© Artur - stock.adobe.com

Wenn Mäuse sonnenbaden

Die Komplexität der Haut: UV-Strahlung, Mikrobiom und Metabolom

Metaboliten der Haut spielen bei der Barrierefunktion, der Immunantwort und Resistenz gegenüber der mikrobiellen Invasion eine entscheidende Rolle. Übermäßige Exposition gegenüber ultravioletter (UV) Strahlung des Sonnenlichtes ist ein Umweltfaktor, der die menschliche Gesundheit bedroht. Unser Ziel war es daher, den Hautmetabolismus in Abhängigkeit vom Mikrobiom und der UV-Exposition besser zu verstehen. In einem Grundlagenforschungsprojekt haben wir keimfreie Mäuse ohne jegliches Mikrobiom und Kontrollmäuse mit intaktem Mikrobiom einer immunsuppressiven UVB-Strahlung ausgesetzt und das Hautmetabolom untersucht.

Keypoints

  • Das Fehlen des Mikrobioms verändert das Hautmetabolom signifikant.

  • Schon eine einzelne UVB-Exposition verändert das Hautmetabolom signifikant, die Wirkung ist jedoch geringer bei Fehlen des Mikrobioms.

  • Vor allem die Stoffwechselwege der Aminosäuren und Lipide unterschieden sich beim Vorhandensein bzw. Fehlen des Mikrobioms sowie vor und nach UVB-Exposition.

UV-Strahlung durchdringt die Haut bis in die Dermis (ca. 200µm) und löst lokale sowie systemische Veränderungen aus.1 In Abhängigkeit von der Dosis kann die entzündungshemmende Wirkung therapeutisch genutzt werden, während übermäßige Sonnenexposition Hautkrebs und Hautalterung verursacht.2 Während die immunologischen Mechanismen der UV-Immunsuppression inzwischen weitgehend verstanden sind, ist das Wissen über die Zusammenhänge von UV mit Hautmetaboliten, Hautlipiden und dem Hautmikrobiom noch unzureichend.

Metaboliten und Lipide sind kleine Moleküle, die aus Schweiß, Talg, interstitieller Flüssigkeit, Proteinabbau im Stratum corneum und intrazellulären Metaboliten stammen, die zusammengefasst auch das Hautmetabolom genannt werden. Das Hautmetabolom beeinflusst seinerseits auch die Immunreaktionen des Organismus.3 Das Mikrobiom spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Immunhomöostase und ist an zahlreichen Prozessen in der Haut beteiligt.4 So zeigte sich, dass das Vorhandensein des Hautmikrobioms die Wirkung von UV-Strahlung auf die Immunantwort der Haut beeinflusst.5 Hautbesiedelnde Mikroben verfügen über ein großes Reservoir an aktiven Enzymen, die Moleküle verstoffwechseln und damit auch die Immunantwort direkt beeinflussen können.6 Daher untersuchten wir in dieser Studie die Wirkung von immunsuppressiver UVB-Exposition in Abhängigkeit vom Mikrobiom auf das Hautmetabolom, das wir mit hochsensitiven massenspektrometrischen Messmethoden analysierten (Abb.1).

© Universimed

Abb. 1: Schematische Darstellung der Studie mit einmaliger UVB-Exposition. Teile der Abbildung wurden mittels BioRender.com erstellt

Mäuse, Massenspektrometrik und Statistik

Wir verwendeten Hautproben von 10 Kontrollmäusen und 6 keimfreien Mäusen aus zwei zuvor durchgeführten Tierversuchen,5 die von einer Ethikkommission nach EU-Recht genehmigt worden waren. Die keimfreien Mäuse waren sowohl äußerlich auf der Haut als auch innerlich im Darm frei von Mikroben. Der Rücken der Mäuse wurde 24h vor der Bestrahlung rasiert und mit einer Dosis von 618mJ/cm2 UVB durch eine Waldmann-236-Lichtquelle bestrahlt. Nach weiteren 24h wurden die Mäuse euthanasiert und die Hautbiopsien wurden chemisch extrahiert und mittels Massenspektrometrie mit zwei zuvor entwickelten Methoden vermessen.7,8 Mit dieser Methode, die alle ionisierbaren kleinen Moleküle automatisch erfasst, identifizierten wir 111 Lipide und 34 Metabolite. Mithilfe modernster Software wie msconvert und MS-Dial konnten weitere 3663 zuverlässige Signale aus den Messungen extrahiert werden.9,10 Diese Daten wurden in R einer detaillierten statistischen Analyse unterzogen.11 Die größte Herausforderung bestand jedoch darin, dass bei diesen Signalen nicht bekannt war, um welche Moleküle es sich handeln könnte. Hier half der eigens entwickelte Algorithmus mummichog.12 Mummichog analysiert Masse, Retentionszeit, Konzentrationen und Wechselwirkungen verschiedener unbekannter Signale, um daraus die Aktivität wichtiger Stoffwechselwege vorherzusagen.

Interaktion im Hautmetabolom

Die UVB-Exposition selbst veränderte das Hautmetabolom signifikant, sowohl bei den Kontrollmäusen als auch bei den keimfreien Mäusen. Die Abwesenheit von Mikroben veränderte das Hautmetabolom ebenfalls stark. Das Hautmetabolom von Kontrollmäusen war deutlich anders als das der Kontrollmäuse, sowohl vor als auch nach der UVB-Exposition. Jedoch verringerte sich dieser Unterschied nach der UVB-Exposition, das Hautmetabolom der keimfreien Mäuse wurde also dem der Kontrollmäuse durch die UVB-Exposition ähnlicher als es ohne UVB war (Abb.2).

© Universimed

Abb. 2: Das Hautmetabolom wird stark vom Mikrobiom und von UVB-Exposition beeinflusst. Auf jeder vertikalen Linie ist der Vergleich eines Metabolitspiegels zwischen Kontrollen und keimfreien Mäusen ohne UVB (orange) und nach UVB-Exposition (gelb) dargestellt. Signifikant höhere Spiegel in keimfreien Mäusen sind als Dreiecke über der Nulllinie und signifikant niedrigere unter der Nulllinie dargestellt. Nach UVB-Exposition gleicht sich das Hautmetabolom der keimfreien Mäuse dem der Kontrollmäuse an (gelb, nicht signifikante Metaboliten als Strich dargestellt)

Die Veränderung des Lipidprofils der Haut durch eine einmalige UV-Exposition ist bekannt,13 und so konnten wir auch bei unseren Ergebnissen signifikante Veränderungen, sowohl im Lipidprofil der Haut als auch im Metabolom, beobachten (Abb.2). Beispielsweise wurden Membranlipide wie Phosphatidylcholin, Phosphatidylethanolamin und Sphingomyelin sowohl durch die UVB-Exposition als auch durch das Vorhandensein oder Fehlen des Mikrobioms beeinflusst. Lipide und der Lipidstoffwechsel werden zunehmend als entscheidende Faktoren für die Immunmodulation erkannt.14 Mehrere Hautmikrobenarten enthalten Enzyme, die Lipide verstoffwechseln und somit möglicherweise zur Immunmodulation beitragen.15 Unsere Ergebnisse werfen ein neues Licht auf dieses Phänomen und unterstützen dieses Konzept.

Die mummichog-Analyse erlaubte es, die Aktivitäten der verschiedenen Stoffwechselwege anhand der vielen Signale von unbekannten Molekülen zu analysieren. Bei den Kontrollmäusen war die Aktivität vieler Aminosäurestoffwechselwege nach UVB-Exposition erhöht sowie deren Aminogruppenstoffwechsel im Harnstoffzyklus (Abb.3). Im Gegensatz dazu war die Aktivität des Histidin-, einiger Fettsäure- und Sphingolipidstoffwechsel reduziert. Bei keimfreien Mäusen stieg nach UVB-Exposition der Stoffwechsel von Vitamin B9 an, einem lichtempfindlichen Vitamin, das für die DNA-Synthese benötigt wird. Im Gegensatz dazu sank der Glykosphingolipidstoffwechsel und wie bei den Kontrollmäusen auch der Histidinstoffwechsel (Abb.3). Insgesamt war der Einfluss der UVB-Exposition auf die Aktivität der Stoffwechselwege in den keimfreien Mäusen deutlich geringer, was darauf hindeutet, dass die Hautreaktion auf UVB-Exposition bei Fehlen eines mikrobiellen Stoffwechsels abgeschwächt ist.

© Universimed

Abb. 3: Die Aktivität von Stoffwechselwegen wird stark vom Mikrobiom und von UVB-Exposition beeinflusst. Vergleich der Aktivität wichtiger Stoffwechselwege in Kontrollmäusen (links) und keimfreien Mäusen (rechts) ohne und nach UVB-Exposition mittels mummichog. Jeder Punkt stellt einen Stoffwechselweg dar, dessen Aktivität signifikant verändert wurde, wenn er über der gestrichelten Linie liegt. Senkte die UVB-Exposition die Aktivität des Stoffwechselwege so ist dieser rechts in Rot dargestellt, bei einer Erhöhung entsprechend links in Grün

Metaboliten spielen eine wichtige Rolle bei der Immunmodulation.16 Frühere Studien haben sich ausschließlich auf die Untersuchung spezifischer Stoffwechselklassen konzentriert,14 während wir hier einen umfassenderen und ganzheitlichen Blick auf das UV-induzierte Hautmetabolom in Abhängigkeit vom Mikrobiom werfen. Bei Fehlen des Mikrobioms beobachten wir bei UVB-exponierten keimfreien Mäusen im Vergleich zu Kontrollmäusen mit intaktem Mikrobiom einen erhöhten Stoffwechsel von Ascorbat (Vitamin C) und Aldaraten. Vitamin C ist bekannt dafür, dass es die Lichtalterung vermindert, die Kollagensynthese stimuliert, antioxidativen Schutz bietet und ein großes kosmetisches Potenzial besitzt.17 Darüber hinaus war der Metabolismus von Vitamin B9 oder Folsäure bei UV-exponierten keimfreien Mäusen erhöht. Folsäure ist dafür bekannt, oxidativen Stress zu reduzieren, die Hautfeuchtigkeit zu erhöhen und die Barrierefunktion zu verbessern.18 Andererseits beobachteten wir bei UV-exponierten keimfreien Mäusen einen niedrigeren Glykosphingolipidstoffwechsel. Es ist bekannt, dass Sphingolipidstoffwechselprodukte eine Schlüsselrolle bei der Regulierung und Infiltration von Immunzellen während einer Entzündung spielen.19 Diese veränderten Stoffwechselwege könnten zur verstärkten UV-induzierten Immunsuppression in keimfreien oder desinfizierten Mäusen beitragen. In Vorhandensein des Mikrobioms beobachten wir verstärkte Stoffwechselwege wie den Alanin- und Aspartatstoffwechsel, den Pyrimidinstoffwechsel, den Stickstoffstoffwechsel, den Glutamatstoffwechsel, den Histidinstoffwechsel und den Selenaminosäurestoffwechsel.

<< Wenn Mäuse sonnenbaden, wächst unser Verständnis von der Haut.>>

Interessanterweise sind alle diese Stoffwechselwege mit dem mikrobiellen Stoffwechsel verbunden.20 Außerdem erhöhte die UV-Bestrahlung den Tryptophanstoffwechsel bei den Kontrollmäusen. Aus unseren Daten geht nicht eindeutig hervor, ob die nach UVB-Exposition stimulierten Tryptophanstoffwechselwege vom Mikrobiom oder von den Hautzellen stammen. Tryptophanmetabolite regulieren jedoch auch Entzündungsprozesse und könnten für einen Teil der UV-induzierten Entzündung in der Haut verantwortlich sein.21 Andere Stoffwechselwege wie der Glutathion-, Methionin- und Cystein-, Glycin-, Serin-, Alanin- und Threoninstoffwechsel, der Harnstoff-Aminogruppen-Zyklus, der Alanin-, Aspartat- und Asparaginstoffwechsel, die bei Kontrollmäusen durch UV-Exposition induziert wurden, könnten mit einer verminderten Immunsuppression, erhöhter Epidermisdicke und zellulärem Infiltrat sowie einem proinflammatorischen Milieu in Verbindung stehen.

Die allgemeine Aussagekraft dieser Studie unterliegt naturgemäß einigen Einschränkungen: Es handelt sich um einen Tierversuch, es wurde nur eine UVB-Dosis untersucht und große Teile des Hautmetaboloms konnten noch nicht erfasst werden. Völlig keimfreien Mäusen fehlt auch das Darmmikrobiom, was die allgemeine Gesundheit beeinflusst, weshalb wir in der Studie (hier nicht gezeigt) auch gesunde Mäuse mit desinfizierter Haut untersucht haben, mit ähnlichen Ergebnissen. Aber auch Desinfektionsmittel könnten Mikrobiom-unabhängige Effekte auf das Metabolom haben. Unsere Ergebnisse erlauben jedoch einen tieferen Einblick in das komplexe Zusammenspiel von UVB-Exposition, Hautmetabolom und Mikrobiom.

Conclusio

Die Ergebnisse dieser Studie geben Aufschluss über die Dynamik und die Wechselwirkungen zwischen dem Metabolom der Haut, dem Mikrobiom und der UV-Exposition und eröffnen neue Möglichkeiten für die Entwicklung von Anwendungen auf Metaboliten- oder Lipidbasis zur Erhaltung der Hautgesundheit.

Patra V et al.: Ultraviolet exposure regulates skin metabolome based on the microbiome. Sci Rep 2023; 13(1): 7207. doi: 10.1038/s41598-023-34073-3

1 Bernard JJ et al.: Photoimmunology: how ultraviolet radiation affects the immune system. Nat Rev Immunol 2019; 19(11): 688-701 2 Vieyra-Garcia PA, Wolf P: A deep dive into UV-based phototherapy: Mechanisms of action and emerging molecular targets in inflammation and cancer. Pharmacol Ther 2021; 222: 107784 3 Cibrian D et al.: Metabolic pathways that control skin homeostasis and inflammation. Trends Mol Med 2020; 26(11): 975-86 4 Flowers L, Grice EA: The skin microbiota: Balancing risk and reward. Cell Host Microbe 2020; 28(2): 190-200 5 Patra V et al.: Skin microbiome modulates the effect of ultraviolet radiation on cellular response and immune function. iScience 2019; 15: 211-22 6 Chen H et al.: Skin microbiome, metabolome and skin phenome, from the perspectives of skin as an ecosystem. Phenomics 2022; 2(6): 363-82 7 Triebl A et al.: Lipidomics by ultrahigh performance liquid chromatography-high resolution mass spectrometry and its application to complex biological samples. J Chromatogr B Analyt Technol Biomed Life Sci 2017; 1053: 72-80 8 Bruce SJ et al.: Investigation of human blood plasma sample preparation for performing metabolomics using ultrahigh performance liquid chromatography/mass spectrometry. Anal Chem 2009; 81(9): 3285-96 9 Tsugawa H et al.: A lipidome atlas in MS-DIAL 4. Nat Biotechnol 2020; 38(10): 1159-63 10 Tsugawa H et al.: A cheminformatics approach to characterize metabolomes in stable-isotope-labeled organisms. Nat Methods 2019; 16(4): 295-8 11 R Core Team, 2022, https://www.R-project.org/ 12 Li S et al.: Predicting network activity from high throughput metabolomics. PLoS Comput Biol 2013; 9(7): e1003123 13 Hawkshaw NJ et al.: UV radiation recruits CD4+GATA3+ and CD8+GATA3+ T cells while altering the lipid microenvironment following inflammatory resolution in human skin in vivo. Clin Transl Immunology 2020; 9(4): e01104 14 Tse BCY, Byrne SN: Lipids in ultraviolet radiation-induced immune modulation. Photochem Photobiol Sci 2020; 19(7): 870-8 15 Byrd AL et al.: The human skin microbiome. Nat Rev Microbiol 2018; 16(3): 143-55 16 Chu X et al.: Integration of metabolomics, genomics, and immune phenotypes reveals the causal roles of metabolites in disease. Genome Biol 2021; 22(1): 198 17 Boo YC: Ascorbic acid (vitamin C) as a cosmeceutical to increase dermal collagen for skin antiaging purposes: Emerging combination therapies. Antioxidants (Basel) 2022; 11(9) 18 Gisondi P et al.: Folic acid in general medicine and dermatology. J Dermatolog Treat 2007; 18(3): 138-46 19 Maceyka M, Spiegel S: Sphingolipid metabolites in inflammatory disease. Nature 2014; 510(7503): 58-67 20 Yu G et al.: MetOrigin: Discriminating the origins of microbial metabolites for integrative analysis of the gut microbiome and metabolome. iMeta 2022; 1: e10 21 Helferich WG, Denison MS: Ultraviolet photoproducts of tryptophan can act as dioxin agonists. Mol Pharmacol 1991; 40(5): 674-8

Back to top