<p class="article-intro">Das chronische Handekzem ist mit einer Lebenszeitprävalenz von 15 % eine häufige Hauterkrankung, stellt jedoch ätiologisch keine einheitliche Krankheitsentität dar.<sup>1, 2</sup> Mehr als die Hälfte der chronischen Handekzeme sind beruflich bedingt, und bei mehr als jedem vierten Betroffenen besteht Arbeitsunfähigkeit.<sup>3</sup> Der folgende Artikel soll Ansätze zu Diagnostik, Therapie und Prävention dieses Krankheitsbildes vermitteln und verweist hierzu auf Empfehlungen aus den entsprechenden Leitlinien.</p>
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<p class="article-content"><h2>Definition</h2> <p>Als Handekzem werden entzündliche, nicht infektiöse Hautveränderungen an den Händen bezeichnet. Das Reaktionsmuster „Ekzem“ wird dabei durch ein Nach- und Nebeneinander von Rötung, Bläschen, Exsudation, Papeln und Schuppung als entzündliche Reaktion der Haut definiert und synonym zum Begriff „Dermatitis“ verwendet. Als Auslöser kommen sowohl exogene Einflüsse (allergisch, irritativ) als auch konstitutionelle Faktoren (atopische Dermatitis) in Betracht.<sup>1, 4</sup> Je nach ätiologischer Einordung können folgende Formen des Handekzems unterschieden werden, wobei Mischformen eher die Regel als die Ausnahme darstellen.</p> <h2>Formen des Handekzems und deren Diagnostik</h2> <p><strong>Das irritative (Hand-)Ekzem</strong> <br />Das irritative Handekzem, in der Literatur auch als kumulativ-subtoxisches Handekzem bezeichnet, ist die häufigste Form des Handekzems. Ursache der Ekzementstehung ist die wiederholte Exposition gegenüber exogenen irritierenden Faktoren. Die häufigsten Irritanzien stellen dabei vermehrte Feuchtarbeit sowie der wiederholte Kontakt zu Detergenzien, Lösungsmitteln, Ölen, Schweiß, Stäuben und Fasern dar. Der Kontakt mit potenten hautschädigenden Substanzen wie Säuren und Laugen kommt dagegen wesentlich seltener vor.<sup>5</sup> <br />Personen, welche in sogenannten „Feuchtberufen“ tätig sind und deren Hände dabei über zwei Stunden pro Tag einem feuchten Milieu ausgesetzt sind, sind besonders gefährdet – dazu zählt auch das Tragen von okkludierenden Handschuhen über 25 % der Tagesarbeitszeit. <br />Das klinische Bild ist meist von initial rauer, schuppender Haut und im Verlauf vom Auftreten von Rhagaden geprägt. Betroffen sind vor allem Hand- und Fingerrücken, die Veränderungen sind auf den Ort der Noxeneinwirkung beschränkt. Im Gegensatz zum allergisch bedingten Handekzem fehlen Streuphänomene, auch der Juckreiz ist meist nicht so stark ausgeprägt. Bei anhaltender Einwirkung der genannten Noxen auf die Haut entsteht aus dem initial akuten Ekzem das chronisch- irritative Kontaktekzem.<sup>1, 4</sup> <br />Eine eindeutige Zuordnung rein aufgrund des klinischen Bildes ist jedoch insbesondere bei chronischen Ekzemen nicht möglich. Ein Routinetest zur Bestätigung dieser Diagnose steht nicht zur Verfügung; ganz im Gegenteil, die Krankheit stellt eher eine Ausschlussdiagnose dar. Eine ausführliche Erhebung der Anamnese, der Expositionsfaktoren sowie diagnostische Maßnahmen zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen sind daher zur Diagnosestellung unerlässlich. <br /><br /><strong>Das allergische (Hand-)Ekzem</strong> <br />Die allergische Kontaktdermatitis ist nach der irritativen Kontaktdermatitis die zweithäufigste Ursache von Handekzemen.<sup>3</sup> Es liegt eine spezifische immunologische Sensibilisierung gegen ein Kontaktallergen vor, meist handelt es sich um eine allergische Reaktion vom Spättyp (Typ IV). Klinisch ist eine eher unscharf begrenzte Ekzemreaktion typisch, nicht selten kommen Streureaktionen abseits der primären Expositionslokalisation vor. Starker Juckreiz und Brennen sind ebenso typischerweise berichtete Beschwerden.<sup>1, 4</sup> <br />Der Epikutantest ist die wichtigste Maßnahme zur korrekten Diagnosestellung von Spättypallergien. Dabei müssen die Auswahl der Testsubstanzen je nach individueller Exposition, das korrekte Aufbringen der Substanzen, mindestens zwei Ablesungen innerhalb von 72 Stunden sowie die Beurteilung und Interpretation der Ergebnisse hinsichtlich der Relevanz für die Symptome des individuellen Patienten leitliniengerecht berücksichtigt werden.<sup>6</sup> <br />Eine seltene Sonderform des allergischen Handekzems stellt die Proteinkontaktdermatitis dar. Hierbei kommt es nach einer immunologischen Sensibilisierung vom Soforttyp (Typ I) zu ekzematösen Hautveränderungen am Expositionsort. Häufige Auslöser sind Proteinallergene, wie z.B. Latex, Nahrungsmittel oder Tierhaare.<sup>1</sup> <br /><br /><strong>Das atopische (Hand-)Ekzem</strong> <br />Neben den genannten exogenen Auslösern für Handekzeme können auch individuelle konstitutionelle Faktoren vor allem im Rahmen einer atopischen Disposition, wie z.B. Filaggrinmutationen, als Verursacher der gestörten Barrierefunktion eine wesentliche Rolle in der Entstehung von Handekzemen spielen.<sup>7</sup> Rötung und Schuppung am Handrücken sind häufig die ersten Symptome des atopischen Handekzems. Die Hohlhand kann lange unauffällig bleiben. Im Verlauf kann es in der Hohlhand typischerweise zum Auftreten von dyshidrosiformen Bläschen und palmarer Hyperlinearität kommen.<sup>8</sup> <br />Zur Diagnosestellung kann neben einer ausführlichen Erhebung der Eigen- und Familienanamnese sowie der klinischen Untersuchung des gesamten Integuments die Verwendung von validierten Diagnosescores wie z.B. dem „Erlanger Atopie- Score“ hilfreich sein. Hierdurch werden neben anamnestischen Daten auch morphologische Charakteristika und Atopietypische Stigmata ausgewertet und in einem Punktewert quantifiziert.<sup>9, 10</sup></p> <h2>Therapie des chronischen Handekzems</h2> <p>Erste und wichtigste Schritte in der Behandlung des chronischen Handekzems sind die korrekte Identifizierung und nachfolgend die konsequente Meidung der auslösenden Noxen.<sup>4</sup> <br />Die Behandlung der Symptome der Kontaktdermatitis richtet sich nach Schwere und Ausprägung der Hauterscheinungen sowie nach individuellen, patientenbezogenen Faktoren. Hierzu kommt eine der klinischen Ausprägung angepasste Stufentherapie zur Anwendung, welche sich in Basistherapie, Lokaltherapie und UV-Therapie und in schweren Fällen Systemtherapie gliedert.<sup>1</sup> Je nach Schwere und Therapieresistenz der Hautveränderungen gelangt eine Stufe nach der anderen zur Anwendung. Eine Ausnahme bildet die Basistherapie, welche von leichten bis zu schwerwiegenden Ekzemen immer zusätzlich zur jeweiligen Therapieform angewendet werden sollte.<sup>1</sup> <br />Akute Ekzeme werden meist auf hydrophiler Grundlage (Gel, Creme, Lotion) behandelt, chronische Ekzeme werden meist mit einer lipophilen Grundlage (Salbe) behandelt. Durchgeführt werden sollten die genannten Therapien ausschließlich von in ihrer Anwendung erfahrenen Ärzten, in der Regel von Dermatologen. <br /><br />Zur Anwendung können folgende Therapieoptionen kommen:<sup>1, 4</sup> <br /><br /><strong>Basistherapie</strong> <br />Ziel ist die konsequente Rückfettung der Haut. Die Basistherapie kann bei leichten Ekzemen als alleinige Therapieform ausreichend sein, kommt jedoch auch bei chronischen und/oder stark ausgeprägten Ekzemen immer zusätzlich zur jeweiligen medizinischen Therapie zum Einsatz. Bei gestörter Hautbarriere sollten Präparate, welche frei von Duft- und Konservierungsstoffen sowie von Allergenen generell sind, bevorzugt eingesetzt werden. <br /><br /><strong>Topische Kortikosteroide</strong> <br />Die topischen Glukokortikoide sind vor allem beim akuten Kontaktekzem gut wirksam. Bei der Auswahl eines geeigneten Präparates müssen die Schwere, Akuität und Art der Hautveränderungen, die Lokalisation und Dauer der Anwendung, die Wirkstärke und Galenik sowie der therapeutische Index des Präparates beachtet werden. Insbesondere bei länger dauernder Behandlung müssen die bekannten Nebenwirkungen wie Hautatrophie beachtet werden. Es sollten Präparate mit hohem therapeutischem Index bevorzugt werden. <br /><br /><strong>Topische Calcineurininhibitoren</strong> <br />Diese Substanzgruppe ist in Deutschland, Österreich und der Schweiz nur für die Therapie des atopischen Ekzems zugelassen. Jedoch können diese Präparate insbesondere bei längerem Einsatz aufgrund des fehlenden Atrophierisikos und der antientzündlichen Wirksamkeit auch bei Kontaktekzemen von Vorteil sein. <br /><br /><strong>UV-Therapie</strong> <br />Sowohl die Therapie mit UVB als auch die PUVA-Therapie, bei der eine Verstärkung der UV-Wirkung durch topisches Psoralen erreicht wird, sind bei chronischen Ekzemen wirksam. Die Aufklärung über mögliche Risiken sowie die Durchführung der Therapie und die Dosisfindung sollten in der Hand erfahrener Fachärzte liegen. <br /><br /><strong>Systemtherapie</strong> <br />Eine systemische, in der Regel oral verabreichte Therapie kommt zur Anwendung, wenn eine adäquate Lokaltherapie nicht ausreichend Erfolg gezeigt hat. Eine ausführliche schriftliche Aufklärung des Patienten und regelmäßige Kontrollen auf die potenziellen Nebenwirkungen sind in diesem Fall unerlässlich. <br />Zur Anwendung können kurzzeitig oral verbreichte Glukokortikoide kommen, die schnell zur Beruhigung der Entzündung führen, wobei es aber nach dem Absetzen sehr häufig rasch zu einem Rezidiv kommt. Beim chronischen Handekzem kann das Retinoid Alitretinoin bei etwa der Hälfte der Betroffenen entscheidend zur Abheilung beitragen, beim schweren atopischen Ekzem kann mitunter eine Therapie mit dem Immunsuppressivum Ciclosporin erforderlich werden.</p> <h2>Prävention – schweren und chronischen Handekzemen wirksam vorbeugen</h2> <p>Die Exposition gegenüber potenziell hautschädigenden Noxen muss insbesondere beim Vorliegen von irritativen und allergischen Handekzemen ausführlich evaluiert werden. Der direkte Hautkontakt mit diesen Substanzen muss so weit wie möglich vermieden werden, um eine dauerhafte Abheilung der Symptome erreichen zu können.<br />Da, wie eingangs bemerkt, mehr als die Hälfte aller chronischen Handekzeme beruflich bedingt sind, kommt der umfassenden Erhebung der Hautbelastung am Arbeitsplatz eine besonders wichtige Rolle zu. Hier kann eine arbeitsmedizinische Erhebung vor Ort Aufschluss über die berufliche Hautbelastung durch Arbeitsstoffe geben. Oft ist auch eine Doppelbelastung im Haushalt und im Beruf maßgeblich verantwortlich für die Ausbildung von chronischen Ekzemen.<br /> Insbesondere zur Vorbeugung von irritativ bedingten Handekzemen ist die Erstellung eines integrativen Hautschutzkonzeptes zu empfehlen. Dieses beinhaltet die konsequente Verwendung geeigneter Produkte zum Hautschutz, zur Hautreinigung und zur Hautpflege.<sup>11</sup><br /><br /> <strong>Hautschutz</strong><br /> Diese Produkte dienen der Verminderung von Hautirritation und sind insbesondere bei erhöhter Feuchtbelastung der Haut sinnvoll.<br /> Durch Zugabe von Aluminiumsalzen oder Gerbstoffen vermindern einige dieser Produkte zusätzlich ein übermäßiges Schwitzen an den Händen.<br /><br /> <strong>Hautreinigung</strong><br /> Prinzipiell sollten Hautreinigungsmittel nur bei tatsächlicher Verschmutzung der Haut zur Anwendung kommen. Auswahl und Zusammensetzung des Produktes richten sich hier nach der Art und Stärke der Verschmutzung.<br /> Vermieden werden sollten stark abrasive Reinigungsmittel (z.B. Waschsand).<br /><br /> <strong>Hautpflege</strong><br /> Diese Produkte dienen der Regeneration der Hautbarriere insbesondere durch Rückfettung und sollten erst nach Beendigung einer hautbelastenden Tätigkeit angewendet werden.<br /><br /> <strong>Weitere Maßnahmen der Sekundärprävention</strong><br /> Sobald der Verdacht vorliegt, dass das Handekzem eines Patienten beruflich bedingt sein könnte, muss die Berufskrankheiten- Meldung an die AUVA erfolgen. Der behandelnde Arzt ist bereits bei begründetem Verdacht zur Meldung verpflichtet. Die Berufskrankheiten-Meldung kann entweder mit dem auf der Website der AUVA bereitgestellten Formblatt oder auch formlos schriftlich an die AUVA erfolgen. Damit kann der Patient in das neue Präventionskonzept, eine Kooperation der AUVA und der Medizinischen Universität Graz, aufgenommen werden.<br /> Im Rahmen von Hautsprechstunden wird an definierten Zentren eine umfassende Diagnostik der Ursachen gestellt und die Therapie der Symptome eingeleitet. Darüber hinaus wird den Betroffenen eine an die individuelle Exposition angepasste persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt, und die Patienten werden in ihrer Anwendung und der Meidung von Risikofaktoren geschult. Nach einem circa achtwöchigen Arbeitsversuch mit optimierter persönlicher Schutzausrüstung und nach erfolgter ausführlicher Schulung in ihrer Anwendung werden die Betroffenen zu einer weiteren Hautsprechstunde eingeladen, um gemeinsam den Erfolg der bisherigen Maßnahmen zu bewerten und bei Bedarf das weitere Vorgehen zu besprechen.</p> <h2>Tertiärprävention</h2> <p>Sollte das beruflich bedingte chronische Handekzem trotz umfassender Maßnahmen der Sekundärprävention nicht abgeheilt sein, wird dem Patienten ein dreiwöchiger stationärer Aufenthalt an der Abteilung für Berufskrankheiten und Arbeitsmedizin der Rehabilitationsklinik Tobelbad bei Graz angeboten. In Tobelbad stehen für erweiterte Diagnostik und Therapie sämtliche Möglichkeiten der dermatologischen Behandlung und Rehabilitation zur Verfügung. Darüber hinaus werden die Betroffenen durch Gesundheitspädagogen, Ergotherapeuten, Physiotherapeuten und Psychologen intensiv betreut. Es erfolgen Arbeitsplatzsimulationen mit optimierter persönlicher Schutzausrüstung an Modellarbeitsplätzen im Rehabilitationszentrum.<br /><br /> Ziel der Maßnahme der tertiären Individualprävention ist neben der Abheilung der Hautveränderungen die Vermeidung des erneuten Auftretens bei Wiedereintritt in den Beruf. Aus diesem Grund werden die Patienten für ein Jahr kontinuierlich nachbetreut, um eventuell erneut auftretende Hautveränderungen bereits frühzeitig zu erkennen und abfangen zu können.</p> <div id="fazit"> <h2>Fazit</h2> Die Identifikation der Ursachen des heterogenen Krankheitsbildes „Handekzem“ ist häufig komplex und erfordert neben einer ausführlichen Anamnese leitliniengerechte Diagnostik. An berufsbedingte Ursachen sollte gedacht werden. Eine frühzeitige Durchführung von Präventionsmaßnahmen parallel zur Behandlung der Symptome kann helfen, schwere und langwierige Krankheitsverläufe abzuwenden.</div></p>
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<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Diepgen TL et al.: Management von Handekzemen. Leitlinie JDDG 2009 <strong>2</strong> Thyssen JP et al.: The epidemiology of hand eczema in the general population--prevalence and main findings. Contact Dermatitis 2010; 62(2): 75-87 <strong>3</strong> Diepgen TL, Andersen KE: Hand eczema classification – a cross-sectional. Br J Dermatol 2009; 160(2): 353-358 <strong>4</strong> Brasch J et al.: S1-AWMF-Leitlinie Kontaktekzem. Allergo J Int 2014; 23: 126-138 <strong>5</strong> Slodownik D et al.: Irritant contact dermatitis: a review. Australas J Dermatol 2008; 49(1): 1-9 <strong>6</strong> Schnuch A et al.: Durchführung des Epikutantests mit Kontaktallergenen. JDDG 2008; 6: 699-814 <strong>7</strong> Brans R, John SM: Individuelle Risikofaktoren für beruflich bedingte Handekzeme. Akt Dermatol 2015; 41: 20-24 <strong>8</strong> Frosch P et al.: Kontaktdermatitis. München-Deisenhofen: Dustri, 2014 <strong>9</strong> Diepgen TL et al.: Kriterien zur Beurteilung der atopischen Hautdiathese. Dermatosen 1991; 39: 79-83 <strong>10</strong> Werfel T et al.: S2k guideline on diagnosis and treatment of atopic dermatitis - short version. Allergo J Int. 2016; 25: 82-95 <strong>11</strong> Fartasch M et al.: S1-AWMF-Leitlinie (Langversion) Berufliche Hautmittel: Hautschutz, Hautpflege und Hautreinigung. Dermatol Beruf Umw 2015; 63: 47-74</p>
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