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Testosteronsupplementationstherapie und metabolisches Syndrom
Urologik
30
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13.09.2018
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<p class="article-intro">Die ersten Hinweise auf die Wichtigkeit von Androgenen als molekularen Signaltransduktionsmolekülen ergaben sich zunächst aus Studien über Kastration und Hodentransplantation. Erst als das eigentliche Testosteronmolekül in den 1930er-Jahren beschrieben, isoliert und synthetisiert wurde, wurden Behandlungen für Patienten mit Hypogonadismus denkbar. Heute ist Testosteron (als topische, subkutane Therapie sowie als implantierbare Pellets erhältlich) eines der häufigsten Medikamente in der westlichen Welt, mit stets zunehmenden Verschreibungszahlen.<sup>1</sup></p>
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<p class="article-content"><p>Klinisch gesehen kann eine Testosteronergänzungstherapie (TST) zur symptomatischen Therapie bei Patienten mit Hypogonadismus eingesetzt werden und dient zur Unterstützung bei klassischen Symptomen wie niedriger Libido, erektiler Dysfunktion, Fatigue und kognitivem Abbau in Form von Depression, Gedächtnisverlust und schlechter Konzentration. Wenn auch derzeit umstritten, wird klinisch die untere Grenze des Serumtestosterons mit 300ng/dl zur Diagnose von Hypogonadismus bei Vorliegen einer Kombination aus klinischen Zeichen/Symptomen und niedrigen Testosteronwerten herangezogen.<sup>1</sup> Ein Testosteronspiegel unter 300ng/dl wurde auch mit (abdomineller) Adipositas, reduzierter Insulinsensitivität, Hypertonie und Dyslipidämie in Verbindung gebracht – alles Komponenten des metabolischen Syndroms (MetS).<sup>2</sup><br /> Die Testosteronsupplementationstherapie (TST) und das metabolische Syndrom oder „Syndrom X“ erhöhen in Kombination das Risiko für Diabetes mellitus (DM) und Herz-Kreislauf-Erkrankungen (CVD).<sup>3</sup> Die gängigste Definition für das MetS stammt von der International Diabetes Federation und konzentriert sich auf Taillenumfang und Triglyzeride, die beide mit der Insulinempfindlichkeit korrelieren und leicht zu messen sind.<sup>2</sup> Traditionell werden die klinischen Komponenten des MetS individuell behandelt. Mit einer TST (in Verbindung mit Ernährungsumstellung, Bewegung und Gewichtsreduktion) könnten viele, wenn auch nicht alle dieser Faktoren verbessert werden.<br /> Die potenzielle Zahl der Männer mit MetS und Hypogonadismus in Österreich steigt ununterbrochen. Schätzungen zufolge sind etwa 3,1 % bis 7,0 % der Männer im Alter von 30 bis 69 Jahren und bis zu 38,7 % der Männer über 45 Jahre hypogonadal. Mit einer Prävalenz von bis zu 40 % für das MetS sind die gesellschaftlichen Kosten signifikant.<sup>2, 3</sup> Weitere „red flags“ werden dadurch gesetzt, dass das MetS das Risiko für CVD um das Doppelte und das Risiko für DM Typ 2 (T2DM) um das Fünffache erhöht.<br /> Die medizinische Triade bestehend aus MetS, T2DM und Hypogonadismus hat als gesundheitliches Hauptaugenmerk an Dynamik gewonnen.<sup>4</sup> Männer mit MetS und/ oder T2DM haben eher niedrigere Serumtestosteronspiegel (total und frei) und Männer mit MetS haben ein 2,6-fach erhöhtes Risiko für Hypogonadismus.<sup>3</sup> Eine weitere Arbeit hat gezeigt, dass höhere Testosteronniveaus vor der Entwicklung eines MetS schützen<sup>2, 3</sup> und Abnahmen im Testosteronspiegel mit einem höheren Sterblichkeitsrisiko bei Männern mit MetS5 verbunden sind. Nach wie vor eine Herausforderung ist hingegen die Untersuchung der Auswirkungen von Testosteron auf das MetS. Es ist bekannt, dass es eine hohe interlaboratorische Variabilität der Testosteronwerte gibt und absolute Testosteronwerte berücksichtigen nicht eine Symptomatik. Rein numerische Unterschiede im Testosteronspiegel können klinisch auch bedeutungslos sein.<br /> Das Management des MetS zielt in erster Linie auf Lebensstiländerungen, Gewichtsverlust und erhöhte körperliche Aktivität ab. Es wurden bislang keine spezifischen, zielgerichteten pharmakologischen Therapien identifiziert, und die meisten MetS-Behandlungen konzentrieren sich auf die einzelnen Komponenten. Die Bedeutung der Hypogonadismus- MetS-Beziehung wird weiters durch die Tatsache unterstrichen, dass die TST in Kombination mit Bewegung und Ernährung das MetS verbessern und gelegentlich vollständig auflösen kann.<sup>3, 4</sup> Dabei wurden ebenfalls Verbesserungen im glykosylierten Hämoglobin, in der Nüchternplasmaglukose, beim Cholesterin, bei der Lipid- und Leberfunktion, im Hämoglobin- A1c-Spiegel, beim C-reaktiven Protein, Body-Mass-Index und Taillenumfang beobachtet.<sup>3</sup><br /> Während weitere Studien notwendig sind, um die optimale Dosis, Häufigkeit, Modalität und Dauer der Therapie zu bestimmen, deutet eine immer steigende Evidenzdichte darauf hin, dass die TST eine valide Therapieoption für Männer mit der „MAD-Triade“ aus metabolischem Syndrom, Androgenmangel bzw. Hypogonadismus und Diabetes mellitus ist.</p></p>
<p class="article-footer">
<a class="literatur" data-toggle="collapse" href="#collapseLiteratur" aria-expanded="false" aria-controls="collapseLiteratur" >Literatur</a>
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<p><strong>1</strong> Mulhall JP et al.: Evaluation and management of testosterone deficiency: AUA guideline. J Urol 2018; doi: 10.1016./j.juro.2018.03.115 <strong>2</strong> Cunningham GR: Testosterone and metabolic syndrome. Asian J Androl 2015; 17: 192 <strong>3</strong> Kovac JR et al.: Testosterone supplementation therapy in the treatment of metabolic syndromes. Postgrad Med 2014; 126: 149 <strong>4</strong> Dimopoulou C et al.: The complex association between metabolic syndrome and male hypogonadism. Metabolism 2018; doi: 10.1016/j.metabol.2018.03. 024 <strong>5</strong> Laouali N et al.: Testosterone and all-cause mortality in older men: the role of metabolic syndrome. J Endocr Soc 2018; 2: 322</p>
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