HIV-PrEP:die „Pille davor“
Dr. Annette Haberl
Leiterin des Bereichs HIV und Frauen
HIVCENTER, Universitätsklinikum Frankfurt
Prof. Dr. Burkard Schappert
Kompetenzzentrum Weiterbildung Allgemeinmedizin
Universitätsmedizin Mainz
Prof. Dr. Armin Wunder
Institut für Allgemeinmedizin
Goethe Universität, Frankfurt am Main
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Die HIV-PrEP bietet einen effektiven Schutz vor HIV. Hausärzt:innen sind oft die ersten Ansprechpartner für potenzielle Nutzende und sollten daher Grundkenntnisse über PrEP besitzen. Eine strukturierte Sexualanamnese unterstützt dabei, den Beratungsbedarf zu erkennen und bei Bedarf an spezialisierte Zentren und Praxen zu überweisen.
Eine Infektion mit dem humanen Immundefizienz-Virus (HIV) bedeutet auch in Zeiten wirksamer Therapien immer noch eine lebenslange Infektion, die nicht heilbar ist. Durch eine dauerhafte Behandlung mit antiretroviralen Medikamenten (ART) kann mittlerweile erreicht werden, dass Menschen mit HIV eine Lebenserwartung haben, die sich kaum noch von der in der Allgemeinbevölkerung unterscheidet.1 Vorrausetzung dafür sind allerdings eine rechtzeitige Diagnosestellung und ein früher Therapiebeginn. Ohne Behandlung endet die HIV-Infektion auch heute noch potenziell tödlich.
Zum Schutz vor einer HIV-Infektion kann bei einem hohen Transmissionsrisiko eine medikamentöse Präexpositionsprophylaxe (HIV-PrEP) eingesetzt werden. Die Schutzwirkung der PrEP ist dabei mit einer nachgewiesenen Risikoreduktion von 86% mindestens so gut wie die eines Kondoms.2 Internationale und nationale Leitlinien empfehlen daher die Präexpositionsprophylaxe für Personen mit einem substanziellen Risiko für eine HIV-Infektion. Da die Primärversorgenden häufig die ersten Ansprechpartner für potenzielle PrEP-Nutzende sind, sollten diese Grundkenntnisse zur HIV-PrEP besitzen, um entsprechend beraten zu können. Informationen zur Rückerstattung der PrEP-Kosten enthält der Infokasten.
Wer sollte im hausärztlichen Setting zur HIV-PrEP beraten werden?
Neben den Personen, die eigeninitiativ nach dieser Form der HIV-Prophylaxe fragen, sollten alle beraten werden,3
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die angeben, dass sie kondomlosen insertiven oder rezeptiven analen oder vaginalen Sex außerhalb einer monogamen Beziehung hatten oder haben werden,
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bei denen bereits eine sexuell übertragbare Infektion diagnostiziert wurde,
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die Sex unter Gebrauch legaler oder illegaler bewusstseinsverändernder Substanzen („Chemsex“, Alkohol) praktizieren,
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die mit einem/einer Partner:in mit virämischer HIV-Infektion leben, zum Beispiel bei nicht suppressiver ART, in der Anfangsphase einer ART oder im Fall, dass gar keine ART eingenommen wird,
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die Drogen intravenös gebrauchen und dabei keine sterilen Injektionsmaterialien verwenden,
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die als Sexarbeitende tätig sind,
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die bereits einmal eine HIV-Postexpositionsprophylaxe (HIV-PEP) benötigt haben.
Die Sexualanamnese
Um einen Beratungsbedarf abschätzen zu können, ist es wichtig, eine Sexualanamnese durchzuführen. Bei der Erhebung können uns die drei sogenannten P-Fragen eine Hilfestellung geben, um besser einschätzen zu können, ob eine HIV-PrEP infrage kommt (Tab.1). Dabei sollte vorab erläutert werden, warum diese Fragen gestellt werden. Beispielformulierungen dazu sind:
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„Um Ihr Risiko für eine sexuell übertragbare Infektion besser abschätzen zu können, habe ich ein paar Fragen an Sie.“
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„Um abschätzen zu können, ob die HIV-PrEP eine sinnvolle Prophylaxe für Sie sein könnte, habe ich folgende Frage an Sie.“
Anhand der gegebenen Antworten kann partizipativ entschieden werden, ob eine Überweisung an ein Zentrum, das eine ausführliche Beratung und ggf. auch die Verordnung der HIV-PrEP durchführt, sinnvoll ist.
Folgende Informationen sind im Vorfeld für die potenziellen PrEP-Nutzenden besonders relevant:
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Zur Beratung sollte der Impfpass mitgebracht werden, da im Rahmen der Erstberatung auch geklärt wird, ob ein ausreichender Impfschutz gegen Hepatitis B und – je nach Sexualpraktiken – auch Hepatitis A vorhanden ist;
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zusätzlich sollten sie auch ihren Medikationsplan, der alle Medikamente auflistet, die sie regelmäßig oder gelegentlich einnehmen, vorlegen. Dies ist wichtig, da die HIV-PrEP mit dem oralen Kombinationspräparat Emtricitabin/Tenofovirdisoproxil (TDF/FTC) als kontinuierliche Einnahme einmal täglich erfolgen sollte. Bei diesem Präparat ist auf Interaktionen zu achten, die eine Auswirkung auf die Nierenfunktion haben könnten.
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Bei allen Medikamenten, die ihnen verordnet werden, respektive die sie als OTC-Präparate selbst kaufen, sollten sie darauf aufmerksam machen, dass sie die HIV-PrEP einnehmen.
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Unter PrEP-Einnahme ist ein regelmäßiges Monitoring auf HIV und andere sexuell übertragbare Erkrankungen sowie die Nierenfunktion notwendig.
Ziel: flächendeckendes Angebot
Es ist sinnvoll, im Rahmen der Versorgung potenzieller PrEP-Nutzender das lokale/regionale Netzwerk der PrEP-Verordnenden zu kennen oder selbst zu überlegen, diese Prophylaxe in der eigenen Praxis anzubieten und so bei insgesamt noch steigendem PrEP-Bedarf zu einem verbesserten flächendeckenden Angebot beizutragen.
Die Leitlinie zur HIV-PrEP ist im AWMF-Leitlinien-Register abrufbar.4 Die Leitlinien und weitere ausführliche Informationen zur HIV-PrEP und auch DFP-approbierte Online-Fortbildungen sind auch auf der Website bzw. der PrEP-Informationsseite der Österreichischen AIDS Gesellschaft (ÖAG) verfügbar ( https://www.aidsgesellschaft.at ; https://www.hivprep.at ).
Kostenzuschuss zur PrEP
Seit 1. April 2024 wird die PrEP für Versicherte (außer Versicherte der KFA) mit bis zu 60 Euro/Monat für die Medikamente sowie 25 Euro/Quartal für das Ärzt:innengespräch rückerstattet. Die Rückerstattung erfolgt analog zu Wahlärzt:innenrechnungen über die Websites www.meinesv.at , gesundheitskasse.at , svs.at sowie bvaeb.at . Bei der ÖGK kann man alle Unterlagen direkt an hiv-prep@oegk.at mailen. Dabei müssen sowohl Rechnung als auch Rezept eingereicht werden. Wenn man per Post einreicht, muss eine Kopie der e-card dem Brief beigelegt sein. Digital ist die Sozialversicherungsnummer bereits hinterlegt. Eingereicht werden kann sowohl eine Rechnung mit den 3 Monatspackungen als auch 3 einzelne Monatsrechnungen.
Quelle: Aids Hilfe Wien
Literatur:
1 Siegmund-Schultze N: HIV-Infektion: Lebenserwartung nähert sich der normalen an, aber nur bei hohen CD4-Zellzahlen. Dtsch Arztebl 2023; 120: 33-4 2 McCormack S et al.: Pre-exposure prophylaxis to prevent the acquisition of HIV-1 infection (PROUD): effectiveness results from the pilot phase of a pragmatic open-label randomised trial. Lancet 2016; 387(10013): 53-60 3 S2k-Leitlinie Deutsch-Österreichische Leitlinie zur HIV-Präexpositionsprophylaxe:
https://register.awmf.org/assets/guidelines/055-008l_S2k_HIV-Praeexpositionsprophylaxe_2024-04_02.pdf
, Seite 3f; zuletzt aufgerufen am 18. 7. 2025 4 S2k-Leitlinie Deutsch-Österreichische Leitlinie zur HIV-Präexpositionsprophylaxe:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/055-008
; zuletzt aufgerufen am 18. 7. 2025
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