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Gesundheit und Medizin

Corona: Auswirkungen des „Sofa-Surfens“ werden spürbar

Wien - Bewegungsdefizit durch Lockdowns und Homeoffice: Nach 20 Monaten Pandemie sehen Orthopäden immer mehr Beschwerden am Bewegungsapparat und bei Kindern und Jugendlichen auffällige Veränderungen.

Bewegungsmangel war in der westlichen Welt schon vor Corona ein Problem. Die Pandemie hat die Situation verschlimmert. „Im Homeoffice entfallen auch noch minimale Bewegungseinheiten wie der Gang zum Mittagessen“, sagt Univ.-Prof. Dr. Ronald Dorotka, Präsident des BVdO (Berufsverband Österreichischer Fachärzte für Orthopädie).

Sofas dienen als Bürosessel, Küchentische als Schreibtisch. Ergonomische Empfehlungen werden dabei selten berücksichtigt. So sind etwa Laptop-Bildschirme kleiner als die üblicherweise in Büros verwendeten PC-Monitore und befinden sich daher nicht in Augenhöhe, wenn sie ohne Unterlage auf dem Tisch platziert werden. „Noch schlimmer ist es, wenn der Laptop auf den Oberschenkeln liegt“, sagt Dorotka. Der Nacken muss dabei stark gebeugt werden. Der „Tech Neck“ oder „Handy-Nacken“ ist ein Krankheitsbild, das durch Homeoffice und Lockdown zugenommen hat und neuerdings sogar schon bei Kindern auftritt.

Koordinationsschwierigkeiten bei Kindern

Dorotka beobachtet in seiner Praxis auch Koordinationsschwierigkeiten: „Es gibt immer mehr Kinder, die nicht auf die Untersuchungsliege klettern können.“ Bei Kindern wurde in den vergangenen Monaten außerdem eine durchschnittliche Gewichtszunahme konstatiert, die auf den Entfall des Schulsports und eingeschränkte Freizeitmöglichkeiten zurückgeführt wird.

Wie kann man zu Hause dem Rücken und den Gelenken Gutes tun? Dorotka empfiehlt eine Sitzhaltung in 90 Grad Beugung von Hüfte und Knie. Die Höhe des Arbeitstisches und des Bildschirms können mit einfachen Hilfsmitteln – beispielsweise Unterlagen – angepasst werden. 2–3-mal pro Stunde sollte man die Sitzgelegenheit wechseln („dynamisches Sitzen“), zwischendurch immer wieder aufstehen und kleine Bewegungsübungen durchführen. „Wenn Eltern Bewegung in den Alltag einbauen, motiviert das auch die Kinder“, meint Dorotka. Und trotz Corona sollte man nicht auf die empfohlenen kinderorthopädischen Routineuntersuchungen vergessen: nach der Geburt, nach Gehbeginn, zur Einschulung mit 6 Jahren, am Ende der Volksschulzeit mit 10 Jahren und am Ende der Schulpflicht mit 15–16 Jahren.


Autor:
Christine Lindengrün

Literatur:

Galbusera F et al.: Expected impact of lockdown measures due to COVID-19 on disabling conditions: a modelling study of chronic low back pain. Eur J Spine 2021; 30(10): 2944-54

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