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Evidenz zur Rauchentwöhnung

Rauchstopp: Was hilft tatsächlich?

Patienten, die mit dem Rauchen aufhören, verringern ihr Risiko für Lungenkrebs, Herzinfarkte und weitere Erkrankungen. Besonders Patienten, die in der Hausarztpraxis mit pneumologischen Krankheiten vorstellig werden, akut oder chronisch, können davon spürbar profitieren. Die Evidenz kann im praktischen Umgang mit Fragen der Nikotinentwöhnung als Grundlage für eine gemeinsame, informierte Entscheidungsfindung in der Beratungssituation herangezogen werden.

Im medizinischen Alltag werden Entscheidungen aufgrund unterschiedlicher Einflüsse getroffen. Sowohl die Erfahrung als auch der aktuelle wissenschaftliche Standard, der Patientenwunsch, ökonomische Aspekte sowie Überzeugungen und Emotionen können eine Therapieentscheidung beeinflussen. Letztlich gibt es Faktoren, die wir nicht mit systematischen Reviews erfassen können, und die ärztliche Kunst beginnt dort, wo Metaanalysen aufhören. Dennoch sollten Erkenntnisse, an die man sich mithilfe der Naturwissenschaften und der Statistik so präzise wie möglich annähern kann, in die Arbeit am Patienten integriert werden.1

Cochrane erstellt systematische Reviews zu medizinischen Fragestellungen, um klinische Entscheidungen zu ermöglichen, die einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben.2 Für diesen Artikel wurden für die allgemeinärztliche Praxis relevante systematische Übersichtsarbeiten von Cochrane zum Thema Rauchentwöhnung, E-Zigaretten und Tabakerhitzer ausgewählt und deren Ergebnisse und Kernaussagen zusammengestellt. Im Rahmen der Interpretation für die Hausarztpraxis soll eine sinnvolle Brücke zwischen der aktuellen Evidenzlage und deren Bedeutung für die praktische Behandlungssituation gebaut werden.

Wirksamkeit von elektronischen Zigaretten zur Rauchentwöhnung

Raucher verwenden E-Zigaretten, um einen Schritt in einen gesundheitsbewussteren Umgang mit Nikotinsucht zu unternehmen. Gleichzeitig wird teilweise von E-Zigaretten zur Rauchentwöhnung abgeraten. Cochrane hat es sich zum Ziel gesetzt, herauszufinden, ob E-Zigaretten bei der Rauchentwöhnung helfen können. Dabei wurden die Wirksamkeit und Sicherheit der Verwendung von E-Zigaretten zur Unterstützung von Rauchern bei der langfristigen Rauchentwöhnung bewertet.3

Evidenz aus dem Cochrane-Review weist darauf hin, dass nikotinhaltige E-Zigaretten im Vergleich zu E-Zigaretten ohne Nikotin und im Vergleich zu Nikotinersatztherapien die Entwöhnungsraten erhöhen. Auch der Vergleich von nikotinhaltigen E-Zigaretten mit keiner Behandlung deutet auf einen Nutzen von E-Zigaretten hin. Es wurden keine eindeutigen Hinweise auf Schäden durch nikotinhaltige E-Zigaretten festgestellt, jedoch war die längste Nachbeobachtungszeit lediglich zwei Jahre. Evidenz dafür, dass E-Zigaretten mit Nikotin bei der Rauchentwöhnung helfen können, ist über mehrere Vergleiche hinweg konsistent.3

Implikationen für die Hausarztpraxis

Für die hausärztliche Praxis empfiehlt es sich, grundlegende Evidenz zur E-Zigarette zu kennen und in die Diskussion um Sinnhaftigkeit der Maßnahmen zur Rauchentwöhnung einfließen zu lassen. Die Bandbreite der Empfehlungen zur Rauchentwöhnung entspricht sicherlich dem individuellen Bedarf unterschiedlicher Patienten. Dass E-Zigaretten eine Möglichkeit der Rauchentwöhnung darstellen und es hierfür sogar Evidenz gibt, könnte dem Hausarzt im praktischen Umgang mit Fragen der Nikotinentwöhnung aber ein hilfreiches Instrument sein. Vor allem, wenn Patienten gezielt nach vorhandener Evidenz fragen, bevor sie sich für eine Methode entscheiden.

Nutzung von Nikotinersatztherapien und E-Zigaretten bei Schwangeren

Zur Rauchentwöhnung liefert die Nikotinersatztherapie Nikotin ohne die im Tabakrauch enthaltenen giftigen Substanzen. Die Wirksamkeit und Sicherheit von E-Zigaretten in der Schwangerschaft sind noch nicht erwiesen.4

Cochrane interessiert sich für die Frage nach der Wirksamkeit von Interventionen bei schwangeren Frauen und für die Faktoren, die eine Aufnahme und Verwendung von Nikotinersatztherapien und E-Zigaretten in der Schwangerschaft beeinflussen.4

Die Schlussfolgerung der Autoren lautet, dass einheitliche Botschaften von Angehörigen der Gesundheitsberufe, die sich auf hochwertige Evidenz stützen und die Sicherheit von Nikotinersatztherapien und E-Zigaretten im Vergleich zum Rauchen in der Schwangerschaft klar erläutern, Frauen helfen können, Nikotinersatztherapien und E-Zigaretten konsequenter zu verwenden. Dies könnte ihre Einstellung zu Nikotinersatztherapien oder E-Zigaretten verbessern, ihre Bereitschaft erhöhen, diese bei ihrem Versuch, mit dem Rauchen aufzuhören, zu verwenden, und sie in der Folge ermutigen, rauchfrei zu bleiben.4

Implikationen für die Hausarztpraxis

Selbstverständlich lautet die Empfehlung in der Schwangerschaft ganz klar:kompletter Verzicht auf das Rauchen. Es gibt keine veröffentlichten Studien zum E-Zigaretten-Konsum in der Schwangerschaft. Die Schlussfolgerung der Autoren lautet, dass sichdie Botschaften von Angehörigen der Gesundheitsberufe auf hochwertige Evidenz stützen sollten.4 Somit ist sicherlich das Vorgehen der Hausärzte und Gynäkologen, einheitlich und konsistent vom Rauchen in der Schwangerschaft abzuraten, der bessere Weg.

Tabakerhitzer zur Rauchentwöhnung und zur Senkung der Häufigkeit des Rauchens

Tabakerhitzer erhitzen Tabakblätter auf eine hohe Temperatur und setzen so ein Aerosol frei. Der Tabak wird nicht verbrannt und es entsteht kein Rauch. Hersteller gehen davon aus, dass auf diesem Weg weniger schädliche Chemikalien produziert werden. Cochrane stellt die Frage, ob Tabakerhitzer zur Rauchentwöhnung beitragen können und ob Tabakerhitzer für diesen Zweck sicher sind. Primäre Endpunkte waren die Abstinenz vom Rauchen zum längsten verfügbaren Nachbeobachtungszeitpunkt, unerwünschte Ereignisse, schwerwiegende unerwünschte Ereignisse und Veränderungen der Raucherprävalenz.5 Auch Biomarker und die Exposition gegenüber schädlichen Stoffen wurden in die Ergebnisse mit einbezogen. Keine Studie berichtete über die Rauchentwöhnung, sodass die Wirksamkeit von erhitztem Tabak für diesen Zweck ungewiss bleibt.5 Es zeigten sich Hinweise darauf, dass Nutzer von erhitztem Tabak eine geringere Exposition gegenüber schädlichen Stoffen haben als Zigarettenraucher. Unabhängig finanzierte Forschung über die Wirksamkeit und Sicherheit sei erforderlich. Darüber hinaus sollten Zeitreihenstudien die Auswirkungen auf die Prävalenz des Rauchens untersuchen.5

Implikationen für die Hausarztpraxis

Über die Wirksamkeit von erhitztem Tabak zur Rauchentwöhnung konnte mangels Studien keine Aussage erstellt werden. Eine geringere Exposition gegenüber ausgewählten Giftstoffen und Karzinogenen im Vergleich zum Zigarettenrauchen scheint für Tabakerhitzer zu sprechen. Die Evidenz könnte dem Hausarzt im praktischen Umgang mit Fragen der Nikotinentwöhnung als Grundlage für eine gemeinsame, informierte Entscheidungsfindung in der hausärztlichen Beratungssituation behilflich sein.

Führt eine geringere Exposition auch zur Rauchentwöhnung?

Auf dem Weg zur Rauchentwöhnung liegt die Möglichkeit, den Tabakkonsum zu senken. Schäden können dabei verringert, die Tabakmenge reduziert und Produkte mit geringerer Toxizität als Alternative zur Zigarette genutzt werden.6 Cochrane stellt die Frage, welche Auswirkungen diese Maßnahmen auf die Gesundheit, den Zigarettenkonsum oder die Rauchentwöhnung haben. Die Autoren stellten fest, dass Patienten, die nicht mit dem Rauchen aufhören wollen, mit einer Nikotinersatztherapie geholfen werden kann, die Anzahl ihrer Zigaretten zu reduzieren. Weiterhin kann es gelingen, mithilfe einer Nikotinersatztherapie langfristig mit dem Rauchen aufzuhören.6

Implikationen für die Hausarztpraxis

Es gibt Hinweise darauf, dass eine durch Nikotinersatztherapie unterstützte Senkung des Tabakkonsums die Chancen auf eine vollständige Entwöhnung erhöhen kann. Für die hausärztliche Praxis gilt es, hier Patienten über die vorhandene Evidenz zu informieren. Das Privileg, in der hausärztlichen Praxis individuell und informiert zu behandeln und zu beraten, führt zu einer Bandbreite von möglichen Empfehlungen. Von „Lassen Sie es einfach sein“ bis hin zu Angeboten der Nikotinersatztherapie kann, darf und soll frei und individuell entschieden werden. Die Entwicklung der Evidenz als Wissen im Hintergrund und Basis der Entscheidung ist sicherlich eine gute Hilfestellung.

  1. Schmidt-Haghiri M, Schelling J: Evidenz für die Hausarztpraxis. München: Urban & Fischer in Elsevier, 2020

  2. https://www.cochranelibrary.com ; zuletzt aufgerufen am 2. 5. 2023

  3. Hartmann-Boyce J et al.: Electronic cigarettes for smoking cessation. Cochrane Database Syst Rev 2020; 10(10): CD010216

  4. Campbell K et al.: Factors influencing the uptake and use of nicotine replacement therapy and e-cigarettes in pregnant women who smoke: a qualitative evidence synthesis. Cochrane Database Syst Rev 2020; 5(5): CD013629

  5. Tattan-Birch H et al.: Heated tobacco products for smoking cessation and reducing smoking prevalence. Cochrane Database Syst Rev 2022; 1(1): CD013790

  6. Lindson-Hawley N et al.: Interventions to reduce harm from continued tobacco use. Cochrane Data­base Syst Rev 2016; 10(10): CD005231

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