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Verhütung mit Spirale

„Die Frau kennt ihren Körper am besten“

Womöglich liegt es an zu wenig Zeit beim Aufklärungsgespräch oder an zu wenig Erfahrung seitens der Frauenärzte, dass in Österreich nur so wenige Frauen mit der Spirale verhüten. Dabei ist die Methode fast so sicher wie die Pille und deutlich preiswerter. Welche Rolle die Aufklärung hierbei spielt und worauf man bei der Einlage und bei der Nachkontrolle achten muss, erklärt Prof. Peter Husslein aus Wien.

Zwei Medizinerinnen aus den USA haben kürzlich eine Übersicht über Spiralen veröffentlicht.1 Ihr Fazit: „IUDs are appropriate for most patients.“ Doch gemäß dem österreichischen Verhütungsreport von 2019 verhüten nur 6% der Frauen mit der Hormonspirale und nur 4% mit der Kupferspirale.2 Woher kommt diese Diskrepanz?

P. Husslein: Grundsätzlich ist es wichtig, bei jeder Verhütungsberatung klarzumachen, dass es nicht die eine ideale Methode gibt und alle anderen schlecht sind, sondern dass jede Vor- und Nachteile hat. Vielleicht nimmt sich manch ein Kollege nicht genügend Zeit für ein aufklärendes Beratungsgespräch, sondern verschreibt rasch die Pille, sodass andere, auch sehr effektive Methoden wie die Spirale nicht erwähnt werden.

Wie sieht für Sie ein ideales Beratungsgespräch zur Kontrazeption aus?

P. Husslein: Essenziell ist es, herauszufinden, in welcher Situation die Frau ist, und einzuschätzen, welche Methode für sie sinnvoll und welche weniger sinnvoll ist. Ein junges Mädchen, das keine fixe Partnerschaft hat, braucht eine verlässliche Methode und wird beispielsweise mit der Zeitwahl-Methode schlecht beraten sein. Diese wäre aber für eine 35-jährige mit stabilem Zyklus ideal, die schon ein Kind hat und gerne noch ein weiteres möchte, vielleicht nicht unbedingt jetzt, aber es wäre auch nicht schlimm, wenn sie jetzt schwanger würde.

Ein weiterer Aspekt ist die Kontrolle über die Verhütung. Bei der Verwendung von Kondomen muss der Mann kooperieren. Möchte die Frau die Pille, muss sie sie regelmäßig nehmen. Hat sie keine Lust, jeden Tag daran zu denken, bietet sich eine Spirale an – damit muss sie sich jahrelang nicht um die Verhütung kümmern.

Eine Rolle spielen natürlich auch die Kosten. Die Spirale ist eine sehr kostengünstige Methode der Verhütung. Selbst die etwas teurere Hormonspirale ist – wenn man die Kosten auf 5Jahre aufteilt – günstiger als die Pille.

Wie viel berechnen Sie ungefähr für das Einlegen einer Spirale inklusive Materialkosten und wie viel ist das im Vergleich zur Pille, auf 5 Jahre berechnet?

P. Husslein: Auf Preisdetails möchte ich nicht eingehen. Wie viel man für das Einlegen einer Spirale berechnen kann, hängt nicht nur von der Art der Spirale ab, sondern auch von der Kostenstruktur der Ordination und wie ich insgesamt meine Ordination organisiert habe. Es ist etwas anderes, wenn Spiraleneinlagen „irgendwie mitlaufen“ oder einen wichtigen Teil meiner Einnahmen darstellen. Vom Material her sind Metallspiralen, also aus Kupfer oder aus Gold, preiswerter als Hormonspiralen. Der Aufwand für das Einlegen bleibt natürlich gleich. Wenn man es von der Kostenseite her betrachtet, muss man sich natürlich überlegen, ob man tatsächlich eine 5-jährige Liegedauer beabsichtigt.

Wie meinen Sie das?

P. Husslein: Lege ich eine Hormonspirale ein, die mehr kostet als eine Kupferspirale, ist sie natürlich nur dann gleich teuer oder vielleicht knapp billiger als die Pille, wenn die Frau sie 5Jahre behält. Lässt sie die Spirale aus welchen Gründen auch immer nach 2Jahren entfernen, ist es natürlich logisch, dass die Spirale für die 2Jahre dann teurer war, als wenn sie in der gleichen Zeit die Pille genommen hätte. Ich finde es wichtig, diesen Aspekt mit der Frau zu diskutieren. Hat sie von vornherein nicht die Absicht, mit der Hormonspirale 5Jahre lang zu verhüten – etwa weil sie in den kommenden 2–3 Jahren schwanger werden möchte, dann lohnt sich die Spirale finanziell für sie nicht. Aber für manche Frauen stehen die Kosten gar nicht im Vordergrund und sie bevorzugen die Spirale auch für eine kürzere Liegedauer, weil es eine Verhütungsmethode ist, bei der man „an nichts denken muss“. Die Kupferspirale ist außerdem inzwischen schon so preiswert, dass sie sich wahrscheinlich schon nach 2 oder 3Jahren gegenüber der Pille rentiert.

Abgesehen von den Kostenaspekten kann eine Frau natürlich die Spirale entfernen lassen, wann immer sie möchte.

Wie erklären Sie der Frau, welche Spirale für sie am besten wäre?

P. Husslein: Ich erzähle ihr Folgendes: Es gibt zwei Arten von Spiralen. Erstens die aus Metall, also Kupfer oder Gold. Zweitens solche mit Hormonen. Ich bin kein Freund der verschiedenen Hormondosierungen und erwähne das erst gar nicht – das würde die Erklärung unnötig verkomplizieren. 9 von 10 Frauen sind meiner Erfahrung nach zufrieden mit der Spirale. Frauen, die mit der Metallspirale unzufrieden sind, sagen oft, dass ihre Menstruation zwar regelmäßig kommt – das sollte sie auch –, aber manchmal länger und stärker ist und auch schmerzhafter. Mit der Hormonspirale haben die Frauen entweder gar keine Menstruation oder unregelmäßig oder sie kommt regelmäßig, ist aber leichter als ohne Spirale. Manche Frauen stören diese Unregelmäßigkeiten. Andere stört es nicht, sie finden das gerade sehr angenehm. Ganz selten – und das ist natürlich unangenehm, gleichwohl ungefährlich – bekommen die Frauen leichte Zwischenblutungen. Andere Nebenwirkungen bei der Hormonspirale können sein: ein Gefühl der Aufgeblähtheit oder – selten – akneähnliche Hautveränderungen. Die Spiralenhersteller behaupten zwar, dass die Hormonspirale nur lokal wirkt, aber gelegentlich nimmt der Körper doch etwas von den Hormonen auf und das kann dann Nebenwirkungen verursachen.

Findet es nicht jede Frau praktisch, wenn sie keine oder eine schwächere Menstruation hat? Warum entscheiden sich Frauen für eine Kupferspirale, mit der man noch regelmäßig die Periode bekommt?

P. Husslein: Ich bin immer wieder erstaunt, aber ein nicht unbeträchtlicher Teil der Frauen will menstruieren, sei es aus kulturellen oder religiösen Gründen, oder weil sie finden, es sei „schlecht“, wenn etwas „zurückgehalten“ wird. Das ist natürlich Unsinn, denn es wird ja nichts zurückgehalten, sondern die Schleimhaut wird einfach nicht aufgebaut und blutet ergo dann auch nicht ab. Manche Frauen möchten auch deshalb ihre Periode weiter bekommen, weil sie glauben, dass es „natürlich“ sei, einmal im Monat zu menstruieren. Es macht mir dann immer Spaß, der Frau klarzumachen, dass das ein interessanter Gedankenfehler ist, der kulturell bedingt ist: Es gibt nichts Unnatürlicheres, als einmal im Monat zu menstruieren. Von der Natur her wären ständig aufeinanderfolgende Schwangerschaften und Stillzeiten geplant. Das heißt: Einmal im Monat zu bluten ist ein Kulturphänomen, das sich (glücklicherweise) durch effektive Verhütungsmethoden entwickelt hat. Abgesehen davon kann es gesundheitliche Konsequenzen haben, wenn eine Frau ständig Blut verliert: Anämie und die Folgen kennt jeder Arzt zur Genüge. Das ist auch der Grund, warum ich immer öfter die Pille im Dauerzyklus verschreibe.

Wenn sich die Frau nun für eine Spirale entschieden hat: Wie gehen Sie bei der Einlage vor?

P. Husslein: Am besten ist es, die Spirale während der Menstruation einzuführen, weil dann der Gebärmutterhals etwas geöffnet ist. Ich gebe der Frau beim Praxisbesuch zuvor 2 Tabletten Misoprostol à 200mg mit. Die soll sie 4 Stunden vor dem Termin zur Einlage vaginal einführen. Das erleichtert die Einlage der Spirale, denn Misoprostol macht die Zervix weicher und erweitert sie noch mehr.

Die Kolleginnen aus den USA empfehlen einen parazervikalen oder intrazervikalen Block zusätzlich zur Schmerzlinderung mit nichtsteroidalen Antiphlogistika, falls erforderlich, etwa wenn die Einlage schwierig ist oder um es der Frau angenehmer zu machen. Was sagen Sie dazu?

P. Husslein: Eine Einlage in Lokalanästhesie ist unnötig, eine Vollnarkose ist Blödsinn. Junge Mädchen reagieren auf das Aufdehnen der Zervix öfter mit Kreislaufproblemen. Deshalb kann es sein, dass sie sich in der Praxis kurz hinlegen und erholen müssen, aber es ist keine Anästhesie notwendig. Schmerzen klingen normalerweise nach 2–3Stunden ab, man kann dagegen jede Art von Schmerzmittel nehmen, z.B. Ibuprofen.

Legen Sie die Spirale unter Ultraschallkontrolle ein?

P. Husslein: Ich mache nach der Einlage einen Ultraschall, um den Sitz der Spirale zu kontrollieren. Für die Einlage selbst braucht man keinen Schall. Ich empfehle eine Lagekontrolle per Ultraschall nach 3–4 Monaten im Rahmen einer Nachkontrolle, bei der ich auch nach Beschwerden oder Komplikationen fragen kann.

Wie klären Sie die Frauen über Komplikationen auf?

P. Husslein: Ganz selten kann die Spirale ausgestoßen werden. Das merkt man meistens, weil sie z.B. am Tampon hängt oder man sie in der Scheide spürt. Zur ordentlichen Aufklärung gehört jedenfalls, dazuzusagen, dass es selten trotz Spirale zu einer Schwangerschaft kommen kann und leider auch gelegentlich zu einer Eileiterschwangerschaft. Wichtig ist es, die Frau darauf hinzuweisen, dass sie mit unerklärlichen Beschwerden wie dauerhaften Schmerzen, Fieber oder sonstigen ungewohnten Unterleibsbeschwerden sofort zum Frauenarzt gehen sollte. Denn das könnte auf eine Infektion hinweisen.

Kann eine Frau, die die Pille nimmt, sofort auf die Spirale wechseln?

P. Husslein: Ja, das ist sogar besonders praktisch. Mit der Pille kann man die Menstruation genau timen – die Frau kann ja allenfalls die Pille statt 21 Tage 29 Tage nehmen. So kann man die Spirale während der Blutung einsetzen. Das ist einfacher, weil dann die Zervix etwas weiter ist.

Anders herum: Wenn die Frau die Spirale nicht mehr möchte, kann sie dann sofort wieder die Pille nehmen und ist sofort geschützt?

P. Husslein: Ist die Gebärmutterschleimhaut niedrig, ist die Frau sehr sicher vor einer Schwangerschaft geschützt. Denn die Hormone aus der Pille treffen auf die niedrige Schleimhaut, diese muss sich erst aufbauen und es besteht ein sehr geringes Risiko für Zwischenblutungen. Wie hoch die Gebärmutterschleimhaut ist, sehe ich im Ultraschall, den ich durchführe, nachdem ich die Spirale entfernt habe. Ist die Schleimhaut hoch, kann die Frau theoretisch auch gleich die Pille nehmen. Sie hat dann aber ein höheres Risiko für Zwischenblutungen, weil der Pilleneffekt auf die nicht abgeblutete Schleimhaut trifft. Ich rate der Frau in dieser Situation, einen Monat anders zu verhüten, etwa mit Kondom, und erst mit der nächsten Menstruation die Pille wieder zu nehmen.

Ist die Spirale etwas für junge Frauen, die noch kein Kind haben?

P. Husslein: Nicht unbedingt die Methode der ersten Wahl, denn das Einlegen bei einer Nullipara ist ein bisschen mühsamer, weil die Zervix noch nicht so dehnbar ist und es kommt etwas häufiger zu Schmerzen und Blutungsproblemen. Aber wenn die junge Frau die Pille nicht verträgt oder nicht nehmen möchte oder sollte, weil sie eine Gerinnungsstörung hat, kann man ihr durchaus eine Spirale empfehlen. Ich würde dann aber eher zu einer Hormonspirale raten, weil die jungen Mädchen oft an schmerzhaften Menstruationen leiden.

Lassen Sie die Spiralen immer so lange liegen, wie die Hersteller empfehlen, also etwa 5 Jahre?

P. Husslein: In der Regel schon, aber auch hier gibt es Ausnahmen. Einer Frau Mitte 40 mit einer Hormonspirale empfehle ich eher, die Spirale länger liegen zu lassen, zum Teil auch gerne über die Wechseljahre hinweg. Denn die lokale Progesteroneinwirkung hat in dieser Situation Vorteile, wie z.B. weniger Zwischenblutungen, die eine Kürettage notwendig machen können.

Noch eine praktische Frage: Wie lang lassen Sie die Fäden?

P. Husslein: So lang, dass ich sie noch sehe und die Spirale damit später leicht entfernen kann. Manchmal stören die Fadenenden den Mann beim Sex, dann kürze ich sie. Allerdings ist dann die Entfernung der Spirale schwieriger, weil man den Faden im Zervikalkanal suchen muss. Im Extremfall muss man die Spirale hysteroskopisch in einer kurzen Narkose entfernen. Das ist aber glücklicherweise sehr selten der Fall.

Wie lange warten Sie, um die neue Spirale einzusetzen?

P. Husslein: Entfernen und Einlegen einer neuen Spirale kann man in einer Sitzung machen, wenn die Frau keine Beschwerden hat. Habe ich die Spirale entfernt, weil die Frau Beschwerden hatte, sollte sie eine Zeit lang – mindestens einen Zyklus – warten und sich vielleicht überlegen, ob eine andere Form der Verhütung besser geeignet wäre. Was ganz wichtig ist bei der Verhütungsdiskussion: Die Frauen reagieren individuell auf die verschiedenen Methoden und man muss genau hinhören. Ich habe schon einmal ein Gutachten geschrieben zu einem Fall, wo die Frau ihren Arzt mehrmals darauf hingewiesen hat, dass sie sich mit der Hormonspirale nicht wohlfühlt. Trotzdem hat der Kollege immer wieder neue Hormonspiralen eingeführt, bis endlich jemand auf die Idee gekommen ist, die Spirale zu entfernen. Damit war die Patientin dann sofort beschwerdefrei. Das Beispiel zeigt wieder einmal: Es ist immer wichtig und gut, auf die Patientin zu hören.

Werden angehende Frauenärzte ausreichend geschult, Spiralen einzulegen?

P. Husslein: Nein, das wird viel zu wenig geübt. Die Facharztausbildung ist viel zu wenig auf die niedergelassene Tätigkeit zugeschnitten. Es kommt aber sehr auf die Ausbildungsstätte an. Im Allgemeinen Krankenhaus Wien gibt es eine Ambulanz für Familienplanung, das ist so ziemlich der einzige Ort, wo die jungen Kollegen das lernen können.

Wie lange dauert es, bis man Spiralen einlegen kann?

P. Husslein: Es ist nicht kompliziert. Wenn man eine Spirale ein paar Mal gelegt hat, hat man es verstanden. Neben der Lagekontrolle mit Ultraschall ist das beste Kriterium hier auch wieder die Frau. Hat sie auch noch lange nach der Einlage immer wieder Schmerzen, stimmt etwas nicht. Dann muss man nachschauen und gegebenenfalls die Spirale entfernen. Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Wir Ärzte haben zwar das Fachwissen, aber ihren Körper kennt die Frau am besten und wir müssen auf das hören, was sie sagt.

1 Long S, Colson L: Intrauterine device insertion and removal. Prim Care 2021; 48(4): 531-44 2 www.verhuetungsreport.at

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