
Psoriasisarthritis
Autorin:
OÄ Dr. Vera Schwinghammer
Abteilung für Innere Medizin II
Pyhrn-Eisenwurzen Klinikum Steyr
E-Mail: vera.schwinghammer@ooeg.at
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Die Psoriasisarthritis ist eine seltene, aber heterogene Erkrankung, die je nach Klinik die Lebensqualität der Betroffenen erheblich einschränken kann. Neben Allgemeinmaßnahmen stehen heute moderne Therapiekonzepte zur Verfügung, die den Langzeitverlauf wesentlich beeinflussen können.
Definition und Epidemiologie
Die Psoriasisarthritis (PsA) ist eine entzündliche, meist seronegative, mit Hauterscheinungen einer Psoriasis assoziierte muskuloskelettale Erkrankung. Die Prävalenz in der Gesamtbevölkerung ist mit 200/100000 niedrig, liegt aber bei Psoriatikern deutlich höher, sodass ungefähr jeder fünfte von Schuppenflechte betroffene Mensch auch eine muskuloskelettale Manifestation in Form einer Psoriasisarthritis erfährt. Ein erhöhtes Risiko besteht bei ausgeprägter Hautbeteiligung, vor allem wenn Kopfhaut und intergluteale Haut betroffen sind, sowie bei Nagel- und Augenbeteiligung im Rahmen der Psoriasis. Die Manifestation am Bewegungsapparat tritt dabei in 75% nach der Hautbeteiligung auf, in 15% gleichzeitig. In 10% der Fälle präsentiert sich die Psoriasisarthritis bereits vor Diagnose einer Psoriasis, wodurch die Diagnosestellung deutlich erschwert und verzögert werden kann.
Klinik
Das klinische Erscheinungsbild ist heterogen und kann sich im Verlauf der Erkrankung ändern. Typisch sind eine asymmetrische Oligoarthritis unter Beteiligung der unteren Extremitäten und extraartikuläre entzündliche Veränderungen, welche Sehnen, Sehnenscheiden und Muskelansätze miteinschließen und auch das pathognomonische Bild der Daktylitis bedingen. Es ist aber auch eine symmetrische Polyarthritis der kleinen Gelenke möglich, welche klinisch vom klassischen Bild der rheumatoiden Arthritis kaum zu unterscheiden ist. Im Gegensatz zur rheumatoiden Arthritis betrifft die Psoriasisarthritis aber häufig auch die distalen Interphalangealgelenke, was wiederum die Abgrenzung zu aktivierten Arthrosen erschwert. Die axiale Manifestation, also eine Psoriasis-assoziierte Spondylarthritis, präsentiert sich oft asymmetrisch und segmental. Generell ist ein Nebeneinander von schwer betroffenen und völlig unbeeinträchtigten Abschnitten des Bewegungsapparates typisch.
Als Begleitsymptomatik treten häufig Fatigue und Morgensteifigkeit auf. Allgemein wird die Psoriasis immer mehr als Systemerkrankung verstanden, welche zusätzlich zu Manifestationen an Haut und Bewegungsapparat auch zu entzündlichen Veränderungen an Augen (Uveitis) und Nägeln („Ölflecken“, „Tüpfelnägel“, „Krümelnägel“) führen kann. Überdies treten als prognostisch relevante Komorbiditäten gehäuft Depressionen sowie ein metabolisches Syndrom auf und das kardiovaskuläre Risiko ist im Vergleich zur Gesamtbevölkerung deutlich erhöht.
Diagnostik
In der diagnostischen Abklärung spielen insbesondere Anamnese, Klinik und typische radiologische Veränderungen eine tragende Rolle, dagegen sind laborchemische Veränderungen zumeist unspezifisch und können eine Psoriasisarthritis weder beweisen noch ausschließen. Im klinischen Alltag werden bei bestehendem Verdacht als Hilfestellung zur Diagnose häufig die CASPAR-Klassifikationskriterien herangezogen (Tab. 1), welche im Gegensatz zu den zuvor verwendeten Kriterien nach Moll und Wright auch eine Diagnose ohne bekannte Psoriasis, also eine Arthritis psoriatica sine psoriase zulassen.
Als Screening-Tool kann der PEST-Fragebogen („psoriasis epidemiology screening tool“) herangezogen werden, welcher als wesentliche Kernelemente Arthritis, Nagelbeteiligung, Achillodynie und Daktylitis umfasst.
Therapie
Als therapeutische Optionen stehen zusätzlich zu Allgemeinmaßnahmen (körperliche Aktivität, Physiotherapie, Ergotherapie, Diätberatung und Patientenschulung) mittlerweile zahlreiche Medikamente zur Verfügung, wobei die Therapiewahl individuell anhand der führenden Krankheitsmanifestation und bestehender Komorbiditäten getroffen werden sollte (Abb. 1). Sowohl die Österreichische Gesellschaft für Rheumatologie (ÖGR) in Anlehnung an die EULAR-Empfehlungen als auch die Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA) haben diesbezüglich hilfreiche Therapie-Algorithmen erstellt.
Als Mittel der ersten Wahl kommen bei Oligoarthritis, Enthesitis und axialer Symptomatik nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) zum Einsatz, zusätzlich können Kortikoide, bevorzugt in topischer Verabreichung (intraartikulär), angewendet werden. Bei Polyarthritis oder ungünstigen prognostischen Faktoren (hohe funktionelle Einschränkung, erhöhte Akutphase-Parameter, Daktylitis oder Nagelbeteiligung) sind bereits ab Diagnosestellung „disease modifying anti-rheumatic drugs“ (DMARD) indiziert, wobei hier vor allem Methotrexat, seltener auch Leflunomid oder Sulfasalazin verwendet werden. DMARD werden zudem auch als Zweitlinientherapie bei Mono-/Oligoarthritis mit ausbleibender Besserung unter NSAR (+/–Kortikoide) empfohlen, spielen allerdings bei Enthesitis eine untergeordnete und bei axialer Manifestation keine Rolle.
Als weitere Therapieoptionen stehen zahlreiche Biologika und „small molecules“ zur Verfügung, welche großteils aus der Therapie der rheumatoiden Arthritis, Spondylarthritis und Psoriasis bekannt sind. TNF-alpha-Blocker, IL-17-Blocker und JAK-Inhibitoren zeigen sowohl bei Arthritis und Enthesitis als auch bei Spondylarthritis Wirkung. PDE4-Hemmer, IL-12/23-, IL-23- und T-Zell-Kostimulations-Blocker sind zur Behandlung der peripheren Gelenksmanifestationen und Enthesitis geeignet, bringen aber bei axialer Beteiligung keinen Benefit. Bei der Therapiewahl, welche immer im Konsens mit dem Patienten getroffen werden sollte, können auch Applikationsform (oral, subkutan, intravenös) und Verabreichungsintervall (mehrfach täglich bis zu alle 12 Wochen) die Entscheidung mit beeinflussen. Vor Beginn einer Biologikatherapie werden routinemäßig Voruntersuchungen (Basislabor, Hepatitis-B/C-Serologie/PCR, HIV-Serologie, Tuberkulose-Screening) durchgeführt und der Impfstatus sollte nach aktuellen nationalen Impfempfehlungen aufgefrischt werden. Individuelle Faktoren (Vorerkrankungen, Malignome, Schwangerschaft, Stillzeitetc.) müssen gesondert berücksichtigt und mit dem Patienten besprochen werden.
Wie bei anderen Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises werden regelmäßige strukturierte Reevaluierungen und ein „Treat to target“-Konzept von führenden Gesellschaften empfohlen.
Je nach Klinik sollte eine interdisziplinäre Betreuung (Rheumatologie, Dermatologie, Ophthalmologie, Orthopädie, innere Medizin und nicht zuletzt Allgemeinmedizin) angestrebt werden, wobei abermals auch die Relevanz des kardiovaskulären Risikos, der Stoffwechselsituation und der psychiatrischen Komorbiditäten betont werden muss.
Nach Diagnosestellung kann der Langzeitverlauf wesentlich durch das Krankheitsverständnis des Patienten, eine individuell angepasste Behandlung und ein umfassendes Vorsorgekonzept beeinflusst werden. Die zahlreichen vorhandenen und in absehbarer Zeit hinzukommenden Therapieoptionen lassen jedenfalls positiv in die Zukunft blicken.
Literatur:
Coates LC et al.: Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA): updated treatment recommendations for psoriatic arthritis 2021. Nat Rev Rheumatol 2022; 18: 465-79
Crespo-Rodríguez AM et al.: Role of diagnostic imaging in psoriatic arthritis: how, when, and why. Insights Imaging 2021; 12: 121
Dejaco C: Psoriasisarthritis: Update zu Diagnose und Therapie. Aerztekrone 2021; 13
Elmamoun M et al.: International league of associations for rheumatology recommendations for the management of psoriatic arthritis in resource-poor settings. Clin Rheumatol 2020; 39: 1839-50
Gladman D et al.: Clinical manifestations and diagnosis of psoriatic arthritis. UpToDate 2023; https://www.uptodate.com/contents/clinical-manifestations-and-diagnosis-of-psoriatic-arthritis ; zuletzt aufgerufen am 3. 7. 2023
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Herold M et al.: Autoimmunerkrankungen: ein Leitfaden für Hausaerzte. Pabst Science Publ 2013; 93-4
ÖGR: Leitlinien für die Praxis. Rheumatoide Arthritis, Psoriasisarthritis, Spondyloarthritis: ein Pocketguide für Ärzte und Ärztinnen. Wien: MedMedia Verlag und Mediaservice GmbH 2021; 18-33
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