
Das Sterbeverfügungsgesetz
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Vor nun schon vier Jahren hat der Verfassungsgerichtshof das Verbot der Sterbehilfe – damals sanktioniert im Strafgesetzbuch – aufgehoben. Nach dem Inkrafttreten des Sterbeverfügungsgesetzes, über dessen Inhalt in Ausgabe 6/2021 ausführlich berichtet wurde, musste sich das Höchstgericht mit dem vor Kurzem erlassenen neuen Sterbeverfügungsgesetz befassen.
Verschiedene Gruppierungen, die Sterbende palliativ begleiten, hatten das neue Sterbeverfügungsgesetz als zu eng und formal beim Verfassungsgerichtshof angefochten.
Begehrt wurde z.B. die Aufhebung des §77 Strafgesetzbuch, der die Tötung auf Verlangen unter Strafe stellt. Im neuen Sterbeverfügungsgesetz wurde nur die assistierte Selbsttötung, also die Selbsttötung unter Mitwirkung Dritter, erlaubt, nicht jedoch die Tötung durch einen Dritten auf (berechtigtes) Verlangen. Todkranke, die sonstige Voraussetzungen für eine assistierte Selbsttötung erfüllen würden, aufgrund ihres körperlichen Zustandes aber nicht mehr in der Lage sind, die Selbsttötung vorzunehmen, sind vom Anwendungsbereich des neuen Sterbeverfügungsgesetzes daher ausgenommen.
Dies wird auch in Hinkunft so bleiben, da der VfGH die diesbezüglichen Anträge als zu eng oder als zu weit gefasst, also aus rein formalen Gründen zurückgewiesen hat, ohne sich inhaltlich mit der Ungleichbehandlung auseinandersetzen zu müssen. Freilich ist es nur schwer einzusehen, dass Personen, die sich noch selbst töten können und nur Unterstützung dabei benötigen, anders behandelt werden als jene Kranken, die zwar die sonstigen Voraussetzungen für die Selbsttötung erfüllen würden, sich selbst aber wegen körperlicher Gebrechen nicht mehr selbst töten, also die letal wirkende Tablette nicht einnehmen können. Allenfalls wird dieser zu enge Anwendungsbereich des Sterbeverfügungsgesetzes in Zukunft erfolgreich vor dem VfGH angefochten werden.
Verfassungskonforme Inhalte
Insoweit Bestimmungen des Sterbehilfegesetzes zulässigerweise angefochten wurden, hat der VfGH die wesentlichen Bestimmungen für verfassungskonform erachtet:
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So gilt weiterhin, dass in der Sterbeverfügung die sterbewillige Person festhalten muss, dass sie entschlossen ist, ihr Leben zu beenden, und erklären, dass dieser Entschluss frei und selbstbestimmt nach ausführlicher Aufklärung gefasst wurde. Die sterbewillige Person muss sowohl im Zeitpunkt der Aufklärung als auch im Zeitpunkt der Errichtung der Sterbeverfügung volljährig und zweifelsfrei entscheidungsfähig sein.
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Eine Sterbeverfügung kann nur von einer Person errichtet werden, die an einer unheilbaren, zum Tod führenden Krankheit oder an einer schweren, dauerhaften Krankheit mit anhaltenden Symptomen leidet, deren Folgen die betroffene Person in ihrer gesamten Lebensführung dauerhaft beeinträchtigen.
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Der Errichtung einer Sterbeverfügung hat eine näher umschriebene Aufklärung durch zwei ärztliche Personen voranzugehen. Die Sterbeverfügung kann frühestens 12 Wochen nach der ärztlichen Belehrung errichtet und kann jederzeit widerrufen werden.
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Niemand kann dazu gezwungen werden, an der Errichtung einer Sterbeverfügung, an der gebotenen Aufklärung oder an der Selbsttötung mitzuwirken. Umgekehrt darf auch niemandem ein Nachteil aus einer allfälligen Mitwirkung erwachsen.
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Nach Vorlage einer wirksamen Sterbeverfügung darf (nicht muss) jede öffentliche Apotheke an die sterbewillige oder eine in der Sterbeverfügung namentlich genannte Hilfe leistende Person ein letales Präparat abgeben.
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Das Verbot der Annahme eines über den Ersatz des tatsächlichen Aufwandes hinausgehenden wirtschaftlichen Vorteils soll Geschäftemacherei verhindern.
Wo eingegriffen wurde
In zwei Bereichen hat der VfGH jedoch eingegriffen:
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Die Bestimmung, dass eine Sterbeverfügung nach einem Jahr die Gültigkeit verliert, wurde als unsachlich aufgehoben. Es sei nicht einzusehen, warum ein Sterbewilliger nach nur einem Jahr die gesamte Prozedur der Errichtung einer Sterbeverfügung erneut durchlaufen müsse. Abzuwarten bleibt, ob der Gesetzgeber eine längere Gültigkeitsfrist vorsehen wird oder aber die wirksam errichtete Sterbeverfügung unbefristet gültig bleibt.
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Das im Sterbehilfegesetz enthaltene Werbeverbot wurde wegen Verstoßes gegen die Meinungs- und Äußerungsfreiheit teilweise als verfassungswidrig aufgehoben. Das Werbeverbot umfasste „Werbung, die eigene oder fremde Hilfeleistung oder Mittel, Gegenstände oder Verfahren, die zur Selbsttötung geeignet sind, unter Hinweis auf diese Eignung anbietet, ankündigt oder anpreist“. Der VfGH sieht sachliche Hinweise für gerechtfertigt an, nicht aber das unsachliche „Anpreisen“, weshalb nur noch das „Anpreisen“, aber nicht mehr das „Anbieten“ oder „Ankündigen“ verboten sind.
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