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OEADF 2022

Dermatopathologie als Partner der Klinik für herausfordernde Läsionen

Für klinisch tätige Dermatolog:innen gehört der Griff zur Stanze selbstverständlich zum Arbeitsalltag dazu. Dabei kann der histologische Befund der Absicherung einer klinischen Diagnose dienen. Daneben sind zur Diagnose einiger Erkrankungen, wie Vaskulitiden und Pannikulitiden, auch spezifische histologische Veränderungen erforderlich. Die histopathologische Diagnosesicherung bei Tumoren ist „State of the Art“, dies gilt auch in der Dermatologie. Der folgende Artikel soll den Beitrag der Dermatohistopathologie in der Diagnostik entzündlicher Erkrankungen hervorheben.

Zur richtigen Zeit, am richtigen Ort … das Richtige tun

Der histopathologische Befund ist eine Momentaufnahme aus einem Teil des Ganzen. Durch die Wahl des Zeitpunktes und der Biopsiestelle bestimmen Kliniker:innen oder Operateur:innen, was Histolog:innen sehen – räumlich und zeitlich. Dadurch werden bereits die Weichen für einen guten Befund gestellt. Auch die richtige Wahl der Entnahmetechnik und die korrekte Durchführung sind Voraussetzungen für eine sinnvolle Diagnostik und belegen abermals, wie wichtig ein grundlegendes dermatopathologisches Wissen für klinisch tätige Dermatolog:innen ist. Wird beispielsweise bei der Abklärung einer Pannikulitis mittels Stanzbiopsie kein oder kaum Fettgewebe entnommen, kann auch keine Aussage über eine Fettgewebsentzündung getroffen werden.

Zur Orientierung in Bezug auf die Entnahmetechnik kann man festhalten, dass eine Shavebiopsie Veränderungen in der Epidermis und oberflächlichsten Dermis darstellt. Eine Stanzbiopsie zeigt bei korrekter Durchführung und Größenwahl die gesamte Dermis und gilt für die meisten Fragestellungen zu entzündlichen Erkrankungen als Methode der Wahl. Wenn die Fragestellung den Übergang zur Subkutis, das Fettgewebe, Faszienanteile oder Ähnliches beinhaltet, ist in der Regel eine Schiffchenbiopsie erforderlich.

Für Dermatolog:innen stellt sich die Frage: Was passiert nach Entnahme einer Gewebeprobe?

Einblicke in die Blackbox: zwischen Biopsie und Befund

Das in Formalin fixierte Gewebe aus einer Biopsie wird zuerst makroskopisch verarbeitet. Das heißt, es wird optisch und haptisch beurteilt – hinsichtlich seiner Größe, Form und etwaiger Auffälligkeiten – und im Falle größerer Präparate in Gewebeblöcke zerteilt. Diese werden anschließend entwässert und in Paraffin eingebettet. Von den Paraffinblöcken werden ultradünne Schnitte (2 bis 4µm) angefertigt, welche auf Objektträger übertragen werden. Auf diesen können sie gefärbt und unter dem Mikroskop beurteilt werden. Die Standardfärbung ist die Hämatoxylin-Eosin(HE)-Färbung. Die meisten Fragestellungen können anhand der HE-gefärbten Schnitte beantwortet werden. Weitere häufige Färbungen in der Dermatohistopathologie sind in Tabelle 1 aufgelistet.

Tab. 1: Häufige Färbungen in der Dermatohistopathologie

Der histopathologische Befund: eine Sprachverwirrung

Eine Vielzahl der heutigen Erkenntnisse der Dermatologie entwickelte sich ab dem 19. Jahrhundert durch die histologische Untersuchung von Hauterkrankungen, oft durch anatomisch-pathologisch ausgebildete Dermatolog:innen – sofern diese Berufsbezeichnungen in der damaligen Zeit zutreffend waren. Als grundlegend verbindendes Element zwischen Dermatologie und Histopathologie fungiert die Morphologie. Sowohl Kliniker:innen als auch Histopatholog:innen sehen und beschreiben u.a. Muster in Form, Größe, Anordnung und Farbe.

Ähnlich der Klinik bedient sich die Histopathologie des Erkennens von Hauptentzündungsmustern. Diese sind nicht krankheitsspezifisch, sondern führen vielmehr gemeinsam mit histologischen „clues“ sowie dem klinischen Kontext zu einer Diagnose. Dabei unterscheidet sich die Sprache zwischen der Dermatologie und der Pathologie jedoch nicht unerheblich. Es stehen den zum Teil verwirrenden und nicht selten redundanten klinischen Diagnosen die oft technisch-beschreibenden pathologischen Diagnosen gegenüber. Die klinisch-pathologische Korrelation, also das Zusammenführen klinischer und pathologischer Informationen, ist insbesondere für die Diagnose entzündlicher Hautkrankheiten unerlässlich.

Entzündungsmuster und Fallbeispiele

Die vollständige Darstellung der entzündlichen Dermatohistopathologie füllt Lehrbücher und geht über das Ziel dieses Artikels hinaus. Eine Einteilung in histopathologische Hauptentzündungsmuster findet sich in Tabelle 2. Dabei muss berücksichtigt werden, dass ein Entzündungsmuster im Rahmen unterschiedlicher Erkrankungen vorkommen kann. Andererseits können sich einige Erkrankungen unter verschiedenen Entzündungsmustern präsentieren. Dabei finden sich häufig „clues“ oder Besonderheiten in den histopathologischen Veränderungen, welche in der Korrelation mit der Klinik eine Diagnose möglich machen; dazu im Folgenden einige Fallbeispiele:

Tab. 2: Hauptentzündungsmuster unter dem Mikroskop

Fallbeispiel 1: Vesikulobullöses Muster

Klinik (A): umschriebene Plaque, samtartig matt mit teils mazerierter Oberfläche und verzweigten fissuralen Erosionen. Lokalisation: axillär beidseits.
Histologie (B&C): eine korbgeflechtartig verhornende Epidermis mit Akantholyse (*) nahezu über die gesamte Breite. Die Keratinozyten sind hypereosinophil (pink) und stellenweise noch nicht vollständig voneinander gelöst – inkomplette Akantholyse (~). Kaum Entzündungszellen.
Fazit: Nach negativer Immunfluoreszenz wurde die Diagnose eines Pemphigus chronicus benignus familiaris (Morbus Hailey-Hailey) gestellt.

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Fallbeispiel 1: Vesikulobullöses Muster

Fallbeispiel 2: Psoriasiformes Muster, ulzeriert

Klinik (A): bei 9 Uhr in Steinschnittlage eine perianale weiche, gegenüber Berührung empfindliche Plaque. Die Oberfläche weiß glänzend, sezernierend.
Histologie: (B) In der Übersicht eine ulzerierte Plaque (Pfeil), die Epidermis hyperplastisch verbreitert. Dermal angelagert dichte entzündliche Infiltrate, welche auf die Epidermis übertreten. (C) In hoher Vergrößerung neben Lymphozyten (*), neutrophilen (~) und eosinophilen (+) Granulozyten auch zahlreiche Plasmazellen (#). (D) In der immunhistochemischen Färbung die Treponemen gut sichtbar (roter Farbniederschlag).
Fazit: Ergänzt durch die Anamnese und das serologische Profil wurde die Diagnose einer Syphilis im Stadium II unter dem klinischen Bild eines Condyloma acuminatum gestellt.

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Fallbeispiel 2: Psoriasiformes Muster, ulzeriert

Fallbeispiel 3: Psoriasiformes und lichenoides Muster

Klinik (A): Rechts inframalleolär medial eine solitäre indolente, rotbräunliche, flache Plaque, knapp 1cm Durchmesser.
Histologie: (B) Parakeratose mit Serumeinlagerungen und neutrophilen Granulozyten. Die Epidermis ist psoriasiform hyperplastisch, im Papillarkörper angelagert zeigt sich ein bandförmiges dichtes entzündliches Infiltrat, das sich entlang der Blutgefäße bis in die tiefe Dermis erstreckt. (C) In hoher Vergrößerung findet man neben Lymphozyten (*) und Makrophagen (~) zahlreiche Plasmazellen (#).
Fazit: Ergänzt durch die Anamnese und die serologischen Befunde wurde die Diagnose einer Syphilis im Stadium II gestellt.

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Fallbeispiel 3: Psoriasiformes und lichenoides Muster

Fallbeispiel 4: Interface-Dermatitis, lichenoid

Klinik (A&B): Kind mit regellos disseminierten, ungleich großen, teils ulzerierten Papeln. Keine Allgemeinsymptomatik.
Histologie: (C) Die Übersicht zeigt ein flach vorgewölbtes Hautbiopsat mit Serokruste (+) und neutrophilen Granulozyten. Übergang zur Dermis durch entzündliche Infiltrate verwaschen. (D) In hoher Vergrößerung eine lichenoide Interface-Dermatitis mit zahlreichen apoptotischen Keratinozyten (>) und Lymphozyten in der basalen, aber auch der höheren Epidermis sichtbar.
Fazit: Die klinisch-pathologische Korrelation ergab die Diagnose Pityriasis lichenoides et varioliformis acuta (PLEVA).

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Fallbeispiel 4: Interface-Dermatitis, lichenoid

Fallbeispiel 5: Vaskulopathisches Muster

Klinik (A&D): petechiale bis ekchymotische livide Hämorrhagien akral bei einem Patienten mit akuter hochfebriler Einschränkung des Allgemeinzustandes.
Histologie (B&C): (B) in der Übersicht nur diskrete Veränderungen. Die Epidermis ist unauffällig. Die Papillarkörperblutgefäße sind fibrinoid ausgegossen (>), um dermale Gefäße finden sich nur diskrete entzündliche Infiltrate (*). (C) In hoher Vergrößerung sieht man ein Blutgefäß mit zahlreichen Bakterien (Pfeil) im Lumen (dunkelblaue „Körner“).
Fazit: Septische Vaskulitis, kultureller Nachweis von Neisseria meningitidis im Abstrich aus der Basis der Biopsie.

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Fallbeispiel 5: Vaskulopathisches Muster

Fallbeispiel 6: Spongiotisch-psoriasiformes Muster

Klinik (A&B): Ausgeprägte erythematöse flache Plaques am Rücken, stellenweise deutliche Randbetonung, feine Schuppung, Erosionen, kleine Krusten.
Histologie: (C) Die Übersicht zeigt eine psoriasiform verbreiterte Epidermis mit flächiger kompakter Hyperkeratose, Parakeratose und diskreter Spongiose. Diskrete entzündliche Infiltrate um oberflächliche Gefäße. (D) Hohe Vergrößerung einer PAS-Färbung zeigt die zahlreichen Hyphen im Quer- (Pfeil) und Längsschnitt (Dreieck) im Stratum corneum.
Fazit: Epidermomykose (Tinea corporis)

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Fallbeispiel 6: Spongiotisch-psoriasiformes Muster

Dermatopathologie als Partner

Die Dermatohistopathologie entzündlicher Dermatosen ist nur durch fundierte klinische wie auch pathologische Kenntnisse zielführend. Dies erfordert eine qualifizierte Ausbildung und die Motivation junger Kolleg:innen, sich dieser spannenden Herausforderung zu stellen.

beim Verfasser

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