoden wie das Diaphragma, als moderne Variante auch aus Silikon, kombiniert mit spermizider Creme, sind bisher ein Nischenprodukt, für einige Frauen jedoch eine mögliche Alternative. Ein Revival erlebt auch die altbekannte Rhythmusmethode Knaus- Ogino, die periodische Enthaltsamkeit, jetzt in modernem Design: als App über das Handy oder gar kombiniert mit Messung der Temperatur, die direkt am Computer angezeigt wird oder via Armband gemessen werden kann, weiter verfeinert als sogenannte «symptothermale Methode » oder kombiniert mit einer Messung der LH-Ausschüttung. Das Ziel bleibt, eine Regelmässigkeit der Ovulation zu berechnen, um eine fertile Phase für den nächsten Zyklus vorauszusagen. Diese Methoden sind hervorragend geeignet, den eigenen Körper kennenzulernen und für Paare mit Kinderwunsch sind diese Berechnungen sicherlich hilfreich; als Verhütungsmethode sind sie aber von natürlichen Zyklusschwankungen, Disziplin und Enthaltsamkeit abhängig, was die Begeisterung für die Methode deutlich senkt.</p> <h2>Die optimale Verhütungsmethode gibt es nicht</h2> <p>Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es leider immer noch keine optimale, für alle passende Verhütungsmethode gibt, die sicher, nebenwirkungsfrei und bequem ist. Auch die Verhütung für den Mann bleibt aktuell auf das Kondom beschränkt, verschiedene Forschungsprojekte wurden beendet, das männliche Geschlecht scheint diesbezüglich noch komplizierter zu sein als das weibliche. Kontrazeptionsberatung wird auch in Zukunft weiterhin individuell erfolgen müssen. Persönliche Anamnese, Lebenssituation, familiäre Risiken, Wünsche und anatomische Gegebenheiten sind zu berücksichtigen. Es bleibt abzuwarten, ob die heutige vielleicht zu unkritische Anwendung der intrauterinen Kontrazeption auch bei Nulliparen und Adoleszenten nicht wieder zu einer Gegenbewegung führen wird, welche in einigen Jahren die Vorzüge der hormonellen Kontrazeption in den Vordergrund rücken wird, wie bereits in früheren Jahrzehnten.</p></p>
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