
Management von Nebenwirkungen in der Gynäkoonkologie
Autor:innen:
Univ.-Prof. Dr. Edgar Petru
Dr. Lejla Pesto
Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Medizinische Universität Graz
E-Mail: edgar.petru@medunigraz.at
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Die wichtigsten Nebenwirkungen der Chemotherapie können heute durch wirksame Gegenmaßnahmen in den meisten Fällen gut bekämpft werden. Bei der überwiegenden Anzahl von Patientinnen kommt nur eine sehr begrenzte Anzahl von Nebenwirkungen zum Tragen. In der Folge werden die wichtigsten Nebenwirkungen und die Möglichkeiten, sie abzuschwächen, dargestellt.
Keypoints
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Viele Nebenwirkungen wie Neutropenie oder Übelkeit und Erbrechen können heute durch effektive Primärprophylaxe gut kontrolliert werden.
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Besonders bei Immuntherapien sollten Durchfall, Husten, Atemnot sowie Hautausschläge im Fokus der Observanz durch das ärztliche und pflegende Personal stehen.
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Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Patientinnen und ärztlichem Personal ist von großer Bedeutung. Patientinnen sollen ihrem Betreuungsteam unverzüglich über Nebenwirkungen der Therapie berichten.
Haarausfall
Eine Kältehaube während der Chemotherapie kann den Haarausfall bei bestimmten Chemotherapieformen stark reduzieren. Allerdings muss die Kältehaube 1 Stunde vor der Chemotherapie, während dieser und bis 1 Stunde nach der Chemotherapie am Kopf getragen werden. Diese Kälteeinwirkung kann für manche Patientinnen sehr beeinträchtigend sein. Bei knapp 40% der Frauen kann mit der Kältehaube die Notwendigkeit des Tragens einer Perücke verhindert werden.
Leukopenie und Neutropenie
Es gibt für diese Nebenwirkungen prophylaktische Injektionen mit Granulozyten-Kolonie-stimulierenden Faktoren, die am Tag nach der Chemotherapie appliziert werden. Man kann aber auch bei hochgradiger Neutropenie und z.B. bei Fieber oder Durchfall kurz wirksame G-CSF im Akutfall einsetzen. Durch die Anwendung von G-CSF können Infektionen bei Patientinnen entscheidend reduziert werden. Das gilt auch für die Notwendigkeit stationärer Aufenthalte.
Anämien, typischerweise normochrom
Zeichen einer Blutarmut wie Kurzatmigkeit oder Herzrasen und allgemeines Schwächegefühl können durch subkutane erythropoietine Injektionen zwischen den Chemotherapiezyklen (wöchentlich oder 3-wöchentlich)meist günstig beeinflusst werden. Außerdem wird die Notwendigkeit von Bluttransfusionen reduziert, die ein Infektionsrisiko in sich bergen.
Thrombozytopenie
Thrombozytopenien machen sich durch Nasenbluten, blaue Flecken unter der Haut (Petechien), seltener Zahnfleischbluten, Hämatemesis und Melaena bemerkbar.Nicht selten kommt es zu einem mäßigen Abfall der Blutplättchen, die für die Blutgerinnung verantwortlich sind. Ein hochgradiger Abfall, z.B. unter 10000/mm3, der die Verabreichung von Konserven mit Blutplättchen notwendig macht, ist selten.
Übelkeit und Erbrechen
Es handelt sich dabei um besonders relevante Nebenwirkungen. Diese sind heutzutage durch sehr effektive, neue, standardisierte Kombinationstherapien, die vor und nach der Chemotherapie verabreicht werden, meist gut beherrschbar. In bestimmten Situationen von anhaltender Übelkeit ist die Behandlung mit Cannabispräparaten sinnvoll. Auch Neuroleptika oder Benzodiazepine gehören zum Armamentarium gegen Übelkeit und Erbrechen.
Durchfall
Durchfall ist eine besonders ernst zu nehmende Nebenwirkung. Er kann bei starker Ausprägung zu Schwäche, Elektrolytentgleisung, Herzproblemen und gesteigerter Thromboseneigung führen. Ernährungstipps wie das Vermeiden von Alkohol, Mineralwasser, Kaffee, laktosehaltigen Speisen und Getränken oder ungekochtem Gemüse sind hilfreich. Weiters existieren effektive Medikamente gegen Durchfall. Das Trinken von ausreichend Flüssigkeit ist von größter Wichtigkeit.
Infektionen und Fieber
Diese sind besonders von Bedeutung, wenn Fieber >38 Grad Celsius auftritt. In Fällen einer starken Grippe, Mundschleimhautinfektion, weißen Belägen der Zunge, Fieber, Durchfall, Husten, Atemnot oder Gürtelrose sollte sich die Patientin sofort bei ihrem Behandlungsteam melden. Meist sind i.v. Antibiotika und Mundspülungen mit Antibiotika notwendig.
Schädigung von Nerven/Sensibilitätsstörungen
Hierbei handelt es sich um besonders belastende und unter Umständen länger bestehende Nebenwirkungen. Am wichtigsten ist, dass Patientinnen aktiv dem Behandlungsteam von diesem Problem berichten. Dadurch können Dosisreduktionen, die Umstellung auf andere Chemotherapien und Physiotherapie frühzeitig eingeleitet werden. Spezielle Medikamente wie Pregabalin oder Duloxetin können hier auch von Nutzen sein.
Verstopfung und Darmträgheit
Diese Nebenwirkungen treten insbesondere an den ersten Tagen nach der Chemotherapie bzw. bei laufender Schmerztherapie auf. Das Trinken von reichlich Flüssigkeit und so viel Bewegung wie möglich sind anzustreben. Auch existieren heute milde Mittel zur Stuhlregulation, die Mineralstoffe enthalten und so die Salz- und Wasserbalance des Körpers erhalten.
Müdigkeit und Abgeschlagenheit
Diese Nebenwirkungen kommen bei zielgerichteten Therapien und auch Immuntherapien besonders häufig vor. Eine Kontrolle des Blutbildes und jene der Schilddrüsenfunktion sollte überlegt werden. Es könnte auch eine Depression dahinterstecken. Weiters sollte möglichst viel Bewegung und im Idealfall sportliche Tätigkeit ausgeübt werden. Es sollten auch möglichst fixe Schlafzeiten eingeplant werden.
Hautausschläge/starker Juckreiz
Hautausschläge und/oder starker Juckreiz kommen vor allem bei Immuntherapien vor. Patientinnen sollten das Auftreten von Hautausschlägen, die u.U. auch größere Flächen mit und ohne Juckreiz betreffen können, ihrem Behandlungsteam aktiv mitteilen.
Husten und Atemnot
Nebenwirkungen wie Husten und Atemnot kommen vor allem bei Immuntherapien, aber auch bestimmten HER2-gerichteten Therapien vor. Hier ist besondere Aufmerksamkeit der Therapeuten vonnöten. Es empfiehlt sich ein proaktives Vorgehen und im Zweifelsfall das vorübergehende Aussetzen einer Therapie sowie eine radiologische Abklärung des Thorax, v.a. mittels CT. Bei Bestätigung einer interstitiellen Pneumonitis ist die rasche Gabe von Kortikosteroiden indiziert.
Hitzewallungen und Wechselbeschwerden
Hitzewallungen und Wechselbeschwerden sind für ein Drittel der Patientinnen besonders belastend. Hier bewähren sich v.a. sportliche Aktivitäten wie Yoga und Akupunktur. Alkoholische Getränke und Kaffee sollten vermieden werden.
Schlafstörungen
Schlafstörungen kommen sehr häufig vor. Pflanzliche Mittel wie Tropfen der Passionsblume oder Baldrian sowie Bewegung an der frischen Luft können hier Besserung bewirken. Auch milde Antidepressiva, am Abend verabreicht, können notwendig werden.
Knochenabbau/Osteoporose
Knochenabbau und Osteoporose sind besonders bei Antihormontherapien vorkommende Nebenwirkungen. Reichlich Bewegung und nach Möglichkeit Sport stellen die besten Gegenmaßnahmen dar. Weiters auch die Einnahme von Kalzium und Vitamin D. Seit einigen Jahren existieren Medikamente, die man gegen Osteoporose alle 3 oder 6 Monate injizieren kann.
Erhöhter Blutdruck
Vor allem bei Medikamenten, die gegen die Gefäßneubildung des Tumors gerichtet sind. Auf ärztliche Anordnung sollten regelmäßige und verlässliche Blutdruckkontrollen bei bestimmten Krebsmedikamenten erfolgen. Häufig muss bei steigendem Blutdruck ein Blutddruckmittel verordnet werden.
Schilddrüsenunterfunktion
Eine Schilddrüsenunterfunktion kommt besonders bei Immuntherapien häufig vor. Sie kann zu Abgeschlagenheit und Gewichtszunahme führen. V.a. während der Immuntherapie werden alle 3–4 Wochen die Schilddrüsenwerte bestimmt und bei Bedarf Schilddrüsenhormone verordnet.
Gewichtszunahme
Häufig bei onkologischen Therapien.Begünstigende Faktoren sind Cortison und Bewegungsarmut, die Wechseljahre, aber auch eine Schilddrüsenunterfunktion.
Gewichtsabnahme
Gewichtsbnahme ist eine deutlich seltenere Nebenwirkung. Bestimmte Hormontherapien sowie bestimmte Antidepressiva, dieabends angewendet werden, können der Gewichtsabnahme gegensteuern. Medroxyprogesteronacetat und/oder hochkalorische Trinknahrung können Abhilfe schaffen.
Literatur:
bei den Verfasser:innen
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