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Gesundheit und Politik

Influencer bewerben zu 75 Prozent ungesunde Lebensmittel

Wien - Die Daten sprechen für sich: Sechs Influencer – drei Frauen, drei Männer – aus den Bereichen Lifestyle und Entertainment haben Forschende rund um Eva Winzer vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien unter die Lupe genommen. Konkret ging es um die Analyse der beworbenen Lebensmittel und Getränke, die über Social-Media-Kanäle verbreitet wurden. Ergebnis: 75 Prozent der vorgestellten Produkte wiesen laut der Untersuchung einen so hohen Salz-, Fett- oder Zuckergehalt auf, dass sie gemäß den Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht an Kinder vermarktet werden dürfen.

Im Rahmen der Studie analysierte das Forschungsteam Mahlzeiten, Snacks und Getränke, die in Posts und Videos von sechs der beliebtesten deutschsprachigen Influencer auf TikTok, YouTube und Instagram auftauchten. Zusammen erreichen und beeinflussen diese mit ihren Beiträgen mehr als 35 Millionen Follower und Abonnenten der Altersgruppe 13 bis 17. Drei Viertel der Produkte sind so ungesund, dass sie gegen die Werbestandards der WHO für Kinder verstoßen, fasst Winzer zusammen. Zudem zeigt die Analyse, dass Teenager auf TikTok, Instagram und YouTube jede Stunde mit der Werbung von 18 Produkten konfrontiert werden, meist ohne es zu merken. Die Arbeit des Forscherteams wurde auf dem diesjährigen European Congress on Obesity (Europäischer Kongress zu Adipositas) in Maastricht präsentiert.

„Wirksame Regulierung dringend notwendig“

Auffällig war zudem, dass die meisten Posts und Videos nicht eindeutig als Werbung gekennzeichnet waren. „Das unterstreicht die dringende Notwendigkeit von Richtlinien und einer wirksamen Regulierung des Influencer-Marketings für Kinder“, so Studienleiterin Winzer. Die Krux an der Sache: „Die WHO-Richtlinien haben den Charakter einer Empfehlung“, erläutert die Forscherin gegenüber universimed.com. Soll heißen: Es gibt weder Kontrollen noch Sanktionen, wenn etwa Grenzwerte nicht eingehalten werden.

Genau hier müsste nach Ansicht der Expertin angesetzt werden – und das freilich zumindest EU-weit, denn Social Media kennt keine Landesgrenzen. Die aktuelle Analyse, der eine noch ausführlichere Studie folgen soll, wollen die Wissenschaftler als Anstoß verstanden wissen, damit aus den Empfehlungen der WHO verbindliche Vorgaben entwickelt werden – Kontrollen auf nationaler Ebene inklusive. Winzer: „Die Politik muss in diesem Zusammenhang verstärkt gegen soziale Medien vorgehen. In den meisten Ländern gibt es keine Beschränkungen für die Vermarktung von ungesunden Lebensmitteln auf Websites, in sozialen Medien oder mobilen Anwendungen.“

20 Prozent der Kinder übergewichtig oder adipös

Die aktuellen Auswertungen haben vor dem Hintergrund, wonach weltweit bereits 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen übergewichtig oder adipös sind, Brisanz. Zumal die Bewerbung ungesunder Produkte als wichtiger Faktor für Übergewicht im Kindesalter gilt – und in der Folge Ernährungspräferenzen sowie Essverhalten nachhaltig beeinflusst werden können. (ehs)

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