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Gesundheit und Politik

Wahlärzte im Visier

Wien/Linz - Andreas Huss, aktuell Vizeobmann der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), hatte die Debatte kürzlich neu entfacht: „Ich würde das System der Wahlärzte abschaffen – das passt nicht mehr“, meinte er in einem Zeitungsinterview vor dem Hintergrund wachsender Schwierigkeiten bei der Nachbesetzung offener Kassenstellen. Was nun folgt, sind unterschiedliche Vorschläge, wie Wahlärzte in das öffentliche Gesundheitssystem integriert werden könnten. Die Ärztekammer hält von alldem freilich wenig.

Die oberösterreichische Landeshauptmannstellvertreterin Christine Haberlander hat aktuell den Vorschlag geäußert, Pflichtdienste für Wahlärzte vorzusehen. Diese könnten etwa die Therapie von Drogensüchtigen oder Nachtdienste im hausärztlichen Notdienst umfassen. Das Argument dahinter: „Das Medizinstudium, das Wahlärzte absolvieren, wird öffentlich finanziert. Dann sollen die Steuerzahler auch etwas davon haben“, meint die für Gesundheit zuständige Haberlander. Der Linzer Vizebürgermeister Martin Hajart hatte bereits vorgeschlagen, dass Wahlärzte einen bestimmten Anteil an Kassenpatienten übernehmen sollten. Der oö. SPÖ-Gesundheitssprecher Peter Binder schlägt in die gleiche Kerbe und sprach sich zuletzt ebenfalls dafür aus, dass Wahlärzte verpflichtend ein gewisses Kontingent an Kassenpatienten übernehmen müssten.

Der Schulterschluss in Oberösterreich kommt nicht von Ungefähr: Die Zahl der Kassenärzte stagniert, jene der Wahlärzte stieg zuletzt stark an. Waren es 2005 noch etwa 800 Wahlärzte, so sind es mittlerweile 1485. Ihnen stehen 1241 Kassenärzte gegenüber.

„Wahlärzte nicht bestrafen“

Bei Wahlärzten in Österreich erstatten die gesetzlichen Krankenkassen den Patienten 80 Prozent des jeweiligen Kassentarifs. Diese Regelung ist dem ÖGK-Vertreter ein Dorn im Auge: „Wenn Ärzte sich entscheiden, nur ihre eigenen Patienten zu behandeln, dann sollen sie auch bei uns keine Zahlungen mehr aus dem öffentlichen Gesundheitssystem beziehen“, brachte Huss die Sichtweise der ÖGK vor Kurzem auf den Punkt – und verwies in diesem Zusammenhang auf Deutschland, wo Patienten, die einen Privatarzt besuchen, keinerlei Kostenersatz von der Sozialversicherung erhalten würden.

Bei der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) stoßen die jüngsten Wortmeldungen auf Widerstand: „Meines Wissens gibt es nach wie vor einen öffentlichen Zugang zu Universitäten und der Steuerzahler finanziert jedes angebotene Studium. Nach dieser Argumentation müssten dann alle Akademikerinnen und Akademiker zu Zwangsdiensten verpflichtet werden können“, so Johannes Steinhart, Vizepräsident der ÖÄK und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte in Richtung Oberösterreich. Es sei zudem nicht einzusehen, warum derart viele Überlegungen darum kreisen, „die Wahlärztinnen und Wahlärzte zu bestrafen, anstatt unsere vielen Vorschläge aufzugreifen, wie der Kassenbereich attraktiver gestaltet werden kann“.

Die aktuelle Debatte könnte Absolventen des Medizinstudiums davon abschrecken, in Österreich als Arzt tätig zu sein, so die Standesvertretung. (ehs/ag)

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