
Welche Allergene bringt der Frühling?
Autoren:
Dr. Markus Berger1–3
Mag. Dr. Johannes Bouchal3,5
Lukas Dirr, MSc3–5
1 HNO-Abteilung, Klinik Landstraße,
Wiener Gesundheitsverbund
2 Allergiezentrum Wien West
3 Österreichischer Polleninformationsdienst
4 Institut für Botanik, Universität Innsbruck
5 Fakultät der Lebenswissenschaften, Abteilung für Strukturelle und Funktionelle Botanik, Universität Wien
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Der Frühling ist da und viele Pflanzen blühen bereits. Somit stellt diese Jahreszeit für Pollenallergiker:innen eine besondere Herausforderung dar. Ostern ist zwar schon vorbei, aber es ist gut möglich, dass anlässlich der Feiertage spezielle Allergene ins Haus oder in die Wohnung geholt wurden, die akute Beschwerden verursachen.
Keypoints
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Aktuell können Pollen von Hopfenbuche, Eiche und Buche Kreuzreaktionen bei Birkenpollenallergiker:innen hervorrufen.
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Zusätzlich blühen u.a. Ruchgräser und Wiesenfuchsschwanzgräser, Ampfer und Wegerich.
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In Innenräumen sollte auf die Belastung durch Frühlingssträuße geachtet werden.
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Die Allergie auf Hühnerei tritt meist vor dem 1. Lebensjahr auf, häufig entwickelt sich später eine Toleranz.
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Die Allergie gegen Kaninchen ist selten und kommt in erster Linie als Berufskrankheit vor.
Die milden Temperaturen und die vielen Sonnenstunden nach dem grauen Winter laden dazu ein, viel Zeit im Freien zu verbringen. Für Allergiker:innen ist es deshalb wichtig, gut über die zu erwartenden Belastungen informiert zu sein. Für detaillierte Aussagen zur Pollenbelastung im Mai ist es zwar noch zu früh, aber anhand der Daten der vergangenen Jahre und der Modelldaten lässt sich bereits eine erste Einschätzung der Situation abgeben.
Pollen von Birkengewächsen und Gräsern
Die Birkensaison wird in den Niederungen und Tälern Österreichs bereits zu Ende sein. Lediglich in höheren Lagen können eventuell noch blühende Birken (Betula sp.) angetroffen werden und dort lokal noch zu relevantem Pollenflug und den damit verbundenen Belastungen führen. Bei entsprechenden Windbedingungen können Pollen gelegentlich auch in die tieferen Lagen verfrachtet werden, führen dort dann aber nur mehr sporadisch zu allergischen Belastungen. Im Süden des Landes können mit dem Wind relevante Mengen an Pollen der Hopfenbuche (Ostrya sp.) aus Slowenien oder Italien bis nach Österreich gelangen. Diese Pflanze zählt ebenfalls zu den Birkengewächsen (Betulaceae) und kann dadurch bei Birkenpollenallergiker:innen durch Kreuzreaktion allergische Belastungen hervorrufen.1 Aber auch Eichen- und Buchenpollen können in relevanten Mengen in der Luft vorhanden sein und trotz ihrer Zugehörigkeit zu einer anderen Pflanzenfamilie, den Buchengewächsen (Fagaceae), Kreuzreaktionen bei Birkenpollenaller-giker:innen hervorrufen.2
Ostern fiel in diesem Jahr in die Übergangszeit zwischen der Birken- und der Gräserpollensaison. Sowohl Birken- als auch Gräserpollenallergiker:innen waren daher allergischen Belastungen ausgesetzt, und Personen, die auf beide Pollentypen reagieren, mussten sich darauf einstellen, dass keine Verschnaufpause zwischen den Pollensaisonen eintritt.
In klimatisch begünstigten Lagen der Niederungen und Täler blühen Ruchgräser (Anthoxantum odoratum) und Wiesenfuchsschwanzgräser (Alopecurus pratensis).3 Zudem blühen auf den Wiesen und Weiden verschiedene Arten von Ampfer (Rumexsp.) oder Wegerich (Plantagosp.), die eine zusätzliche allergische Belastung darstellen können.4,5
Im städtischen Bereich kann es noch gelegentlich zu allergischen Belastungen durch den Pollen der Platane (Platanus sp.) kommen. Dieser Baum wird häufig in Alleen gepflanzt und kann dort sehr hohe Pollenkonzentrationen hervorrufen, die zu erheblichen allergischen Beschwerden führen können.6
Pollenbelastung in Innenräumen
Aber nicht nur bei Unternehmungen im Freien ist mit allergischen Belastungen zu rechnen: Gerade im Frühjahr holen sich viele Menschen die Pollenquellen auch gerne als Dekoration in die eigenen vier Wände. Das beginnt meist mit dem Osterstrauß aus Palmkätzchen, den Zweigen der Salweide (Salix caprea). In Innenräumen sorgen sie, trotz ihrer Anpassung an die Insektenbestäubung, für erhöhte Pollenkonzentrationen. Ebenso können Kreuzreaktionen mit anderen Weidengewächsen oder Vertretern der Buchenartigen (Fagales) durch Weidenpollen ausgelöst werden.7
Neben den klassischen Palmkätzchen sind auch die Zweige der gelb blühenden Forsythien (Forsythia × intermedia) beliebt. Sie bringen nicht nur leuchtende Farben in Haus oder Wohnung, sondern stellen eine mögliche Quelle für allergische Beschwerden dar. Denn die Forsythie gehört ebenso wie die Esche (Fraxinus sp.), zur Familie der Ölbaumgewächse und produziert strukturell sehr ähnliche Allergene. Aufgrund dieser Ähnlichkeit können Kreuzreaktionen bei Personen, die gegen Eschenpollen sensibilisiert sind, allergische Reaktionen hervorrufen.
Doch Forsythie ist nicht gleich Forsythie: Denn jene Pflanzen, die häufig als Ziersträucher in Parks und Gärten verwendet werden, produzieren weder Pollen noch Nektar. Sie sind also steril und stellen dadurch keine Gefahr für Allergiker:innen dar, fungieren aber auch nicht als Nahrungsquelle für Bienen und Hummeln.
Eine Ausnahme bildet die Forsythie der Sorte „Beatrix Farrand“. Sie wurde speziell als Bienenweide gezüchtet und produziert daher Pollen. Im Gegensatz zu windbestäubten Pflanzen wird diese Forsythiensorte von Insekten bestäubt. Ihr Pollen ist so konzipiert, dass er an Insekten haften bleibt und, wenn überhaupt, nur in unmittelbarer Nähe der Blüten in der Luft zu finden ist. Dennoch sollten Allergiker:innen, die auf Pollen von Ölbaumgewächsen sensibilisiert sind, darauf verzichten, ihre Wohnumgebung mit Forsythienzweigen zu schmücken.
Die hohen Temperaturen verleiten natürlich auch zum Lüften und verursachen so zusätzliche Beschwerden in Innenräumen. Pollenschutzgitter und Luftreiniger sind effektive Methoden, um Pollenkonzentrationen in Innenräumen niedrig zu halten. Möbel und Regale sollten außerdem regelmäßig feucht abgewischt werden, um vorhandene Pollen zu entfernen.
Allergene im Urlaub
Eine mögliche Art der Allergenvermeidung ist eine Reise fort von den hiesigen Gefilden. Allergiker:innen sollten ihre Reiseziele jedoch sorgfältig wählen. Denn im Frühling sollte gerade der Mittelmeerraum bei bekannter Sensibilisierung auf Pollen der Ölbaumgewächse gemieden werden, da dort gerade die Oliven (Olea sp., Abb. 1) und Steinlinden (Phillyrea sp.) blühen. Beide sind im gesamten Mittelmeerraum weitverbreitet und nahe mit der Esche verwandt.8,9 Vor allem im Norden Italiens, insbesondere in der Po-Ebene, kann es zu starken Belastungen durch Gräserpollen kommen.
Außerdem sollte auch ein Urlaub auf den Kanarischen Inseln vermieden werden. Diese vorgelagerten Inseln sind zwar weit von den iberischen Olivenplantagen entfernt. Windströmungen können jedoch dafür sorgen, dass spanische und portugiesische Olivenpollen in mehr als relevanten Mengen bis auf die Kanaren gelangen.10
Abb. 1: Die Belastung durch Olivenpollen im Mai (a) und Juni (b) in den Jahren 2020–2024
Allergie auf Ei und „Hase“
Das Ei steht für den Tod Christi und dessen Wiedergeburt. Der Hase ist seit Jahrhunderten ein Fruchtbarkeitssymbol und galt als Bote der germanischen Frühlings- und Fruchtbarkeitsgöttin Ostara. Dass der Osterhase die Eier bringt, dürfte sich erst durch die moderne Spielzeug- und Süßwarenindustrie etabliert haben. Sowohl Kaninchen als beliebte Haustiere als auch Eier sind mögliche Allergenquellen.
Die Allergie auf Hühnerei ist, hinter der Kuhmilch, die zweithäufigste Nahrungsmittelallergie. Sie tritt meist vor dem ersten Lebensjahr auf und betrifft 2 bis 10% der Kinder.11 Die Symptome können stark variieren und reichen von Bauchschmerzen und Durchfall bis zum anaphylaktischen Schock. Bei der Diagnostik sollte immer eine molekulare Analyse der Allergene Gal d 1, 2, 3 und 4 (Eiweiß), sowie 5 und 6 (Eigelb) durchgeführt werden. Gal d 1 ist das Protein mit der höchsten Allergenität. Es ist hitzestabil und assoziiert mit einer höheren Rate an starken allergischen Reaktionen.12 Gal d 2–4 sind dagegen hitzelabil, wodurch Allergiker:innen gebackenes Ei häufiger vertragen. Das Vertragen von gebackenen/gekochten Eiern ist ein positiver Prädiktor für die Entwicklung einer Toleranz.12 Eine Allergie kann auf das Eigelb und/oder das Eiweiß bestehen, dennoch sollte das gesamte Ei gemieden werden.
Die gute Nachricht: Eine natürliche Toleranz entwickelt sich bei ca. 80% der Betroffenen bis zum 3. Lebensjahr und bei ca. 90% bis zum 6. Lebensjahr.11 Eine allergologische Kontrolle sollte alle 6 Monate stattfinden. Eine orale Immuntherapie mit steigenden Konzentrationen des Allergens hat in Studien bereits erfolgreich zur Toleranzentwicklung geführt, weitere Forschung ist allerdings noch notwendig.12
Im Vergleich zu Allergien auf Hunde und Katzen ist die Allergie auf Kaninchen selten bzw. schlecht erforscht und sie tritt hauptsächlich als Berufskrankheit auf (z.B. bei Labormitarbeitern).13 Bekannte Allergene sind Ory c 1–4, die sich hauptsächlich im Speichel und in Hautschuppen der Tiere befinden. Das häufigste Symptom ist eine Rhinokonjunktivitis, wobei es auch zu einem Etagenwechsel kommen kann. Asthma bronchiale ist vor allem im beruflichen Kontakt ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Als Therapie können lediglich die Allergenkarenz und symptomatische Medikation empfohlen werden.
Literatur:
1 Patriarca S et al.: Biochemical and immunochemical characterization of hop-hornbeam (Ostrya carpinifolia Scop.) pollen.Aerobiologia 2000; 16(2): 255-60 2 Egger C et al.: The allergen profile of beech and oak pollen. Clin Exp Allergy 2008; 38: 1688-96 3 Fischer MA et al.: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3. Auflage Linz: OÖ Landes-Kultur GmbH, Biologiezentrum, 2008 4 Asero R et al.: Detection of allergens in plantain (Plantago lanceolata) pollen. Allergy 2000; 55: 1059-62 5 Solomon WR: An appraisal of Rumex pollen as an aerollergen. J Allergy 1969; 44: 25-36 6 Zhou S et al: Characterization of allergenicity of Platanus pollen allergen a 3 (Pla a 3) after exposure to NO2and O3. Environmental Pollution 2021; 278: 116913 7 Costache A et al.: Respiratory allergies: Salicaceae sensitization (Review). Exp Ther Med 2021; 21: 609 8 Roloff A, Bärtels A: Flora der Gehölze. Bestimmung, Eigenschaften, Verwendung. Stuttgart: Eugen Ulmer, 2018 9 Guerrero Maldonado N et al.: Olea europaea in Europe: distribution, habitat, usage and threats. In: European atlas of forest tree species. Luxembourg: Publication office of the European Union, 2016 10 Izquierdo R et al: Source areas and long-range transport of pollen from continental land to Tenerife (Canary Islands). Int J Biometeorol 2011; 55:67-85 11 Scaglioni S et al.: Egg allergy in children and weaning diet. Nutrients 2022; 14: 1540 12 Dona DW, Suphioglu C: Egg allergy: diagnosis and immunotherapy. Int J Mol Sci 2020; 21: 5010 13 Bush RK et al.: Laboratory animal allergy. J Allergy Clin Immunol 1998; 102: 99-112
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