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Lasertherapie in der Urogynäkologie
Jatros
Autor:
Assoz. Prof. PD Dr. Gerda Trutnovsky
Universitätsklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Medizinische Universität Graz<br> E-Mail: gerda.trutnovsky@medunigraz.at
30
Min. Lesezeit
29.08.2019
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<p class="article-intro">Vulvovaginale Lasertherapien werden zunehmend in der Urogynäkologie verwendet. Das Spektrum der möglichen Indikationen reicht von Harninkontinenz und Descensus über vulvovaginale Atrophie, Dermatosen und Vulvodynie bis hin zum vaginalen Relaxationssyndrom. Eine der meistbeworbenen Indikationen ist das 2012 neu definierte urogenitale Menopausensyndrom, das durch vulvovaginale Atrophie, Dyspareunie, häufigen Harndrang/Inkontinenz und rezidivierende Harnwegsinfekte charakterisiert ist.</p>
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<p class="article-content"><h2>Wirkungsmechanismus</h2> <p>Bei den fraktionierten mikroablativen CO<sub>2</sub>- oder Erbium:Yag-Lasern werden mikroskopisch kleine thermische Schäden in einem rasterartigen Muster verursacht, während das dazwischenliegende Gewebe intakt bleibt. Bei den nicht ablativen Erbium:Yag-Lasern kommt es zu einem thermischen Effekt im Bereich der Dermis ohne epidermale Schädigung. Die Wirkung der Laser beruht unter anderem auf einer Stimulation von Fibroblasten, die in weiterer Folge ein „Remodelling“ des Gewebes bewirken sollen. Histologische Studien beschreiben Zeichen von Neovaskularisation und Neokollagenese mit vermehrter Glykogeneinlagerung im Epithel.</p> <h2>Art der Anwendung</h2> <p>Die Therapien können ambulant auf einem gynäkologischen Untersuchungsstuhl durchgeführt werden. Für die Behandlung der Vulva und distalen Vagina sollte vorher eine lokale Anästhesie mit einem topischen Lidocain durchgeführt werden. Zur Behandlung der Vagina wird eine Lasersonde mit einem speziellen Speculum eingeführt und eine kreisförmige Bestrahlung der Vaginalschleimhaut durchgeführt. Die Behandlung der Vulva erfolgt mit einem speziellen Aufsatz ohne direkten Kontakt mit der Schleimhaut. Die Behandlungen dauern zwischen 5 und 15 Minuten und werden in der Regel von den Patientinnen gut toleriert. Nach der Behandlung können für einige Stunden bis Tage lokale Beschwerden wie Brennen, Schwellung und Ausfluss auftreten. Je nach Indikation wird empfohlen, die Behandlung nach einigen Wochen ein bis zweimal zu wiederholen.</p> <h2>Einsatzgebiete</h2> <p><strong>Harninkontinenz</strong><br /> Intravaginale – und zuletzt auch intraurethrale – Laserbehandlungen werden als konservative Therapiealternative zur operativen Therapie der Belastungsharninkontinenz beworben. Es wird vermutet, dass es zu einer Stärkung des suburethralen Gewebes und so zu einer Besserung des urethralen Verschlusses kommt.<br /> Ein systematischer Review fasste 2017 die Ergebnisse von 13 Studien mit insgesamt 818 Patientinnen zusammen. Es zeigten sich anhand von Fragebögen eine Besserung von subjektiven Beschwerden und auch eine Besserung von objektiven Parametern (u. a. Pad-Test, Restharn). Diese Ergebnisse beruhen vor allem auf Fallserien ohne Kontrollgruppe und der Level an Evidenz wurde als niedrig eingestuft. Zwischenzeitlich wurden 2 kontrollierte Studien veröffentlicht, die Laserbehandlung mit TVT („tension-free vaginal tape“) bzw. Lasertherapie mit einem Placebolaser verglichen. Zwei weitere kleine Studien berichten auch über eine positive Wirkung des Lasers auf die Dranginkontinenz (OAB).</p> <p><strong>Vaginales Relaxationssyndrom und Descensus</strong><br /> Die vaginale Verjüngung bzw. Straffung für vaginale Relaxation wird stark beworben, ist aber eine der umstrittensten Indikationen. Zwei kleine Studien über Erb:Yag-Laser-Behandlungen von insgesamt 51 Frauen berichten von einer subjektiven Verbesserung der Sexualität. Zur Behandlung von Descensus bzw. Prolaps gibt es unzureichend Daten.</p> <p><strong>Urogenitales Menopausensyndrom</strong><br /> Vaginalatrophie bzw. das urogenitale Menopausensyndrom („genitourinary syndrome of menopause“, GSM) sind bei postmenopausalen Frauen häufig und können zu einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität führen. Der Effekt von vulvovaginaler Lasertherapie auf GSM-Beschwerden wurde mehrfach untersucht. Eine Metaanalyse von 14 Studien mit insgesamt 542 Patientinnen zeigte, dass Lasertherapie eine deutliche Besserung von Scheidentrockenheit, Dyspareunie, Juckreiz und Dysurie bewirken kann. Bisher wurden insgesamt 24 Studien zu dieser Fragestellung veröffentlicht, darunter jedoch nur vier kontrollierte Vergleichsstudien (Laser versus Estradiol/Gleitmittel).</p> <p><strong>Vulvodynie/Lichen sclerosus</strong><br /> Die Behandlung von Vulvodynie ist oft langwierig und herausfordernd. Multimodale Therapiekonzepte mit psychologischen, physiotherapeutischen und komplementärmedizinischen Ansätzen zeigen die größten Erfolgsaussichten. Die Daten von zwei kleinen Studien zeigen, dass vulväre Lasertherapie bei einem Teil der Patientinnen zu einer Besserung der Beschwerden führen kann. Zur Laserbehandlung des Lichen sclerosus gibt es ebenfalls bisher nur wenige wissenschaftliche Daten. Vor der Behandlung sollte eine lokale Kortisontherapie durchgeführt und das Vorliegen einer Dysplasie (d-VIN) ausgeschlossen werden.</p> <h2>Aktuelle Debatte</h2> <p>Der Einsatz der vaginalen Lasertherapien ist nicht unumstritten, und es melden sich zunehmend kritische Stimmen, die vor dem vorschnellen Einsatz dieser neuen Technologie warnen. Im Juli 2018 veröffentlichte die amerikanische Food and Drug Administration (FDA) eine Warnung vor dem Einsatz von „energy based devices“ für vaginale Verjüngung und andere kosmetische Indikationen. Es wurde dabei vor möglichen (Langzeit-)Nebenwirkungen wie Dyspareunie und chronischen Schmerzen gewarnt.<br /> In dem Spannungsfeld zwischen Euphorie, intensivem Marketing und warnenden Stimmen kommt es immer wieder zu intensiven Debatten zwischen Laserbefürwortern und -skeptikern. Bei einer Empfehlung sind sich jedoch alle einig: Es braucht dringend unabhängige, kontrollierte Studien, die die bisherigen positiven Ergebnisse bestätigen müssen. Erst dann können vulvovaginale Laser als wirksame und sichere Therapiealternative empfohlen werden.</p></p>
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