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Urologenausbildung 2018

<p class="article-intro">Eine Ausbildungsordnung, deren klinische wie auch theoretische Umsetzung eine Herausforderung darstellt, ein Arbeitszeitgesetz, das die Präsenz beim Patienten deutlich reduziert, finanzielle Rahmenbedingungen, die wenig Spielraum für Investitionen lassen, Lebenskonzepte, die den Arbeitsplatz an seiner Attraktivität und Familienfreundlichkeit messen: Wie schaffen wir diesen Spagat?</p> <p class="article-content"><div id="keypoints"> <h2>Keypoints</h2> <ul> <li>Die Ausbildungsordnung erm&ouml;glicht eine Vertiefung in Spezialgebiete, welche auch angeboten und eingefordert werden sollte.</li> <li>Die Rotation zwischen verschiedenen Ausbildungsst&auml;tten wird zur Abdeckung s&auml;mtlicher Module unumg&auml;nglich sein.</li> <li>Das Programm der Austrian School of Urology wurde adaptiert und tr&auml;gt nun den Neuerungen der Ausbildungsordnung Rechnung.</li> <li>Die &Ouml;GU unterst&uuml;tzt Initiativen zu Forschungsprojekten und bietet organisatorische Hilfestellung an.</li> </ul> </div> <h2>Spezialisierung</h2> <p>Die nicht mehr ganz so neue Ausbildungsordnung erlaubt die Konzentration auf Spezialgebiete oder Teilaspekte der Urologie, n&auml;mlich Kinderurologie, Blasenfunktionsst&ouml;rung und Urodynamik, Andrologie und sexuelle Funktionsst&ouml;rungen, urologisch-onkologische Chirurgie, Laparoskopie und minimal invasive Therapie oder Urogeriatrie. Eine vertiefende Ausbildung in einem dieser Module ben&ouml;tigt Raum und Zeit: Raum f&uuml;r den Auszubildenden, um sich zu entfalten und auch aktiv t&auml;tig zu werden, aber auch Zeit f&uuml;r den Ausbildner, um sich selbst auf die Rolle des &bdquo;Lehrers&ldquo; ad&auml;quat vorzubereiten und Wissensvermittlung nicht zwischen T&uuml;r und Angel stattfinden zu lassen.</p> <h2>Ma&szlig;nahmen der &Ouml;GU</h2> <p>Ausbildung ist sehr wohl eine Bringschuld &ndash; nat&uuml;rlich liegt es in unserer Verantwortung als Mediziner, unser Wissen und K&ouml;nnen an die nachfolgende Generation weiterzugeben. Und zwar nicht &bdquo;irgendwie&ldquo; zum Wohle der Agenda, sondern bestm&ouml;glich. Ausbildung kann auch Spa&szlig; machen, von da ist es dann nur noch ein kleiner Schritt zu Teamwork und Synergieeffekten, von denen dann wiederum der Ausbildner profitiert. Zur Unterst&uuml;tzung hat die &Ouml;sterreichische Gesellschaft f&uuml;r Urologie (&Ouml;GU) schon vor geraumer Zeit Ma&szlig;nahmen ergriffen, um die Vermittlung klinischer Grundlagen auch in Zukunft sicherzustellen. Die Austrian School of Urology hat nun zweimal das komplette vierj&auml;hrige Curriculum durchlaufen. In den letzten Modulen wurden die Erfordernisse und &Auml;nderungen der Ausbildungsordnung 2015 abgebildet und bereits umgesetzt: vor allem um den Themen Kinderurologie, Urogeriatrie und wissenschaftliches Arbeiten den entsprechenden Raum zur Verf&uuml;gung zu stellen, wurde ein zus&auml;tzliches f&uuml;nftes Modul eingef&uuml;hrt.</p> <h2>Heranf&uuml;hren an das &bdquo;Arztsein&ldquo;</h2> <p>Ausbildung ist aber ebenso eine Holschuld, findet zu Hause, in den eigenen vier W&auml;nden, genauso wie im Dienstbetrieb statt. Die Vorbereitung auf eine Operation am Folgetag, sei es durch das Studium der entsprechenden Literatur oder die Wiederholung der anatomischen Grundlagen, ist genauso selbstverst&auml;ndlich Teil der Ausbildung wie die postoperative Betreuung und das Verfolgen des weiteren station&auml;ren Genesungsverlaufes des Operierten. Ganz grunds&auml;tzliche Elemente des &auml;rztlichen Wirkens, des &bdquo;Arztseins&ldquo;, der eigenverantwortliche Erwerb von Wissen und Fertigkeiten, die Einstellung als Mediziner, eine Gesamtverantwortung f&uuml;r die Betreuung eines Patienten zu tragen, von der Aufnahme bis zur Entlassung und nicht nur f&uuml;r einen Eingriff oder eine einzelne Untersuchung, drohen zwischen der um sich greifenden Verschulung des Studiums und den Querelen des Arbeitszeitgesetzes aufgerieben zu werden. Diejenigen mit Leitungsm&ouml;glichkeit sind daf&uuml;r verantwortlich, jungen &Auml;rzten den Raum f&uuml;r Wissenserwerb zu schaffen, aber auch Eigeninitiative und eigenverantwortliches Handeln einzufordern. Die Absolvierung des Medizinstudiums alleine ist daf&uuml;r keine Voraussetzung (mehr). In &auml;hnlicher Weise liegt es im Eigeninteresse der jungen &Auml;rztinnen und &Auml;rzte, sich selbst aus- und fortzubilden und nicht darauf zu warten, aus- und fortgebildet zu werden.</p> <h2>Ausbildungsordnung mit Modulsystem</h2> <p>Die Neugestaltung der Ausbildungsordnung und die Einf&uuml;hrung eines Modulsystems stellen zugleich eine Chance und Herausforderung f&uuml;r das Fach Urologie/Andrologie dar. Nur die wenigsten Abteilungen sind in der Lage, alle vorgesehenen Module anzubieten. Hiervon betroffen sind vor allem die Kinderurologie und das Wissenschaftsmodul. Sind die wissenschaftliche Ausbildung und Forschung eine Kernkompetenz und Dom&auml;ne der Universit&auml;tskliniken, so sind die Abteilungen mit breiter kinderurologischer Expertise rar. Seit vielen Jahren schon wird die Rotation des Nachwuchses zwischen verschiedenen Abteilungen diskutiert und auch als notwendig erachtet, um den Anforderungen an eine umfassende Ausbildung gerecht zu werden und nicht die Kompetenz in Spezialgebieten zu verlieren. Die Kinderurologie ist hier ein gutes Beispiel: Infolge mangelnder &ouml;ffentlicher Wahrnehmung und ebenso marginalisierter Pr&auml;senz in der Facharztausbildung wird dieses Fachgebiet zunehmend von Vertretern benachbarter Disziplinen &bdquo;bewandert&ldquo;, seien es nun P&auml;diater, Kinderchirurgen oder Allgemeinmediziner. Nicht zuletzt um ein Signal zu setzen und diesbez&uuml;glich eine Trendwende einzuleiten, hat die &Ouml;GU eine kinderurologische Basisausbildung in das Curriculum der Austrian School of Urology aufgenommen und ihr dort breiten Raum einger&auml;umt. Im 2017 neu strukturierten Modul 1 des neuen ASU-Konzeptes wurde an zwei von drei Tagen Kinderurologie gelehrt.</p> <h2>Rotation in der Facharztausbildung</h2> <p>Aber zur&uuml;ck zum Alltag: Die Rotation in der klinischen Ausbildung ist wiederum Diskussionspunkt: Die Notwendigkeit ist gegeben (siehe Kinderurologie, aber auch andere Bereiche wie Steintherapie und ESWL, Laparoskopie und bestimmte minimal invasive Operationstechniken), alleine die strukturellen Voraussetzungen sind nicht ohne Weiteres erf&uuml;llt. Der Wechsel zwischen zwei Abteilungen bedarf einer langen Vorplanung, eines hohen Ma&szlig;es an Eigeninitiative und ist &bdquo;gesegnet&ldquo; mit b&uuml;rokratischen Herausforderungen durch Dienstrecht und Arbeitszeitgesetz sowie betrieblichen Erfordernissen (denn einsetzbares Personal ist &uuml;berall knapp); ganz zu schweigen vom Wechsel zwischen unterschiedlichen Krankenhaustr&auml;gern. Der Wunsch nach Rotation in der Facharztausbildung und die Flexibilit&auml;t daf&uuml;r m&uuml;ssen von den Ausbildungs&auml;rzten mitgebracht werden, es liegt aber in unserer Verantwortung als Fachgesellschaft und gestaltende und leitende &Auml;rzte, f&uuml;r die entsprechenden Rahmenbedingungen zu sorgen. &Auml;hnlich verh&auml;lt es sich mit dem Modul zu wissenschaftlichem Arbeiten. Prim&auml;re Anlaufstelle f&uuml;r wissenschaftlich Interessierte sollten die Universit&auml;tskliniken sein. Aber auch in Versorgungskrankenh&auml;usern findet klinische Forschung statt. Es ist derzeit v&ouml;llig unklar, wo jemand ein wissenschaftliches Modul im Sinne der Ausbildungsordnung absolvieren kann und wie der organisatorische Ablauf ist. Speziell die Freistellung eines Mitarbeiters f&uuml;r ein wissenschaftliches Semester oder Jahr setzt eine motivierte Personalplanung voraus: Zumeist wird ein Dienstgeberwechsel erforderlich sein. Ist ein Personaltausch nicht m&ouml;glich, so m&uuml;ssen die Personalressourcen gegeben sein, um den Betrieb der Abteilung w&auml;hrend der Abwesenheit des Auszubildenden nicht einzuschr&auml;nken. Soll kein eigenes Projekt umgesetzt werden, so muss die Integration des Ausbildungsassistenten in ein bestehendes Projekt ad&auml;quat erfolgen, sodass dieser trotz seiner zeitlich begrenzten Anwesenheit letztendlich profitieren kann und einen verwertbaren Einblick in Forschung und Lehre erh&auml;lt. Um hier Struktur zu schaffen und Hilfestellung zu bieten, wird die &Ouml;GU zuk&uuml;nftig eine Vermittlerrolle zwischen wissenschaftlich T&auml;tigen und Interessierten anbieten. Auf diesem Weg sollen Kollegen ihre Ideen zu Studienprojekten (klinisch oder aus der Grundlagenforschung) diskutieren und in weiterer Folge auch umsetzen k&ouml;nnen, was &ndash; so ist die Hoffnung &ndash; letztendlich auch zu einer Belebung der im Dornr&ouml;schenschlaf schlummernden wissenschaftlichen Landschaft in &Ouml;sterreich f&uuml;hrt und die Pr&auml;senz der &ouml;sterreichischen Urologie und Andrologie auf internationalen Kongressen steigert.</p> <div id="keypoints"> <h2>Fazit</h2> <p>Die nicht mehr ganz so neue Aus&shy;bildungsordnung hat einige Ver&auml;n&shy;derungen mit sich gebracht, viele Chancen und M&ouml;glichkeiten schlummern noch. Wollen wir die Kompetenz in Spezialgebieten behalten und eine breite Ausbildung im Fachgebiet der Urologie und Andrologie anbieten, dann m&uuml;ssen wir uns aktiv mit unseren eigenen Ideen und Vorstellungen von Ausbildung und der klinischen Realit&auml;t auseinandersetzen. F&uuml;r die nahe Zukunft wird dies eine unserer wesentlichsten Aufgaben und Herausforderungen darstellen.</p> </div></p>
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