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43. Gemeinsame Tagung der ÖGU und der BUV

Wissenschaft für die Praxis

<p class="article-intro">Zum 43. Mal trafen die österreichischen und bayerischen Urologen einander zu ihrer gemeinsamen Jahrestagung – in diesem Jahr in Wien. Rund 950 Teilnehmer informierten sich in Forumssitzungen und Kurzvorträgen über aktuelle, praxisrelevante Themen ihres Faches und diskutierten mit den Vortragenden. Im Interview beschreibt der Tagungspräsident und Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie, Univ.-Doz. Dr. Michael Rauchenwald, die Ziele und die herausragenden Themen des Kongresses.</p> <hr /> <p class="article-content"><p><strong>Sind Sie zufrieden mit dem Verlauf der Jahrestagung?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Ich bin sehr zufrieden. Man ist sich vorher nie sicher, ob man den richtigen Nerv trifft. Ich glaube aber, das ist gut gelungen. Das Motto war in diesem Jahr &bdquo;Wissenschaft, die Wissen schafft&ldquo; und alle Referenten sind dieser Aufgabe gerecht geworden. Die Programmkommission und ich hatten die Intention, &bdquo;hei&szlig;e Themen&ldquo; zu diskutieren. Wir wollten Therapien oder Diagnose verfahren, die derzeit in aller Munde sind, einordnen und ihnen den richtigen Stellenwert geben. Dabei galt es, die Frage zu beantworten, welche Evidenz dahintersteht und was reines Marketing ist.</p> <p><strong>K&ouml;nnten Sie daf&uuml;r ein Beispiel nennen?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Eine erfolgreiche Sitzung gab es beispielsweise zum Thema &bdquo;&Uuml;bertherapie&ldquo;. Wir setzen sehr teure Therapien, vor allem Medikamente ein, etwa in der Krebsbehandlung. Wir sind alle aufgerufen, verantwortungsbewusst damit umzugehen und zu diskutieren, ob unser Gesundheitssystem sich solche Ausgaben auf Dauer leisten kann. Deshalb m&uuml;ssen wir uns diesbez&uuml;glich weiterbilden, damit wir nicht kritiklos auf jeden Zug aufspringen, nur weil etwas neu ist und stark beworben wird. Wenn alle verantwortungsbewusst damit umgehen, dann werden die Ressourcen des Gesundheitssystems geschont. Davon profitieren alle, besonders die Patienten, deren Versorgung wir weiterhin auf hohem Niveau sicherstellen k&ouml;nnen.</p> <p><strong>In diesem Punkt waren sich die Referenten der Sitzung einig, aber folgen darauf auch konkrete Schritte, zum Beispiel in der Aus- und Weiterbildung der Urologinnen und Urologen?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Das w&uuml;rde ich mir nat&uuml;rlich w&uuml;nschen, aber die M&uuml;hlen mahlen leider langsam. Zun&auml;chst geht es darum, ein Bewusstsein f&uuml;r diese Problematik zu schaffen. Wenn wir das Thema immer wieder diskutieren, k&ouml;nnen wir die Dinge schrittweise beeinflussen. Dabei geht es aber nicht nur darum, Kosten einzusparen, sondern auch darum, die Versorgung der Patienten zu verbessern. Ein Beispiel ist die Rehabilitation f&uuml;r Prostatakrebspatienten, die von den Sozialkassen bezahlt wird, aber von den &Auml;rzten noch immer viel zu selten verordnet wird. Dabei gibt es inzwischen ausreichend Evidenz f&uuml;r die positive Auswirkung einer uroonkologischen Rehabilitation auf die Genesung und die Lebensqualit&auml;t der Patienten.</p> <p><strong>Nicht nur in der genannten Sitzung war Krebs ein Thema. Die Onkologie nahm insgesamt im Programm einen breiten Raum ein. Spiegelt das den klinischen Alltag wider?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Derzeit tut sich sehr viel in der Onkologie. Das ist faszinierend und vor allem f&uuml;r unsere Patienten erfreulich. Speziell bei Patienten, f&uuml;r die es bisher kaum Hoffnung gegeben hat, kommen wir mit neuen Therapien in einen Bereich, in dem wir bei guter Lebensqualit&auml;t das Leben der Betroffenen verl&auml;ngern k&ouml;nnen. Das spiegelt insofern die Realit&auml;t wider, als ein gro&szlig;er Teil unserer T&auml;tigkeit im onkologischen Bereich liegt. Man darf nicht vergessen, dass insgesamt &ndash; bei M&auml;nnern und Frauen &ndash; 20 Prozent der Tumorerkrankungen im urologischen Bereich liegen, bei M&auml;nnern sogar 34 Prozent s&auml;mtlicher Tumoren.</p> <p><strong>Welches waren neben der Sitzung zur &Uuml;bertherapie aus Ihrer Sicht weitere Highlights dieser Tagung?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Sehr interessant waren zum Beispiel die Sitzungen zu den uroonkologischen Updates und zur Bildgebung beim Prostatakarzinom. Dort wurden neue Entwicklungen in der Diagnostik des Prostatakarzinoms wie MRT und PSMA diskutiert. Wir haben den Stellenwert dieser Verfahren festgelegt und die manchmal &uuml;bertriebenen Hoffnungen, die damit verbunden sind, ein wenig relativiert. Damit haben wir den klinisch t&auml;tigen Urologinnen und Urologen etwas an die Hand gegeben, womit sie die Methoden einordnen k&ouml;nnen. Es kommt darauf an, die richtige Indikation f&uuml;r die Anwendung der Verfahren zu stellen. Dies ist letztlich auch wichtig f&uuml;r unser Gesundheitssystem. Wir haben sehr gute Instrumente an der Hand, aber wir k&ouml;nnen sie nicht wahllos anwenden, sondern m&uuml;ssen wissen, wo wir sie optimal einsetzen. So sind zum Beispiel die MRT-Pl&auml;tze oft so ausgebucht, dass es zu langen Wartezeiten kommen kann. Und die Patienten, die tats&auml;chlich eine MRT brauchen, haben das Nachsehen.</p> <p><strong>Dies war nun schon die 43. Gemeinsame Tagung der &Ouml;sterreichischen Gesellschaft f&uuml;r Urologie und Andrologie und der Bayerischen Urologenvereinigung. Gibt es dar&uuml;ber hinaus eine Zusammenarbeit der Gesellschaften?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Wir haben durch die jahrelange Zusammenarbeit bei den Tagungen ein sehr gutes Verst&auml;ndnis f&uuml;reinander und eine freundschaftliche Atmosph&auml;re geschaffen. Auch fachlich besteht ein reger Gedankenaustausch. Dar&uuml;ber hinaus sind beispielsweise &Ouml;sterreicher in ma&szlig;geblichen Funktionen in Deutschland t&auml;tig wie Professor Stenzl, ein ehemaliger Kollege von mir aus Graz, der jetzt in T&uuml;bingen arbeitet. Umgekehrt wurden wir sehr von Doktor Zellner aus Bad F&uuml;ssing bei unseren Bem&uuml;hungen unterst&uuml;tzt, die urologischonkologische Rehabilitation in &Ouml;sterreich zu f&ouml;rdern.</p> <p><strong>Was w&uuml;nschen Sie sich f&uuml;r das kommende Jahr? Welche Pl&auml;ne haben Sie f&uuml;r den n&auml;chsten Kongress, der 2018 in Rosenheim stattfinden wird?</strong><br /> <strong>M. Rauchenwald:</strong> Es w&auml;re sch&ouml;n, wenn wir die interdisziplin&auml;re Zusammenarbeit f&ouml;rdern und etwas weiter &uuml;ber den Tellerrand hinausblicken w&uuml;rden. Damit haben wir ja mit den Tagungsthemen in diesem Jahr schon begonnen. Ich denke dabei an den Begriff des ganzheitlichen Mediziners, mit dem man eigentlich gar nicht werben d&uuml;rfte. Wir sind alle Doktoren der gesamten Heilkunde, und auch jeder Facharzt muss den Patienten als Ganzes betrachten, nicht nur die Organe, auf die er spezialisiert ist. Denn gerade in Zeiten der Hochspezialisierung ist es wichtig, die ganzheitliche Betrachtung nie au&szlig;er Acht zu lassen. Und daf&uuml;r setze ich mich ein.</p> <p><strong>Vielen Dank f&uuml;r das Gespr&auml;ch!</strong></p></p>
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