Leitlinien-Update Osteoporose
Priv.-Doz. Dr. Christian Muschitz
FA für Innere Medizin & Rheumatologie
Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel
Vorsitzender der Österreichischen Leitlinienkommission Osteoporose
E-Mail: office@muschitz.info
Web: www.muschitz.info
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Die Osteoporose stellt angesichts der demografischen Entwicklung eine zunehmende Herausforderung für das Gesundheitssystem dar. Die Ende 2024 aktualisierte Leitlinie der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel (ÖGKM) bietet eine evidenzbasierte Grundlage für Diagnose, Prävention und Therapie.
Definition und diagnostische Kriterien
Die Diagnose einer Osteoporose erfolgt laut WHO-Richtlinie aus dem Jahr 1999 bei postmenopausalen Frauen und Männern ab dem 50. Lebensjahr bei einem T-Score von ≤–2,5 (gemessen per Dual-Röntgen-Absorptiometrie; DXA). Zusätzlich wird eine niedrigtraumatische Fraktur (z.B. nach einem Sturz aus Standhöhe) unabhängig vom T-Score als osteoporotisch gewertet. Der T-Score ist aber kein Schwellenwert für eine prophylaktische medikamentöse Intervention!
Das Frakturrisiko steht heute zunehmend im Mittelpunkt der Therapieentscheidung – insbesondere durch den Einsatz des FRAX® (Fracture Risk Assessment)-Tools, das die 10-Jahres-Wahrscheinlichkeit für osteoporotische Frakturen („major osteoporotic fracture“; MOF) und hüftgelenksnahe Frakturen abschätzt.
Risikofaktoren im Überblick
Neben Alter und Geschlecht zählen u.a. folgende klinische Faktoren zu den wichtigsten Prädiktoren:
-
niedriger BMI
-
frühere Frakturen, insbesondere vertebral oder femoral
-
Rauchen, Alkoholkonsum
-
Sturzanamnese und Immobilität
-
Glukokortikoidtherapie (dosisabhängig)
-
Elternteil mit hüftnaher Fraktur
Zu den sekundären Ursachen gehören endokrine Erkrankungen (z.B. Hyperthyreose, Hypogonadismus, Diabetes), chronische Entzündungen (z.B. COPD, rheumatoide Arthritis), gastrointestinale Erkrankungen, chronische Niereninsuffizienz und bestimmte Medikamente (z.B. Aromatasehemmer, SSRI, PPI). Die komplette Liste aller klinischen Risikofaktoren und Ursachen für eine sekundäre bzw. medikamentös induzierte Osteoporose finden Sie in der Leitlinie (abrufbar auf: www.oegkm.at ).
Diagnostischer Zugang
Zur Basisdiagnostik gehören:
-
Kalzium (gesamt und ggf. ionisiert), Albumin, Phosphat, Vitamin D
-
TSH, eGFR, Blutbild, CRP/BSG
-
Alkalische Phosphatase, Gamma-GT
-
Serum-Eiweiß-Elektrophorese (Ausschluss eines multiplen Myeloms)
Zur Differenzierung oder Verlaufskontrolle können Knochenstoffwechselmarker (iPTH, CTX, PINP, Osteocalcin) ergänzend herangezogen werden.
Risikostratifikation mittels FRAX®
Das webbasierte Tool ( https://frax.shef.ac.uk ) ist auf die österreichische Bevölkerung kalibriert und wird für alle Personen ≥50 Jahre mit einem klinischen Risikofaktor empfohlen – zunächst ohne Knochendichtemessung. Die Einteilung in niedriges, mittleres, hohes oder sehr hohes Risiko steuert das weitere diagnostische bzw. therapeutische Vorgehen:
-
niedrig: keine weitere Abklärung notwendig
-
mittel: Durchführung einer DXA-Messung und Reevaluation im FRAX® (Abb.1 – aus vier Farben werden drei Farben)
-
hoch: antiresorptive Therapie empfohlen (Abb.2)
-
sehr hoch: osteoanabole oder duale Therapie, gefolgt von Konsolidierung mit Antiresorptiva
Prävention und nichtmedikamentöse Basismaßnahmen
Die Basismaßnahmen umfassen:
-
Kalziumzufuhr ≥1000mg/Tag (vorzugsweise über die Nahrung, falls nicht möglich Supplementation mit 500mg/d)
-
Vitamin-D-Zufuhr 800–2000IE/Tag (Supplementation bei Mangel) – Zielwert: >20ng/ml; keine Übersupplementation (max. 50ng/ml)
-
Proteinzufuhr von 0,8–1g/kg Sollgewicht/Tag
Zusätzlich wird regelmäßige körperliche Aktivität empfohlen: insbesondere Krafttraining (2x/Woche) und Gleichgewichtstraining (täglich oder alltagsintegriert), um Stürze zu vermeiden.
Medikamentöse Therapieoptionen
Die Therapieentscheidung erfolgt risikoadaptiert:
-
hohes Risiko: Antiresorptiva (z.B. Bisphosphonate, Denosumab, ggf. menopausale Hormontherapie im entsprechenden Altersfenster, Raloxifen)
-
sehr hohes Risiko: osteoanabole Medikamente (Teriparatid, Abaloparatid) oder dual wirksame Substanzen (Romosozumab), gefolgt von antiresorptiver Therapie
Wichtig: Eine bereits eingetretene osteoporotische Fraktur stellt unabhängig vom T-Score eine absolute Indikation für die medikamentöse Behandlung dar.
Monitoring und Langzeitstrategie
Da es sich um eine chronische Erkrankung handelt, sind eine lebenslange Betreuung und zum Teil eine langjährige medikamentöse Therapie erforderlich. Dazu zählen:
-
Reassessment des Frakturrisikos alle 1–2 Jahre: klinische Risikofaktoren, FRAX
-
Verlaufskontrollen mit DXA (je nach Substanzklasse)
-
Überwachung der Adhärenz und der Nebenwirkungen
Therapiepausen („drug holidays“) bedürfen einer genauen Evaluation. Entsprechende Flowcharts finden Sie in der Langfassung der Leitlinie. Für Patient:innen mit komplexen Verläufen oder refraktären Frakturen sollte die Konsultation osteologisch spezialisierter Kolleg:innen erfolgen.
Fazit
Die aktualisierte Österreichische Osteoporose-Leitlinie 2024 ermöglicht eine differenzierte, praxisnahe Versorgung. Durch konsequente Anwendung des FRAX®-Tools, strukturierte Diagnostik und risikoadaptierte Therapie lassen sich Frakturen wirksam verhindern. Besonders bei sehr hohem Risiko ist der frühzeitige Einsatz osteoanaboler oder dualer Wirkstoffe ein paradigmatischer Schritt in der modernen Osteoporosetherapie.
Literatur:
Dimai HP, Muschitz C et al.: Osteoporose – Definition, Risikoerfassung, Diagnose, Prävention und Therapie (Update 2024). Leitlinie der Österreichischen Gesellschaft für Knochen- und Mineralstoffwechsel. Wien Klin Wochenschr 2024; 136 (Suppl 16): 599-668
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