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Gesundheit und Politik

Streit um Verschiebung des E-Rezeptes – gegenseitige Schuldzuweisungen

Wien - Mit Juli sollte die bisherige elektronische Übermittlung von Rezepten im Rahmen der E-Medikation enden und nur noch das neue E-Rezept gelten. Doch nun steht eine Verschiebung im Raum. Bei der Umsetzung würden Staus in den Apotheken drohen, was vor allem auf fehlende Lesegeräte zurückzuführen wäre, argumentiert Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Apothekerkammer. Sie warnte zuletzt gar vor einem „Fiasko“. Der Vorsitzende der Konferenz der Sozialversicherungsträger, Peter Lehner, wies die Vorwürfe am Donnerstag per Aussendung scharf zurück.

Die aktuelle Gesetzeslage sieht vor, dass ab 1. Juli nur noch das E-Rezept gilt. Das hätte, wie Mursch-Edlmayr ausführt, für die Patienten durchaus unangenehme Folgen. Denn bei der E-Medikation reicht es auch, wenn man mündlich die Sozialversicherungsnummer angibt, womit beispielsweise auch Verwandte das Präparat abholen können. Diese kann eingetippt werden und der Apotheker sieht die Verschreibung des Arztes.

Mit dem E-Rezept, das an sich schon länger in der Einführungsphase ist, braucht es, wenn die Mediziner das Rezept nicht ausdrucken, die E-Card. Diese muss dann gesteckt werden, damit die Apotheke ablesen kann, welches Medikament dem Patienten verschrieben wurde. An sich wäre dieser Vorgang kein großes Problem –- doch es gibt offenbar Lücken. Laut Mursch-Edlmayr fehlen 5000 Kartenlesegeräte. Diese könnten vom Anbieter nicht vor September oder Oktober geliefert werden. Einige 100 Apotheken hätten überhaupt nur ein Lesegerät. Die Konsequenz wären Warteschlangen der Kunden, meint die Präsidentin. Auf dem Rücken der Patienten würde „ein völliges Chaos“ ausbrechen.

Damit ist die Mängelliste nach Einschätzung der Apothekerkammer aber noch nicht zu Ende: Probleme in der Umsetzung des E-Rezepts gebe es zudem bei Suchtgift-Rezepten, die man aktuell nicht abbilden könne. Das betreffe auch schwere Schmerztabletten.

Ärztekammer für Verschiebung

Die Ärztekammer spricht sich ebenfalls für eine Verschiebung der Einführung um mindestens drei Monate aus. „Das sollte ausreichen, um die noch bestehenden Kinderkrankheiten zu behandeln, vorausgesetzt, die Verantwortlichen nehmen die Probleme endlich genügend ernst“, äußert sich Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte. Schwierigkeiten sieht die Standesvertretung mehrere: Die Ärzteschaft sei bereit, aber viele Arztsoftwarehersteller seien noch säumig, verlässliche und umfassende Lösungen fertigzustellen. Außerdem sei der Ablauf bei Patienten in Pflegeheimen noch viel zu bürokratisch und im Bereich der Wahlärzte sei sich die Sozialversicherung selbst noch nicht einmal über die Einbindung und Umsetzung im Klaren. Fazit: „Eine Einführung des E-Rezepts mit Anfang Juli bedeutet Chaos mit Ansage“, meint Steinhart.

Umsetzung in „finaler Phase“

Peter Lehner sieht dagegen die Umsetzung „in der finalen Phase des mehrmonatigen Roll-out-Prozesses“. Die Vorwürfe der Apothekerkammer weist er als „Panikmache“ und „bewusste Falschinformation“ zurück. Es gebe fünf unterschiedliche Möglichkeiten, das E-Rezept einzulösen: mit Scan des E-Rezept-Codes/QR-Codes auf dem Smartphone über die App der Sozialversicherung, per Übermittlung des zwölfstelligen alphanumerischen Codes, per Scan des E-Rezept-Codes auf einem Ausdruck, über das Stecken der E-Card und mittels eines Blankoformulars für Hausbesuche oder Sonderfälle, so der Vertreter der Sozialversicherung. Zu der Verfügbarkeit der Kartenlesegeräte erklärt Lehner: „Aktuell sind in 1407 Apotheken 3600 Kartenlesegeräte im Einsatz. Das sind rein statistisch 2,5 Geräte pro Apotheke.“

Noch ist die Verschiebung nicht fix. Klar ist: Sollte sie vonseiten der Politik gewünscht sein, drängt die Zeit. (red)

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