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Gesundheit und Forschung

Große Studie: Wurmmittel bei Covid-19 unwirksam

Berlin/Wien - Nun ist es sozusagen amtlich: Das Wurmmittel Ivermectin, das im Zuge der Pandemie immer wieder von unterschiedlichen Seiten als probate Medikation ins Spiel gebracht worden ist, hilft definitiv nicht gegen Covid-19. Das hat jetzt eine große Studie aus Brasilien bestätigt. Die im renommierten „New England Journal of Medicine“ veröffentlichte Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass das Mittel klinisch unwirksam ist – sowohl in Bezug auf das Risiko einer Krankenhauseinweisung als auch auf die Dauer eines Klinikaufenthalts oder die Genesung nach einer Infektion.

Popularität erlangte Ivermectin, das beim Menschen etwa gegen bestimmte Fadenwürmer und Krätzemilben eingesetzt werden kann, zuletzt vor allem unter Impfgegnern. Sie sahen in dem Medikament eine wirksame Alternative. In einigen Ländern wurde zeitweise von einem regelrechten Run auf Apotheken berichtet. Angefeuert wurde der Hype von fragwürdigen Internetseiten, die auf vermeintlich vielversprechende Ergebnisse vor allem kleinerer Studien verwiesen.

„Kein Effekt des Medikamentes“

In der nun veröffentlichten Doppelblindstudie wussten weder Ärzte noch die per Los zugeordneten Patienten, wer das Wurmmittel und wer ein Scheinpräparat (Placebo) bekommen hatte. Die mehr als 3500 Teilnehmer hatten wegen ihres Alters oder wegen Vorerkrankungen ein erhöhtes Risiko für einen schweren Covid-Verlauf. 679 von ihnen erhielten Ivermectin, ebenso viele ein Scheinpräparat, die übrigen knapp 2160 Patienten wurden anders behandelt.

„Kein Effekt des Medikamentes!“, twitterte der Direktor der Klinik für Intensivmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Stefan Kluge, mit Blick auf die Studie. Der Infektionsimmunologe Leif Erik Sander von der Berliner Charité reagierte auf das Ergebnis ebenfalls auf Twitter: „Damit sollte dieses Thema mal abgehakt sein.“

Schon in der Vergangenheit kamen Metaanalysen, die einzelne Untersuchungen und Laborexperimente zusammenfassten, zu keinem eindeutigen Ergebnis über einen angeblichen Nutzen von Ivermectin. Bis heute sprechen sich Weltgesundheitsorganisation (WHO), Robert Koch-Institut (RKI) und Europäische Arzneimittelagentur (EMA) gegen den Einsatz des Medikaments in der Pandemie aus. Bei falscher Dosierung kann das Mittel hochgiftig sein.

Aufgriffe durch den Zoll

In Österreich riet sogar der Hersteller MSD (Merck Sharp & Dohme) von einer eigenmächtigen Einnahme ab: „Es gibt keine aussagekräftige Evidenz für die Anwendung von Ivermectin bei SARS-CoV-2“, teilte das Unternehmen schon im November mit.

Auch im Zusammenhang mit dem jüngsten Produktpirateriebericht des österreichischen Finanzministeriums, bei dem gefälschte und illegale Medikamente eine wesentliche Rolle spielen, stach das Wurmmittel in der Statistik hervor: Demnach haben 2021 die Aufgriffe bei Ivermectin durch den österreichischen Zoll drastisch zugenommen. Bei Schwerpunktkontrollen – vor allem in den Postverteilerzentren – wurden insgesamt 41 719 Tabletten dieses Arzneimittels sichergestellt, davon alleine 743 Sendungen mit 33 394 Tabletten zwischen September und Dezember. (ag/red)

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