
Aus der HIV- und STD-Spezialambulanz (Haut 5) der Universitäts-Hautklinik Innsbruck
Autor:
Ass.-Prof. Dr. Mario Sarcletti
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
HIV/AIDS/STI-Bereich
Medizinische Universität Innsbruck
E-Mail: mario.sarcletti@i-med.ac.at
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Durch die kontinuierliche Verbesserung der HIV-Kombinationstherapie konnte man in den letzten Jahren die Zahl der neu mit HIVInfizierten niedrig halten und auch bereits Erkrankte gut behandeln. Um das 95-95-95-Ziel zu erreichen und die Verbreitung anderer sexuell übertragbarer Krankheiten einzudämmen, braucht es weitere Awareness und Aufklärung. Die Universitäts-Hautklinik Innsbruck hat zwei Spezialambulanzen eingerichtet, um diese Aufgaben umzusetzen.
Durch die wirksamen Kombinationstherapien ist die HIV-Infektion eine behandelbare und kontrollierbare Infektion geworden. Inzwischen wurden die Medikamente äußerst erfolgreich weiterentwickelt und so kann man heute fast alle Betroffenen mit nur einer Tablette täglich, in der mehrere Wirkstoffe kombiniert sind, erfolgreich behandeln. Diese Therapien unterdrücken das Virus unter die Nachweisgrenze empfindlichster Nachweismethoden (PCR), das Immunsystem kann sich normalisieren, Aids wird verhindert und die Betroffenen haben eine annähernd gleiche Lebenserwartung wie ohne HIV. Dennoch bleibt das Virus unterdrückt in Zellen der Infizierten erhalten, daher ist eine Heilung bisher nicht möglich. Erfolgreich Behandelte mit der HIV-Viruslast im Blut unter der Nachweisgrenze sind bei weiterer Einnahme der Medikamente nicht mehr infektiös. So kann die Verbreitung des Virus verhindert werden.
Zur Optimierung der Betreuung wurde von Innsbruck aus unter Anleitung von Prof. Zangerle eine elektronische Patientenakte (HIP: HIV-Patient:innen-Management-System) entwickelt, die nun in allen österreichischen HIV-Behandlungszentren installiert ist. Aus dem HIP werden regelmäßig anonymisiert Analysen für Österreich (AHIVCOS: Austrian HIV cohort study) generiert, in internationale Kohorten implementiert und dienen dem Ministerium und der ECDC als österreichische HIV-Epidemiologie.
Wenn es gelingt, 95% aller Infizierten zu diagnostizieren, davon 95% zu behandeln und davon bei 95% das Virus unter die Nachweisgrenze zu drücken, wäre das das „Ende“ von HIV in unserer Gesellschaft (95-95-95-Vorgabe der UNAIDS bis 2030). Die beiden letztgenannten 95%-Ziele sind bereits jetzt, 2023, teilweise erreicht. In Tirol und auch in Österreich dürften noch ca. 12–18% der HIV-Infizierten nicht diagnostiziert sein, und es ist die Herausforderung der nächsten Jahre, diese Zahl zu verringern und dauerhaft niedrig zu halten. Die Aufgabe unseres medizinischen Systems und aller Ärzt:innen ist es, möglichst alle HIV-Infizierten zu diagnostizieren und einer Behandlung zuzuführen. Dafür benötigt es die Aufmerksamkeit aller medizinisch Tätigen, um öfter an HIV zu denken und öfter den HIV-Test durchzuführen. Ein Leitfaden sind die sogenannten Indikatorerkrankungen, bei deren Manifestation ein HIV-Test durchgeführt werden sollte.
Leider wird die HIV-Infektion immer noch meist zu spät diagnostiziert (ca. 40% der Infizierten haben bei der Erstdiagnose bereits eine schwere Immundefizienz oder sind bereits Aids-krank), glücklicherweise sind aber die besonders schweren Aids-Erkrankungen selten geworden. Somit hat sich die Behandlung hauptsächlich in den ambulanten Bereich verlagert.
Abb. 1: HIV-Behandlungszentren in Österreich, ohne niedergelassenen Bereich (Anzahl der betreuten HIV-Infizierten)
Um die Verbreitung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen (STIs) zu verhindern, gilt es, Menschen zu betreuen, die ein höheres Risiko für eine HIV-Infektion aufweisen. Insbesondere durch die Diagnose und Therapie anderer Geschlechtskrankheiten, die auch eine HIV-Infektion wahrscheinlicher machen, kann die Verbreitung von HIV verhindert werden. Daher hat die Haut 5 neben der HIV-Ambulanz auch eine „STI“-Ambulanz eingerichtet, um insbesondere die Männergesundheit im Bereich der Geschlechtskrankheiten zu fördern (die Frauen werden ja durch die Gynäkolog:innen ausreichend versorgt). Inzwischen haben wir 2022 fast doppelt so viele HIV-negative Menschen (ca. 1400) wie HIV-positive Menschen (ca. 760) in unserer Spezialambulanz betreut. Von den HIV-negativen kamen 364 HIV-PrEP-Anwender zur regelmäßigen Untersuchung. Mit der HIV-PrEP (HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe: Tenofovir/Emtricitabin regelmäßig eingenommen) kann zu einem hohen Prozentsatz eine HIV-Infektion verhindert werden. Ca. 400 HIV-Negative suchten unsere Ambulanz mit anderen Fragen zur sexuellen Gesundheit auf und ca. 600 Angestellte im medizinischen Bereich kamen nach beruflichen Expositionen (Stichverletzungen, Schleimhautkontakt,…) mit möglicherweise infektiösem Material zur Abklärung bzgl. einer PEP (Post-Expositions-Prophylaxe).
Abb. 2: Sexuell übertragene Infektionen (Chlamydien, Gonorrhö oder/und Lues) pro 100 Personen, Infektionssprechstunde Hautklinik Innsbruck
Die Wichtigkeit von Screening, Diagnose und Therapie anderer STIs wie Syphilis, Gonorrhö und Chlamydien wird durch den Anstieg dieser Infektionen in den letzten Jahren deutlich. Viele der diagnostizierten STIs verlaufen mit nur wenigen oder ohne Symptome und werden aufgrund der regelmäßigen Untersuchungen von Menschen mit erhöhtem Risiko diagnostiziert. Nur durch die Diagnose und Therapie der STIs und die unmittelbare zusätzliche Therapie der Sexualpartner kann die Weiterverbreitung verhindert werden.
Literatur:
beim Verfasser
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