
Ein junges, grünes Meeting
Bericht: Mag. Christine Lindengrün
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„Der Jugend gehört die Zukunft“ war das Motto der Jahrestagung der OEGGG im Juni in Linz. Dementsprechend wurden die „Rookies“ der österreichischen Gynäkologenszene – also Assistenz- und Jungfachärzt*innen – besonders gewürdigt. „Wir wollten damit das große Potenzial unseres Nachwuchses und unsere Wertschätzung gegenüber den jungen Kolleginnen und Kollegen zeigen“, erklärte die Kongresspräsidentin Doz. Dr. Gunda Pristauz-Telsnigg. Am ersten Kongresstag wurden gleich auch aktuelle medizinische Fragen wie die Betreuung von Schwangeren mit Covid-19 aufgegriffen.
Die OEGGG-Jahrestagung 2022 wartete mit mehreren Neuerungen auf. So wurde die Veranstaltung erstmals nach den Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens für „Green Meetings/Events“ ausgerichtet. Unter anderem wurde so weit wie möglich auf Plastik und Papierausdrucke verzichtet, das Programm war als App abrufbar, die Posterausstellung virtuell gestaltet. Bei der Programmgestaltung wurde darauf geachtet, vor allem jungen Ärzt*innen eine Plattform zu bieten. Die einzelnen Sitzungen der Jahrestagung wurden von jeweils einem „Rookie“ und einem/r Mentor*in geleitet. Zum Auftakt gab es eine Eröffnungsrede von der scheidenden OEGGG-Präsidentin und einen Festvortrag von Martin Moder, PhD.
Rückblick auf 3 Jahre Präsidentschaft
Die Amtszeit von Doz. Pristauz-Telsnigg als OEGGG-Präsidentin war von der Corona-Pandemie geprägt: Die Jahrestagung 2020 musste deswegen abgesagt werden, 2021 konnte sie nur virtuell abgehalten werden. Corona brachte aber andere, neue Aufgaben für die Gesellschaft mit sich: Es mussten Empfehlungen, Leitfäden und Stellungnahmen erarbeitet werden, beispielsweise zum Tragen von FFP2-Masken während der Schwangerschaft oder zur Covid-19-Impfung bei Kinderwunsch, Schwangeren und Stillenden.
„Ich wollte aber nicht nur als die Corona-Präsidentin in die Annalen eingehen“, sagte Pristauz-Telsnigg. Sie hat deshalb auch ihre ursprünglichen Pläne, die sie bei Amtsantritt 2019 gefasst hatte, weiterverfolgt und versucht, sie trotz Corona umzusetzen:
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Die erste Akademie für Senologie in Österreich wurde etabliert.
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In Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft „Junge Gyn“ und dem Karl-Landsteiner-Institut für gynäkologische Chirurgie und Onkologie wurde die „Summer School Gynäkologie & Geburtshilfe“ auf den Weg gebracht.
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Zusammen mit 8 weiteren Fachgesellschaften hat die OEGGG außerdem die „HPV-Allianz“ initiiert und die Aufklärungskampagne „From ten to teen“ gestartet, um die Schutzimpfung gegen HPV zu promoten (siehe unten).
Medienstar Martin Moder als Festredner
Ergebnisse aus Wissenschaft und Forschung an die breite Öffentlichkeit zu kommunizieren, dafür steht auch Molekularbiologe, Buchautor, Wissenschaftsblogger und „Science Buster“ Dr. Martin Moder. „Denn es nützt nichts, einen Impfstoff gegen HPV zu haben, wenn sich niemand impfen lässt“, sagte er im Anschluss an die Eröffnungsrede der Präsidentin. Moder war als Redner für den Festvortrag zum Thema „Die Optimierung des Menschen“ geladen. Er erläuterte detailliert, was auf diesem Gebiet schon möglich wäre. Das kurz gefasste Fazit: Die Muskelmasse des Menschen könnte relativ einfach vergrößert werden, indem man das muskelwachstumshemmende Protein Statin blockiert. Bei der Intelligenz hingegen gestaltet sich die Optimierung des Menschen ungleich schwieriger, denn sie ist – soweit sie überhaupt genetisch determiniert ist – auf viele Genorte verteilt. Moder: „Hunderte Veränderungen am Genom wären notwendig, um die Intelligenz zu beeinflussen.“
Geburtshilfe präpartal
„Rookie“ DDr. Patrick Stelzl (Linz) leitete mit Mentor Prof. Herbert Fluhr (Graz) die Sitzung „Geburtshilfe präpartal“. In seinem Referat über Geburtseinleitung nach Sectio warnte er vor zu früher Applikation, zu rascher Steigerung bzw. zu später Reduktion von Oxytocin. Dies seien die Hauptursachen für Uterusrupturen. „Eine sichere und effektive Geburtseinleitung braucht Zeit und Geduld, insbesondere bei Zustand nach Sectio“, erinnerte er. Bei unreifer Zervix sei die sequenzielle Geburtseinleitung mittels Cook-Ballon und E2-Prostaglandinen die effektivste und sicherste Methode.
Das Tagungsmotto „Jugend und Zukunft“ floss auch in den Vortrag von Dr. Christina Stern (Graz) ein. Sie betonte, dass Gestationsdiabetes bzw. Prädiabetes bei Schwangeren nicht nur deren eigenes Risiko für manifesten Diabetes mellitus Typ 2 erhöht. Auch die ungeborenen Kinder haben dadurch ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines metabolischen Syndroms in ihrem späteren Leben.
Covid-19 in der Schwangerschaft
Dr. Sabine Enengl (Linz) referierte zum Thema „Betreuung von Schwangeren mit Covid-19 – wo stehen wir?“. In einer englischen Kohorte wurde erhoben, dass eine SARS-CoV-2-Infektion zum Zeitpunkt der Geburt mit einer höheren Rate an fetalen Todesfällen, Frühgeburten, Präeklampsie und Kaiserschnitten verbunden war.1 Auch ein systematischer Review fand ein erhöhtes Risiko für Frühgeburt mit niedrigem Geburtsgewicht bei Kindern, deren Mütter SARS-CoV-2-positiv waren.2 Im Kepler-Universitätsklinikum Linz wurden ebenfalls höhere Frühgeburten- und Sectioraten bei Covid-positiven Frauen beobachtet, wie Enengl berichtete. Ein erhöhtes Präeklampsie-Risiko wurde in einer Metaanalyse bestätigt.3 Enengl hat selbst auch zu diesem Thema geforscht: In einer multizentrischen Studie wurden der Immunstatus von Schwangeren mit SARS-CoV-2-Infektion und die Dynamik des plazentaren Antikörpertransfers untersucht. Die Ergebnisse bestätigen, dass eine vertikale SARS-CoV-2-Übertragung selten ist, dass aber Antikörper schon bald nach der Infektion auf den Fötus übertragen werden. Die transplazentare Antikörperübertragung könnte einen schützenden Wert für die neonatale Immunisierung haben, so die Conclusio.
Die Gründe für vermehrte Komplikationen bei Schwangeren mit Covid-19-Erkrankung liegen fraglich in angepassten Kontrollintervallen während Lockdowns, aber auch eine direkte Schädigung der Plazenta durch Coronaviren wird angenommen.
Auf Basis der aktuellen Datenlage haben OEGGG, DGGG und SGGG in der Leitlinie „SARS-CoV-2 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett“ detaillierte Empfehlungen zur Versorgung von infizierten Schwangeren und deren Kindern publiziert.5
Laufend aktuelle Zahlen über SARS-CoV-2-Infektionsfälle und Komplikationen bei Schwangeren bietet CRONOS (COVID-19 Related Obstetric and Neonatal Outcome Study in Germany), eine Registerstudie der Deutschen Gesellschaft für Perinatale Medizin (DGPM).6
Urogynäkologie: auf postpartale Blasenentleerungsstörung achten
Über ein spezielles Problem auf Entbindungsstationen referierte Dr. Evi Reinstadler (Dornbirn) in der anschließenden Hauptsitzung „Urogynäkologie“ unter der Leitung von „Rookie“ Dr. Christiane Schausberger (Salzburg) und Mentorin Prof. Dr. Gerda Trutnovsky (Graz). Miktionsstörungen nach der Geburt sollten rasch identifiziert werden, um zeitnah einer Überdehnung der Blase entgegenzuwirken. Denn schon eine einmalige Überdehnung kann einen Risikofaktor für Blasenentleerungsstörungen im späteren Leben, rezidivierende Harnwegsinfektionen und selten auch eine Hydronephrose darstellen. Empfohlen wird ein erster Miktionsversuch noch im Kreißsaal. Auf der Station sollte man die Mütter dann explizit nach schwacher bzw. schwieriger Miktion fragen. „Wird eine postpartale Blasenentleerungsstörung rechtzeitig erkannt und behandelt, ist die Prognose gut, die Störung kann meist innerhalb einer Woche behoben werden“, sagt Reinstadler. Dauerkatheter (> 72 Stunden) sollten hierbei nicht Standard sein. Besser ist es, sterile Einmalkatheter intermittierend einzusetzen. Laut Reinstadler ist diese Methode zielführender: „Mit intermittierender Selbstkatheterisierung werden die Frauen rascher beschwerdefrei als mit Dauerkatheter.“ Auch Double- bzw. Triple-Voiding sind Techniken, die helfen können, Restharnmengen auszuscheiden. Leider gibt es keine evidenzbasierten Empfehlungen zu diesem Thema, bedauert Reinstadler. Wünschenswert wäre ihrer Meinung nach zumindest ein Cut-off-Wert: „Welche Restharnmenge nach der Geburt ist normal?“ Auch Daten zu Langzeitfolgen der postpartalen Blasenentleerungsstörung fehlen.
„From ten to teen“: Aufklärungskampagne über HPV
Auf der Website www.hpv-info.at und über Social-Media-Kanäle sollen Kinder, Jugendliche und Eltern über die Gefahren einer HPV-Infektion und die Möglichkeit der Schutzimpfung informiert werden. „Der Zugang ist nie-derschwellig, kurzweilig und speziell auf Kinder und Jugendliche und deren Eltern zugeschnitten“, erläutert Doz. Dr. Pristauz-Telsnigg. In Kurzvideos sprechen Kinder und Jugendliche Gleichaltrige an. Natürlich spielen auch Social-Media-Kanäle eine wichtige Rolle für diese Altersgruppe. Daher sollen auch über Facebook, Instagram, TikTok und YouTube regelmäßig Informationen zu HPV und zur Impfung ausgespielt werden.
„In Österreich sterben jährlich ca. 150 Frauen am Zervixkarzinom – einer Erkrankung, die man ausrotten könnte“, sagt Pristauz-Telsnigg. „Ziel der HPV-Allianz – und damit auch der Kampagne – ist die Verbesserung des Wissensstandes rund um HPV und eine deutliche Erhöhung der HPV-Impfrate. Wir klären auf, warum eine Impfung ab dem vollendeten neunten Lebensjahr die beste Variante ist, um sich lebenslang vor einer Infektion mit HPV zu schützen.“
Quelle:
Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG), 15.–18. Juni 2022, Linz
Literatur:
1 Gurol-Urganci I et al.: Am J Obstet Gynecol 2021; 225(5): 522.e1-11 2 Marchand G et al.: AJOG Glob Rep 2022; 2(1): 100049 3 Conde-Agudelo A, Romero R: Am J Obstet Gynecol 2022; 226(1): 68-89.e3 4 Enenegl S et al.: Geburtshilfe Frauenheilkd 2022; 82(5): 501-9 5 SARS-CoV-2 in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. S2k-Leitlinie 015/092, März 2022; www.awmf.org
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