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Gesundheit und Forschung

Corona: Anpassung der Impfstoffe nötig?

Wien/New York - Die Nachricht kommt zur Unzeit: Während viele Länder, darunter auch Österreich, mit anhaltender Impfmüdigkeit in der Bevölkerung kämpfen und praktisch nichts unversucht lassen, um die Menschen vom Impfschutz zu überzeugen, könnte nun erstmals eine Anpassung der Vakzine nötig werden. Der Grund: die im südlichen Afrika aufgetauchte neue Virusvariante „B.1.1.529“.

Der österreichische Forscher Florian Krammer, der an der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York tätig ist, blickt zumindest mit etwas Sorge auf die nun entdeckte Variante, denn derart viele Mutationen im Spike-Protein seien „nicht gut“. Es könne sich hier um eine Variante handeln, die eine Adaption von Impfstoffen notwendig mache. Zur Einschätzung brauche es aber noch mehr Daten.

Noch viele Fragen offen

Noch wisse man zu wenig darüber, ob der derart gestaltete Abkömmling des SARS-CoV-2-Erregers ähnlich infektiös oder sogar infektiöser ist als die aktuell dominante Delta-Variante, so Krammer. Allerdings sehe es danach aus, als hätte sie das Zeug dazu, einer aufgebauten Immunabwehr besser zu entkommen, analysiert der Experte. Südafrika habe ein „wahnsinnig gutes System“ zur genetischen Überwachung der Covid-19-Situation, aber selbst dort sei man davon offenbar „ein bisschen überrascht worden“. Es bestehe die Vermutung, dass es im Land schon deutlich mehr Fälle gibt als die zuletzt kommunizierten 77.

Die neue Variante mit ihren allein 32 Mutationen im Spike-Protein, wie etwa an der Stelle, an der das Virus an Zellen andockt, sei „besorgniserregend, aber auch kein Grund zur Panik“. Ob sich der Mutationscluster als überlegen gegenüber der nun seit längerer Zeit beständig dominanten Delta-Variante erweist, sei offen. Letztlich müsse man in Laborversuchen zeigen, wie gut die Impfstoffe dagegen wirken.

Die Einschätzung einer Anpassung sei auch schwierig, weil in der zeitlichen Distanz zur Zweitimpfung bei vielen die Antikörperspiegel natürlich absinken und zusätzlich noch die deutlich ansteckendere Delta-Variante um sich gegriffen hat. Klar sei, „dass man das schnell anpassen muss, wenn man einen deutlichen Anstieg von schweren Infektionen unter Geimpften sieht“, so der Virologe. Bei den mRNA-Vakzinen von Biontech/Pfizer oder Moderna sei das auch technisch innerhalb kurzer Zeit möglich. Wobei sich die Frage stellt, wie schnell dann dafür Zulassungen erteilt werden.

Nicht wieder „bei null anfangen“

Mit einem angepassten Impfstoff müsste man voraussichtlich nicht wieder mit der Grundimmunisierung beginnen, meint Krammer. Wenn einige im Vakzin enthaltene Bereiche des Antigens, gegen die das Immunsystem dann eine angepasste Antwort entwickeln soll, verändert werden, wandern die für die Erinnerung an den Virus-Teil zuständigen B-Zellen wieder in die Lymphknoten zurück. Es kommt zu einer Anpassung der veränderlichen Strukturen der Antikörper an den neuen Reiz. Krammer weiter: „Das Immunsystem kann das. Da muss man nicht bei null anfangen.“ (APA/red)

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